Nach Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 VV RVG verdient der Rechtsanwalt die Terminsgebühr auch durch die Mitwirkung an einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts. Die Mitwirkung des Rechtsanwalts setzt nach Auffassung des BGH (v. 09.05.2017 – VIII ZB 55/16) voraus, dass bei Beginn des Gesprächs, das den genannten Gebührentatbestand auslösen soll, eine Einigung noch nicht erzielt worden ist. Die Besprechung müsse auf die (zukünftige) Erledigung des Verfahrens gerichtet sein.
Schwurgericht des LG München I ohne Geschäftsverteilungsplan
§ 21g GVG regelt, dass innerhalb eines mit mehreren Richtern besetzten Spruchkörpers vor Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer die Geschäfte durch Beschluss aller dem Spruchkörper angehörenden Berufsrichter zu verteilen sind. Wie für die allgemeine gerichtsinterne Geschäftsverteilung gilt auch für die kammerinterne Geschäftsverteilung das Jährlichkeitsprinzip, nach dem die Regelung der Geschäftsverteilung mit dem Ablauf des Geschäftsjahres, das mit dem Kalenderjahr übereinstimmt, ohne weiteres außer Kraft tritt.
Das Schwurgericht bei dem Landgericht München I hatte sich 2014 keinen kammerinternen Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2015 gegeben. Auch zum Zeitpunkt des Eingangs einer Anklage lag ein kammerinterner Geschäftsverteilungsplan noch nicht vor.
Der BGH hat das spätere Urteil des Gerichts aufgehoben, weil es die Anforderungen an das Gebot des gesetzlichen Richters aus Art. 101 S. 2 GG nicht eingehalten habe (BGH v. 08.02.2017 – 1 StR 493/16).
Streitwert im Verfahren nach § 283a ZPO
Beantragt der Rechtsanwalt für seinen Mandanten im Rahmen eines Hauptsacheklageverfahrens zugleich eine Sicherungsanordnung nach § 283a ZPO, erhält der Anwalt für diese Tätigkeit keine zusätzlichen Gebühren über die Verfahrens- und die Terminsgebühr nach dem Wert des Klageverfahrens hinaus (vgl. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RVG). Es ist nicht etwa dem Wert des Klageverfahrens noch ein Wert des Sicherungsanordnungsverfahrens hinzuzuaddieren. Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Sicherungsanordnung erhält der Anwalt die Verfahrensgebühr Nr. 3500 VV RVG. Es handelt sich um einen anderen Rechtszug. Das OLG Dresden hält für das Beschwerdeverfahren einen Wert in Höhe von 50 % der verlangten Sicherheit für gerechtfertigt, weil die Anordnung nach § 283a ZPO dem einstweiligen Rechtsschutz zuzuordnen ist und es lediglich um die Sicherheit gegen eine Ausfallgefahr geht. Im Einzelfall (z.B. Uneinbringlichkeit) könne auch ein höherer Wert gegeben sein (vgl. zum Ganzen den Beschluss des OLG Dresden v. 8.1.2016 – 5 W 1212/15).
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Der VGH München hat noch einmal klargestellt, dass eine Festsetzung des Streitwerts nur erfolgt, wenn sich die in Betracht kommende Gerichtsgebühr nach einem Streitwert richtet (Beschluss v 24.02.2017, Az: M 5 V 16.5324). Insofern kommt eine Streitwertfestsetzung nicht in Betracht, wenn keine Gerichtsgebühren entstehen oder wenn die Gerichtsgebühr nur in Höhe eines Festbetrages entsteht.
Nur auf Antrag hat das Gericht den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit festzusetzen.
