Der BGH (Beschl. v. 24.1.2024 – XII ZB 171/23, MDR 2024, 517) hatte in einer Familiensache, in der ein zweiter Versäumnisbeschluss ergangen, da die Rechtsanwältin der Antragsgegnerin (erneut) nicht zum Termin erschienen war, zu entscheiden. Gegen diesen Versäumnisbeschluss wurde mit der Begründung Beschwerde eingelegt, die Säumnis sei unverschuldet gewesen. Insoweit behauptete die Rechtsanwältin Folgendes: Um 7.15 Uhr sei sie von Berlin nach Frankfurt (Oder) gefahren, um dort den auf 10:00 Uhr bestimmten Termin wahrzunehmen. Während der Fahrt habe sie unvermittelt „schubweise schwere krampfhafte Zustände“ mit Brechreiz und Durchfall bekommen und deshalb die Fahrt unterbrechen müssen. Mehrfach Versuche, das Gericht vor 10:00 Uhr telefonisch zu erreichen, wären nicht erfolgreich gewesen. Auch die Kanzleimitarbeiterin habe „zwischenzeitlich“ mehrfach vergeblich versucht, das Gericht anzurufen. Die Rechtsanwältin habe dann einen Arzt aufgesucht. Der Versäumnisbeschluss erging um 10:55 Uhr. Danach erreichte die Kanzleimitarbeiterin die Richterin.
Das OLG sah keine unverschuldete Säumnis und wies die Beschwerde zurück. Der BGH folgt dem und ließ die Rechtsbeschwerde deshalb nicht zu, sondern verwarf sie. Die Beurteilung der Verschuldensfrage im hiesigen Zusammenhang entspricht derjenigen bei der Wiedereinsetzung. Es muss daher die unverschuldete Säumnis schlüssig dargelegt werden, und zwar innerhalb der Rechtsmittelbegründungsfrist. In Fällen wie diesem gilt, dass der Rechtsanwalt alles Mögliche und Zumutbare tun muss, um dem Gericht seine Verhinderung mitzuteilen. Insoweit ist der Vortrag der Rechtsanwältin nicht hinreichend substantiiert. Es fehlen die konkreten Angaben zum Ablauf der Fahrt. Außerdem wurde nicht genau mitgeteilt, wie oft und wann genau die Rechtsanwältin unter welcher Rufnummer versucht haben will, das Gericht zu erreichen. Die bloße Behauptung mehrerer Kontaktversuche mit Geschäftsstelle und Telefonzentrale ist zu pauschal. Da die Rechtsanwältin die Fahrt schon um 9.00 Uhr unterbrochen hatte, wäre eine Kontaktaufnahme kurz vor 10:00 Uhr z. B. schon sorgfaltswidrig zu spät gewesen.
Der BGH ist bezüglich des normalen Prozessstoffs bei der Frage nach der ausreichenden Substanziierung von Behauptungen oftmals sehr großzügig. Letztlich reicht es oft, einfach eine Behauptung aufzustellen, weitere Erläuterungen dazu werden für entbehrlich gehalten. Im Rahmen von Verschuldensprüfungen und bei Wiedereinsetzungsproblemen ist dies jedoch – wie gesehen – nicht der Fall. Hier muss klar Farbe bekannt und ausführlich und nachvollziehbar dargelegt werden. Und: Wenn die für die Begründung eines Rechtsmittels eingeräumten Fristen abgelaufen sind, kann im Regelfall nichts mehr nachgeschoben werden. Derartigen Anträgen muss daher immer besondere Sorgfalt gewidmet werden! Befindet man sich selbst in einer solchen Situation, sollte man vorsichtshalber stets sogleich dokumentieren, welche Versuche man unternommen hat, um das Gericht zu erreichen.