Ordnungsgeld bei Nichterscheinen der Partei

Nach Auffassung des OLG Schleswig (Beschluss vom 22.01.2019 — 16 W 146/18) kann ein Ordnungsgeld nicht festgesetzt werden, wenn die zu einem Güteversuch geladene Partei nicht erscheint, der erschienene Prozessbevollmächtigte von der Partei jedoch zum Vergleichsabschluss bevollmächtigt wurde (so auch schon BGH NJW-RR 2011, 1363; str.). § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO knüpfe lediglich im Hinblick auf die Tatsachenaufklärung, nicht aber im Hinblick auf Vergleichsverhandlungen an die Fähigkeit eines zum Vergleichsabschluss bevollmächtigten Vertreters zur inhaltlichen Erörterung an. Im übrigen komme es nicht darauf an, ob es dann in der Verhandlung tatsächlich zum Vergleich komme.

Rechtspolitisch sollte der Gesetzgeber eine Änderung von § 141 ZPO überdenken. Dem in der ZPO niedergelegten Interesse an einer gütlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten sollte der entsprechende Nachdruck verliehen werden, mit dem die Bereitschaft der Parteien zur Teilnahme an Gerichtsterminen erhöht wird.

Keine Spezialzuständigkeit nach § 72a S. 1 Nr. 4 GVG bei Streitigkeit aus Versicherungsagenturvertrag

Nach § 72a S. 1 Nr. 4 GVG sind für Streitigkeiten aus Versicherungsvertragsverhältnissen bei den Landgerichten Spezialkammern einzurichten. Das OLG München hat entschieden, dass eine Streitigkeit aus einem Versicherungsagenturvertrag dieser Spezialkammer nicht zuzuordnen ist (Beschl. v. 07.02.2019 – 34 AR 114/18). Zwar ergebe sich aus der Gesetzeshistorie, dass § 72a S. 1 Nr. 4 GVG (entsprechend § 348 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. h ZPO) Streitigkeiten über Ansprüche aus Versicherungsverhältnissen zwischen dem Versicherungsnehmer, dem Versicherten oder dem Bezugsberechtigten einerseits und dem Versicherer anderseits und – nach dem Willen des Gesetzgebers – daneben, wegen der Sachnähe, auch Streitigkeiten aus Versicherungsvermittlung und -beratung i.S.d. § 59 VVG umfasse. Ein Versicherungsagenturvertrag unterfalle dieser Regelung jedoch nicht. Eine uferlose Ausdehnung der Regelung würde die Gefahr mit sich bringen, dass die mit ihrer Einführung von dem Gesetzgeber erhofften Spezialisierungseffekte wieder zunichte gemacht werden würden. Dass auch Fragestellungen versicherungsvertraglicher Art von Bedeutung sein können, könne allein die Anwendung des § 72a S. 1 Nr. 4 GVG noch nicht rechtfertigen.

PKH-Bekanntmachung 2019 ist veröffentlicht

Das BMJV hat die neue PKH-Bekanntmachung 2019 bekannt gemacht. Dort sind die Freibeträge nach § 115 Abs. 1 ZPO im einzelnen betragsmäßig aufgeführt. Die Bekanntmachung ist im BGBl. 2018 I, S. 2707 veröffentlicht und ansteuerbar unter: https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl118s2707.pdf%27%5D__1547022245219

BGH zu § 49a WEG

§ 49a GKG über den Streitwert in Wohnungseigentumssachen ist eine nicht leicht verständliche Streitwertvorschrift. Dessen Abs. 1 S. 1, 2 lautet: „Der Streitwert ist auf 50 Prozent des Interesses der Parteien und aller Beigeladener an der Entscheidung festzusetzen. Er darf das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten und das Fünffache des Wertes ihres Interesses nicht überschreiten. ...“

Bei Streitigkeiten über die Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums vertritt der BGH bereits, dass sich der Streitwert in der Regel auf 20 % des Verkaufspreises des Wohnungseigentums beläuft (vgl. BGH v. 18.1.2018 – V ZR 71/17, MDR 2018, 558; BGH v. 19.7.2018 – V ZR 229/17, MDR 2018, 1178).

