Der Ausschluss extremistischer Gesellschafter aus GmbH und Personengesellschaften

I. Kann ich einen Vertrag mit einem Extremisten kündigen?

Vieles spricht dafür, dass diese – hier etwas platt formulierte – Fragestellung künftig die Gerichte beschäftigen wird. Während das Öffentliche Recht sich bereits seit geraumer Zeit mit Extremismus als Rechtsproblem befasst, steht der privatrechtliche Diskurs noch am Anfang. Eine Ausnahme bildet das Arbeitsrecht, doch auch hier betrafen einschlägige Gerichtsentscheidungen in der Regel Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst (vgl. etwa ArbG Köln, Urt. v. 03.07.2024 – 17 Ca 543/24, juris). Für Vertragsverhältnisse zwischen Privaten ist bisher weitgehend ungeklärt, ob und inwieweit extremistische Einstellungen und Verhaltensweisen eines Vertragsteils zum Anlass für die Beendigung der Vertragsbeziehung genommen werden können. Die Frage stellt sich im Ausgangspunkt für jede Art von Verträgen, dürfte sich aber nicht pauschal beantworten lassen. Zu unterschiedlich sind die Interessenlagen und Abwägungsgesichtspunkte in den verschiedenen Vertragskonstellationen. So ist etwa die Kündigung eines Mieters etwas anderes als die Beendigung der Zusammenarbeit mit einem Handwerker oder der Ausschluss eines Gesellschafters aus einer OHG oder GmbH.

II. Ausschluss extremistischer Gesellschafter aus wichtigem Grund?

Können die Gesellschafter einer GmbH oder Personengesellschaft einen anderen Gesellschafter wegen dessen extremistischer Gesinnung bzw. wegen extremistischer Verhaltensweisen aus der Gesellschaft ausschließen? Die Konstellation ist in mehrfacher Hinsicht von besonderem Interesse. Zum einen ist die wirtschaftliche Bedeutung und damit die Fallhöhe für die Beteiligten regelmäßig hoch, namentlich dann, wenn die Gesellschaft Trägerin eines profitablen Unternehmens ist. Zum anderen ist das Gesellschaftsverhältnis – jedenfalls in seiner Grundkonzeption – nicht von einem Interessengegensatz der Beteiligten, sondern von dem Ideal einer gemeinschaftlichen Zweckverfolgung und -förderung geprägt.

Nach der gesetzlichen Ausgangslage bedarf es in GmbH und Personengesellschaften für den Ausschluss eines Gesellschafters eines in der Person des Gesellschafters liegenden wichtigen Grundes, §§ 727 BGB, 134 HGB. Der Ausschluss wegen extremistischer Umtriebe ist in zweifacher Hinsicht problematisch:

Erstens wird es bei dem in Rede stehenden Verhalten des Auszuschließenden regelmäßig um Handlungen gehen, die dessen privater Lebenssphäre zuzuordnen sind und zumindest keinen unmittelbaren Bezug zu dessen Gesellschafterstellung aufweisen. Nur dann, wenn das private Gesellschafterverhalten eine Auswirkung auf das Gesellschaftsverhältnis hat, kann es aber einen wichtigen Grund im Rahmen der Ausschließung darstellen. Denn es ist nicht einzusehen, weshalb ein Verhalten ohne jedweden Bezug zur gesellschaftlichen Sphäre einen Ausschluss rechtfertigen soll. Der Bezug zum Gesellschaftsverhältnis wird sich im Falle extremistischen Verhaltens am ehesten mit der durch Reputationsverlust in der Öffentlichkeit eintretenden Geschäftsschädigung begründen lassen. Doch hier sind die Anforderungen hoch. Insbesondere dürfte im Interesse der Vermeidung missbräuchlicher Gesellschafterausschlüsse das Bestehen einer lediglich potenziellen Geschäftsschädigung nicht ausreichend sein. Den übrigen Gesellschaftern darf nicht die Möglichkeit eingeräumt werden, sich eines missliebigen Gesellschafters unter Berufung auf mögliche Imageverluste der Gesellschaft zu entledigen. Wenn nun die Ausschließung des Gesellschafters wegen privaten Verhaltens aber eine feststellbare Geschäftsschädigung zur Voraussetzung hat, wird ein Ausschluss nur in schwerwiegenden Fällen überhaupt in Betracht kommen.

Zweitens ist die Grundrechtssensibilität der Thematik zu berücksichtigen. Insbesondere dann, wenn politische Äußerungen oder die Teilnahme an politischen Veranstaltungen zur Rechtfertigung der Ausschließung herangezogen werden sollen, werden freiheitsrechtlich geschützte Verhaltensweisen zum Anknüpfungspunkt für negative privatrechtliche Konsequenzen gemacht. Es besteht demnach ein Spannungsverhältnis zwischen den Interessen der Gesellschaft bzw. den übrigen Gesellschaftern einerseits und den auch in Privatrechtsverhältnissen im Wege mittelbarer Drittwirkung zu berücksichtigenden Freiheitsrechten des auszuschließenden Gesellschafters andererseits. Dies gilt auch dann, wenn der Auszuschließende Positionen vertritt, die moralisch fragwürdig sind.

III. „Extremismusklausel“ im Gesellschaftsvertrag

Um vor diesem Hintergrund Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen, bietet sich eine präventive Ausschlussregelung im Gesellschaftsvertrag in Form einer „Extremismusklausel“ an, die aus unserer Sicht zweierlei zu leisten imstande ist: Einerseits kann eine ausdrückliche gesellschaftsvertragliche Extremismusregelung den notwendigen Bezug privater Verhaltensweisen zum Gesellschaftsverhältnis herstellen. Andererseits reduziert die mit der Zustimmung zum Gesellschaftsvertrag einhergehende privatautonome Selbstbeschränkung der Grundrechte des einzelnen Gesellschafters die Intensität der Grundrechtswirkung im Einzelfall. Zweckmäßigkeit und Zulässigkeit einer solchen Klausel untersuchen wir näher in unserem Beitrag in ZIP 2024, 2248.

Das übergeordnete Thema verdient unseres Erachtens weitere Aufmerksamkeit, denn es berührt grundlegende privatrechtliche Fragen: Ist die Privatrechtsordnung politisch meinungsneutral oder werteorientiert anti-extremistisch? Das Neutralitätspostulat mag im Einzelfall zu schwer erträglichen Ergebnissen führen. Doch steht den am Rechtsverhältnis Beteiligten offen, ihren Wertvorstellungen im Wege vorsorglicher privatautonomer Gestaltung Geltung zu verleihen.

Der Autor Lars Mörmel, LL.M. (Trinity College Dublin) ist Rechtsreferendar am Hanseatischen OLG. Der Autor Joram-B. Brandau, LL.M. (Trinity College Dublin) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Steuerrecht der Universität Münster und Rechtsreferendar am KG.

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