Montagsblog: Neues vom BGH

Erneute Anordnung des schriftlichen Verfahrens
Urteil vom 4. Juli 2017 – XI ZR 470/15

Der XI. Zivilsenat verfestigt seine Rechtsprechung zu einer nicht unwichtigen Frage im Zusammenhang mit § 128 Abs. 2 Satz 3 ZPO.

Der Kläger begehrte nach dem Widerruf eines Darlehensvertrags von der Beklagten Rückzahlung erbrachter Zinsleistungen. Das Begehren blieb in erster Instanz zum weitaus überwiegenden Teil und in zweiter Instanz vollständig erfolglos. Das OLG traf seine Entscheidung im schriftlichen Verfahren. Anlässlich der Verlegung des ursprünglich bestimmten Verkündungstermins hatte es erneut die Zustimmung der Parteien zum schriftlichen Verfahren eingeholt und eine neue Schriftsatzfrist bestimmt. Mit seiner Revision rügte der Kläger unter anderem, eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren sei gemäß § 128 Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht mehr zulässig gewesen, weil zwischen der ersten Zustimmungserklärung der Parteien und der Verkündung des angefochtenen Urteils mehr als drei Monate verstrichen seien.

Der BGH hebt das Urteil des OLG aus materiell-rechtlichen Gründen auf und verurteilt die Beklagte entsprechend dem zuletzt gestellten Antrag in der Revisionsinstanz. Die Verfahrensrüge des Klägers sieht er hingegen als unbegründet an. § 128 Abs. 2 Satz 3 ZPO hindert das Gericht nicht daran, bei drohendem Ablauf der Dreimonatsfrist mit Zustimmung der Parteien erneut das schriftliche Verfahren anzuordnen. Die Entscheidung muss dann innerhalb von drei Monaten nach Erteilung der letzten Zustimmungserklärung ergehen. Damit bestätigt der BGH eine bereits vor einiger Zeit ergangene Entscheidung zu dieser Frage (BGH, Urt. v. 17.1.2012 – XI ZR 457/10, Rz. 34 – NJW–RR 2012, 622).

Praxistipp: Beide Parteien haben es in der Hand, eine nochmalige Anordnung des schriftlichen Verfahrens durch Verweigerung ihrer Zustimmung zu verhindern.

Montagsblog: Neues vom BGH

Ausgangskontrolle bei Versand per Telefax
Beschluss vom 23. Mai 2017 – II ZB 19/16

Mit den Anforderungen an die Organisation des Telefaxversands in der Anwaltskanzlei befasst sich der II. Zivilsenat.

Der Rechtsanwalt des in erster Instanz unterlegenen Klägers hatte am letzten Tag der Frist eine Mitarbeiterin beauftragt, die Berufungsschrift per Telefax an das zuständige OLG zu versenden. Dort kamen nur die erste Seite der Berufungsschrift und eine Seite aus dem angefochtenen Urteil an, nicht aber die zweite Seite der Berufungsschrift mit der Unterschrift des Anwalts. Das OLG wies das Wiedereinsetzungsgesuch zurück und verwarf die Berufung als unzulässig.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Er verweist auf seine Rechtsprechung, wonach es zur Ausgangskontrolle genügt, einen Sendebericht ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen. Entgegen der Auffassung des OLG ist es nicht erforderlich, die übermittelten Schriftstücke auf inhaltliche Vollständigkeit zu überprüfen oder den fristgebundenen Schriftsatz und dazu gehörende Anlagen getrennt zu übermitteln. Ebenfalls nicht erforderlich ist es, beim Gericht telefonisch nachzufragen, ob der Schriftsatz vollständig übermittelt worden ist.

Praxistipp: Bei umfangreichen Schriftsätzen mit zahlreichen Anlagen kann es sich dennoch empfehlen, Schriftsatz und Anlagen getrennt zu übermitteln, weil einige Faxgeräte die Übermittlung nach einer bestimmten Höchstdauer (z. B. eine Stunde) automatisch abbrechen und dies unter ungünstigen Umständen zum Verlust der gesamten Sendung führen kann.

Bedingte Fristverlängerung
Beschluss vom 1. Juni 2017 – V ZB 106/16

Das Gebot der Rechtsmittelklarheit konkretisiert der V. Zivilsenat.

Der Rechtsanwalt der in erster Instanz unterlegenen Klägerin hatte nach drei vorangegangenen Fristverlängerungen beantragt, die Frist zur Begründung der Berufung nochmals zu verlängern, und anwaltlich versichert, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe zugestimmt. Der Vorsitzende des Berufungssenats gewährte die Fristverlängerung „mit der Maßgabe, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten seine Zustimmung erteilt hat“. Nach Eingang der Begründung innerhalb der verlängerten Frist machte die Beklagte geltend, eine Zustimmung zu der Verlängerung sei nicht erteilt worden. Das Berufungsgericht hielt die Fristverlängerung wegen Nichtvorliegens der in der Verfügung ausgesprochenen Bedingung für unwirksam und verwarf die Berufung als unzulässig.

Der BGH verweist die Sache an das Berufungsgericht zurück. Er leitet aus dem Grundsatz der Rechtsmittelklarheit ab, dass die Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung nicht von einer Bedingung abhängig gemacht werden darf. Wenn das Gericht hiergegen verstößt, ist nicht die Fristverlängerung unwirksam, sondern nur die Bedingung. Deshalb war die Begründungsfrist trotz fehlender Zustimmung der Gegenseite wirksam verlängert worden.

Praxistipp: Um eine irrtümliche Fristverlängerung zu vermeiden, kann es sich für den Gegner empfehlen, das Gericht von sich aus darüber in Kenntnis zu setzen, dass er eine Bitte um Zustimmung zur Fristverlängerung abgelehnt hat.