Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Grenzen des Grundsatzes „Kauf bricht nicht Miete“.

Eintritt in das Mietverhältnis bei bloßem Mitbenutzungsrecht
Beschluss vom 4. September 2019 – XII ZR 52/18

Mit den Grenzen von § 566 Abs. 1 BGB befasst sich der XII. Zivilsenat.

Die Klägerin hatte von einer später insolvent gewordenen Gesellschaft Gewerberäume gemietet. Nach dem Mietvertrag war sie berechtigt, eine Zufahrt mitzubenutzen, die auf einem benachbarten, ebenfalls der damaligen Vermieterin gehörenden Grundstück liegt. Der Insolvenzverwalter veräußerte das Grundstück mit den vermieteten Räumen an die Beklagte zu 1 und das Grundstück mit der Zufahrt an die Beklagte zu 2. Die Beklagte zu 1 erklärte die vorzeitige Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 111 InsO. Die Klägerin hielt diese Kündigung mangels Mitwirkung der Beklagten zu 2 für unwirksam und beantragte die Feststellung, dass die Beklagten zum Ersatz aller daraus entstehenden Schäden verpflichtet sind. Das LG wies die Klage ab. Das OLG stellte fest, dass das Mietverhältnis bis zu dem im Vertrag vorgesehenen Endtermin weiterbestanden habe.

Der BGH stellt das erstinstanzliche Urteil in vollem Umfang wieder her. Entgegen der Auffassung des OLG war die allein von der Beklagten zu 1 erklärte Kündigung wirksam, weil die Beklagte zu 2 nicht gemäß § 566 Abs. 1 BGB in den Mietvertrag eingetreten ist. Für einen Eintritt nach dieser Vorschrift ist erforderlich, dass ein Grundstück veräußert wird, das als Mietsache Gegenstand eines Mietvertrags ist und dem Mieter vor der Veräußerung überlassen wurde. An beiden Voraussetzungen fehlt es in Bezug auf Grundstücke oder Räume, an denen dem Mieter lediglich ein Recht zur Mitbenutzung eingeräumt worden ist.

Praxistipp: Ein Notwegrecht darf gemäß § 917 BGB nur der Eigentümer des vermieteten Grundstücks geltend machen, nicht der Mieter. Ist das Verlangen erfolgreich, darf sich gemäß § 986 Abs. 1 BGB auch der Mieter auf das Notwegrecht berufen.

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Diese Woche geht es um eine nicht selten auftretende Frage aus dem Mietrecht.

Rückgabe der Mietsache
Urteil vom 27. Februar 2019 – XII ZR 63/18

Mit der Frage, zu welchem Zeitpunkt die kurze Verjährungsfrist für Ansprüche wegen Verschlechterungen der Mietsache (§ 548 Abs. 1 ZPO) beginnt, befasst sich der XII. Zivilsenat.

Der Beklagte hatte ein Mietverhältnis über ein Bürogebäude zum 30. September 2012 gekündigt. Nach dem Mietvertrag hatte er beim Auszug die von ihm vorgenommenen Einbauten zu entfernen. Im Oktober räumte er das Objekt. Im November ließ er der Klägerin durch Anwaltschreiben mitteilen, er biete die sofortige Rückgabe der Räume an und schlage einen kurzfristigen Vor-Ort-Termin vor, um denkbare Interessenlagen abzustimmen, zum Beispiel im Hinblick auf die von ihm installierte Zentralschließanlage. Nach einer Besprechung im Dezember ließ er im Januar die von der Klägerin gewünschten Rückbauten vornehmen. Am 8. Februar 2013 gab er die Räume an die Klägerin zurück. Diese begehrt mit einer am 1. August 2013 zugestellten Klage Schadensersatz wegen Verschlechterung der Mietsache in Höhe von rund 100.000 Euro. Das LG sprach ihr rund 20.000 Euro zu. Das OLG wies die Klage insgesamt ab.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Entgegen der Auffassung des OLG war die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB bei Zustellung der Klage noch nicht abgelaufen. Der Beklagte hat die Sache erst am 8. Februar 2013 zurückerhalten. Der BGH lässt offen, ob die kurze Verjährungsfrist stets zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Vermieter die unmittelbare Sachherrschaft über die Mietsache dauerhaft wiedererlangt, oder ob es ausreicht, wenn der Vermieter mit der Rücknahme in Annahmeverzug gerät. Im Streitfall fehlt es bereits an einem für die Begründung von Annahmeverzug ausreichenden Angebot des Beklagten. Dieser hat im Anwaltschreiben vom November 2012 zwar die sofortige Rückgabe angeboten, zugleich aber erkennen lassen, dass er zunächst noch Gespräche über den Verbleib der Zentralschließanlage und anderer Einbauten führen will.

Praxistipp: Wenn nicht auszuschließen ist, dass der Vermieter mit der Rücknahme der Mietsache in Annahmeverzug war, sollte die Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB aus Gründen anwaltlicher Vorsicht von dem Tag an berechnet werden, an dem der Annahmeverzug ggf. begonnen hat.

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Um den Verjährungsbeginn bei Dauerhandlungen geht es in dieser Woche.

Verjährung des Anspruchs auf Unterlassung vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache
Urteil vom 19. Dezember 2018 – XII ZR 5/18

Eine in Literatur und Instanzrechtsprechung umstrittene Frage entscheidet der XII. Zivilsenat.

Der Rechtsvorgänger des Klägers vermietete der Beklagten im Jahr 2010 zwei Stockwerke eines Gebäudes zum Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei. Die Beklagte nutzte ein Stockwerk von Beginn an als Wohnung. Nachdem der Kläger das Anwesen erworben hatte, beanstandete er die vertragswidrige Nutzung. Sein Angebot, den Mietvertrag zu ändern, lehne die Beklagte ab. Auf eine im Jahr 2016 erhobene Klage verbot das LG der Beklagten, das betreffende Stockwerk zu Wohnzwecken zu nutzen. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.

Der Revision der Beklagten hat ebenfalls keinen Erfolg. Die Nutzung zu Wohnzwecken ist vertragswidrig und begründet nach erfolgter Abmahnung einen Unterlassungsanspruch des Klägers aus § 541 BGB. Dieser verjährt zwar in der Regelfrist von drei Jahren. Entgegen einer in Instanzrechtsprechung und Literatur verbreiteten Auffassung beginnt die Verjährung aber nicht zu laufen, solange die vertragswidrige Nutzung andauert. In gleichem Sinne hat der V. Zivilsenat bereits für einen Unterlassungsanspruch unter Wohnungseigentümern entschieden. Hinreichende Anhaltspunkte, aus denen sich eine Verwirkung des Anspruchs ergeben könnte, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Praxistipp: Will der Mieter Verwirkung aufgrund getätigter Investitionen geltend machen, muss er Gegenstand, Zeitpunkt und Höhe der Investitionen konkret darlegen und aufzeigen, aufgrund welcher Umstände er auf eine Duldung der vertragswidrigen Nutzung vertrauen durfte.