Blog powered by Zöller: Vorsicht bei Video-Verhandlung

Eine aktuelle Entscheidung des BFH macht deutlich, dass bei der Durchführung von mündlichen Verhandlungen per Video-Übertragung hohe Anforderungen an die „Bildregie“ zu stellen sind. Es muss sichergestellt sein, dass zugeschaltete Teilnehmer alle an der Verhandlung Beteiligten jederzeit sehen können. Dies gilt insbesondere für die Richterbank. Es genügt nicht, dass – wie im vorliegenden Fall – nur der Vorsitzende oder der gerade sprechende Richter zu sehen ist. Die Richterbank sei dann nicht ordnungsgemäß besetzt, denn der Zugeschaltete könne nicht überprüfen, ob ein Richter z.B. eingeschlafen oder vorübergehend abwesend ist. Damit liege ein absoluter Revisionsgrund vor; dass der Mangel während der Verhandlung nicht gerügt wurde, sei unerheblich. Das aufgrund dieser Verhandlung ergangene Urteil wurde daher aufgehoben. Die Sache wird vor der Kammer – entweder in Präsenz oder mit ordnungsgemäßem Kamerasystem – erneut zu verhandeln sein (BFH, Beschl. v. 30.6.2023 – V B 13/22).

Diese Entscheidung ist als Warnruf, auch an die anderen Gerichtsbarkeiten, zu verstehen. In der Corona-Zeit wurde – notgedrungen – eine gewisse Großzügigkeit beim Einsatz von Video-Technik an den Tag gelegt; viele Prozesse wären sonst überhaupt nicht zu erledigen gewesen. Inzwischen ist es anders: Die Videoverhandlung wird als entlastende und beschleunigende Alternative zur Präsenzverhandlung geschätzt und soll nach einem aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung noch gefördert werden. Deshalb rücken nun wieder die Anforderungen an eine rechtsstaatliche Gestaltung der Gerichtsverhandlung in den Vordergrund, die sich gerade in der geordneten, nicht durch Sicht- oder Gehörsbeeinträchtigungen gestörten Interaktion zwischen den Prozessbeteiligten manifestiert. Auch nach der Begründung des genannten Gesetzentwurfs ist sicherzustellen, dass die im Gericht befindlichen Personen von den per Video zugeschalteten visuell und akustisch während der gesamten Verhandlung gut wahrnehmbar sind (BR-Drucksache 228/23, S. 49). Das wird in der Regel nur möglich sein, wenn mehrere Kameras zum Einsatz kommen, die jeden Beteiligten – auch gut erkennbar – erfassen. Systeme, die jeweils nur den Sprechenden zeigen, sind damit nicht zu vereinbaren; Raumkameras, die alle Anwesenden zusammen abbilden, hält der Entwurf nur bei einfach gelagerten Terminen ohne Beweisaufnahme und mit wenigen Verfahrensbeteiligten für ausreichend.

Verfügt das Gericht nicht über eine entsprechende Ausstattung, muss von einer Videoverhandlung abgesehen werden. Nach der jüngst ergangenen Entscheidung drohen sonst massenhafte Urteilsaufhebungen.

Davon unberührt und daher vorzuziehen ist der Einsatz der Videokommunikation bei informellen Erörterungsterminen außerhalb der mündlichen Verhandlung (durch die eine solche samt ihres technischen und organisatorischen Aufwands oft erspart werden kann; s. dazu Zöller/Greger, § 128 ZPO Rn 1a, auch Greger, MDR 2020, 957 Rn. 29 ff. und MDR 2023, 810 Rn. 22 ff.).

Mehr dazu im neuen Zöller, 35. Auflage.

OLG Frankfurt a. M.: Verzögerungsgebühr wegen Nichttragens einer Maske

Das OLG Frankfurt a. M. (Beschl. v. 27.9.2022 – 7 WF 116/22) hatte über die Verhängung einer Verzögerungsgebühr gem. § 32 FamGKG bei Zuwiderhandlung und Terminsvertagung zu entscheiden.

Im Rahmen einer Sitzung des Familiengerichts ordnete der Richter am Amtsgericht an, dass die Beteiligten eine Maske zu tragen haben. Eine Rechtsanwältin war dazu nicht bereit. Der Richter bestimmte daher einen neuen Termin. Das Gericht legte der Partei gemäß § 32 S. 1 FamGKG eine Verzögerungsgebühr auf. Dagegen richtet sich die unbefristete Beschwerde der Partei nach § 60 FamGKG, die allerdings erfolglos bleibt.

