OLG Zweibrücken: Reisekosten bei digitalen Verhandlungen

Eine immer wichtiger werdende Frage zur Erstattung von Reisekosten bei digitalen Verhandlungen hat das OLG Zweibrücken mit Beschl. v. 9.10.2023 – 6 W 47/23 entschieden.

Der Kläger beauftragte einen Rechtsanwalt an seinem Wohnsitz für einen Prozess vor dem LG Frankenthal. Das LG bestimmte einen Termin und ließ den Parteien nach, an der mündlichen Verhandlung per Video teilzunehmen. Der Klägervertreter entschloss sich gleichwohl dazu, den Termin persönlich wahrzunehmen und erschien zur mündlichen Verhandlung. Nach gewonnenem Prozess meldete er die Reisekosten zur Erstattung an. Die Beklagte widersprach.

Das LG Frankenthal (Beschl. v. 8.9.2023 – 3 O 103/21) entschied, dass die Reisekosten festzusetzen sind. § 128a ZPO spricht davon, dass den Parteien und ihren Bevollmächtigten gestattet werden kann, sich an einem anderen Ort aufzuhalten. Hieraus kann eine Pflicht zur Teilnahme an einer Videokonferenz nicht abgeleitet werden. Es ist vielmehr die freie Entscheidung der Partei und/oder des Anwalts, an dem Termin gleichwohl in Präsenz teilzunehmen. Die Teilnahme an einem Termin kann vor diesem Hintergrund auch nicht als mutwillig angesehen werden. Vielmehr ist die Wahrnehmung eines Termins stets zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig. In diesem Sinne hatte auch bereits das LG Aachen  (Beschl. v. 20.7.2023 – 8 O 545/21) entschieden. Das OLG Zweibrücken teilt diese Auffassung und wies die sofortige Beschwerde ohne eigene Begründung, sondern nur durch die Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung des LG Frankenthal zurück.

Es kann daher festgehalten werden: Reisekosten zu einem Termin sind auch dann erstattungsfähig nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, wenn das Gericht die Teilnahme an einer digitalen Verhandlung gestattet hatte.

 

 

Montagsblog: Neues vom BGH

Kostenersatz für eigenen Anwalt eines Streitgenossen
Beschluss vom 19. September 2017 – VI ZR 72/16

Eine missbräuchliche Verursachung von Kosten durch einen beklagten Rechtsanwalt bejaht der VI. Zivilsenat in einer besonderen Fallkonstellation.

Der Antragsteller war zusammen mit einer GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er ist, auf Schadensersatz in Anspruch genommen worden. In einem gemeinsam unterzeichneten Schriftsatz unter dem Briefkopf einer mit weiteren Anwälten bestehenden Sozietät bestellten sich der Antragsteller als Prozessbevollmächtigter der GmbH und eine in der Sozietät angestellte Anwältin als Prozessbevollmächtigte des Antragstellers. Nach Abschluss des Rechtsstreits begehrte der Antragsteller, die Kosten für die von ihm mandatierte Anwältin zu seinen Gunsten festzusetzen. Der Antrag hatte zunächst Erfolg. Auf die Erinnerung der Kläger hob die Rechtspflegerin ihre Entscheidung wieder auf. Die Beschwerde des Antragstellers blieb erfolglos.

Der BGH bestätigt die Entscheidung der Vorinstanzen. Grundsätzlich ist es im Kostenfestsetzungsverfahren zwar nicht zu beanstanden, wenn mehrere Streitgenossen jeweils einen eigenen Prozessbevollmächtigten bestellen. Etwas anderes gilt aber, wenn nach den Umständen des Einzelfalls feststeht, dass für die Beauftragung eines eigenen Anwalts kein sachlicher Grund bestand. Einen solchen Ausnahmefall sieht der BGH mit den Vorinstanzen im Streitfall als gegeben an. Die Bestellung eines eigenen Anwalts kann in der gegebenen Konstellation insbesondere nicht mit einer drohenden Interessenkollision begründet werden. Im Falle eines Interessenkonflikts hätte die GmbH nicht den Antragsteller mit ihrer Vertretung betrauen dürfen.

Praxistipp: Der Ablauf des konkreten Verfahrens zeigt, dass es häufig am Antragsgegner liegt, Umstände aufzuzeigen, aus denen sich ein missbräuchliches Verhalten ergibt.