Anwaltsblog 26/2025: Signaturpflicht auch bei Nutzung eines sicheren Übermittlungswegs!

Mit dem Erfordernis der Wiedergabe des Anwaltsnamens am Ende des Schriftsatzes bei einer einfachen Signatur hatte sich erneut der BGH zu befassen (BGH, Beschluss vom 9. April 2025 – XII ZB 599/23):

 

Der Prozessbevollmächtigten der Beklagten, einer Einzelanwältin, ist das Urteil des Landgerichts am 4. August 2023 zugestellt worden. Mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom 4. September 2023 ist auf einem sicheren Übermittlungsweg aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) Berufung eingelegt und durch Schriftsatz vom 22. September 2023 begründet worden. Beide Schriftsätze enden mit der Bezeichnung „Rechtsanwältin“, ohne dass sich darüber ein Name oder eine Unterschrift befindet. In den Transfervermerken findet sich in dem Feld „Qualifiziert elektronisch signiert“ die Angabe „nein“. Das OLG hat den von der Beklagten gestellten Wiedereinsetzungsantrag und die Berufung verworfen (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 4. Dezember 2023 – 9 U 141/23 –, MDR 2024, 462).

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das OLG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Berufungseinlegung nicht formgerecht erfolgt ist, weil es an der nach § 130 a Abs. 3 Satz 1 ZPO erforderlichen einfachen Signatur fehlt. Die einfache Signatur besteht aus der Wiedergabe des Namens am Ende des Textes. Dies kann der maschinenschriftliche Namenszug unter dem Schriftsatz oder eine eingescannte Unterschrift sein. Die einfache Signatur soll – ebenso wie die eigene Unterschrift oder die qualifizierte elektronische Signatur – die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Verfahrenshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Fehlt es hieran, ist das Dokument nicht ordnungsgemäß eingereicht. Die einfache Signatur soll sicherstellen, dass die von dem Übermittlungsweg beA ausgewiesene Person mit der Person identisch ist, welche mit der wiedergegebenen Unterschrift die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernimmt. Dem genügen die von der Prozessbevollmächtigten der Beklagten eingereichten Schriftsätze nicht. Die Anfügung der Bezeichnung „Rechtsanwältin“ stellt keine Signatur dar. Damit sind die zwingenden Formerfordernisse nicht erfüllt.

Das Erfordernis der einfachen Signatur kann auch nicht deshalb als entbehrlich angesehen werden, weil die mit ihm verbundenen Zwecke auf anderem Weg erfüllt wären. Zwar spricht die gewählte Übermittlung auf einem sicheren Übermittlungsweg nach § 130 a Abs. 4 ZPO für die Identifizierbarkeit des Urhebers. Dennoch bietet der Briefbogen einer Anwaltskanzlei keine Gewähr für eine vollständige Aufzählung der in einer Kanzlei tätigen Rechtsanwälte und ist daher kein rechtssicherer Bezugspunkt für die Zuordnung der Verantwortlichkeit für einen Schriftsatz zu einem bestimmten Berufsträger. Dass im Briefbogen der Kanzlei nur ein Rechtsanwalt genannt ist, schließt nicht aus, dass ein dort nicht aufgeführter Rechtsanwalt die Verantwortung für den Schriftsatz übernommen hat.

Eine Wiedereinsetzung in die Berufungseinlegungsfrist kommt wegen des der Beklagten nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschuldens ihrer Rechtsanwältin nicht in Betracht.

 

Fazit: Die bloße Angabe der Berufsbezeichnung am Ende eines Schriftsatzes stellt keine Signatur dar. Erforderlich ist die Wiedergabe des Namens, etwa als maschinenschriftlicher Namenszug oder eingescannte Unterschrift. Auch wenn ein Schriftsatz über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) eingereicht wird, muss die einfache Signatur vorhanden sein. Dies gilt auch dann, wenn im Briefbogen der Kanzlei nur ein Rechtsanwalt genannt ist. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass ein dort nicht aufgeführter Rechtsanwalt die Verantwortung für den Schriftsatz übernommen hat (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2024 – V ZR 261/23 –, MDR 2024, 1601).