Gemäß § 176 Abs. 1 GVG obliegt dem Vorsitzenden die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung. Eine Maskenanordnung fällt darunter, da eine Infektion der Beteiligten mit dem Corona-Virus verhindert werden kann. Die Aufrechterhaltung der Ordnung ist auch gegenüber den Prozessvertretern möglich. Die erfolgte Anordnung ist von dem Ermessen des Vorsitzenden gedeckt. Ein Verstoß gegen das Verhüllungsverbot nach § 176 Abs. 2 S. 1 GVG liegt darin nicht. Die Befugnis des § 176 Abs. 1 GVG ist von dem Hausrecht unabhängig. Der Umstand, dass andere Richter abweichende oder gar keine Anordnung treffen, macht die vorliegende Anordnung der Richterin weder willkürlich noch unverhältnismäßig. Es ist offensichtlich, dass eine Maske dazu geeignet ist, die weitere Verbreitung des Corona-Virus einzudämmen.

Selbst wenn der Rechtsanwältin die Verzögerung vorzuwerfen ist, so ist die Gebühr gleichwohl gegen die Partei festzusetzen, was sich bereits aus dem Wortlaut des § 32 FamGKG ergibt. Die Rechtsanwältin wird diese Gebühr jedoch der Partei erstatten müssen, da sie diese Rechtsprechung kennen musste und gehalten ist, die Festsetzung derartiger Gebühren gegen die Partei von vornherein zu verhindern, um unnötige finanzielle Belastung der Mandantschaft zu vermeiden. Als Anspruchsgrundlage dürfte § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Mandatsvertrag  heranzuziehen sein.

Corona-Pandemie keine Na­tur­ka­ta­stro­phe

Dem Urteil des AG München (275 C 23753/20), das bereits am 20.5.2021 erging, ist zuzustimmen. Eine Rei­se­ab­bruch­ver­si­che­rung haf­tet bei co­ro­na­be­ding­ter An­nul­lie­rung eines Rückflu­ges nicht für die Kos­ten des Er­satz­flu­ges, da zwar nach den Versicherungsbedingungen eine Naturkatastrophe ein versichertes Ereignis ist, die Corona-Pandemie jedoch nicht als Naturkatastrophe angesehen werden kann. Der Reiseabbruch des Klägers am 27.3.2020 erfolgte während der ersten Welle der Corona-Pandemie für eine Reise, die er bereits vor der Pandemie am 27.1.2020 für die Mehrkosten einer eventuellen vorzeitigen Rückreise versicherte. Nach den abschließend im Versicherungsvertrag genannten Ereignissen bestand Versicherungsschutz zwar bei einer Na­tur­ka­ta­stro­phe, nicht aber bei einer Pandemie. 

Zutreffend ist das Gericht davon ausgegangen, dass die weltweite Corona-Pandemie seit ihrer Ausrufung am 11.3.2020 durch die WTO bis zum heutigen Tage keine Naturkatastrophe ist. Dass die Corona-Pandemie als Risiko für die menschliche Gesundheit ein unvermeidbarer außergewöhnliche Umstand im Sinne  des einheitlichen Begriffskonzeptes der EU-Passagierrechte-VO insbesondere des Art. 5 III der Fluggastrechte-VO 261/2004 darstellt, haben die Gerichte und das Schrifttum einzelfallbezogen in den Jahren 2020 und 2021 für Reisen, die vor dem Ausbruch gebucht wurden, für die Fälle des entschädigungslosen Rücktritts vom Pauschalreisevertrag weitgehend bejaht. Die Corona-Pandemie als Gesundheitsgefahr kann in den beiden Jahren nach ihrem Ausbruch sicherlich als außergewöhnlicher Umstand bzw. als höhere Gewalt angesehen werden, da sie bis heute nicht der Kontrolle der Vertragsparteien unterliegt. Eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts für das Reiseziel stellt ein starkes Indiz für das Vorliegen dieses außergewöhnlichen Umstandes dar. 

Davon zu unterscheiden sind die Beeinträchtigungen z. B. des Luftverkehrs durch die Pandemie aufgrund der staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionsgefahr. Diese politischen Maßnahmen sind eine Folge der Pandemie! Die dadurch verursachten Einschränkungen und behördlichen Maßnahmen wie Flugverbote sind keine unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände, sondern zählen als Folge der Pandemie zur den mehr oder weniger starken Beeinträchtigen einer Reise iSd. § 651h III BGB. 

