Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Kündigungssperrfrist bei Begründung von Wohnungseigentum oder bei der Veräußerung an eine Personengesellschaft oder Personenmehrheit.

Veräußerung von Mietwohnraum an Personenhandelsgesellschaften
BGH, Urteil vom 6. August 2025 – VIII ZR 161/24

Der VIII. Zivilsenat legt § 577a Abs. 1a BGB anhand des Gesetzeszwecks aus.

Die Beklagte sind seit 2004 Mieter einer Wohnung in einem Mehrparteienhaus in München. Anfang 2012 erwarb eine GmbH & Co. KG das Eigentum am gesamten Anwesen. Im Jahr 2013 teilte sie das Eigentum in Wohnungseigentum auf. Im Jahr 2017 veräußerte sie die an die Beklagten vermietete Wohnung an die Kläger. Diese erklärten im September 2022 die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs zum 31. März 2023.

Das AG hat die Beklagte antragsgemäß zur Räumung verurteilt. Das LG hat die Klage abgewiesen.

Die Revision der Kläger bleibt ohne Erfolg.

Zu Recht hat das LG entschieden, dass die Kündigungssperrfrist nach § 577a BGB – die durch eine auf der Grundlage von § 577a Abs. 2 BGB erlassene Verordnung für München und zahlreiche andere Städte in Bayern auf zehn Jahre verlängert worden ist – im Streitfall nicht schon mit der Veräußerung des Anwesens an die GmbH & Co. KG, sondern erst mit der Veräußerung der Eigentumswohnung an die Kläger zu laufen begonnen hat.

Gemäß § 577a Abs. 1 BGB beginnt die Sperrfrist, wenn an den Mieträumen nach deren Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und dieses veräußert worden ist. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall im Jahr 2017 erfüllt. Die Sperrfrist nach § 577a Abs. 1 BGB ist mithin noch nicht abgelaufen.

Gemäß § 577a Abs. 1a BGB beginnt eine Sperrfrist auch dann, wenn vermieteter Wohnraum nach dessen Überlassung an den Mieter an eine Personengesellschaft oder an mehrere Erwerber veräußert worden ist. Für den Fall, dass nach einer solchen Veräußerung Wohnungseigentum begründet wird, bestimmt § 577a Abs. 2a BGB, dass die Sperrfrist bereits mit der Veräußerung nach Absatz 1a beginnt.

Wie der BGH nunmehr klargestellt hat, bedeutet dies, dass mit der Veräußerung von Wohnungseigentum, das nach der Veräußerung an eine Personengesellschaft oder an mehrere Erwerber begründet worden ist, keine neue Sperrfrist gemäß § 577a Abs. 1 BGB beginnt. Vielmehr verbleibt es bei der bereits laufenden Frist nach § 577a Abs. 1a BGB.

Im Streitfall wäre die Sperrfrist zum Zeitpunkt der Kündigung mithin abgelaufen gewesen, wenn die Veräußerung an die GmbH & Co. KG Anfang 2012 unter den Tatbestand von § 577a Abs. 1a BGB fiele.

Zu Recht hat das LG jedoch entschieden, dass eine Personenhandelsgesellschaft (also eine OHG oder eine KG) keine Personengesellschaft im Sinne von § 577a Abs. 1a BGB ist.

§ 577a Abs. 1a BGB soll den Mieter vor der Gefahr schützen, dass durch die Veräußerung eine Vielzahl von Personen die Möglichkeit erhalten, den Mietvertrag wegen Eigenbedarfs zu kündigen. Diese Gefahr besteht beim Erwerb durch eine GbR oder durch eine Grundstücksgemeinschaft, weil deren Mitglieder Eigenbedarf geltend machen können. Die Gesellschafter einer OHG oder KG dürfen sich nach der Rechtsprechung des BGH hingegen nicht auf Eigenbedarf berufen. Folglich greift der Zweck des § 577a Abs. 1a BGB bei der Veräußerung an eine solche Gesellschaft nicht.

Praxistipp: Die Fristen nach § 577a Abs. 1 und 1a beginnen jeweils mit der Eintragung der maßgeblichen Rechtsänderung im Grundbuch (BGH, U. v. 21.3.2018 – VIII ZR 104/17, BGHZ 218, 162 Rn. 21 [insoweit nicht in MDR 2018, 584]).

BGH zu § 49a WEG

§ 49a GKG über den Streitwert in Wohnungseigentumssachen ist eine nicht leicht verständliche Streitwertvorschrift. Dessen Abs. 1 S. 1, 2 lautet: „Der Streitwert ist auf 50 Prozent des Interesses der Parteien und aller Beigeladener an der Entscheidung festzusetzen. Er darf das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten und das Fünffache des Wertes ihres Interesses nicht überschreiten. ...“

Bei Streitigkeiten über die Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums vertritt der BGH bereits, dass sich der Streitwert in der Regel auf 20 % des Verkaufspreises des Wohnungseigentums beläuft (vgl. BGH v. 18.1.2018 – V ZR 71/17, MDR 2018, 558; BGH v. 19.7.2018 – V ZR 229/17, MDR 2018, 1178).

