Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Zulässigkeit von Grundpfandrechten zugunsten noch nicht gezeugter Personen.

Grundpfandrecht für nicht gezeugte Person
BGH, Beschluss vom 26. Juni 2025 – V ZB 48/24

Der V. Zivilsenat entscheidet eine seit Inkrafttreten des BGB umstrittene Frage.

Die 1960 geborene Antragstellerin ist Vorerbin ihrer im Jahr 2003 verstorbenen Mutter. Nacherben sind ihre Kinder, ersatzweise ihre beiden Geschwister. Im Jahr 2003 verkaufte die Antragstellerin ein zum Nachlass gehörendes Grundstück unter der vormundschaftsgerichtlichen Auflage, den Kaufpreis mündelsicher anzulegen. Zur Erfüllung dieser Auflage ließ sie zulasten eines anderen, nicht zum Nachlass gehörenden Grundstücks im Grundbuch eine brieflose Grundschuld über 187.000 zugunsten ihrer Nacherben, d.h. ihrer Kinder und ersatzweise ihrer beiden (namentlich benannten) Geschwister, in Erbengemeinschaft eintragen.

Nunmehr begehrt die Antragstellerin die Löschung der Grundschuld. Ihre Geschwister haben die Löschung bewilligt. Die Antragstellerin hat ferner an Eides Statt versichert, dass weder leibliche noch adoptierte Kinder hat. Einer Aufforderung des AG, eine Löschungsbewilligung für einen für unbekannte Nacherben zu bestellenden Pfleger beizubringen, ist sie nicht nachgekommen. Das AG hat den Löschungsantrag daraufhin zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben.

Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hat ebenfalls keinen Erfolg.

Zu Recht haben die Vorinstanzen eine Löschung gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO wegen inhaltlicher Unzulässigkeit abgelehnt.

Eine Grundbucheintragung ist allerdings inhaltlich unzulässig, wenn sich aus dem Eintragungsvermerk oder darin in Bezug genommenen Unterlagen ergibt, dass sie für einen nicht grundbuchfähigen Träger bestellt worden sind. Im Streitfall ergab sich zwar aus der im Grundbuch in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung, dass die Erblasserin damals keine Kinder hatte. Ein (bedingtes) Grundpfandrecht kann aber auch zugunsten einer noch nicht gezeugten Person bestellt werden.

Eine noch nicht gezeugte Person ist zwar gemäß § 1 BGB nicht rechtsfähig. Zugunsten solcher Personen können aber aufschiebend bedingte schuldrechtliche Verpflichtungen begründet werden, zum Beispiel durch Vertrag zugunsten Dritter (§ 331 Abs. 2 BGB), durch Vermächtnis (§ 2162 Abs. 2 und § 2178 BGB) oder – wie im Streitfall – durch Einsetzung als Nacherbe (§ 2101 Abs. 1, § 2106 Abs. 2 und § 2109 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).

Der historische Gesetzgeber ging davon aus, dass eine dingliche Sicherung für solche Forderungen möglich sein muss. Dementsprechend hat das Reichsgericht entsprechende Hypotheken für zulässig erachtet. Der V. Zivilsenat tritt dieser Auffassung bei und entscheidet, dass in solchen Fällen auch die Bestellung einer Grundschuld zulässig ist.

Eine Löschung der Grundschuld nach § 19 GBO haben die Vorinstanzen zu Recht abgelehnt, weil es an einer Löschungsbewilligung der möglichen Nacherben fehlt. Diese kann nur ein Pfleger mit betreuungsrechtlicher Genehmigung abgeben (§ 1882 und § 1850 Nr. 1 BGB).

Eine Löschung gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 1 GBO wegen Unrichtigkeit des Grundbuchs ist ebenfalls nicht möglich. Sie käme nur dann in Betracht, wenn nachgewiesen wäre, dass die Antragstellerin auch in Zukunft keine Kinder haben wird. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Der BGH lässt dabei offen, ob es hinreichend wahrscheinlich ist, dass die Antragstellerin trotz ihres Alters noch leibliche Kinder bekommen kann. Jedenfalls ist nicht ausgeschlossen, dass sie ein Kind adoptiert. Ob adoptierte Kinder nach dem maßgeblichen Testament als Nacherben in Betracht kommen, ist unerheblich, weil ein diesbezüglicher Ausschluss aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist.

Praxistipp: Zur wirksamen Bestellung solcher Rechte bedarf es einer dinglichen Einigung im Sinne von § 873 BGB. Die hierfür erforderlichen Erklärungen können für die noch nicht gezeugten Kinder durch einen gemäß § 1882 BGB zu bestellenden Pfleger abgegeben und entgegengenommen werden. Für die Eintragung im Grundbuch genügt gemäß § 19 GBO die Bewilligung des Eigentümers.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Folgen eines lange zurück liegenden Verstoßes gegen ein im Grundbuch eingetragenes Bauverbot.

Erlöschen einer Grunddienstbarkeit durch Verjährung des Beseitigungsanspruchs
BGH, Urteil vom 20. Januar 2023 – V ZR 65/22

Der V. Zivilsenat befasst sich mit der Reichweite des § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Zugunsten der jeweiligen Eigentümer des Grundstücks der Beklagten ist im Grundbuch des Grundstücks der Klägerin seit über hundert Jahren ein Bauverbot als Grunddienstbarkeit eingetragen. Auf dem Grundstück der Klägerin wurde 1963 ein als Autohaus errichteter Gebäudekomplex mit Erd- und Obergeschoss errichtet. Die Klägerin ließ das Gebäude im Jahr 2019 abreißen. Sie möchte auf dem Grundstück ein Wohnhaus mit Keller, Erdgeschoss und fünf Obergeschossen errichten.

Das LG hat die Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, die Löschung der Grunddienstbarkeit zu bewilligen, soweit diese einer Bebauung mit der Grundfläche und Höhe des inzwischen abgerissenen Gebäudes entgegensteht. Das OLG hat die Beklagten verurteilt, die vollständige Löschung der Grunddienstbarkeit zu bewilligen.

Der BGH stellt das erstinstanzliche Urteil wieder her.

Entgegen der Auffassung des OLG ist die Grunddienstbarkeit nicht vollständig erloschen.

Der Anspruch auf Beseitigung des im Jahr 1963 errichteten Gebäudes unterlag allerdings gemäß § 1028 Abs. 1 Satz 1 BGB der Verjährung. Die Verjährungsfrist von dreißig Jahren ist vor dem Abriss des Gebäudes abgelaufen. Dies hatte gemäß § 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Folge, dass die Grunddienstbarkeit erloschen ist, soweit der Bestand der Anlage mit ihr in Widerspruch stand. Hieran hat sich durch den Abriss des Gebäudes nichts geändert.

Die Grunddienstbarkeit ist aber nur in dem Umfang erloschen, in dem sie beeinträchtigt war. Im Streitfall können die Beklagten mithin eine Bebauung mit der Grundfläche und Höhe des im Jahr 1963 errichteten Gebäudes nicht mehr verbieten. Eine weitergehende Bebauung ist der Klägerin aber weiterhin verwehrt.

Praxistipp: Wenn das herrschende Grundstück in Wohnungseigentum aufgeteilt ist, steht das Eigentum daran und damit auch eine Grunddienstbarkeit nicht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu, sondern den einzelnen Wohnungseigentümern als Mitberechtigten. Die Löschungsklage ist mithin gegen die einzelnen Eigentümer zu richten.