Die vielen teils kleinlichen Streitigkeiten über die richtige Interpretation der geldwäscherechtlich motivierten Aufwertung der Gesellschafterliste durch den neugefassten § 40 Abs. 1 GmbHG haben nun erstmals (und wohl nicht zum letzten Mal) sogar den BGH (Beschluss v. 26.06.2018 – II ZB 12/16) beschäftigt.
Befassen musste er sich indes nur mit dem zeitlichen Anwendungsbereich der Vorschrift bzw. ihrer Anwendbarkeit auf Altfälle, d.h. vor dem Geltungsstichtag bereits eingetragene Gesellschaften; sedes materiae ist hier die extra neu eingefügte Übergangsvorschrift des § 8 EGGmbHG, die rein grammatikalisch durchaus Auslegungsspielraum belässt. Kommt es maßgeblich darauf an, ob die Veränderung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG – also: das einreichungspflichtauslösende Ereignis – vor dem Stichtag initiiert oder (etwa bei einer aufschiebend bedingten Abtretung) nach dem Stichtag wirksam geworden ist? Oder ist ganz unabhängig von der Anknüpfung an die Veränderung die Erstellung, die Einreichung (d.h. der Zeitpunkt der elektronischen Absendung) oder gar erst die Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner entscheidend?
Richtigerweise ist unter Beachtung des Zwecks der Neufassung des § 40 Abs. 1 GmbHG, wie der BGH nun erfreulich klarstellt, der Zeitpunkt der Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner entscheidend – und nicht etwa jener der Erstellung der Gesellschafterliste oder des Wirksamwerdens der Veränderung (so schon Lieder/Cziupka, GmbHR 2018, 231 [235]). Wer meint, diese Frage sei bereits zeitlich überholt, wird vom BGH eines Besseren belehrt: Weil das Rechtsbeschwerdegericht auch ein nach dem Erlass einer angefochtenen Entscheidung in Kraft getretenes Gesetz zu berücksichtigen hat, sofern es nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfasst, hatte der BGH die konkret in Rede stehende Gesellschafterliste an dem neugefassten § 40 Abs. 1 GmbHG zu messen. Mehr noch: Es werden all jene Gesellschafterlisten nachzubessern, d.h. an die Vorgaben des § 40 Abs. 1 GmbHG anzupassen sein, die – aus welchem Grunde auch immer – noch nicht in den Registerordner aufgenommen wurden, seien sie auch schon vor dem Stichtag eingereicht worden. Hat ein Notar an der Veränderung, die Einreichungsanlass war, mitgewirkt, wird dieser für diesen Nachbesserungsakt zuständig sein, anderenfalls der Geschäftsführer (dazu Lieder/Cziupka, GmbHR 2018, 231 ff.). Dasselbe wird für Gesellschafterlisten gelten, die zwar mit den neuen Anforderungen des § 40 Abs. 1 GmbHG im Einklang stehen, sich aber nicht mit den Vorgaben der neuen Gesellschafterlistenverordnung (in Kraft getreten am 01.07.2018) vertragen, soweit diese zwingend ausgestaltet sind. Zu erwarten stehen mithin verstärkt Korrekturlisten!
Eines ist bei alledem aber klarzustellen: Die Frage, ob die Gesellschafterliste mit den neuen Vorgaben des GmbHG und der Gesellschafterlistenverordnung im Einklang steht, ist rein gesellschaftsrechtlich von Bedeutung, auch wenn die Aufwertung der Gesellschafterliste zwecks Transparenzsteigerung eine flankierende Maßnahme war, um dem Vorwurf der möglichen Unionsrechtswidrigkeit der bei Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie eingeführten sog. Verweisungslösung bzw. Mitteilungsfunktion des § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG den Wind aus den Segeln zu nehmen. D.h.: Solange – bei wirtschaftlicher Berechtigung qua Überschreitung einer 25-prozentigen Beteiligungsschwelle (nicht bei sonstiger wirtschaftlicher Berechtigung!) – aus der Gesellschafterliste jene wenigen Informationen entnommen werden können, die das GwG zur Identifikation des wirtschaftlich Berechtigten verlangt, sind gesonderte Mitteilungen an das Transparenzregister entbehrlich. Prozentzahlen gehören nicht zu diesen Angaben – eine gesonderte Mitteilung an www.transparenzregister.de ist wegen fehlender oder fehlerhafter Prozentangaben also nicht erforderlich (dazu schon Seibert/Bochmann/Cziupka, GmbHR 2018, 1128 [1129 f.]). Hohe Bußgeldgefahr besteht dagegen bei Altlisten in Papierform (nur elektronische Dokumente sind verweisungsfähig, § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG verlangt elektronisch abrufbare Dokumente) – hier werden schon gegenwärtig Bußgelder verhängt, zumal die Missachtung der Anforderungen des GwG in diesen Fällen überaus leicht festzustellen ist, ganz anders als bei verdeckten wirtschaftlichen Berechtigungen in Beteiligungsketten mit ausländischen Zwischengliedern (also in den eigentlich interessanten Fällen). Ob damit die Geldwäscher und Terrorismusfinanzierer, die das Transparenzregister eigentlich im Sinn hat, oder nicht vielmehr schlicht laxe Geschäftsführer sanktioniert werden, ist mehr als fraglich. Das zieht die rechtspolitische Überzeugungskraft der 4. EU-Geldwäscherichtlinie – die letztlich im geldwäscherechtlichen Gewand unionsweite Gesellschaftstransparenz herstellen will – insoweit abermals in Zweifel.