BVerfG zur Auslegung eines Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung
Im Verfahren nach billigem Ermessen hat das Gericht auf Antrag einer Partei gemäß § 495a S. 2 ZPO eine mündliche Verhandlung durchzuführen. In dem vom BVerfG auf eine Verfassungsbeschwerde zu beurteilenden amtsgerichtlichen Verfahren hat der Kläger unter anderem geschrieben, dass er „einer Entscheidung durch Aktenlage nicht zustimmen wird“. Das Amtsgericht hat die Klage ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen. Hierbei hat das Amtsgericht nach Auffassung des BVerfG gegen das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) verstoßen (Beschl. v. 02.03.2017 – 2 BvR 977/16). Der Kläger habe durch seinen in der Klageschrift enthaltenen Hinweis, einer Entscheidung nach Aktenlage nicht zuzustimmen, erkennbar die Durchführung der mündlichen Verhandlung beantragt. Gemäß § 495a Satz 2 ZPO habe das Amtsgericht daher mündlich verhandeln müssen. Dem stünde nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer für die umstrittene Behauptung zunächst keinen Beweis angeboten hatte. Das Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung stünde nicht unter Praktikabilitätsvorbehalt.
Keine Erstattung der nach der Kostengrundentscheidung entstandenen Terminsgebühr
Die Kostengrundentscheidung in einem Beschluss über den Erlass einer einstweiligen Verfügung erfasst das einstweilige Verfügungsverfahren lediglich bis zum Erlass dieses Beschlusses. Entsteht die Terminsgebühr nach Erlass dieses Beschlusses durch außergerichtliche Besprechungen i.S.v. Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG, kann sie der vorangegangenen Kostengrundentscheidung nicht mehr zugeordnet werden. Die Termingsgebühr ist also nicht auf der Grundlage dieser Kostenentscheidung gegen den Gegner festsetzungsfähig. So hat es der BGH entschieden (Beschl. v. 07.02.2017 – VI ZB 43/16).
Der BGH wendet sich also nicht gegen die Entstehung der Terminsgebühr. Die Terminsgebühr hat der Mandant dem Anwalt zu vergüten. Der Mandant erhält die Terminsgebühr lediglich nicht vom Gegner erstattet. Hätte ein Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung vorgelegen, hätte die Terminsgebühr von einer nachfolgenden Kostengrundentscheidung über die „weiteren Kosten“ des einstweiligen Verfügungsverfahrens erfasst sein können.
Bundestag hat Einrichtung von Spezialkammern bei den Landgerichten beschlossen
Am 09.03.2017 hat der Bundestag die Einrichtung von Spezialkammern bei den Landgerichten beschlossen (vgl. Art. 5 zu BT-Drs. 18/11437). Eine entsprechende Regelung soll es für Spezialsenate bei den Oberlandesgerichten geben. Einzurichten sind Spezialkammern bzw. Spezialsenate für die Sachgebiete:
1. Streitigkeiten aus Bank- und Finanzgeschäften,
2. Streitigkeiten aus Bau- und Architektenverträgen sowie aus Ingenieurverträgen, soweit sie im Zusammenhang mit Bauleistungen stehen,
3. Streitigkeiten über Ansprüche aus Heilbehandlungen und
4. Streitigkeiten aus Versicherungsvertragsverhältnissen.
Den Spezialkammern bzw. Spezialsenaten können neben den Spezialsachgebieten auch allgemeine Streitigkeiten zugewiesen werden. Die Regelungen sollen zum 1.1.2018 in Kraft treten. Zunächst ist aber abzuwarten, wie der Bundesrat abstimmt.
0,5-Terminsgebühr auch ohne Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils
Nach Nr. 3105 VV RVG entsteht eine 0,5-Terminsgebühr, wenn der Rechtsanwalt nur einen solchen Termin wahrnimmt, in dem eine Partei oder ein Beteiligter nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist und lediglich ein Antrag auf Versäumnisurteil, Versäumnisentscheidung oder zur Prozess-, Verfahrens- oder Sachleitung gestellt wird. Nach Anm. Abs. 1 Nr. 2 dieser Regelung entsteht die Gebühr auch, wenn eine Entscheidung nach § 331 Abs. 3 ZPO (Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren) ergeht.
