Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um den Neubeginn der Verjährung wegen Vollstreckungshandlungen

Vollstreckung aus unbestimmtem Titel
BGH, Beschluss vom 19. Februar 2025 – XII ZB 377/24

Der XII. Zivilsenat füllt eine Gesetzeslücke durch entsprechende Anwendung von § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB.

Der Antragsteller ist im Jahr 2008 rechtskräftig zur Zahlung von Kindesunterhalt an den Antragsgegner verurteilt worden. In der Folgezeit ergriff der Antragsgegner – ein Jobcenter, das den unterhaltsberechtigten Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbrachte – verschiedene Vollstreckungsmaßnahmen. Im Juni 2021 erklärte das OLG die Zwangsvollstreckung wegen Unbestimmtheit der Tenorierung für unzulässig. Einen Monat später beantragte der Antragsgegner, den vollstreckungsfähigen Inhalt des Urteils festzustellen. Diese Feststellung erging im September 2022. Nach einem erneuten Vollstreckungsversuch beantragte der Antragsteller, die Zwangsvollstreckung wegen Verjährung für unzulässig zu erklären. Dieser Antrag hatte in den beiden ersten Instanzen keinen Erfolg.

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

Die vor Juni 2021 erfolgten Vollstreckungshandlungen haben gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB jeweils zum Neubeginn der Verjährung geführt.

Nach § 212 Abs. 2 Alt. 2 BGB gilt diese Wirkung (rückwirkend) als nicht eingetreten, wenn die Vollstreckungshandlung wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben wird. Entgegen der Auffassung des OLG fällt die im Juni 2021 ergangene Entscheidung, mit der die Zwangsvollstreckung wegen Unbestimmtheit des Titels für unzulässig erklärt worden ist, unter den Tatbestand dieser Vorschrift. Die hinreichende Bestimmtheit des Vollstreckungstitels ist eine wesentliche Grundlage für die Vollstreckung.

Die Entscheidung des OLG ist jedoch im Ergebnis zutreffend. Entsprechend § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Gläubiger den Eintritt der Verjährung verhindern, indem er innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft der die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärenden Entscheidung weitere Maßnahmen zur Rechtsverfolgung ergreift.

Nach dem bis Ende 2001 geltenden Verjährungsrecht hat der BGH in der im Streitfall gegebenen Konstellation die Regelung in § 212 Abs. 2 BGB a.F. entsprechend angewendet, wonach die Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung trotz Abweisung der Klage fortgilt, wenn der Berechtigte binnen sechs Monaten von neuem Klage erhebt. Die damals konstatierte Regelungslücke ist durch das seit 2002 geltende Verjährungsrecht nicht geschlossen worden. Sie ist wie früher durch entsprechende Anwendung der – nunmehr in § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB enthaltenen – Regelung über die Abwendung der Verjährung nach Abweisung einer Klage zu schließen. Dass die Klageerhebung nach neuem Recht nicht mehr zur Unterbrechung, sondern nur noch zur Hemmung der Verjährung führt, steht dem nicht entgegen.

Im Streitfall hat der Antragsgegner den Eintritt der Verjährung mithin durch den Antrag auf Feststellung des vollstreckbaren Inhalts und durch die nachfolgenden Vollstreckungsmaßnahmen abgewendet.

Praxistipp: Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen unterliegen gemäß § 197 Abs. 2 BGB auch dann der regelmäßigen Verjährung nach § 195 und § 199 BGB, wenn sie rechtskräftig festgestellt sind.