Montagsblog: Neues vom BGH

Eine in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage zur Kostenfestsetzung beantwortet der IV. Zivilsenat.

Erstattung außergerichtlicher Kosten im Beschwerdeverfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen
Beschluss vom 7. November 2018 – IV ZB 13/18

Der IV. Zivilsenat billigt dem Gegner einer erfolglosen Beschwerde im Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen die Erstattung der entstandenen Anwaltskosten zu.

In einer erbrechtlichen Auseinandersetzung hatte das LG die Einholung eines Gutachtens zur Frage der Geschäftsfähigkeit der Erblasserin bei Erteilung einer Vorsorgevollmacht angeordnet. Die Kläger lehnten den gerichtlichen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das LG wies das Gesuch zurück. Die Beschwerde der Kläger blieb erfolglos. Die anwaltlich vertretenen Beklagten, die im Beschwerdeverfahren keine Stellungnahme abgegeben hatten, beantragten die Festsetzung ihrer in der Beschwerdeinstanz entstandenen Anwaltskosten. Das LG setzte die Kosten antragsgemäß fest. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Kläger hatte keinen Erfolg.

Die Rechtsbeschwerde der Kläger bleibt ebenfalls erfolglos. Der BGH nimmt Bezug auf eine frühere Entscheidung, wonnach die in einem Beschwerdeverfahren wegen der Ablehnung eines Richters entstehenden außergerichtlichen Kosten gemäß § 91 ZPO erstattungsfähig sind, und kommt zu dem Ergebnis, dass für die Ablehnung eines Sachverständigen dasselbe gilt. Der in Literatur und Instanzrechtsprechung zum Teil vertretenen Auffassung, ein solches Verfahren habe keinen kontradiktorischen Charakter, erteilt der BGH eine Absage. Zwar besteht kein gesetzlicher Anspruch auf die Bestellung eines bestimmten Sachverständigen. Dennoch berührt die Entscheidung über die Person des Sachverständigen beide am Rechtsstreit beteiligten Parteien. Im Beschwerdeverfahren entstandene Anwaltskosten gehören deshalb zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO. Ob der Anwalt im Beschwerdeverfahren eine Stellungnahme gegenüber dem Gericht abgegeben hat, ist unerheblich. Es genügt, dass er mit der Tätigkeit im Beschwerdeverfahren beauftragt wurde. Von letzterem ist grundsätzlich auszugehen, wenn sich der Anwalt bereits als Prozessbevollmächtigter in der Hauptsache bestellt hat.

Praxistipp: Die Kosten einer erfolgreichen Beschwerde bilden einen Teil der Kosten der Hauptsache und sind von der Partei zu tragen, die im Rechtsstreit unterliegt.

Die Verschwiegenheitspflicht gilt auch für die Rechtsanwaltskammer

In einem kürzlich veröffentlichten Urteil des BGH (Urt. v. 11.1.2016 – AnwZ (Brfg) 42/14) vertrat dieser die Ansicht, dass die Verschwiegenheitspflicht der Rechtsanwaltskammern auch gegenüber dem Beschwerdeführer im berufsaufsichtlichen Verfahren gelte.

Wird durch einen Dritten eine Beschwerde bei der Kammer eingereicht, so wird der betroffene Anwalt, der angeblich gegen Berufsrecht verstoßen haben soll, hierzu schriftlich angehört. Dessen Stellungnahme wird dem Dritten häufig wieder zugeleitet mit der Frage, ob sich das Beschwerdeverfahren dadurch erledigt habe.

Im konkreten Fall war Beschwerdeführer eine weitere Rechtsanwaltskammer. Der Beschwerdegegner wurde im Rahmen der Anhörung  darauf hingewiesen, er könne einer Weiterleitung widersprechen. Da ein Widerspruch nicht erfolgt war, gelangte seine Stellungnahme zur beschwerdeführenden Rechtsanwaltskammer.

Der Beschwerdeführer wandte sich hiergegen mit einer Feststellungsklage. Er unterlag vor dem AGH Hamm wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses. Die beklagte Kammer hatte zuvor geäußert, sie werde Stellungnahmen des Klägers nicht mehr an Dritte weiterleiten.

Der BGH gab der Klage statt. Insbesondere bestehe ein Feststellungsinteresse. Die beklagte Kammer hatte nämlich in einem weiteren Aufsichtsverfahren gegen den Kläger wieder auf die erwähnte Widerspruchsmöglichkeit hingewiesen und damit zum Ausdruck gebracht, sie beabsichtige bei fehlendem Widerspruch weiterhin eine Weiterleitung an den Beschwerdeführer.

Überdies sei die Klage auch begründet. Denn die Kammer könne sich nicht auf eine Befugnis berufen, die die Verschwiegenheitspflicht nach § 76 BRAO einschränke. Insbesondere seien die beschwerdeführenden Dritten keine „Verfahrensbeteiligten“.

Der Entscheidung des BGH ist zuzustimmen. Das Vertrauensverhältnis zwischen Kammer und Mitglied ist wesentlicher Bestandteil der anwaltlichen Selbstverwaltung und eine Fortsetzung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht. Zukünftig darf daher keine Widerspruchslösung praktiziert werden. Die Weiterleitung von Stellungnahmen sollte nur erfolgen, wenn eine ausdrückliche Einwilligung des Anwalts hierzu vorliegt.