In einer neuen Entscheidung des BGH ging es nun um eine Streitigkeit über die Zustimmung zur Erteilung des Zuschlags in einem das Wohnungseigentum betreffenden Zwangsversteigerungsverfahren (BGH v. 15.11.2018 – V ZR 25/18). Hierzu hat der BGH festgestellt, dass sich der Streitwert in der Regel auf 20 % des Meistgebots beläuft. Ohne dass es der BGH in dieser Entscheidung ausdrücklich aufführt, hat der BGH S. 2 von § 49a Abs. 1 GKG angewendet. Das Interesse des Rechtsmittelführers (§ 47 GKG) bildet also die entscheidungserhebliche Untergrenze. Dessen Interesse hat der BGH mit den erwähnten 20 % des Meistgebots bewertet.

Neue Senate für den BGH in Karlsruhe und Leipzig

Der Haushaltsausschuss des Bundestages soll nach übereinstimmenden Presseberichten am 08.11.2018 der Einrichtung zweier neuer Senate für den BGH zugestimmt haben. Ein Zivilsenat soll nach Karlsruhe kommen und ein Strafsenat nach Leipzig. Auch wenn diese Maßnahme in der Politik übereinstimmend begrüßt wird, ist Kritik insofern laut geworden, als mit der Gleichzeitigkeit der Bildung eines neuen Strafsenats in Leipzig die Rutschklausel umgangen werde. Die Rutschklausel sieht vor, dass für jeden neuen Zivilsenat in Karlsruhe ein dort schon bestehender Strafsenat nach Leipzig verlegt wird.

Bezugnahme auf PKH-Unterlagen aus anderem Verfahren grundsätzlich unzulässig

Das OLG Karlsruhe (02.10.2018 – 18 WF 118/18) hat deutlich gemacht, dass eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse – wie der Wortlaut des § 117 Abs. 2 ZPO zeige – grundsätzlich in jedem Verfahren selbständig vorzulegen sei. Nur so sei das Gericht in der Lage, über den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe in diesem Verfahren – ohne von sich aus weitere, ihm zudem nicht obliegende, Nachforschungen anstellen zu müssen – zuverlässig entscheiden zu können. Dem Beteiligten, der die staatliche Leistung der Verfahrenskostenhilfe in Anspruch nehmen wolle, sei es zumutbar, in jedem der von ihm eingeleiteten Verfahren die Voraussetzungen des § 117 Abs. 2 und 4 ZPO zu erfüllen. Die Bezugnahme auf eine bereits vorgelegte Erklärung sei lediglich dann ausnahmsweise zuzulassen, wenn das Verlangen, eine weitere Erklärung vorzulegen, eine überflüssige Förmelei darstellen würde. Dies sei lediglich dann anzunehmen, wenn sich bei den Verfahrensakten bereits eine früher vorgelegte Erklärung aus der Vorinstanz befinde und außerdem zusätzlich zu der Bezugnahme erklärt werde, dass sich seitdem an den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nichts geändert habe.

Frist für Gegenvorstellung bei Anfechtung des Streitwerts

Der BGH hält eine Gegenvorstellung gegen eine Streitwertfestsetzung für grundsätzlich statthaft. Zulässig ist die Gegenvorstellung seiner Auffassung nach aber nur, wenn sie innerhalb einer Frist von sechs Monaten eingelegt wird (so etwa BGH v. 29.06.2017 – I ZB 90/15). Hierbei wendet der BGH §§ 68 Abs. 1 S. 3, 63 Abs. 3 S. 2 GKG an (so etwa BGH v. 29.06.2017 – I ZB 90/15). Diese Auffassung hat der BGH aktuell noch einmal bestätigt (BGH v. 13.03.2018 – IV ZB 135/16; BGH v. 30.05.2018 – IV ZB 461/15).

Allerdings hätte es wohl näher gelegen, die für die Anhörungsrüge (§ 69a GKG) gesetzlich geregelte Frist von 2 Wochen entsprechend heranzuziehen. Die von dem BGH bevorzugte Auslegung führt dazu, dass die Anhörungsrüge nur binnen einer Frist von 2 Wochen erhoben werden kann, indes für die Einlegung der Gegenvorstellung 6 Monate Zeit bleibt.

