Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Beweislast für die Ursächlichkeit einer notariellen Amtspflichtverletzung für den Eintritt eines Schadens.

Schadensursächlichkeit einer notariellen Amtspflichtverletzung
BGH, Urteil vom 16. Februar 2023 – III ZR 210/21

Der III. Zivilsenat befasst sich mit der Beweislast hinsichtlich der Frage, wie sich ein Dritter bei pflichtgemäßem Verhalten des in Anspruch genommenen Notars verhalten hätte.

Die als Leasinggeberin tätige Klägerin erhielt die Anfrage einer GmbH zur Finanzierung einer Digitaldruckmaschine für 129.000 Euro. Die Klägerin genehmigte die Finanzierung unter der Auflage, dass der Geschäftsführer der GmbH als Bürge eintritt und dass eine Grundschuld in Höhe von 100.000 Euro bestellt wird. Die GmbH schloss daraufhin den Kaufvertrag mit der Verkäuferin ab und reichte bei der Klägerin ein Formular ein, in dem sie den Abschluss eines Leasingvertrags anbot. Nach Lieferung der Maschine erklärte die Klägerin die Übernahme des Kaufvertrags und die Annahme des Leasingvertrags.

Eigentümer des betroffenen Grundstücks war der Sohn des Geschäftsführers. Dieser ließ kurz nach dem Abschluss der Verträge beim Beklagten seine Unterschrift auf einer von der Klägerin vorbereiteten Zweckerklärung beglaubigen. Der Beklagte sandte eine Kopie dieser Erklärung sowie eines Eintragungsersuchens an das Grundbuchamt an die Klägerin. Im Begleitschreiben teilte er mit, er habe die „beiliegende Grundschuldbestellungsurkunde“ beim Amtsgericht eingereicht. Nach dieser Mitteilung zahlte die Klägerin den Kaufpreis an die Verkäuferin der Druckmaschine.

In der Folgezeit wies das Amtsgericht den Eintragungsantrag zurück, weil lediglich die Zweckerklärung vorliege, nicht aber eine Eintragungsbewilligung. Der Beklagte entwarf daraufhin eine Grundschuldbestellungsurkunde und bat den Grundstückseigentümer, diese zu unterschreiben. Dieser lehnte ab.

Wenige Monate später starb der Geschäftsführer der Leasingnehmerin. Im weiteren Verlauf fiel die Leasingnehmerin in Insolvenz. Eine auf die Zweckerklärung gestützte Klage gegen den Sohn blieb erfolglos. Nunmehr begehrt die Klägerin vom beklagten Notar Ersatz von 100.000 Euro, weil dieser es versäumt habe, schon bei der Beglaubigung der Zweckerklärung eine Grundschuldbestellungsurkunde zu erstellen und ebenfalls zu beglaubigen, und weil er die Klägerin durch die unzutreffende Auskunft zur Zahlung des Kaufpreises veranlasst habe.

Das LG wies die Klage ab. Das OLG verurteilte den Beklagten antragsgemäß.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Der Beklagte hat allerdings seine Amtspflichten verletzt, weil er bei der Beglaubigung der Zweckerklärung nicht geprüft hat, ob alle für die Bestellung der Grundschuld erforderlichen Unterlagen vorliegen.

Entgegen der Auffassung des OLG liegt die Beweislast hinsichtlich der Frage, ob der Grundstückseigentümer die Grundschuldbestellungsurkunde bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten unterschrieben hätte, nicht beim Beklagten, sondern bei der Klägerin.

Ein Notar trägt allerdings die Beweislast für eine zur Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs führende hypothetische andere Schadensursache, wenn er schon durch die pflichtwidrige Beurkundung eines Vertrags einen Schaden verursacht hat. Im Streitfall ist der geltend gemachte Schaden nach dem Vortrag der Klägerin aber nicht durch eine Beurkundung oder Beglaubigung entstanden, sondern dadurch, dass der Beklagte pflichtwidrig von einer Beglaubigung abgesehen hat. In dieser Konstellation betrifft die Frage, ob es bei pflichtgemäßem Verhalten zu der Beglaubigung gekommen wäre, den haftungsbegründenden Ursachenzusammenhang. Die Beweislast dafür liegt beim Anspruchsteller.