Der BGH hatte nun den Fall zu entscheiden, dass ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils nicht gestellt worden ist, aber verfahrenswidrig gleichwohl ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren bei unterbliebener Verteidigungsanzeige ergangen ist. Dem anwaltlichen Klägervertreter steht hierfür gleichwohl die 0,5-Terminsgebühr zu (Beschluss v. 24.01.2017 – VI ZB 21/16). Maßgebliche Voraussetzung für den Anfall der Gebühr sei das Ergehen der Entscheidung. Mit der 0,5-Gebühr nach Nr. 3105 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV RVG solle gerade nicht der mit der Stellung des (Prozess-)Antrags auf Erlass eines Versäumnisurteils verbundene zusätzliche Aufwand des Prozessbevollmächtigten vergütet werden, sondern der dem Prozessbevollmächtigten ohne die Vorschrift drohende gebührenrechtliche Nachteil einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung vermieden werden.
Gesetzentwurf zur Erhöhung der Betreuervergütung veröffentlicht
In einer am 15.2.2017 veröffentlichten Formulierungshilfe der Bundesregierung für einen Änderungsantrag der Regierungsfraktionen zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates für ein Gesetz zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und in Fürsorgeangelegenheiten wird vorgeschlagen, die Vergütungssätze in §§ 3, 4 VBVG anzuheben (vgl. Art. 7):
„§ 3 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
a) In Satz 1 wird die Angabe „19,50“ durch die Angabe „22,50“ ersetzt.
b) Satz 2 wird wie folgt geändert:
aa) In Nummer 1 wird die Angabe „25“ durch die Angabe „29“ ersetzt.
bb) In Nummer 2 wird die Angabe „33,50“ durch die Angabe „38,50“ ersetzt.
§ 4 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
a) In Satz 1 wird die Angabe „27“ durch die Angabe „31“ ersetzt.
b) Satz 2 wird wie folgt geändert:
aa) In Nummer 1 wird die Angabe „33,50“ durch die Angabe „38,50“ ersetzt.
bb) In Nummer 2 wird die Angabe „44“ durch die Angabe „50,50“ ersetzt.“
Der Rechtsanwalt als Betreuer würde also künftig nach § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VBVG einen Stundensatz von EUR 50,50 brutto erhalten.
Die Formulierungshilfe ist erreichbar unter:
http://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/FH_Betreuerverguetung.pdf?__blob=publicationFile&v=1
Berufen des Gerichtskostenschuldners auf § 10 Kostenverfügung?
Das BSG hatte sich in einer Entscheidung vom 3.11.2016 (B 13 SF 18/16 S) mit der Frage zu befassen, ob sich ein Gerichtskostenschuldner auf § 10 Kostenverfügung (KostVfg) berufen kann. Die Vorschrift regelt, in welchen Fällen das Gericht von einem Gerichtskostenansatz (bzw. Erteilung einer Gerichtskostenrechnung) bei Unvermögen des Kostenschuldners absehen kann oder muss. Bei der Kostenverfügung handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift. Dementsprechend hat das BSG die Rechtmäßigkeit des Kostenansatzes nicht im Hinblick auf § 10 KostVfG in Frage gestellt. Der Kostenansatz sei nach § 1 Abs. 2 Nr 3, § 19 Abs. 1 S 1 Nr 2 GKG eine gebundene Entscheidung, die als Verwaltungsakt im Verhältnis zum Bürger als Kostenschuldner ergehe. § 10 KostVfg betreffe als Verwaltungsvorschrift nur das Innenverhältnis zwischen dem Kostengläubiger und dem Kostenbeamten, lasse jedoch im Außenverhältnis die Existenz des Kostenanspruchs unberührt. Ein Recht des Kostenschuldners aus § 10 KostVfG auf Beachtung dieser Vorschrift durch den Kostenbeamten bestehe nicht.