Das LG hatte einen Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages war im Wesentlichen vorgetragen worden: „Rechtzeitig vor Fristablauf sei die unterzeichnete Berufungsbegründung zur Post gegeben und abgeschickt worden. Allerdings ging die Berufungsbegründung niemals beim LG ein. Das LG hielt diesen Vortrag nicht für ausreichend, vermisste insbesondere nähere Ausführungen zum Ablauf des Versendungsvorgangs.“
Der BGH (Beschl. v. 16. August 2016, VI ZB 19/16; MDR 2016, 1284) akzeptiert dies so nicht. Das LG wäre vielmehr gemäß § 139 Abs. 1 ZPO dazu verpflichtet gewesen, darauf hinzuweisen, dass nähere Angaben zur Versendung erforderlich seien. Es müssen allerdings alle für die Wiedereinsetzung erforderlichen Angaben vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist, d. h. regelmäßig in dem Wiedereinsetzungsantrag, vorgetragen werden. Nach Fristablauf dürfen keine neuen Gründe mehr nachgeschoben werden. Jedoch können erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben auch nach Fristablauf erläutert oder ergänzt werden. Der Vortrag zur Versendung war zwar knapp, der BGH hält die diesbezüglichen Ausführungen jedoch noch nicht für so substanzlos, dass von einem ordnungsgemäßen Vortrag gar nicht mehr hätte ausgegangen werden können. Im Rahmen der Rechtsbeschwerde erfolgten dann die näheren Ausführungen zur Versendung der Berufungsbegründung. Es wurde dargelegt, wer den Briefumschlag beschriftet und frankiert hat und in welchen Briefkasten er schließlich eingeworfen wurde. Dieser Vortrag war nunmehr fraglos ausreichend. Damit hob der BGH den Verwerfungsbeschluss des LG auf und verwies die Sache an das LG zur weiteren Prüfung zurück.
Hinweis: Bei derartigen Wiedereinsetzungsfragen muss also genau folgendes beachtet werden: Alle Gründe, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten, müssen innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist vorgetragen werden. Nach Fristablauf können keine neuen Gründe mehr nachgeschoben werden. Erweist sich ein Vorbringen aus der Sicht des Gerichts als ergänzungsbedürftig, ist ein gerichtlicher Hinweis darauf erforderlich. Fehlt es an einem konkreten Vortrag überhaupt, ist ein Hinweis entbehrlich, da wegen Fristablaufes dann nicht mehr nachgebessert werden kann.
Wichtig ist noch, dass der BGH erneut folgendes betont hat: „Eine Partei darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass im Bundesgebiet werktags aufgegebene Sendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden. Ohne konkrete Anhaltspunkte muss die Partei nicht damit rechnen, dass die Einhaltung einer Frist gefährdet ist.“ Ist also eine rechtzeitige Versendung eines Schriftsatzes glaubhaft zu machen, wird eine Wiedereinsetzung in Regel bewilligt werden.