Montagsblog: Neues vom BGH

Um das Recht auf Zuziehung eines Dolmetschers und um die Zuständigkeitsverteilung zwischen Familien- und Zivilgericht geht es in den beiden aktuellen Entscheidungen.

Zuziehung eines Dolmetschers zur persönlichen Anhörung einer Partei
Beschluss vom 1. März 2018 – IX ZR 179/17

Mit dem Recht auf ein faires Verfahren befasst sich der IX. Zivilsenat.

Die Klägerin nahm die Beklagten auf Zahlung von rund 370.000 Euro aus Verwahrung und Darlehen in Anspruch. Die Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin an das OLG zurück. Das OLG hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt, weil es von der Vernehmung eines von ihr benannten Zeugen zu Unrecht abgesehen hat. Ergänzend weist der BGH darauf hin, dass das OLG in der neu eröffneten Berufungsinstanz von Amts wegen einen Dolmetscher hinzuziehen muss, wenn die – der deutschen Sprache nicht mächtige – Klägerin sich gemäß § 137 Abs. 4 ZPO persönlich zu den der Klageforderung zugrundeliegenden tatsächlichen Umständen äußern will. Dies ergibt sich zwar nicht aus Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 64, 135), wohl aber aus dem Recht auf ein faires Verfahren.

Praxistipp: Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren kann ggf. mit einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 544 ZPO geltend gemacht werden, nicht aber mit einer Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO.

Rechtsmittel gegen die Entscheidung eines Zivilsenats in einer Familiensache
Beschluss vom 28. Februar 2018 – XII ZR 87/17

Dass die Zuständigkeit des „großen Familiengerichts“ immer wieder für Überraschungen sorgen kann, veranschaulicht eine Entscheidung des XII. Zivilsenats.

Die Klägerin verlangte vom Beklagten – ihrem getrennt lebenden Ehemann – die Freigabe eines hinterlegten Betrags von 100.000 Euro. Das Geld stammte aus einer der Klägerin zugefallenen Erbschaft, war aber kurz vor der Trennung der Parteien auf ein Konto des Beklagten überwiesen worden. Der Beklagte verweigerte die Freigabe unter anderem mit der Begründung, die Klägerin habe der Überweisung auf sein Konto zugestimmt, um gemeinsame Schulden zu begleichen und den Unterhalt des gemeinsamen Kindes zu sichern. Das LG verurteilte den Beklagten zur Freigabe des Betrags. Das OLG wies die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurück.

Der BGH verwirft die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig. Bei zutreffender Sachbehandlung wären nicht die Zivilgerichte zur Entscheidung berufen gewesen, sondern das Familiengericht und ein Familiensenat des OLG. Dies ergibt sich aus § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG, wonach zu den (sonstigen) Familiensachen auch Verfahren gehören, die Ansprüche zwischen Ehegatten im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung betreffen. In einer Familiensache wäre eine Rechtsbeschwerde gegen die zweitinstanzliche Entscheidung gemäß § 70 FamFG nur zulässig gewesen, wenn das OLG sie zugelassen hätte. Nach dem auch für solche Konstellationen geltenden Meistbegünstigungsgrundsatz darf dem Rechtsmittelführer aus der Wahl einer unzutreffenden Verfahrensart zwar kein Nachteil entstehen. Andererseits dürfen die Möglichkeiten zur Einlegung eines Rechtsmittels dadurch aber auch nicht erweitert werden. Folglich ist die an sich gemäß § 522 Abs. 3 und § 544 ZPO statthafte Nichtzulassungsbeschwerde im Streitfall nicht zulässig.

Praxistipp: Wenn ein Ehegatte im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung den anderen Ehegatten oder dessen Eltern in Anspruch nimmt, ist stets sorgfältig zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG vorliegen. In Zweifelsfällen sollte bereits in erster Instanz eine Entscheidung gemäß § 17a GVG herbeigeführt werden.

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