Dem Gericht ist zu folgen, dass es sich bei der Co­ro­na-Pan­de­mie wegen des Fehlens un­mit­tel­ba­rer phy­si­scher Aus­wir­kun­gen, lo­ka­lem Auf­tre­ten und zeit­li­cher Ein­gren­zung um keine ty­pi­sche Na­tur­ka­ta­stro­phe handelt. Von einer Naturkatastrophe kann doch nur ausgegangen werden bei geophysikalischen (Erdbeben, Vulkanausbrüche), meteorologischen (z. B. Stürme), hydrologischen (z. B. Überschwemmungen) und klimatologischen (z. B. Waldbrände, Dürre, Temperaturextreme) gewaltigen plötzlichen Naturereignissen. Staatliche Eingriffe auf die Um­welt, ins­be­son­de­re auf das öf­fent­li­che Leben, treten erst als Folge der staat­li­chen Schutz­maß­nah­men ein­. So ist auch die kürzlich durch das Auswärtige Amt erfolgte Hochstufung Südafrikas als Virusvariantengebiet auf Grund der Variante Omicron ein po­li­ti­scher Er­mes­sens­ak­t zur Eindämmung der Infektionsgefahr, aber für sich genommen noch kein außergewöhnlicher Umstand bzw. höhere Gewalt. 

Das Gericht weist zutreffend auch darauf hin, dass auch in zeit­li­cher Hin­sicht sich die Co­ro­na-Pan­de­mie von einer Na­tur­ka­ta­stro­phe unterscheidet. Bei eine Naturkatastrophe be­steht die Ge­fah­ren­quel­le ty­pi­scher­wei­se für einen nur be­grenz­ten Zeit­raum. Die Ge­fahr durch das Co­ro­na­vi­rus be­steht aber be­reits seit fast zwei Jahren mit verschiedenen Wellen und wird auch noch im nächsten Jahr die Welt und die Gerichte in Atem halten. 

Die Wiederaufnahme des Sitzungsbetriebes bei Gericht in Corona-Zeiten

Derzeit denken alle an die Zeit „danach“. Aber so schnell wird die Normalität voraussichtlich nicht zurückkehren können. Nun soll aber wenigstens der Sitzungsbetrieb bei den Gerichten teilweise wieder aufgenommen werden. Hierfür werden bei den Gerichten Vorbereitungen getroffen. Was genau geschieht?

Zunächst einmal wird durch entsprechende Hausverfügungen und Instruktionen des Kontrollpersonals an den Eingängen sichergestellt, dass der Grundsatz der Öffentlichkeit gewahrt wird bzw. erhalten bleibt. Weiterhin müssen die Sitzungssäle umgestaltet werden. Die Säle müssen so ausgestattet werden, dass der Mindestabstand von 1,5 Metern durchweg gewahrt werden kann. Dies geschieht in aller Regel durch Verschiebung des Mobiliars, Markierungen auf dem Boden und auf den Tischen, mitunter durch das Aufstellen von Trennscheiben. All dies wird teilweise in ständigem Kontakt der Gerichtspräsidenten untereinander und mit den Präsidenten der Oberlandesgerichte (Videokonferenzen) beschlossen und entschieden. Besonders problematisch ist die Einhaltung des Mindestabstandes bei den Kollegialgerichten, zumal dadurch auch eine sonst unproblematisch mögliche kurze Verständigung zwischendurch sehr erschwert wird. Durch die Markierungen sehen die Säle zum Teil etwas seltsam aus.

Ein besonderes Problem stellen die Aufenthalts- und Wartebereiche dar. Diese sind oftmals ohnehin bei der Planung der Gebäude zu kurz gekommen. Nunmehr entsteht das Problem der Wahrung des Mindestabstandes bei den Wartenden und der ausreichenden Belüftung der betroffenen Bereiche. Es wird daher voraussichtlich nichts anderes übrigbleiben, als jedenfalls teilweise Sitzungssäle zu Aufenthaltsräumen umzufunktionieren, zumal die Gänge oftmals sehr schwer zu belüften sind.

Gleichzeitig kann nicht einfach jeder Richter irgendwie Termine bestimmen, weil sonst die Gefahr besteht, dass sich zu viele Personen auf den Fluren aufhalten und der Mindestabstand schon deswegen nicht gewahrt werden kann. Es bedarf daher eines Mindestmaßes an Absprachen und Organisation. All dies wird noch dadurch erschwert, dass einige Mitarbeiter (und auch Richter) immer noch krank sind bzw. als Risikogruppe in das Homeoffice gezwungen sind.

Es gilt daher, eine Fülle von praktischen Schwierigkeiten mit Improvisationsgeschick, Geduld und Erfindungsgeist zu überwinden.

