Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Formbedürftigkeit eines Auftrags zum Erwerb eines Grundstücks

Treuhänderischer Auftrag zum Erwerben und Halten eines Grundstücks
Urteil vom 25. Juni 2021 – V ZR 218/19

Mit der Reichweite von § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Beklagte schloss im Oktober 1992 einen notariellen Kaufvertrag über eine Wohnung in Österreich. Im November 1992 vereinbarte sie mit dem Kläger in einem privatschriftlichen Vertrag, dass sie die Wohnung treuhänderisch für den Kläger kauft und übernimmt und dass sie auf Verlangen des Klägers an einer Veräußerung der Wohnung mitwirkt. Später verlangte der Kläger, ihm die Wohnung zu übereignen. Die darauf gerichtete Klage blieb in den beiden ersten Instanzen ohne Erfolg.

Der Bundesgerichtshof verweist die Sache an das OLG zurück.

Der Bundesgerichtshof nimmt Bezug auf seine Rechtsprechung, wonach ein Treuhandauftrag über den Erwerb eines Grundstücks nur unter dem Gesichtspunkt der Erwerbspflicht des Beauftragten der Form des § 313 Satz 1 BGB a.F. (jetzt: § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB) unterliegt. Ein diesbezüglicher Formmangel ist im Streitfall gegebenenfalls gemäß § 313 Satz 2 BGB a.F. (jetzt: § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB) geheilt, weil die Beklagte Eigentümerin der Wohnung geworden ist.

Die Pflicht des Beauftragten, das Grundstück an den Auftraggeber herauszugeben, beruht demgegenüber nicht auf dem Vertrag, sondern auf der gesetzlichen Regelung in § 667 BGB. Sie begründet deshalb nicht das Formerfordernis des § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB (so zuletzt BGH, U. v. 15.1.2021 – V ZR 210/19 – MDR 2021, 609). Etwas anderes gälte nur dann, wenn die Beklagte bei Abschluss des Treuhandvertrags bereits Eigentümerin der Wohnung gewesen wäre oder durch Stellung eines Umschreibungsantrags oder Eintrag einer Vormerkung ein Anwartschaftsrecht gehabt hätte. Hierzu muss das OLG im wieder eröffneten Berufungsverfahren noch Feststellungen treffen.

Sollte der Vertrag danach wirksam sein, steht dem Kläger gemäß § 667 BGB ein Anspruch auf Übereignung der Wohnung zu. Das im Treuhandvertrag vorgesehene Recht, die Mitwirkung an einer Veräußerung zu verlangen, ist nicht an die Stelle dieses Anspruchs getreten. Es stellt nur eine besondere Ausprägung dieses Anspruchs für eine bestimmte, hier nicht gegebene Konstellation dar.

Praxistipp: Die Verpflichtung, einen Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks abzutreten, unterliegt ebenfalls nicht dem Formerfordernis des § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB.

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Im Montagsblog Nr. 200 geht es um die Reichweite des Formerfordernisses aus § 311b Abs. 1 BGB

Auftrag zur Beschaffung eines Grundstücks
Urteil vom 15. Januar 2021 – V ZR 210/19

Mit der Heilung eines zunächst formnichtigen Auftrags befasst sich der V. Zivilsenat.

