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Montagsblog: Neues vom BGH

Dr. Klaus Bacher  Dr. Klaus Bacher
Vorsitzender Richter am BGH

Diese Woche geht es erneut um die Anforderungen an einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Fehlende Versicherung an Eides Statt trotz Inbezugnahme
BGH, Beschluss vom 20. September 2022 – VI ZB 27/22

Der VI. Zivilsenat befasst sich mit den anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Die Beklagte legte gegen eine ihr ungünstige Entscheidung des LG rechtzeitig Berufung ein. Die Berufungsbegründung ging erst einen Tag nach Ablauf der maßgeblichen Frist beim OLG ein. In ihrem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand legte die Beklagte dar, der Schriftsatz sei aufgrund eines Kanzleiversehens zunächst an das LG versandt worden. Zur Glaubhaftmachung nahm sie auf eidesstattliche Versicherungen ihrer Prozessbevollmächtigten und deren Mitarbeiter Bezug. Ferner bot sie die informatorische Anhörung der Prozessbevollmächtigten an. Das OLG wies darauf hin, dass dem eingereichten Wiedereinsetzungsantrag keine Versicherungen am Eides Statt beigefügt waren. Einen Monat später wies es den Antrag auf Wiedereinsetzung zurück. Einen Tag danach reichte die Beklagte eidesstattliche Versicherungen ein.

Die Rechtsbeschwerde der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

Die Beklagte hat den geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrund nicht rechtzeitig glaubhaft gemacht. Die angebotene informelle Anhörung der Prozessbevollmächtigten ist kein zulässiges Beweismittel. Eine Versicherung an Eides Statt wurde entgegen der Ankündigung im Wiedereinsetzungsantrag bis zur Entscheidung des OLG nicht eingereicht.

Das OLG war nicht gehalten, eine Frist zur Vorlage der fehlenden Erklärungen zu setzen. Jedenfalls nach dem gerichtlichen Hinweis war die Beklagte gehalten, diese auch ohne Fristsetzung unverzüglich einzureichen. Das OLG musste lediglich einen angemessenen Zeitraum abwarten, bevor es über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet. Die im Streitfall eingehaltene Wartefrist von einem Monat reichte hierzu aus.

Praxistipp: Will das Gericht einer rechtzeitig eingereichten Versicherung an Eides Statt keinen Glauben schenken, muss es der Partei Gelegenheit geben, den Erklärenden als Zeugen zu benennen.

Mehr zum Autor: Der Autor ist Vorsitzender des X. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs. Er gehört zum Herausgeberbeirat der MDR und ist Mitautor des Prozessformularbuchs (Hrsg. Vorwerk).

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