Anders herum kann übrigens die Gesellschafterliste nicht überobligatorisch aufgewertet werden, um die Mitteilungsfiktion zu ermöglichen: Wird etwa eine Mehrheitsbeteiligung treuhänderisch gehalten, dürften entsprechende Mitteilungspflichten an das Transparenzregister nicht dadurch erfüllt werden können, dass in der Gesellschafterliste vermerkt wird, für welchen Treugeber die Geschäftsanteile gehalten werden – denn auch wenn nunmehr die Gesellschafterlistenverordnung eine Veränderungsspalte ausdrücklich gestattet, ergeben sich aus einem Umkehrschluss, aber auch aus der Verodnungsbegründung Anhaltspunkte für die Unzulässigkeit einer sog. Vermerk- oder Bemerkungsspalte (vgl. Cziupka, GmbHR 2018, R180 [R182]), die schon zuvor höchst umstritten war. Entsprechende Gesellschafterlisten mit derartigen Bemerkungen dürften vom Registergericht zurückgewiesen werden; schon daran wird dieser Versuch einer Umgehung einer Mitteilung ans Transparenzregister scheitern.
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PS: Die anfängliche Freude darüber, dass sich der BGH (insoweit zu Recht) sowohl gegen das Initiieren als auch das Wirksamwerden der Veränderung und ebenso gegen die Erstellung der Liste als relevantes Anknüpfungsmerkmal für den zeitlichen Anwendungsbereich des § 40 Abs. 1 GmbHG n.F. ausgesprochen hat, hat etwas den Blick dafür getrübt, dass die Entscheidung doch an einer m.E. geradezu eklatanten Schwäche leidet: Abgestellt wird durch den BGH nicht, wie es am ehesten Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Übergangsvorschrift des § 8 EGGmbHG entsprochen hätte, auf den Zeitpunkt der Einreichung der Gesellschafterliste (dafür Lieder/Cziupka, GmbHR 2018, 231 [235]; Schaub, GmbHR 2017, 727 [731]; Wicke, DB 2017, 2528 [2533]), also jenen der elektronischen Übermittlung zum Handelsregister, sondern auf jenen der Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner – und damit auf einen Zeitpunkt, der vom Listenersteller nicht gesteuert werden kann, hat die Liste mit elektronischer Übermittlung doch den Machtbereich des Listenerstellers verlassen. Dies überzeugt im Ergebnis nicht. Ebenso wenig überzeugen die hierfür vom BGH herangezogenen Argumente, die im Übrigen methodisch nicht ganz sauber nur unzulänglich zwischen Sinn und Zweck der Übergangsvorschrift des § 8 EGGmbHG (nur darum geht es) und jenem des verschärften § 40 Abs. 1 GmbHG n.F differenzieren. Im Übrigen ist es mitnichten richtig, dass nur bei einem Abstellen auf den Zeitpunkt der Aufnahme in den Registerordner eine aus sonstigen Gründen vom Registergericht beanstandete Gesellschafterliste im Zuge der Nachreichung an die neuen Vorgaben angepasst werden muss (so Rz. 20): Auch dann, wenn – wie hier für richtig gehalten – auf den Zeitpunkt der Einreichung abgestellt wird, wäre die Liste en passant der Nachreichung anzupassen. Nur jene zu Recht vom BGH abgelehnten Ansichten, die auf das Wirksamwerden der Veränderung bzw. deren Initiierung vor dem 26.6.2017 abstellen, kämen zum in der Tat zweifelhaften Ergebnis einer mangelnden Korrektur- bzw. Anpassungsbedürftigkeit. Soweit ersichtlich haben die bisherigen Literaturansichten den Zeitpunkt der Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner überhaupt nicht in Betracht gezogen, sodass die Entscheidung insoweit doch überrascht. Konkret bedeutet sie: Ist eine Gesellschafterliste, die vor dem 26.6.2017 eingereicht wurde, bislang noch nicht in den Registerordner aufgenommen worden, muss zwingend eine angepasste Gesellschafterliste nachgereicht werden, schon weil die Altliste keine Prozentangaben enthalten wird. Damit wird letztlich anhängigen Beschwerdeverfahren der Boden entzogen.