Montagsblog: Neues vom BGH

Allmählich kehrt auch der Montagsblog in sein gewohntes Fahrwasser zurück.

Dauerhafte Verbindung eines Mobilheims mit einem Grundstück
Beschluss vom 21. November 2019 – V ZB 75/19

Mit der Ausnahmevorschrift in § 95 BGB befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Beschwerdeführer betreiben die Zwangsversteigerung eines Grundstücks, auf dem sich zwei Mobilheime befinden, die die Beschwerdeführerin als damalige Grundstückeigentümerin vor rund 23 Jahren errichtet hat. Das AG ließ die Mobilheime bei der Festsetzung des Verkehrswerts unberücksichtigt, weil es sich nur um Scheinbestandteile im Sinne von § 95 BGB handle. Die dagegen gerichtete Beschwerde blieb erfolglos.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das LG. Bei der Festsetzung des Verkehrswerts gemäß § 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG müssen wesentliche Bestandteile des Grundstücks im Sinne von § 94 BGB berücksichtigt werden. Im Streitfall dürfen die Mobilheime nicht schon wegen ihrer Beschaffenheit als Scheinbestandteile im Sinne von § 95 BGB angesehen werden. Für die Beurteilung der Frage, ob die Verbindung nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgte, ist vielmehr– entsprechend den allgemeinen Grundsätzen – der Wille desjenigen maßgeblich, der die Verbindung vornimmt. Wenn der Grundstückseigentümer selbst die Verbindung vornimmt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass diese dauerhaft erfolgt. Ein Wille, die Verbindung nur zu einem vorübergehenden Zweck vorzunehmen, ist nur dann zu bejahen, wenn hierfür objektive Anhaltspunkte vorliegen. Solche Anhaltspunkte ergeben sich aus den tatsächlichen Feststellungen des LG nicht. Das LG wird diese Frage nach der Zurückverweisung zu klären haben. Ferner muss es prüfen, ob eine feste Verbindung zwischen den Mobilheimen und dem Grundstück geschaffen wurde. Hierfür sind ebenfalls die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls maßgeblich.

Praxistipp: Erfolgt die Verbindung durch einen Mieter, Pächter oder anderen nur schuldrechtlich zur Nutzung des Grundstücks Berechtigten, spricht eine Vermutung dafür, dass diese nur einem vorübergehenden Zweck dient.

Montagsblog: Neues vom BGH

Windkraftanlage als Scheinbestandteil eines Grundstücks
Beschluss vom 7. April 2017 – V ZR 52/16

Eine sachenrechtliche Frage aus dem Umfeld der Energiewende beantwortet der V. Zivilsenat.

Die Parteien stritten über das Eigentum an einer Windkraftanlage auf einem dem Kläger gehörenden Grundstück. Die Anlage war vom Ehemann der früheren Eigentümerin errichtet worden. Über die Fläche, auf der die Anlage stehen sollte, hatten die Eheleute einen Pachtvertrag geschlossen. Später hatte die Beklagte das Windrad vom Ehemann erworben und mit der Ehefrau einen Pachtvertrag geschlossen. Wiederum einige Jahre später veräußerte die Ehefrau das Grundstück an den Kläger. Dieser machte geltend, er sei zugleich Eigentümer der Windkraftanlage geworden, weil diese einen wesentlichen Bestandteil des übereigneten Grundstücks bilde. Die auf Feststellung seines Eigentums gerichtete Klage blieb in den ersten beiden Instanzen erfolglos.

Der BGH weist die Revision des Klägers zurück. Mit den Vorinstanzen sieht er die Windkraftanlage nicht als wesentlichen Bestandteil des Grundstücks an, sondern nur als „Scheinbestandteil“ im Sinne von § 95 Abs. 1 S. 1 BGB, weil sie nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden ist. Ausschlaggebend dafür ist, dass sich die Eheleute bei Errichtung darüber einig waren, dass der Ehemann die Anlage nach Ende der Nutzungsdauer zu entfernen hat, und dass dieser Wille durch den Pachtvertrag nach außen dokumentiert wurde. Die in Instanzrechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, ob eine Sache auch dann einen bloßen Scheinbestandteil im Sinne von § 95 Abs. 1 S. 1 BGB bilden kann, wenn sie während ihrer gesamten Nutzungsdauer mit dem Grundstück verbunden bleiben soll, bejaht der BGH mit ausführlicher Begründung.

Praxistipp: Eine Anlage, die bei ihrer Errichtung zu einem wesentlichen Teil des Grundstücks geworden ist, kann in einen Scheinbestandteil umgewandelt und separat veräußert werden, indem der Eigentümer und der Erwerber vereinbaren, dass die Verbindung nur noch zu einem vorübergehenden Zweck bestehen soll (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 – V ZR 35/05 – BGHZ 165, 184 = MDR 2006, 921).

Keine Verjährungshemmung vor Verjährungsbeginn
Urteil vom 25. April 2017  – VI ZR 386/16

Eine grundlegende Frage des Verjährungsrechts beantwortet der VI. Zivilsenat.

Die Kläger verlangte Ersatz von Schäden aus einem Verkehrsunfall, der sich im Jahr 2011 ereignet hatte. Noch im gleichen Jahr hatten die Parteien Verhandlungen über die Höhe des ersatzfähigen Schadens geführt. Ende September 2011 hatte die Beklagte mitgeteilt, mit den erteilten Abrechnungen sei der Schaden aus ihrer Sicht abschließend reguliert. AG und LG wiesen die im Februar 2015 erhobene Zahlungsklage wegen Verjährung ab.

Der BGH weist die Revision des Klägers zurück. Mit den Vorinstanzen gelangt er zu dem Ergebnis, dass die Verjährung Ende 2014 abgelaufen ist und durch die erst einige Woche später erhobene Klage nicht mehr gehemmt werden konnte. Auf die exakter Dauer der im Jahr 2011 geführten und noch im gleichen Jahr beendeten Verhandlungen kommt es hierbei nicht an, weil die Verjährungsfrist erst mit dem Jahr 2012 begann und ein davor liegender Sachverhalt entgegen einer in Teilen von Literatur und Instanzrechtsprechung vertretenen Auffassung nicht zu einer Hemmung führen kann.

Praxistipp: Wenn bereits aufgenommene Verhandlungen über den Zeitpunkt des Verjährungsbeginns hinweg andauern, so tritt die Hemmungswirkung immerhin im Zeitraum zwischen dem Beginn der Verjährung und dem Ende der Verhandlungen ein.