Der Kläger war Eigentümer eines bebauten Grundstücks, das er selbst nutzte. Im Jahr 1999 wurde das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet. Um den Verlust des Grundstücks zu vermeiden, vereinbarte er mit den Beklagten mündlich, dass diese das Grundstück in der Zwangsversteigerung erstehen, dass der Kläger es gegen Erstattung der für die Finanzierung anfallenden Zins- und Tilgungsleistungen weiter nutzen darf und dass der Kläger berechtigt ist, das Objekt jederzeit gegen Erstattung aller noch offenen Kosten zurückzuerwerben. Nach Erwerb des Grundstücks schlossen die Beklagten mit dem Kläger einen schriftlichen Mietvertrag. Darin bestätigten sie ihre zuvor getroffenen mündlichen Vereinbarungen. Im Jahr 2017 kündigten die Beklagten das Mietverhältnis. Der Kläger erhob Stufenklage auf Auskunft über den noch valutierten Betrag der zur Finanzierung aufgenommenen Hypothek und auf Übereignung des Grundstücks Zug um Zug gegen Zahlung dieses Betrags. Die Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Die Vorinstanzen sind zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die mündlich getroffene und schriftlich bestätigte Abrede zwischen den Parteien ursprünglich unwirksam war, weil der Vertrag gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB der notariellen Form bedurfte. Das Formerfordernis ergab sich jedoch nur aus dem Umstand, dass sich die Beklagten zum Erwerb eines Grundstücks verpflichtet haben. Der daraus resultierende Formmangel ist gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB durch Eintragung der Beklagten als Eigentümer im Grundbuch geheilt worden.

Der Umstand, dass sich die Beklagten zugleich verpflichtet haben, das Grundstück auf Verlangen an den Kläger zu übereignen, führt hingegen nicht zur Formbedürftigkeit. Diese Pflicht ergibt sich nicht aus der Vereinbarung der Parteien. Sie folgt schon aus § 667 BGB, wonach der Auftragnehmer das aus der Geschäftsbesorgung Erlangte an den Auftraggeber herauszugeben hat. Solche Pflichten fallen nicht unter den Tatbestand des § 311b Abs. 1 BGB. Dies gilt auch dann, wenn die Parteien die aus dem Gesetz folgende Verpflichtung eingeschränkt haben. Deshalb ist im Streitfall unschädlich, dass die Beklagten das Grundstück nicht sofort an den Kläger weitergeben sollten.

Praxistipp: Die Form des § 311b Abs. 1 BGB ist auch dann erforderlich, wenn sich der Auftraggeber verpflichtet, das erworbene Grundstück vom Beauftragten zu übernehmen.

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Abstandnahme von Grundstücksverkauf
Urteil vom 13. Oktober 2017 – V ZR 11/17

Mit Treuepflichten vor Abschluss eines formbedürftigen Vertrags befasst sich der V. Zivilsenat.

Der Kläger wollte von der Beklagten eine Eigentumswohnung kaufen. Der für die Beklagte tätige Vermittler übersandte mehrere Vertragsentwürfe und teilte mit, außer der Fertigstellungsanzeige für Renovierungsmaßnahmen und der Eintragung im Grundbuch stünden einer Abwicklung des Kaufvertrags keine Hindernisse entgegen. Nach Mitteilung des Notartermins schloss der Kläger einen Darlehensvertrag zur Finanzierung des größten Teils des Kaufpreises. Acht Tage vor dem Notartermin ließ die Beklagte mitteilen, sie sei nicht mehr bereit, die Wohnung zu dem bisher angebotenen Preis von 376.700 Euro zu verkaufen; der neue Kaufpreis betrage 472.400 Euro. Die auf Erstattung der Kosten für die Rückabwicklung des Darlehensvertrags gerichtete Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH bestätigt die Entscheidung der Vorinstanzen. Er nimmt Bezug auf seine Rechtsprechung, wonach die Abstandnahme von einem in Aussicht genommenen formbedürftigen Vertrag grundsätzlich nur bei einer besonders schwerwiegenden, in der Regel vorsätzlichen Treupflichtverletzung  Schadensersatzansprüche des anderen Teils auslöst. Eine solche Pflichtverletzung käme etwa in Betracht, wenn die Beklagte von vornherein nicht bereit gewesen wäre, zu dem ursprünglich genannten Preis zu verkaufen, oder wenn sie dem Beklagten ihren Sinneswandel zunächst verschwiegen hätte. Diese Voraussetzungen waren nach den vom BGH als rechtsfehlerfrei angesehenen tatrichterlichen Feststellungen der Vorinstanzen im Streitfall nicht erfüllt. Zu einem allgemeinen Hinweis darauf, dass sie sich eine eventuelle Preiserhöhung vorbehält, war die Beklagte nach Auffassung des BGH nicht verpflichtet. Der Kläger handelte deshalb auf eigenes Risiko, wenn er bereits vor der notariellen Beurkundung des Kaufvertrags verbindliche Vereinbarungen zur Finanzierung schloss.