Ein Ersatzanspruch lässt sich auch nicht auf die unzutreffende Mitteilung des Beklagten in dem an die Klägerin übersandten Begleitschreiben stützen. Die Klägerin hat den Kaufpreis zwar im Vertrauen auf die darin enthaltene Mitteilung bezahlt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung der Grundschuld vorliegen. Sie wäre aber ohnehin zur Zahlung verpflichtet gewesen, weil sie den Leasingvertrag bereits abgeschlossen hatte, ohne dessen Wirksamkeit von der Bestellung der Grundschuld abhängig zu machen.

Praxistipp: Um die Beweislage zu verbessern, sollte der Ersatzanspruch möglichst auf Pflichtverletzungen gestützt werden, die ohne weiteres zum Eintritt des Schadens geführt haben. Der Streitfall zeigt indes, dass dies nicht immer möglich ist.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Verjährung von Amtshaftungsansprüchen gegen Notare.

Verjährung des notariellen Amtshaftungsanspruchs
Urteil vom 10. Oktober 2019 – III ZR 227/18

Mit der Frage, wann ein Laie die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis von einer notariellen Pflichtverletzung hat, befasst sich der III. Zivilsenat.

Der Kläger hatte Ende 2006 eine Eigentumswohnung erworben. Im notariellen Vertrag, den der Beklagte als Notarvertreter beurkundet hat, ist vermerkt, der Käufer habe den Vertragsentwurf mehr als zwei Wochen zuvor erhalten und ausreichend Gelegenheit gehabt, ihn zu prüfen oder überprüfen zu lassen. Später betrieb der Kläger die Rückabwicklung der Verträge, weil er den Kaufpreis als überteuert ansah. Sein Versuch, die an dem Geschäft Beteiligten in Anspruch zu nehmen, schlug fehl, unter anderem wegen Insolvenz der als Schuldner in Frage kommenden Gesellschaften. Daraufhin nahm der Kläger Ende 2016 den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch, weil ihm der Vertragsentwurf entgegen § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG und abweichend von den Angaben im Vertrag erst kurz vor dem Beurkundungstermin zur Verfügung gestellt worden sei. Die Klage blieb in den ersten beiden Instanzen erfolglos.

Die Revision des Klägers bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Der BGH tritt den Vorinstanzen darin bei, dass die geltend gemachten Ansprüche verjährt sind. Er knüpft an seine schon zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. ergangene Rechtsprechung an, wonach die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis vom Bestehen des Anspruchs bereits dann vorliegt, wenn dem Gläubiger Tatsachen bekannt oder infolge von grober Fahrlässigkeit unbekannt sind, die aus seiner Sicht auf eine Pflichtverletzung hinweisen. Abweichend von der Auffassung der Revision sieht der erkennende Senat insoweit keine Unterschiede zwischen der Rechtsprechung für Notar-, Anwalt- und Arzthaftungssachen. Im Streitfall ergaben sich für den Kläger hinreichende Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung des Beklagten schon aus dem Umstand, dass die im beurkundeten Vertrag enthaltenen Angaben zur Überlassung des Vertragsentwurfs nach seinem eigenen Vortrag objektiv unzutreffend waren und damit gegebenenfalls auch für einen Laien ohne weiteres erkennbar war, dass der Beklagte möglicherweise gegen rechtliche Vorgaben verstieß. Die Verjährung begann deshalb, sobald der Kläger zusätzlich Kenntnis davon erhielt, dass keine anderweitigen Ersatzmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Letzteres war spätestens im Jahr 2012 der Fall. Die im Jahr 2016 erhobene Klage konnte die Verjährung deshalb nicht mehr hemmen.

Praxistipp: Etwas anderes kann gelten, wenn der Notar den Geschädigten über den Inhalt oder Umfang der ihn treffenden Pflichten unzutreffend belehrt hat und für den Geschädigten nicht ohne weiteres ersichtlich ist, dass die Belehrung fehlerhaft ist.