 

 

 

 

 

Referentenentwurf für ein Mietrechtsanpassungsgesetz

Auf der Homepage des Deutschen Mietgerichtstages ist ein Referentenentwurf des BMJV vom 04.06.2018 für Mietrechtsänderungsgesetz ansteuerbar: www.mietgerichtstag.de/2018/06/05/referentenentwurf-eines-mietrechtsänderungsgesetzes/

Der Entwurf sieht eine Verschärfung der Mietpreisbremse, eine Reduzierung der Mieterhöhung nach Modernisierung sowie Regelungen zur Wohnfläche vor.

Bei der Mietpreisbremse sollen Mieter aufgrund einer neuen vorvertraglichen Auskunftsverpflichtung des Vermieters bereits bei Begründung des Mietverhältnisses erfahren können, ob der Vermieter sich auf eine Ausnahme, insbesondere eine höhere Vormiete, beruft bzw. später berufen kann. Eine nach seiner Ansicht zu hohe Miete muss der Mieter dem Vermieter nach dem Entwurf nur noch in einfacher Weise mitteilen („rügen“); Tatsachen, auf denen die Beanstandung der vereinbarten Miete beruht, muss der Mieter dann nicht mehr vortragen.

Weiterhin schlägt der Entwurf vor, wie die Wohnfläche zu berechnen sein soll, wenn die Vertragsparteien diese als Sollbeschaffenheit der Mietsache vereinbaren. Die Vertragsparteien können für die Berechnung der Wohnfläche wählen zwischen den Vorschriften der §§ 42 bis 44 der Zweiten Berechnungsverordnung, der Wohnflächenverordnung und anerkannten Regeln der Technik zur Berechnung der Wohnfläche. Haben die Vertragsparteien keine Vereinbarung über die Berechnung der Wohnfläche getroffen, wird vorgeschlagen, dass die Wohnfläche in Anlehnung an die
Berechnungsvorschriften für preisgebundene Wohnungen zu berechnen ist.

Verleichsmehrwert bei Räumungsvergleich

Wird im Rahmen eines Räumungsrechtsstreits ein Vergleich geschlossen, in dem die Parteien ein neues Mietverhältnis eingehen, so ist der Streitwert nach dem Wert des bisherigen Mietverhältnisses (§ 41 Abs. 2 GKG) festzusetzen. Ein Vergleichsmehrwert nach dem Wert des neuen Mietverhältnis ist nicht festzusetzen. So hat es das OLG Hamm in einer aktuellen Entscheidung vom 26.04.2018 (18 W 11/18) bestätigt.

Maßgeblich sei, dass das neue Mietverhältnis weder rechtshängig gewesen sei noch sonst in Streit gestanden habe und deshalb nicht Gegenstand eines Vergleichs (im Sinne eines materiell-rechtlichen Vergleichsvertrages, mit dem im Wege gegenseitigen Nachgebens der Streit oder die Ungewissheit über – bereits bestehende – Rechtsverhältnisse beigelegt wird) habe sein können.

Diese Entscheidung trifft zu. Die Parteien haben nur über die Räumung gestritten, nicht über den neuen Mietvertrag.

Änderungsvorschläge zum RVG


Die BRAK und der DAV haben „Vorschläge zur regelmäßigen Anpassung, strukturellen Änderung
und Ergänzung und Klarstellung des RVG“ (März 2018) vorgestellt. Der Katalog ist über https://www.brak.de/fuer-journalisten/pressemitteilungen-archiv/2018/presseerklaerung-09-2018/ ansteuerbar.

Vorgeschlagen werden

– eine Erhöhung der Rechtsanwaltsgebühren,

– strukturelle Änderungen und Ergänzungen des RVG,

– Klarstellungen im RVG.

Einer der Vorschläge betrifft die Zusatzgebühr Nr. 1010 VV RVG, die ohne Relevanz für die anwaltliche Praxis geblieben sein soll. Für diese Gebühr wird vorgeschlagen, dass diese unabhängig von der Durchführung einer Beweisaufnahme bei der Teilnahme an mehr als zwei gerichtlichen Terminen mit einer Gesamtdauer von insgesamt mehr als zwei Stunden (120 Minuten) entsteht soll.