Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Haftung für umgefallene Verkehrsschilder.

Staatshaftung für Verkehrsschilder
BGH, Urteil vom 11. Januar 2024 – III ZR 15/23

Der III. Zivilsenat bekräftigt seine Rechtsprechung zur Einordnung von Privaten als Verwaltungshelfer.

Die Klägerin betreibt ein Autohaus. Im Juli 2017 wurde eines ihrer Fahrzeuge, das vor ihren Geschäftsräumen abgestellt war, durch ein umfallendes Verkehrsschild beschädigt. Das Schild war am Tag zuvor im Zuge von Straßenbauarbeiten als Bestandteil der Umleitungsbeschilderung aufgestellt worden. Die zuständige Behörde hatte die Bauarbeiten an ein privates Unternehmen vergeben. Dieses hatte die Beklagte mit der Aufstellung der Verkehrsschilder beauftragt.

Die Klägerin macht geltend, die Beklagte habe das Schild nicht ausreichend gesichert. Die auf Ersatz von Reparatur- und Gutachterkosten gerichtete Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Die Revision der Klägerin hat ebenfalls keinen Erfolg.

Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass mögliche Ansprüche gegen die Beklagte aus § 823 BGB durch § 839 BGB verdrängt werden.

Die Beklagte war im Streitfall als Verwaltungshelferin tätig, weil die ihr übertragene Tätigkeit der Verkehrsregelung diente und damit eine hoheitliche Aufgabe darstellt und die Beklagte keinen eigenen Entscheidungsspielraum hatte.

Der hoheitliche Charakter der Tätigkeit ergibt sich jedenfalls daraus, dass die Verkehrsregelung, deren Umsetzung das Schild diente, ein Verbot der Durchfahrt durch den von der Baustelle betroffenen Bereich umfasste. Dass das für den Schaden ursächliche Umleitungsschild kein Verbot anzeigte, ist unerheblich. Es genügt, dass es der Umsetzung der Gesamtregelung diente. Unerheblich ist deshalb auch, ob die vorgesehenen Verbotsschilder tatsächlich aufgestellt worden sind.

Ein eigener Entscheidungsspielraum der Beklagten bestand nicht, weil der Inhalt der aufzustellenden Schilder und deren Aufstellungsort behördlich vorgegeben waren. Dass der Aufstellungsort nicht auf den Meter genau festgelegt war, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Die Art der Aufstellung ist durch Verwaltungsvorschriften und Richtlinien detailliert geregelt.

Praxistipp: Wenn unklar ist, ob gemäß § 823 BGB ein privates Unternehmen oder gemäß § 839 BGB der Staat haftet, sollte die Klage gegen den einen potentiellen Schuldner mit einer Streitverkündung gegenüber dem anderen verbunden werden.

Montagsblog: Neues vom BGH

Um einen nicht alltäglichen Fall der Staatshaftung geht es in dieser Woche.

Staatshaftung bei fehlerhafter Zustellung
Urteil vom 21. Februar 2019 – III ZR 115/18

Mit den formellen Voraussetzungen einer Zustellung im Parteibetrieb und den haftungsrechtlichen Folgen eines Fehlers befasst sich der III. Zivilsenat.

Die Klägerin hatte eine durch Beschluss erlassene einstweilige Verfügung erwirkt und eine im Dienst des beklagten Bundeslandes stehende Gerichtsvollzieherin mit der Zustellung an den Verfügungsschuldner beauftragt. Nach Ablauf eines Monats beantragte der Schuldner erfolgreich die Aufhebung der einstweiligen Verfügung, mit der Begründung, diese sei mangels wirksamer Zustellung nicht rechtzeitig vollzogen worden. Der Kläger begehrt deshalb vom Beklagten Ersatz der Kosten des Verfügungsverfahrens. Die Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Er tritt dem OLG darin bei, dass zur ordnungsgemäßen Zustellung der einstweiligen Verfügung die Übersendung einer beglaubigten Abschrift erforderlich war. Ob ein diesbezüglicher Zustellungsmangel auch bei einer durch Beschluss erlassenen einstweiligen Verfügung nach § 189 ZPO geheilt werden kann, lässt der BGH offen. Selbst wenn eine Heilung möglich ist, führt diese nur zur Wirksamkeit der Zustellung, nicht aber zum Wegfall des aufgrund der fehlerhaften Handhabung durch den Gerichtsvollzieher begründeten Haftung aus § 839 BGB. Die Heilung kann allerdings zur Folge haben, dass im Ergebnis kein ersatzfähiger Schaden eintritt. Letzteres setzt aber voraus, dass die Heilungswirkung im weiteren Verlauf erkannt worden ist. Das OLG wird nach der Zurückverweisung deshalb die zwischen den Parteien umstrittene Frage zu prüfen haben, ob eine beglaubigte oder eine nicht beglaubigte Abschrift zugestellt wurde und welche Aussichten ein Rechtsmittel des Klägers gegen die Aufhebung der einstweiligen Verfügung gehabt hätte.

Praxistipp: Wenn die zuzustellende Entscheidung farbige Abbildungen oder dergleichen enthält, sollte sichergestellt werden, dass diese auch in der Abschrift farbig wiedergegeben sind.