Praxistipp: Der potentielle Käufer kann das Risiko von vergeblichen Finanzierungsaufwendungen nur dadurch ausschließen, dass er sich gegenüber der Bank eine Annahmefrist oder ein kostenloses Löserecht bis zum Abschluss des Kaufvertrags einräumen lässt.

Änderung von technischen Normen nach Abschluss eines Werkvertrags
Urteil vom 14. November 2017 – VII ZR 65/14

Eine grundlegende Entscheidung zur geschuldeten Beschaffenheit eines Werks trifft der VII. Zivilsenat.

Die Klägerin hatte den Beklagten Anfang 2007 mit der Errichtung von drei Pultdachhallen zum Festpreis beauftragt.  Nach dem Vertrag war das Dach für eine Schneelast von 80 kg/m² auszulegen. Dies entsprach der bis Ende 2006 geltenden DIN-Vorschrift und der im Jahr 2006 erteilten Baugenehmigung. Nach der ab 2007 geltenden DIN-Vorschrift war eine Schneelast von 139 kg/m² anzusetzen. Nach Errichtung der Halle beanstandete die Beklagte das Dach als mangelhaft. Ihre auf  Vorschuss der Kosten für eine Neuerrichtung der Dachkonstruktion gerichtete Klage war in erster Instanz vollständig und in zweiter Instanz zum überwiegenden Teil erfolgreich. Das OLG ging davon aus, dass ursprünglich nur eine Schneelast von 80 kg/m² einzuhalten war, und stellte fest, dass das Werk der Beklagten schon dieser Anforderung nicht entspreche. Auf dieser Grundlage sprach es der Klägerin die (deutlich höheren) Kosten für eine Neuerrichtung auf der Grundlage von 139 kg/m² zu, weil die Klägerin nunmehr zur Einhaltung der neuen Vorgaben verpflichtet sei und dies eine Folge des Werkmangels sei, für den die Beklagte einzustehen habe.

Der BGH verweist die Sache auf die Berufung der Beklagten an das OLG zurück. Er hält die Argumentation des OLG für nicht tragfähig, weil die Klägerin danach ein weitaus besseres Werk erhalten würde als dies nach dem Vertrag geschuldet war. Wenn nach dem Vertrag nur eine Schneelast von 80 kg/m² einzuhalten war, hätte die Klägerin für Dach, das 139 kg/m² standhält, auch ohne den Mangel deutlich mehr zahlen müssen; folgerichtig darf sie dann nur Ersatz derjenigen Kosten verlangen, die zur Einhaltung einer Schneelast von 80 kg/m² erforderlich sind. Darüber hinaus hält der BGH allerdings schon die Erwägungen des OLG zur ursprünglich geschuldeten Beschaffenheit des Werks für fehlerhaft. Auch wenn ein Werk den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden anerkannten Regeln der Technik entspricht, muss der Auftraggeber den Auftragnehmer auf absehbare oder eingetretene Änderungen dieser Regeln hinweisen. Der Auftragnehmer hat dann zu entscheiden, ob das Werk wie ursprünglich vereinbart ausgeführt oder an die neuen Regeln angepasst werden soll. Entscheidet er sich für letzteres, muss er daraus resultierende Mehrkosten als Sowiesokosten tragen. Das OLG muss deshalb nach der Zurückverweisung klären, ob und welche Vereinbarungen die Parteien im Streitfall bezüglich der schon bei Vertragsschluss absehbaren Regeländerung getroffen haben.

Praxistipp: Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sich der Auftraggeber trotz Kenntnis der Änderung mit der Einhaltung der alten Regeln begnügt hat, liegt beim Auftragnehmer.