Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Sondereigentumsfähigkeit von Teilen einer Tiefgarage.

Sondereigentumsfähigkeit von Duplex- und Palettenparkern
BGH, Beschluss vom 7. März 2024 – V ZB 46/23

Der V. Zivilsenat befasst sich der alten und der neuen Fassung von § 3 und mit § 5 Abs. 2 WEG.

Die Beteiligten sind Mitglieder einer seit 1996 bestehenden Gemeinschaft von Wohnungseigentümern. Im Grundbuch ist unter anderem Sondereigentum an 18 Stellplätzen in der Tiefgarage eingetragen, die ausweislich des Aufteilungsplans auf einem auf Laufschienen gelagerten, horizontal verschiebbaren Palettensystem eingerichtet sind, um die Zufahrt zu dahinter liegenden Stellplätzen zu ermöglichen.

Im Vorfeld einer Sanierung beantragen die Beteiligten, die Eintragung im Grundbuch dahingehend zu ändern, dass es sich nicht um Sondereigentum handelt, sondern um isolierte Miteigentumsanteile (dazu BGH, Urteil vom 5. Dezember 2003 – V ZR 447/01, NJW 2004, 1798). Das AG hat den Antrag abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben.

Der BGH verweist die Sache an das Kammergericht zurück.

Das KG ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Antrag zurückzuweisen ist, wenn an den in Rede stehenden Stellplätzen wirksam Sondereigentum begründet worden ist. Diese Voraussetzung ist auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 WEG in der für den Streitfall noch maßgeblichen, bis 30. November 2020 geltenden Fassung jedoch nicht gegeben.

Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG aF gelten Garagenstellplätze als sonderrechtsfähige abgeschlossene Räume, wenn ihre Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich sind. Dadurch wird, wie der BGH nunmehr erstmals entscheidet, nicht die Raumeigenschaft fingiert, sondern nur die Abgeschlossenheit. Das danach verbleibende Erfordernis eines Raums ist nur dann erfüllt, wenn dem Stellplatz ein lichter Raum eindeutig zugeordnet ist.

Bei vertikal verstellbaren Duplexparkern ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil ein Teil des Raums abwechselnd vom einen oder vom anderen Parker eingenommen wird.

Bei horizontal verschiebbaren Palettenparkern gilt Entsprechendes, weil sie abwechselnd jeweils einen unterschiedlichen Teil des Raums belegen. Darüber können diejenigen Bereiche, die zum Erreichen dahinter liegender Stellplätze benötigt werden, nach § 5 Abs. 2 WEG nicht zum Gegenstand des Sondereigentums gehören, weil sie von mehreren Wohnungseigentümern gemeinschaftlich genutzt werden.

Nach der im Streitfall noch nicht anwendbaren Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 2 WEG nF gelten Stellplätze als Räume. Damit sind Stellplätze in Doppelstockgaragen sondereigentumsfähig. Für Palettenstellplätze gilt dasselbe, wenn ein bestimmter Platz auf einer Palette zum alleinigen Gebrauch fest zugewiesen ist.

Praxistipp: Schon nach altem Recht ist ein Doppelstockparker in seiner Gesamtheit sondereigentumsfähig. Sondereigentum an einzelnen Stellplätzen in einem Doppelstockparker oder an Palettenstellplätzen kann in Altanlagen nur durch Änderung der Teilungserklärung begründet werden.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um den Anspruch des Vormerkungsberechtigten auf Löschung einer vormerkungswidrigen Eintragung im Grundbuch

Verjährung des Anspruchs aus einer Vormerkung
Urteil vom 14. Januar 2022 – V ZR 245/20

Mit den Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 888 Abs. 1 BGB befasst sich der V. Zivilsenat.

Im Februar 2001 wurde zugunsten des Klägers eine Auflassungsvormerkung in ein Wohnungsgrundbuch eingetragen. Rund fünf Monate später ließ die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Zwangssicherungshypothek eintragen. Nochmals rund acht Monate später wurde der Kläger als Eigentümer der Wohnung eingetragen. Mit seiner im Jahr 2018 erhobenen Klage begehrt er die Zustimmung zur Löschung der Hypothek und Ersatz von Schäden durch Verzögerungen beim Weiterverkauf der Wohnungen.

Das LG wies die Klage ab. Das OLG verurteilte die Beklagte antragsgemäß.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Das Berufungsurteil unterliegt der Aufhebung, weil sich das OLG nur mit dem Löschungsanspruch aus § 888 Abs. 1 BGB befasst hat, nicht aber mit dem Anspruch, dessen Sicherung die eingetragene Vormerkung dient. Als gesicherter Anspruch kommt im Streitfall ein Anspruch gegen den früheren Eigentümer aus dem mit diesem geschlossenen Kaufvertrag auf lastenfreie Übertragung des Eigentums an der Wohnung in Betracht. Ein solcher Anspruch ist nicht vollständig erfüllt, solange die Zwangssicherungshypothek im Grundbuch eingetragen ist. Die Beklagte hat aber geltend gemacht, der Kaufvertrag sei nur zum Schein geschlossen worden, um Vollstreckungsversuche zu vereiteln. Diesem Vorbringen ist das OLG nicht nachgegangen.