In einer neuen Entscheidung des BGH ging es nun um eine Streitigkeit über die Zustimmung zur Erteilung des Zuschlags in einem das Wohnungseigentum betreffenden Zwangsversteigerungsverfahren (BGH v. 15.11.2018 – V ZR 25/18). Hierzu hat der BGH festgestellt, dass sich der Streitwert in der Regel auf 20 % des Meistgebots beläuft. Ohne dass es der BGH in dieser Entscheidung ausdrücklich aufführt, hat der BGH S. 2 von § 49a Abs. 1 GKG angewendet. Das Interesse des Rechtsmittelführers (§ 47 GKG) bildet also die entscheidungserhebliche Untergrenze. Dessen Interesse hat der BGH mit den erwähnten 20 % des Meistgebots bewertet.

Montagsblog: Neues vom BGH

In Anlehnung an die sog. Montagspost beim BGH berichtet der Montagsblog wöchentlich über ausgewählte aktuelle Entscheidungen.

Zulässigkeit einer Stufenklage
Urteil vom 6. April 2016 – VIII ZR 143/15

Mit dem für eine Stufenklage erforderlichen Zusammenhang zwischen der begehrten Auskunft und dem Leistungsanspruch befasst sich der VIII. Zivilsenat.

Ein Mieter, dessen Wohnung veräußert worden war, nahm den Veräußerer wegen Verletzung eines Vorkaufsrechts im Wege der Stufenklage auf Auskunft über den Inhalt des Kaufvertrags und auf Zahlung der Differenz zwischen dem erzielten Kaufpreis und dem Verkehrswert in Anspruch. Die Beklagte verteidigte sich u.a. mit dem Argument, das Begehren könne nicht mittels Stufenklage geltend gemacht werden, weil die begehrten Auskünfte nur Aufschluss über den Kaufpreis, nicht aber über den Verkehrswert gäben und deshalb nicht ausreichten, um den Zahlungsanspruch zu beziffern.

Der BGH lässt dieses Argument nicht gelten. Er nimmt Bezug auf seine Rechtsprechung, wonach eine Stufenklage nur dann zulässig ist, wenn die begehrte Auskunft dazu dient, den Leistungsanspruch zu bestimmen. Diese Voraussetzung ist im Streitfall indes erfüllt. Der Kläger benötigt Informationen über die Höhe des Kaufpreises, um seinen Ersatzanspruch beziffern zu können. Dass diese Informationen für sich gesehen nicht ausreichen, steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen.

Praxistipp: Wenn es an dem erforderlichen Zusammenhang fehlt, ist die Klage auf Auskunft dennoch zulässig. Den noch nicht bezifferbaren Leistungsanspruch kann der Kläger dann aber nur mit einem Feststellungsantrag geltend machen. Über diese beiden Anträge muss das Gericht – anders als bei einer zulässigen Stufenklage – gemeinsam entscheiden.

Personenverschiedenheit im Mietverhältnis
Urteil vom 27. April 2016 – VIII ZR 323/14

Ebenfalls um die Folgen eines Vorkaufsrechts geht es in einem anderen Urteil des VIII. Zivilsenats.

Das beklagte Ehepaar war Mieter einer Wohnung im Dachgeschoss eines Dreifamilienhauses. Nach dem Mietvertrag durfte es den Garten mitbenutzen. Bei der späteren Aufteilung des Anwesens in Wohnungseigentum wurde zugunsten des Eigentümers der Wohnung im Erdgeschoss ein Sondernutzungsrecht an diesem Garten begründet. Der Kläger, der diese Wohnung erwarb, gestattete die weitere Nutzung des Gartens durch die Beklagten für die Dauer des bestehenden Mietverhältnisses. Später erwarb der beklagte Ehemann die Wohnung im Dachgeschoss. Nunmehr verlangte der Kläger die Herausgabe des Gartens. AG und LG verurteilten beide Beklagten antragsgemäß.

Der BGH bestätigt die Entscheidungen der Vorinstanzen. Der frühere Mietvertrag über die Dachgeschosswohnung ist im Verhältnis zum Ehemann mit dem Übergang des Eigentums auf diesen durch Konfusion erloschen, weil der Eigentümer einer Sache sich diese nicht selbst als Mieter zum Gebrauch überlassen kann. Im Verhältnis zur Ehefrau ist eine Gebrauchsüberlassung zwar theoretisch möglich. Die Einräumung eines Rechts zur gemeinsamen Nutzung ist aber etwas anderes als die vom früheren Vermieter (gegenüber beiden Ehegatten) geschuldete Überlassung zum alleinigen Gebrauch. Deshalb ist der zuvor bestehende Mietvertrag auch insoweit nicht fortgesetzt worden. Mit diesem Vertrag ist auch das Recht zur Mitnutzung des Gartens entfallen.

Praxistipp: Vor dem Erwerb einer vermieteten Eigentumswohnung durch den Mieter ist sorgfältig zu prüfen, ob sich aus der Miteigentümerstellung dieselben Nutzungsbefugnisse ergeben wie aus dem Mietvertrag.