OLG Dresden: Verschiedene Mittel der Glaubhaftmachung

Im Rahmen einer Entscheidung über den Bericht über Äußerungen eines AfD-Politikers aus einem Gespräch mit einem Geistlichen hat das OLG Dresden (Beschl. v. 28.5.2024 – 4 U 676/24) einige interessante Ausführungen zu Mitteln der Glaubhaftmachung, z. B. im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens, vorgelegt.

In der Sache ging es um einen Landtagsabgeordneten, der im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahren verbieten lassen wollte, in einem Medienhaus bestimmte Behauptungen zu verbreiten. In diesem Rahmen kommt es bekanntlich auf die Glaubhaftmachung an (§§ 936, 920 Abs. 2, 294 ZPO). In einem solchen Verfahren gelten nicht die förmlichen Beweisverfahren der ZPO, sondern der Freibeweis. Allerdings können auch präsente Zeugen vernommen werden (§ 294 Abs. 2 ZPO). Es kann jedoch auch die Gegenpartei benannt werden, ohne dass die Voraussetzungen des § 445 ZPO vorliegen müssen. Weiterhin ist die Vorlage unbeglaubigter Kopien von Schriftstücken sowie von Privatgutachten möglich. Darüber hinaus können ebenso anwaltliche Versicherungen eingebracht werden, schriftliche Zeugenaussagen und sogar einfache Parteierklärungen. Das OLG hält auch Zeugen vom Hörensagen für geeignet, eine Grundlage für eine Glaubhaftmachung zu legen. Dabei ist zu beachten, dass der Beweiswert derartiger Aussagen häufig geringer sein wird als derjenige von Zeugen, die von unmittelbar Erlebtem berichten. Es kommt dann immer auf die Gesamtwürdigung aller Beweistatsachen im Einzelfall an.

Auch der BGH (Beschl. v. 6.10.2016 – VII ZR 185/13 Rn. 26) hat bereits entschieden, dass ein Zeuge vom Hörensagen ein zu vernehmender Zeuge ist und daher als Beweismittel nicht ohne weiteres als ungeeignet angesehen werden kann. Im konkreten Fall war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht erfolgreich, da das OLG – dem LG folgend – einer Zeugin vom Hörensagen letztlich mehr Glauben schenkte als den Angaben des Antragstellers selbst.

Man sieht also: Bei der Glaubhaftmachung hat man zahlreiche Möglichkeiten, ans Ziel zu kommen.

OLG Frankfurt am Main: Selbstwiderlegung der Dringlichkeit

Mit dem Problem der Selbstwiderlegung der Dringlichkeit im Rahmen von einstweiligen Verfügungsverfahren hat sich das OLG Frankfurt am Main (Beschl. v. 28.6.2024 – 9 W 12/24) befasst.

Mit einem der (späteren) Antragstellerin am 19.4.2024 zugegangenen Schreiben vom 14.4.2024 untersagte die (spätere) Antragsgegnerin der Antragsstellerin, eine Verkehrsfläche zu betreten oder zu befahren. Daraufhin forderte die Antragstellerin mit Schreiben vom 24.4.2024 von der Antragsgegnerin Unterlassung und setzte eine Frist bis zum 8.5.2024. Die Frist verstrich ergebnislos. Mit Schriftsatz vom 25.5.2024, eingegangen am 28.5.2024, beantragte die Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin eine einstweilige Verfügung.

Das LG wies den Antrag mangels Eilbedürftigkeit und damit mangels Vorliegens eines Verfügungsgrundes zurück. Die Antragstellerin habe insgesamt zu lange gewartet. Diese Auffassung teilt das OLG nicht.

Der Versuch der Antragstellerin, die Situation zunächst durch ein vorgerichtliches Schreiben zu befrieden, lässt die Dringlichkeit nicht entfallen. Hieraus allein kann nicht geschlossen werden, dass es der Antragstellerin nicht mehr eilig sei.

Allerdings gibt es im Wettbewerbsrecht eine – allerdings keinesfalls starre, sondern lediglich der Orientierung dienende – Sechswochenfrist zur Widerlegung der Dringlichkeit. Es ist jedoch bereits fraglich, ob diese Frist auch auf Besitzstörungen angewandt werden kann. Im Übrigen sind es vom 19.4. bis 28.5. keine sechs Wochen gewesen.

Das OLG hebt daher den Beschluss des LG auf. Eine eigene Entscheidung trifft es nicht, da das LG in Parallelverfahren bereits Termine bestimmt hatte, so dass eine Entscheidung in erster Instanz mit mündlicher Verhandlung zielführend erscheint.