Gleichwohl besteht die Hoffnung, dass demnächst bei den Gerichten wieder ein wenig Normalität einkehren kann. Alle Beteiligten sind dazu aufgerufen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten dazu beizutragen, dass keine besonderen Schwierigkeiten auftreten werden. So können beispielsweise die Rechtsanwälte die Mandanten schon vor dem Termin auf die voraussichtliche Situation vorbereiten bzw. hinweisen.

Gleichwohl sollte es gelingen, in wenigen Wochen wieder halbwegs normale Verhältnisse bei den Gerichten herbeizuführen.

Online-Tagung „Vertragsrecht in der Coronakrise“

Die Coronakrise wirft eine Menge spannender Rechtsfragen auf. In der öffentlichen Diskussion stehen dabei derzeit öffentlich-rechtliche Fragestellungen (beispielsweise Ausgangsbeschränkungen, öffentliche Finanzhilfen für Unternehmen oder Triagierungen) im Vordergrund. Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Folgen drängen aber auch viele zivilrechtliche Probleme. Manche davon geht der Gesetzgeber bereits an. Die Online-Tagung „Vertragsrecht in der Coronakrise“ widmet sich solchen Fragestellungen aus dem Bereich des Vertragsrechts. Sind Vertragsanpassungen möglich, wenn die Leistung für eine der Parteien durch die Einschränkungen des öffentlichen Lebens sinnlos geworden sind? Unter welchen Umständen ist von einer Unmöglichkeit der Leistungserbringung auszugehen? Welche Vertragspartei trägt welche Risiken im Fall allgemeiner Ausgangsbeschränkungen?

 Die Online-Tagung „Vertragsrecht in der Coronakrise“ findet am Wochenende 18./19. April 2020 statt. Die Beiträge werden als Video online gestellt und von der Tagungshomepage (http://jura.uni-koeln.de/extern-divider/effer-uhe/online-tagung-1-vertragsrecht-in-der-coronakrise) aus verlinkt. In der Kommentarspalte der Videoplattform können die Referate diskutiert werden. Die Beiträge erscheinen im Anschluss an die Tagung in einem Tagungsband bei Nomos als E-Book (Open Access). Sobald die Manuskripte eingereicht sind, stellen wir sie vorab bis zum Erscheinen des Tagungsbandes auf der Tagungshomepage online.

Programm

Das Videoformat der Tagung ermöglicht, die Vortragsvideos flexibel zu jeder beliebigen Zeit anzusehen. Die Diskussion findet aber in bestimmten Zeitfenstern statt: Die folgende Programmübersicht gibt jeweils ein Zeitfenster an, innerhalb dessen die Zuschauer Fragen stellen können, und ein Zeitfenster, in dem der Referent auf die Fragen antworten wird. Die Diskussion wird sich im Rahmen der Kommentarfunktion von Youtube beim jeweiligen Video abspielen. Um aktiv an der Diskussion teilzunehmen, ist daher ein Youtube-Account erforderlich, den Sie auf www.youtube.com kostenfrei anlegen können.

Samstag, 18.04.2020

 

Titel Referent Zeitfenster für Fragen des Auditoriums Zeitfenster für Antworten des Referenten
Grußwort Staatssekretär Mathias Weilandt (Sächsisches Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung)
Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art. 240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen – Teil I: Die Corona-Einrede: Moratorium für Verbraucher und Kleinstunternehmen Dr. Ann-Marie Kaulbach, Köln 10-12 Uhr 12-14 Uhr
Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art. 240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen – Teil II: Sonderregelungen für Verbraucherdarlehensverträge Dipl.-Kfm. Dr. Bernd Scholl, Köln 11-13 Uhr 13-15 Uhr
Niemand zahlt mehr Miete!? – Die ‚Corona-Krise‘ und Ihre Auswirkungen auf die Pflicht zur Mietzahlung Dr. Jonas Brinkmann, Bielefeld 12-14 Uhr 14-16 Uhr
Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise – Ausweitung oder Einschränkung? Dr. Caspar Behme, München 13-15 Uhr 15-17 Uhr
Corona und das allgemeine Leistungsstörungsrecht Prof. Dr. Thomas Riehm, Passau 14-16 Uhr 16-18 Uhr

 

Sonntag, 19.04.2020

 

Titel Referent Zeitfenster für Fragen des Auditoriums Zeitfenster für Antworten des Referenten
Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? Systemerwägungen zu § 313 BGB und sachgerechter Einsatz in der judikativen Praxis Jun.-Prof. Dr. Jens Prütting, Hamburg 10-12 Uhr 12-14 Uhr
COVInsAG: Auswirkungen auf die Insolvenzantragspflicht und die Haftung der Organe Prof. Dr. Jens M. Schmittmann, Essen 11-13 Uhr 13-15 Uhr
Ausgewählte Probleme aus dem Reiserecht PD Dr. Patrick Meier, Würzburg 12-14 Uhr 14-16 Uhr
Transportrecht Jun.-Prof. Dr. Andreas Maurer, Mannheim 13-15 Uhr 15-17 Uhr
Arbeitsvertragsrecht in der Coronakrise Stephan Klawitter, Berlin 14-16 Uhr 16-18 Uhr

