Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die verfahrensrechtlichen Möglichkeiten zur Feststellung der Vaterschaft.

Feststellung der Vaterschaft nach Adoption des Kindes
BGH, Beschluss vom 15. Mai 2024 – XII ZB 358/22

Der XII. Zivilsenat befasst sich mit den Voraussetzungen der Verfahren nach § 169 und § 167a FamFG.

Die Beteilige zu 2 brachte im April 2015 ein Kind zur Welt. Zwei Monate später willigte sie in die Adoption durch die Beteiligten zu 4 ein. Im Juni 2016 wurde die Adoption ausgesprochen. Die Einwilligung des leiblichen Vaters wurde als entbehrlich angesehen, weil er und sein Aufenthalt dauernd unbekannt seien. Der Beteiligte zu 1, der nach seinem Vorbringen Ende 2018 von der Geburt erfahren hat, begehrt die Feststellung, dass er der leibliche Vater des Kindes ist.

Das AG hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Die erstmals im Beschwerdeverfahren hinzugezogenen Beteiligten zu 4 verweigern die Zustimmung zur Mitwirkung des Kindes an einer Abstammungsuntersuchung. Das OLG hat durch Zwischenbeschluss festgestellt, dass die Weigerung nicht rechtmäßig sei.

Der BGH erklärt die Weigerung für rechtmäßig.

Die in § 178 Abs. 1 FamFG normierte Pflicht zur Duldung von Untersuchungen zur Feststellung der Abstammung gilt nur in Abstammungssachen im Sinne von § 169 FamFG. Dazu gehören nach § 169 Nr. 1 FamFG Verfahren auf Feststellung der rechtlichen Vaterschaft gemäß § 1600d Abs. 1 BGB. Der im Streitfall zu beurteilende Antrag fällt nicht unter diese Vorschrift. Er ist entgegen der Auffassung des OLG nur auf Feststellung der leiblichen Vaterschaft gerichtet.

Unabhängig davon ist ein Antrag auf Feststellung der rechtlichen Vaterschaft nach einer Adoption nur zulässig, soweit der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat. Ein solches kann vorliegen, wenn der Antragsteller Rechte aus seiner Vaterschaft bis zum Zeitpunkt der (ex nunc wirkenden) Adoption geltend machen will. Darum geht es im Streitfall nicht. An einer Feststellung der Vaterschaft „auf Vorrat“, d.h. für den Fall, dass die Adoption später aufgehoben wird, besteht kein rechtliches Interesse.

Zu den Abstammungssachen gehören nach § 169 Nr. 2 FamFG auch Verfahren auf Ersetzung der Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung und auf Anordnung der Duldung einer Probenentnahme. Diesbezügliche Ansprüche stehen nach § 1598a BGB nur den rechtlichen Eltern und dem Kind zu. Diese Regelung ist abschließend. Deshalb ist der Beteiligte zu 1 nicht befugt, solche Ansprüche geltend zu machen.

§ 167a FamFG normiert eine Pflicht zur Duldung von Untersuchungen in Verfahren, in denen ein leiblicher Vater Umgangs- oder Auskunftsrechte nach § 1686a BGB geltend macht. Um solche Ansprüche geht es im Streitfall nicht.

Dass keine Möglichkeit besteht, eine gerichtliche Feststellung der leiblichen Vaterschaft unabhängig von der Geltendmachung von daraus resultierenden Ansprüchen zu beantragen, sieht der BGH nicht als verfassungswidrig an.

Praxistipp: Zwischenentscheidungen über die Pflicht zur Mitwirkung bei einer Beweiserhebung sind nach § 167a Abs. 3 und § 178 Abs. 2 FamG sowie § 387 Abs. 3 ZPO isoliert anfechtbar. Eine Rechtsbeschwerde bedarf aber gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO der Zulassung durch das Beschwerdegericht.

Montagsblog: Neues vom BGH

Um die Zulässigkeit eines Beitritts als Streithelfers geht es in der Jubiläums-Ausgabe des Blogs.

Beitritt zum Rechtsstreit einer Personengesellschaft
Beschluss vom 3. Juli 2018 – II ZB 28/16

Mit den Voraussetzungen für einen Beitritt als Streithelfer befasst sich der II. Zivilsenat.

Die Antragstellerin ist an einem Immobilienfonds beteiligt, der die Rechtsform einer Personengesellschaft nach französischem Recht hat. Gemeinsam mit mehreren anderen Fonds nimmt die Gesellschaft die Beklagten wegen Verletzung anwaltlicher Pflichten auf Schadensersatz in Anspruch. Die Antragstellerin hat den Beitritt zum Rechtsstreit als Streithelferin „ihrer“ Gesellschaft erklärt. Sowohl die Klägerinnen als auch die Beklagten sind dem entgegengetreten. Das LG ließ die Nebenintervention zu, das OLG wies sie auf Beschwerde der Parteien zurück.

Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin bleibt erfolglos. Als Gesellschafterin eines der klagenden Fonds hat die Antragstellerin zwar ein wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits, weil ein Erfolg der Klage den Wert ihres Geschäftsanteils erhöhen kann. Es fehlt aber an dem nach § 66 Abs. 1 ZPO erforderlichen rechtlichen Interesse, weil der Ausgang des Rechtsstreits keine Auswirkungen auf die Rechtsbeziehungen der Antragstellerin zur Gesellschaft oder zu Dritten hat. Dass die Beklagten zu einem späteren Zeitpunkt im Wege der Widerklage ihrerseits Schadensersatzansprüche gegen die klagenden Gesellschaften geltend gemacht haben und die Antragstellerin für diese Verbindlichkeiten gegebenenfalls persönlich haftet, vermag der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Dieser Umstand kann zwar ein rechtliches Interesse an einem Beitritt auf Seiten der Widerbeklagten begründen. Bei einem Rechtsstreit mit mehreren unterschiedlichen Streitgegenständen ist die Zulässigkeit des Beitritts aber für jeden Streitgegenstand gesondert zu beurteilen.

Praxistipp: Über die Zulässigkeit einer Nebenintervention entscheidet das Gericht gemäß § 71 ZPO nur dann, wenn eine Partei deren Zurückweisung beantragt.