Anwaltsblog 5/2024: In welcher Frist verjährt der Vergütungsanspruch des Bauträgers?

Verjährt der Vergütungsanspruchs des Bauträgers in der Regelverjährungsfrist des § 195 BGB von drei Jahren oder in der der speziellen Verjährungsfrist des § 196 BGB bei Rechten an einem Grundstück von zehn Jahren? Diese Frage hatte der VII. Zivilsenat des BGH (erneut) zu entscheiden (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2023 – VII ZR 231/22):

 

Ein Bauträger verlangt von den Erwerbern einer Eigentumswohnung die Schlussrate von rund 15.000 €. Die Erwerber berufen sich auf Verjährung und bekommen vor dem Land- wie Oberlandesgericht recht, weil die Restvergütungsforderung der Klägerin der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliege, die gemäß § 195 BGB drei Jahre betrage und bei Klageerhebung abgelaufen gewesen sei. Auch wenn die Klageforderung Teil des Entgelts dafür sei, dass die Klägerin den Beklagten Eigentum an einem Grundstück zu übertragen habe, und die errichtete Wohnung „lediglich“ wesentlicher Bestandteil des Miteigentumsanteils sei, richte sich die Verjährung nicht nach § 196 BGB. Die Forderung sei nicht nur die Gegenleistung für die Übertragung des Miteigentumsanteils, sondern auch für die Erbringung von Bauleistungen. Deshalb sei die Vergütungsforderung nicht aufteilbar in eine für die Eigentumsübertragung sowie eine für die Bauleistung, weshalb die Verjährung einheitlich nach der Leistung zu beurteilen sei, die bei weitem überwiege und das Vertragsverhältnis charakterisiere. Das sei die Bauleistung.

Die Revision des Bauträgers hat Erfolg. Der Anspruch auf Zahlung der restlichen Vergütung aus dem Bauträgervertrag unterliegt der zehnjährigen Verjährungsfrist gemäß § 196 BGB und ist noch nicht verjährt. Bei einem Bauträgervertrag handelt es sich um einen einheitlichen Vertrag, der neben werkvertraglichen auch (soweit der Grundstückserwerb in Rede steht) kaufvertragliche Elemente enthält. Grundsätzlich ist bei Bauträgerverträgen hinsichtlich der Errichtung des Bauwerks Werkvertragsrecht, hinsichtlich der Übertragung des Eigentums an dem Grundstück hingegen Kaufrecht anzuwenden. Der Anspruch der Klägerin hat daher eine einheitliche Vergütung zum Gegenstand, so dass der Vergütungsanspruch nur einheitlich verjähren kann.    Für den einheitlichen Vergütungsanspruch des Bauträgers gilt jedoch nicht die dreijährige Regelverjährungsfrist gemäß § 195 BGB, sondern die zehnjährige Verjährungsfrist gemäß § 196 BGB. Nach § 196 BGB verjähren Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung in zehn Jahren. § 196 BGB verdrängt insoweit als speziellere gesetzliche Regelung § 195 BGB. Diese spezielle Verjährungsregelung ist auch auf den Vergütungsanspruch des Bauträgers anwendbar. Aus systematischen und teleologischen Gesichtspunkten ist es gerechtfertigt, § 196 BGB als speziellere Regelung auf den Vergütungsanspruch des Bauträgers anzuwenden. Da es sich bei dem Vergütungsanspruch des Bauträgers um einen einheitlichen Anspruch handelt, der folglich einer einheitlichen Verjährung unterliegt, kann sich die Verjährung dieses Anspruchs nur entweder nach § 196 BGB oder nach § 195 BGB richten. Da der einheitliche Vergütungsanspruch des Bauträgers jedenfalls auch eine Gegenleistung für die von ihm – neben der Bauwerkserrichtung – geschuldete Übertragung des Eigentums an dem Grundstück und damit eine Gegenleistung iSd. § 196 BGB darstellt, ist es gerechtfertigt, insoweit einheitlich die speziellere Verjährungsregelung des § 196 BGB anzuwenden. Gegen diese Beurteilung kann nicht eingewendet werden, dass es sich bei dem Vergütungsanspruch um einen Anspruch aus einem Mischvertrag handelt, bei dem die vom Bauträger geschuldete Übertragung des Eigentums an dem Grundstück gegenüber der Bauwerkserrichtung von derart untergeordneter Bedeutung für das Vertragsverhältnis ist, dass § 196 BGB auf den Vergütungsanspruch nicht angewendet werden könnte. Vielmehr ist die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück bei einem Bauträgervertrag von wesentlichem Interesse für den Erwerber. Der Anspruch des Erwerbers ist auf Übertragung des Grundstücks mit dem zu errichtenden Bauwerk gerichtet. Das Bauwerk wird mit seiner Errichtung wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das Eigentum an dem Grundstück erstreckt sich daher auch auf das Eigentum an dem Bauwerk (§ 946 BGB). Die mit der einheitlichen Vergütung abgegoltenen Leistungen – auch die Leistungen betreffend die Bauwerkserrichtung – haben danach für den Erwerber keinen nachhaltigen Wert, wenn er nicht Eigentümer des Grundstücks wird.

Fazit: Verpflichtet sich der Veräußerer eines Grundstücksanteils in einem Bauträgervertrag zur Errichtung eines Bauwerks, verjährt sein einheitlich für Grundstücksanteil und Bauwerk vereinbarter Vergütungsanspruch gemäß § 196 BGB in zehn Jahren.