Fazit: Diese Entscheidung ist zu begrüßen. In manchen Fällen wird sogar verlangt, dass der potenzielle Antragsgegner einer einstweiligen Verfügung zunächst vorgerichtlich angeschrieben wird, um überhaupt das Rechtsschutzinteresse für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu begründen. Von daher wäre es zweckwidrig, aus einer im Normalfall durchaus sinnvollen und zielführenden Maßnahme eine Selbstwiderlegung der Dringlichkeit abzuleiten.

OLG Düsseldorf: Vorwegnahme der Hauptsache im einstweiligen Verfügungsverfahren

Es besteht Einigkeit darüber, dass im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens die Hauptsache nicht vorweggenommen werden soll. Zu den Ausnahmen von diesem Grundsatz sowie zu weiteren interessanten Fragen in diesem Zusammenhang hat sich das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 20.10.2022 – 26 W 6/22) geäußert.

Die Parteien sind durch einen Energielieferungs-Vertrag verbunden. Die Antragstellerin beantragt, die von der Antragsgegnerin vorgenommene Preiserhöhung für unwirksam zu erklären. Nachdem das LG den Antrag zurückgewiesen hatte, legte die Antragstellerin direkt beim OLG sofortige Beschwerde ein.

Das OLG weist die Beschwerde direkt zurück, und zwar ohne die Sache an das LG zum Treffen einer Abhilfeentscheidung zurückzugeben. Wenn im einstweiligen Rechtsschutzverfahren eine sofortige Beschwerde direkt bei dem Beschwerdegericht eingelegt wird, muss das Ausgangsgericht nämlich nicht zwingend über die Abhilfe entscheiden.

In der Sache selbst bleibt die sofortige Beschwerde ohne Erfolg. Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist nur zulässig, wenn ein Unterbleiben einer Entscheidung zu einer existenziellen Notlage oder zu irreparablen Schäden führt und kein entsprechender Nachteil beim Gegner eintreten würde. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes. Vorliegend ging es jedoch nur um finanzielle Belange. Eine Einstellung der Weiterbelieferung mit Energie stand nicht zur Diskussion. Eine wirkliche Notlage hatte die Antragstellerin allerdings nicht dargelegt. Hierfür hätte sie im Einzelnen auf ihre finanziellen Verhältnisse eingehen müssen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Preiserhöhung voraussichtlich unwirksam war, weil sie den Voraussetzungen des § 41 Abs. 5 S. 2 EnWG nicht entsprach.

KG: Aussetzung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens

Einem Verfahren vor dem KG (Beschl. v. 22.7.2019 – 2 W 1/19) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Antragstellerin und die Streithelferin sind die einzigen Gesellschafter der Antragsgegnerin, deren wesentliches Vermögen ein Grundstück darstellt. Die Antragstellerin und die Streithelferin streiten sich in unterschiedlichen Parteirollen in zahlreichen Prozessen vor dem LG Berlin und dem KG. Im Wesentlichen geht es dabei um die Einziehung von Geschäftsanteilen und die Abberufung und Neubestellung von Geschäftsführern.

Im hiesigen einstweiligen Verfügungsverfahren geht der Antrag der Antragstellerin dahin, die Antragsgegnerin müsse sie als Gesellschafterin mit allen Rechten und Pflichten behandeln. Außerdem beantragt sie, der Antragsgegnerin zu untersagen, eine geänderte Gesellschafterliste beim Handelsregister einzureichen und Änderungen der Geschäftsführerschaft eintragen zu lassen.

Das LG hat das Verfahren ausgesetzt. Bei dem KG ist derzeit ein Berufungsverfahren anhängig, worin es um die Frage geht, ob am 15. Mai eine Gesellschafterversammlung stattgefunden habe. Die Beantwortung dieser Frage sei für das einstweilige Verfügungsverfahren vorgreiflich. Gegen den Aussetzungsbeschluss hat die Streithelferin sofortige Beschwerde eingelegt. Diese führt zur Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses des LG Berlin.

Abgesehen davon, dass hier schon keine Vorgreiflichkeit besteht und das LG auch kein ordnungsgemäßes Ermessen ausgeübt hat, kommt die Aussetzung hier schon aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht in Betracht. Ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann nicht im Hinblick auf ein Hauptsacheverfahren aus demselben Sachkomplex ausgesetzt werden. Eine Aussetzung ist mit der besonderen Eilbedürftigkeit eines einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht vereinbar. Lediglich beim Aufhebungsverfahren nach den § 927, § 936 ZPO wird teilweise die Auffassung vertreten, dass eine Aussetzung statthaft sei. Ein solches Verfahren liegt jedoch hier nicht vor.

Das LG muss daher in dem einstweiligen Verfügungsverfahren entscheiden, ohne dass es die Hauptsacheentscheidung des KG abwarten darf.