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Anforderungen an einen elektronischen Schriftsatz.

Einfache Signatur eines elektronischen Schriftsatzes
BGH, Beschluss vom 7. September 2022 – XII ZB 215/22
BAG, Beschluss vom 25. August 2022 – 2 AZN 234/22

Mit den Anforderungen aus § 130a Abs. 3 ZPO befassen sich der XII. Zivilsenat des BGH und der 2. Senat des BAG in zwei kurz nacheinander ergangenen Entscheidungen.

In dem vom BGH entschiedenen Fall wurde der Antragsgegner vom AG zur Zahlung von Kindesunterhalt verurteilt. Seine Rechtsanwältin legte am letzten Tag der Frist mittels eines aus ihrem besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) versandten elektronischen Schriftsatzes Berufung ein. Der Schriftsatz war nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Der darin enthaltene Text schloss mit dem Wort „Rechtsanwältin“ – ohne Namensangabe. Das OLG verwarf die Berufung als unzulässig.

Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners bleibt erfolglos.

Die Berufungsschrift genügt nicht den in § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG und § 130a Abs. 3 ZPO normierten Formerfordernissen. Nach der Ausnahmevorschrift in § 130a Abs. 3 Satz 2 ZPO bedurfte der Schriftsatz zwar keiner qualifizierten elektronischen Signatur, weil der Versand aus beA gemäß § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO einen sicheren Übermittlungsweg darstellt. Nach § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO muss das Dokument in diesem Fall aber zumindest eine einfache elektronische Signatur enthalten. Dies erfordert nach Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 die Wiedergabe des Namens am Ende des Textes. Die bloße Angabe „Rechtsanwältin“ reicht hierfür nicht aus.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das OLG ebenfalls zutreffend versagt. Ein etwaiger Rechtsirrtum der Prozessbevollmächtigten beruhte auf Fahrlässigkeit. Der im elektronischen Prüfprotokoll enthaltene Vermerk „Sämtliche durchgeführten Prüfungen lieferten ein positives Ergebnis“ konnte schon deshalb kein schutzwürdiges Vertrauen in die Formwirksamkeit des Schriftsatzes begründen, weil das Protokoll zusätzlich auch den Vermerk „keine Signatur gefunden“ enthält.

In dem vom BAG entschiedenen Fall wandte sich die Beklagte mit einer als elektronisches Dokument eingereichten und begründeten Nichtzulassungsbeschwerde gegen die von den Vorinstanzen ausgesprochene Feststellung, dass eine von ihr gegenüber dem Kläger ausgesprochene außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses unwirksam ist. Die beiden elektronischen Schriftsätze wurden von einem im Briefkopf als solcher ausgewiesenen Einzelanwalt aus dem beA versandt. Ihr Text endet mit dem Wort „Rechtsanwalt“, ohne Namensangabe.

Das BAG sieht die Nichtzulassungsbeschwerde als formwirksam an.

Auch nach der Rechtsprechung des BAG ist zwar grundsätzlich die Angabe des Namens am Ende des Schriftsatzes erforderlich. In der Konstellation des Streitfalls war diese Angabe aber entbehrlich, weil ohne weiteres erkennbar ist, dass die Bezeichnung „Rechtsanwalt“ den im Briefkopf ausgewiesenen Einzelanwalt bezeichnet.

Praxistipp: Eine qualifizierte Signatur ist nur dann entbehrlich, wenn der Anwalt, dessen Name am Ende des Schriftsatzes angegeben ist, den Schriftsatz aus seinem beA heraus versendet. Nicht ausreichend ist es, wenn der Versand durch einen anderen Anwalt oder durch eine Hilfskraft erfolgt. Um daraus resultierende Risiken zu minimieren, sollte jeder elektronische Schriftsatz sowohl mit einer einfachen als auch mit einer qualifizierten Signatur versehen werden.