Anmerkung: Derselbe Senat hat 1978 entschieden, dass der einheitlich für Grundstücksanteil und Eigentumswohnung vereinbarte Vergütungsanspruch in der damaligen Regelfrist von  zwei Jahren verjährt (BGH, Urteil vom 12. Oktober 1978 – VII ZR 288/77 – MDR 1979, 219). Die Verjährung für aus verschiedenen Leistungselementen bestehende Mischverträge sei nach den Leistungen zu beurteilen, die „bei weitem überwiegen und dem Vertragsverhältnis seine charakteristische Note geben“. Das sei die Bauleistung. Der Senat stellt nunmehr fest, dass das vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ergangene Urteil vom 12. Oktober 1978 der aktuellen Entscheidung schon deshalb nicht entgegensteht, weil es durch die Umgestaltung des Verjährungsrechts auf einer anderen Rechtslage beruht. Eine tragfähige Begründung, warum der Bauträgervertrag nicht durch die Bauwerkserrichtungsleistungen derart geprägt wird, dass sich die Verjährung des Vergütungsanspruchs einheitlich nach den für werkvertragliche Vergütungsansprüche geltenden Vorschriften richtet, wie derselbe Senat zuvor gemeint hatte, lässt die besprochen Entscheidung vermissen.

Die Bauvertragsrechtsreform zwischen Euphorie und Kritik

Ab dem 1.1.2018 gilt für alle neu geschlossenen Werkverträge das BGB in der durch das Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts geänderten Fassung. Bisher kannte das Gesetz nur ein allgemeines Werkvertragsrecht. Für den Bauvertrag gab es keine speziellen Sondernormen. Damit wurde der Bauvertrag rechtlich nicht anders behandelt als z.B. die Reparatur eines defekten Kfz in einer Werkstatt oder die Maßanfertigung eines Anzugs durch einen Schneider.

Durch das „Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts, zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, zur Stärkung des zivilprozessualen Rechtsschutzes und zum maschinellen Siegel im Grundbuch- und Schiffsregisterverfahren“ vom 28.4.2017 (BGBl. I 2017, 969; eine Synopse zu den Änderungen, s. hier) werden zukünftig als besondere Vertragstypen des Werkvertragsrechts

  • der Bauvertrag (s. Schwenker/Wessel, MDR 2017, 1096, Heft 19)
  • der Architekten- und Ingenieurvertrag (s. Schwenker/Wessel, MDR Heft 20 – erscheint am 20.10.2017)
  • der Verbraucherbauvertrag und der Bauträgervertrag  (s. Schwenker/Wessel, MDR Heft 21- erscheint am 3.11.2017)

näher geregelt.

Neben diesen Neuregelungen sind im allgemeinen Werkvertragsrecht wichtige Änderungen vorgenommen worden (s. Schwenker/Wessel, MDR 2017, 1093, Heft 19).

Die Reaktionen auf das Gesetz sind gemischt. Der Präsident des Deutschen Baugerichtstags e.V. lässt seine Freude darüber verlauten, „ein schon fast verloren gegangenes Vertrauen in funktionierende parlamentarische und ministerielle Entscheidungsmechanismen wieder gefunden“ zu haben. In der Literatur wird dagegen der „autoritäre, bevormundende Geist des Gesetzes“ beklagt: „Vorschriften statt Vertragsfreiheit, Anordnungsrechte, Terminbestimmungsrechte, der Gesetzgeber will sogar darauf Einfluss nehmen, wann Personen Verträge abschließen und hinterher zur Not durch Dritte bestimmen lassen, was deren Inhalte sind.“ (Deckers, ZfBR 2017, 545).

Fazit: Zu Euphorie besteht kein Anlass. Dem Gesetzgeber darf konstatiert werden, eine Vielzahl überflüssiger und in sich inkonsistenter Vorschriften geschaffen zu haben. Der anwaltlichen und gerichtlichen Praxis wird es wieder einmal überlassen bleiben, dem neuen Bauvertragsrecht eine ihren Bedürfnissen gerecht werdende Auslegung zukommen zu lassen. So ist es ihm gelungen, trotz aller gegenteiligen Beteuerungen den Verbraucherschutz zu reduzieren. Denn bisher musste der Erbauer eines Einfamilienhauses dem Unternehmer keine Bauhandwerkersicherheit stellen. Nach neuem Recht gilt das Verbraucherprivileg nur für den Verbraucherbauvertrag, der aber den „Bau eines neuen Gebäudes“ verlangt. Bei Einzelvergaben muss der Verbraucher zukünftig (ihn finanziell belastende) Sicherheiten stellen. Davon ist er aber befreit, wenn er Mehrfamilienhäuser baut! Mehr als eine gesetzgeberische Fehlleistung ist es auch, wenn § 650p BGB unter „Vertragstypischen Pflichten aus Architekten- und Ingenieurverträgen“ lediglich die Pflichten des Planer beschreibt, die Vergütungspflicht des Bestellers aber vollständig vergisst. Diese muss über die Verweisungsnorm des § 650q Abs. 1 BGB aus § 631 Abs. 1 BGB hergeleitet werden, was den nicht rechtskundigen Nutzer des Gesetzes überfordern dürfte.