Montagsblog: Neues vom BGH

Um die Voraussetzungen eines Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte und um die Zurückweisung einer Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO geht es in dieser Woche.

Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte bei mehreren Schadensverursachern
Urteil vom 7. Dezember 2017 – VII ZR 204/14

Der VII. Zivilsenat befasst sich mit der subjektiven Reichweite der Haftung aus einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte.

Der klagende Unfallversicherer begehrte aus übergegangenem Recht zweier bei ihr versicherter Arbeitnehmer den Ersatz von Schäden aus einem Arbeitsunfall. Die Beklagte zu 3 hatte die Arbeitgeberin der Geschädigten mit Abbrucharbeiten auf einem früher zum Betrieb einer Brauerei genutzten Gelände beauftragt. Des Weiteren hatte sie den Beklagten zu 1 damit betraut, die betroffenen Gebäude auf eventuelle Gefahrenquellen zu untersuchen. Während der Abbrucharbeiten wurden die Geschädigten durch den Austritt von Ammoniak aus einer Kälteanlage verletzt. Im Gutachten des Beklagten zu 1 war diese Gefahrenquelle nicht ausgewiesen, weil der Beklagte zu 1 nur die Außenanlagen besichtigt hatte. Die gegen die Beklagten zu 1 und 3 gerichtete Klage hatte in den beiden ersten Instanzen überwiegend Erfolg.

Die allein vom Beklagten zu 1 eingelegte Revision führt zur Zurückverweisung der Sache an das OLG. Abweichend von den Vorinstanzen verneint der BGH eine Schutzwirkung des Vertrags zwischen der Beklagten zu 3 und dem Beklagten zu 1 zugunsten der geschädigten Arbeitnehmer. Diese sind im Verhältnis zum Beklagten zu 1 nicht schutzbedürftig, weil schon der Vertrag zwischen der Beklagten zu 3 und ihrer Arbeitgeberin Schutzwirkungen zu ihren Gunsten entfaltet und die Beklagte zu 3 für pflichtwidriges Handeln des Beklagten zu 1 nach § 278 BGB haftet. Das Berufungsgericht muss nach Zurückverweisung der Sache prüfen, ob gegen den Beklagten zu 1 deliktische Ansprüche bestehen.

Praxistipp: Auch wenn im Ergebnis nur einer von zwei Beklagten vertraglich haftet, sollte die Klage vorsorglich gegenüber beiden (auch) auf vertragliche Ansprüche gestützt werden, solange nicht feststeht, ob die Voraussetzungen des § 278 BGB erfüllt sind.

Zurückweisung der Berufung durch Beschluss ohne Berufungserwiderung
Urteil vom 21. November 2017 – XI ZR 106/16

Eine allgemeine prozessuale Frage beantwortet der XI. Zivilsenat.

Die Kläger nahmen die Beklagte nach Widerruf eines Darlehensvertrags auf Erstattung einer Vorfälligkeitsentschädigung in Anspruch. Die Klage blieb in erster Instanz erfolglos. Das OLG wies die Berufung der Kläger nach vorherigem Hinweis durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurück. Eine Berufungserwiderung lag zu diesem Zeitpunkt nicht vor.

Der BGH verweist die Sache hinsichtlich des überwiegenden Teils der Klageforderung an das OLG zurück, weil dieses die Widerrufsbelehrung zu Unrecht als ausreichend angesehen hatte. Die von den Klägern ergänzend erhobene Rüge, die Berufungsentscheidung sei insgesamt aufzuheben, weil eine Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO erst nach Vorliegen einer Berufungserwiderung zulässig sei, sieht der BGH hingegen als unbegründet an. Er stützt dies auf den Wortlaut der Vorschrift, die den Eingang einer Berufungserwiderung oder die ergebnislose Setzung einer Erwiderungsfrist nicht vorsieht, und den Umstand, dass sich aus der Gesetzgebungsgeschichte keine abweichenden Anhaltspunkte ergeben.

Praxistipp: Die volle Verfahrensgebühr für einen Antrag auf Zurückweisung der Berufung ist nur dann nach § 91 ZPO erstattungsfähig, wenn der Berufungskläger sein Rechtsmittel begründet und die Begründung dem Gegner zugestellt ist. Vom Zeitpunkt der Zustellung an steht dem Gegner auch dann ein Erstattungsanspruch zu, wenn er seinen Antrag auf Zurückweisung schon zuvor gestellt hat.