Verbindliche Verbindlichkeit – Nachfolgeprozesse aktive gestalten

Dr. Frank Halter  Dr. Frank Halter
Center for Family Business der Universität St. Gallen, Schweiz

Die Unternehmensübertragung an Familienmitglieder (FBO = Family Buy Out) oder bestehende Mitarbeitende (MBO = Management Buy Out) bedarf viel Ziel. Die Praxis zeigt, dass dieser Weg nur mit «verbindlicher Verbindlichkeit» funktioniert.

 

«Ja, Du bist mein Nachfolger und über den Preis werden wir uns auf jeden Fall auch einig.» So oder ähnlich lautete das Kernversprechen eines Inhabers vor rund fünf Jahren an seinen potentiellen Nachfolger. Hochmotiviert warf sich dieser – ursprünglich Projektleiter des Handwerksbetriebs – ins Zeug und mauserte sich innert kurzer Zeit zum Mitunternehmer, mit Initiative, eigenen Aufträgen, guten Deckungsbeiträgen etc.

Nach drei erfolgreichen Jahren wollte der Mitarbeiter vom Inhaber wissen, wann denn nun, in welcher Form und – vor allem – zu welchem Preis die Unternehmensübernahme stattfinden könne. Privat war er inzwischen verheiratet und Vater einer kleinen Tochter, gleichzeitig keimte in ihm der Wunsch nach einem Haus mit Garten. Kurz: Er suchte Perspektiven, beruflich wie privat. Aber er bekam keine gültige Antwort.

Seitdem sind weitere zwei Jahre verstrichen, ohne dass die ganze Geschichte wirklich weitergekommen ist. Die ursprüngliche Motivation hat sich mit Frustration vermischt. Der Mitarbeiter muss schliesslich auch noch erkennen, dass er dank seines Engagements wesentliche (auch finanzielle) Werte geschaffen hat und nun einen viel höheren Preis für das Unternehmen bezahlen müsste, als dies ursprünglich nach dem Motto «ein Mann,, ein Wort» versprochen wurde.

Wie verbindlich ist Verbindlichkeit?

Oft (zu oft!) sehe ich Nachfolge-Situationen, bei denen der anfänglich genug grosse Zeitraum zu wenig genutzt wird, um eine vorher getroffene Vereinbarung mit vereinten Kräften zu realisieren und damit die Planbarkeit für beide, Übernehmer und Übergeber zu erhöhen. Und fehlende Planbarkeit kann Folgen haben! Für jedes Unternehmen und damit auch für den Verkäufer ist es einfach allzu schade, wenn potenzielle Mitunternehmer frustrationsbedingt zu Konkurrenten abspringen.

Was sind gemeinsame Werte und Ziele? Was sind die Entwicklungsschritte der Individuen (Verkäufer und Käufer) und des Unternehmens? Insbesondere bei internen Nachfolgelösungen (FBO und MBO) steht die Entwicklung der Parteien und des Übertragungsobjektes im Zentrum – eine Logik die Tradition hat, denn die Entwicklungslogik hat die Beziehung zwischen den beiden Parteien geprägt. Aus den Kindern wurden Erwachsene, aus dem Lehrling wurde ein toller Kadermitarbeitender! Begegnen sich die Parteien aber echt auf Augenhöhe und gleichwertig? Wenn nicht, dann braucht es erst recht Experten, die den Prozess begleiten und damit gewährleisten, dass die Gleichwertigkeit im Prozess entwickelt und sichergestellt werden kann mit dem Ziel, dass die beiden Parteien in Ergänzung zur Entwicklungs-Logik auch eine verbindlichkeitsschaffende Transaktions-Logik annehmen.

Die wesentlichen praktischen und empirischen Erkenntnisse rund um das Zeitgefüge im Kontext Unternehmensnachfolge sind nachzulesen in einem aktuellen Artikel des Verfassers in der ZKM. Der erste Beitragsteil ist in zkm 4/2019, 133 ff. erschienen, Teil 2 folgt in Kürze im Oktoberheft zkm 5/2019, 176 ff. (online bereits verfügbar).

 

Hinweis der Redaktion: Unser Seminar zum Thema finden Sie hier.

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