KG: Zuständigkeit für eine negative Feststellungsklage und willkürliche Verweisung

Das KG hat sich mit  Beschl. v. 17.3.2020 – 2 AR 5/20, MDR 2020, 679 mit dem Erfüllungsort bei der Feststellungsklage auf Nichtbestehen eines Anspruchs aus einem Leasingvertrag und der Sonderzuständigkeit nach § 72a S. 1 Nr. 1 GVG sowie der Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses auseinander gesetzt.

Sachverhalt: Der in Berlin wohnhafte Kläger hatte mit der im Bezirk des LG Braunschweig ansässigen Beklagten einen Leasingvertrag geschlossen. Nach der Zahlung einiger Leasingraten erklärte er den Widerruf des Vertrages und erhob bei dem LG Berlin eine negative Feststellungsklage. Es sollte festgestellt werden, dass die Beklagte von dem Kläger keine weiteren Leasingraten verlangen kann. Hilfsweise – bei Erfolg dieses Antrages – machte der Kläger die Rückzahlung der bereits erbrachten Leasingraten geltend. Die Einzelrichterin einer allgemeinen Zivilkammer verwies den Rechtsstreit auf einen weiteren Hilfsantrag des Klägers hin an das LG Braunschweig, da die dortige örtliche Zuständigkeit gegeben sei. Das LG Braunschweig lehnte jedoch die Übernahme des Rechtsstreites ab, so dass das KG das zuständige Gericht bestimmten musste (§ 36 Nr. 6 ZPO).

Gerichtliche Zuständigkeit bei einer negativen Feststellungsklage: Bei einer negativen Feststellungsklage richtet sich die Zuständigkeit des Gerichts nach dem potentiellen Leistungsanspruch. Gemäß § 29 ZPO hätte die Beklagte den Kläger vor dem LG Berlin auf Weiterzahlung der Leasingraten verklagen müssen. Deswegen ist das LG Berlin auch für die negative Feststellungsklage zuständig. Dabei kommt es zunächst nur auf die Zuständigkeit für den Hauptantrag an. Sollte das Gericht, das für den Hauptantrag zuständig ist, für den Hilfsantrag nicht zuständig sein, kann eine Verweisung des Rechtsstreites erst nach der Entscheidung über den Hauptantrag erfolgen, nicht vorher.

Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses: Der Verweisungsbeschluss des LG Berlin war daher falsch. Aber bekanntlich kann auch ein falscher Verweisungsbeschluss bindend sein (§ 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO). Ein Verweisungsbeschluss, der nicht von dem zuständigen Richter erlassen wurde, entfaltet jedoch keine Bindungswirkung. Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Einzelrichterin der allgemeinen Zivilkammer hatte nämlich hier übersehen, dass es sich bei dem Rechtsstreit um eine Streitigkeit aus Bank- und Finanzgeschäften nach § 348 Abs. 1 Nr. 2. b) ZPO, § 72a Satz 1 Nr. 1 GVG handelt. Darüber hinaus handelt es sich diesbezüglich sogar um eine originäre Kammersache. Die Einzelrichterin hätte mithin gar nicht alleine entscheiden dürfen. Damit liegt ein doppelter Verstoß gegen den gesetzlichen Richter vor. Dies macht den Verweisungsbeschluss unwirksam. Das KG erklärt folglich das LG Berlin für zuständig.

 

 

Montagsblog: Neues vom BGH

Um die Zulässigkeit einer negativen Feststellungsklage geht es in dieser Woche

Berühmung durch Erwiderung auf ursprünglich unzulässige negative Feststellungsklage
Urteil vom 2. Oktober 2018 – X ZR 62/16

Mit einem eher ungewöhnlichen Prozessverlauf befasst sich der X. Zivilsenat.

Während eines von der Beklagten eingeleiteten selbständigen Beweisverfahrens zur Aufklärung einer mutmaßlichen Patentverletzung erhob die Klägerin Hauptsacheklage mit dem Antrag festzustellen, dass der Beklagten gegen sie keine Ansprüche wegen Verletzung des Schutzrechts zustehen. Nach dem Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens, dessen Ergebnisse der Beklagten eher ungünstig waren, sprach das LG die begehrte Feststellung aus. Das OLG wies die Klage hingegen als unzulässig ab.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Er tritt der Vorinstanz zwar darin bei, dass die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens in der Regel kein rechtliches Interesse des Gegners an einer negativen Feststellungsklage begründet. Abweichend von der Auffassung des OLG sieht er aber eine ein Feststellungsinteresse begründende Berühmung darin, dass die Beklagte sich nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens gegenüber der negativen Feststellungsklage hilfsweise mit dem Argument verteidigt hat, ihr stünden ungeachtet der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Ansprüche wegen Patentverletzung mit gleichwertigen Mitteln zu. Die Beklagte hat damit einen Zustand der Rechtsunsicherheit geschaffen, an dessen Klärung die Klägerin ein berechtigtes Interesse hat.

Praxistipp: Geht es dem Gegner eines für den Antragsteller ungünstig verlaufenen selbständigen Beweisverfahrens nur um Ersatz der angefallenen Kosten, ist das Verfahren nach § 494a ZPO (Frist zur Klageerhebung) in der Regel ausreichend.