Das wirksame Bestehen eines Anspruchs auf lastenfreie Übertragung ist entscheidungserheblich. Die Klage scheitert gegebenenfalls nicht an der erhobenen Verjährungseinrede.

Ob und in welcher Frist der Löschungsanspruch aus § 888 Abs. 1 BGB verjährt, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt und in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Der BGH wendet § 902 Abs. 1 BGB entsprechend an, wonach Ansprüche aus eingetragenen Rechten nicht der Verjährung unterliegen.

Wegen des akzessorischen Charakters einer Vormerkung darf der aus § 888 Abs. 1 BGB Verpflichtete die Erfüllung des Anspruchs allerdings verweigern, wenn der gesicherte Anspruch verjährt ist. Ob dies auch dann gilt, wenn der Schuldner dieses Anspruchs auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichtet, lässt der BGH offen. Im Streitfall ist ein gegen den Verkäufer bestehender Anspruch auf Beseitigung von Rechtsmängeln weder nach dem bis 31.12.2001 noch nach dem jetzt geltenden Recht verjährt. Nach altem Recht unterlagen Ansprüche auf Beseitigung von Rechtsmängeln der regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren. Nach neuem Recht verjähren Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück gemäß § 196 BGB zwar schon in zehn Jahren. Ansprüche auf Beseitigung eines Rechtsmangels verjähren aber gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BGB in dreißig Jahren, wenn der Rechtsmangel in einem im Grundbuch eingetragenen Recht besteht.

Praxistipp: Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des gesicherten Anspruchs obliegt auch nach der Eintragung der Vormerkung dem Vormerkungsberechtigten.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um formelle Fragen aus dem Bereich des Grundbuchrechts.

Bedingung oder Befristung dinglicher Rechte an einem Grundstück
Beschluss vom 1. Oktober 2020 – V ZB 51/20

Mit den Voraussetzungen für die Löschung einer Reallast befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, das mit einer Reallast belastet ist. Das Recht war im Jahr 2009 aufgrund einer Bewilligung des damaligen Eigentümers eingetragen worden. Laut dieser Erklärung dient das Recht der Sicherung eines für die Lebensdauer der Berechtigten bestehenden vertraglichen Rentenanspruchs. Die Antragstellerin hat eine Sterbeurkunde vorgelegt, laut der die Berechtigte im Januar 2018 verstorben ist. Sie begehrt die Löschung des Rechts im Grundbuch. Das AG hat ihr durch Zwischenverfügung aufgegeben, eine Löschungsbewilligung der Erben der Berechtigten sowie einen Erbennachweis einzureichen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben.

Der BGH hebt die angefochtenen Entscheidungen aus formellen Gründen auf, bestätigt diese aber in der Sache.

Die Zwischenverfügung ist formell unzulässig. Nach der Rechtsprechung des BGH darf eine Zwischenverfügung gemäß § 18 GBO nur ergehen, wenn der Mangel des Antrags mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn eine erst noch zu erklärende Eintragungsbewilligung erforderlich ist.

In seinen Hinweisen für das weitere Verfahren stellt der BGH klar, dass die inhaltliche Beurteilung durch das OLG zutreffend ist.

Eine Bewilligung der Erben wäre nach § 23 GBO entbehrlich, wenn die eingetragene Reallast auf die Lebenszeit der Berechtigten befristet wäre. Eine solche Befristung muss jedoch aus dem Grundbuch selbst ersichtlich sein. Nach § 874 BGB kann die Eintragung zwar zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts auf die Eintragungsbewilligung Bezug nehmen. Eine Bedingung oder Befristung stellt aber nicht lediglich eine nähere Bezeichnung des Inhalts dar. Sie betrifft den rechtlichen Bestand des eingetragenen Rechts, nicht nur dessen nähere Ausgestaltung. Eine Bezugnahme auf die Bewilligung ist nur hinsichtlich weiterer Einzelheiten zulässig, etwa hinsichtlich der Fristdauer.

Eine Bewilligung der Erben wäre gemäß § 22 Abs. 1 GBO auch dann entbehrlich, wenn sich die dingliche Einigung (§ 873 BGB) zwischen dem Berechtigten und dem damaligen Grundstückseigentümer auf ein befristetes Recht bezogen hätte. In diesem Falle wäre das Grundbuch unrichtig, soweit es das Recht als unbefristet ausweist. Die Unrichtigkeit muss aber gemäß § 29 Abs. 1 GBO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Die vorgelegte Eintragungsbewilligung genügt zwar dieser Form. Sie enthält aber nur eine Erklärung des Eigentümers und lässt nicht erkennen, ob die Berechtigte einer Befristung zugestimmt hat. Eine solche Zustimmung könnte zwar in einem öffentlich beglaubigten Eintragungsantrag der Berechtigten zu sehen sein. Im Streitfall ist der Eintragungsantrag aber vom Eigentümer gestellt worden.

Praxistipp: Die Entscheidung zeigt eindrucksvoll, wie wichtig es sein kann, dass eine Grundbucheintragung vom Betroffenen bewilligt und vom Begünstigten beantragt wird.