 

Verkündungstermine in Corona-Zeiten

Wegen der Corona-Pandemie ist die Bestimmung von Terminen derzeit mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Daher dürfte es sich empfehlen, vor der Terminsbestimmung mit den Parteivertretern ein telefonisches Einvernehmen herbeizuführen, ob der Termin durchgeführt werden soll. Im Sitzungssaal ist sicherzustellen, dass der Mindestabstand eingehalten werden kann.

Allerdings geht es dabei nicht nur um Verhandlungstermine. Zahlreiche Verkündigungstermine sind ebenfalls bestehen geblieben. Die Situation wirft die Frage auf, ob bei diesen Verkündungsterminen derzeit der Grundsatz der Öffentlichkeit gewahrt ist.

Bekanntlich muss eine Urteilsverkündung in Zivilsachen in öffentlicher Sitzung erfolgen (§ 310 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zahlreiche Gerichtspräsidenten haben jedoch Anordnungen bezüglich des Betretens der Gerichte erlassen, die es zweifelhaft erscheinen lassen, ob eine Verkündung tatsächlich noch öffentlich wäre. Zwar erhalten Personen, die von dem Verkündungstermin Kenntnis haben, an dem Verfahren beteiligt sind und/oder sich erkundigen wollen, regelmäßig Zutritt. Aber dies alleine reicht nicht aus, um die Verkündung tatsächlich zu einer öffentlichen Verkündung zu machen. Notwendig ist dafür vielmehr, dass jedermann jederzeit grundsätzlich Zutritt haben könnte.

Dem Grundsatz der Öffentlichkeit ist große Bedeutung beizumessen. Das BAG hat ein Urteil eines LAG nur deswegen aufgehoben, weil der Grundsatz der Öffentlichkeit bei der Verkündung desselben infolge einer Nachlässigkeit nicht gewahrt wurde (§ 547 Nr. 5 ZPO; BAG, Beschl. v. 22.9.2016, 6 AZN 376/16)! Glücklicherweise gibt es nur absolute Revisionsgründe, jedoch keine absoluten Berufungsgründe. Die Verletzung des Grundsatzes der Öffentlichkeit ist in § 538 Absatz 2 ZPO als Grund für eine notwendige Aufhebung und Zurückverweisung nicht genannt.

Gleichwohl stellt sich die Frage: Wie kann man gegenwärtig sicherstellen, dass eine Verkündung tatsächlich dem Grundsatz der Öffentlichkeit genügt? Folgender Weg könnte das Problem lösen: Direkt am Eingang des Gerichts wird deutlich sichtbar eine Nachricht angebracht, worin vermerkt ist, dass alle Verkündungstermine in einem dort bezeichneten Saal stattfinden. Dieser Saal muss so beschaffen sein, dass durch ein Fenster zur Straße hin verkündet werden kann. Auf der Nachricht muss beschrieben sein, wie man von außen zu dem Saal gelangen kann. Wer also einem Verkündungstermin beiwohnen will, kann sich zur genannten Zeit vor dem Fenster positionieren. Es muss mit der Verkündung einige Minuten gewartet werden, damit eventuelles Publikum den Saal von außen finden kann. Am ursprünglich vorgesehenen Verkündungsort muss ein Hinweis auf den neuen Verkündungsort angebracht worden sein. Auf diesem Wege dürfte der Grundsatz der Öffentlichkeit jedenfalls gewahrt sein.

Call for Papers: Online-Tagung zum „Das Verfahrensrecht in den Zeiten der Pandemie“ am 2./3. Mai 2020

Die Herausgeber der Zeitschrift für das gesamte Verfahrensrecht (GVRZ) planen, am 02./03. Mai 2020 eine Tagung zum Thema „Das Verfahrensrecht in den Zeiten der Pandemie“ durchzuführen, die sich mit den besonderen Herausforderungen der derzeitigen Situation auf prozessualem Gebiet auseinandersetzt. Eine Bewerbung ist sowohl mit Themen aus der Sparte des Zivil-, Straf- oder Verwaltungsprozessrechts als auch mit übergreifenden Themen, die verschiedene Prozessrechtssparten betreffen, möglich.

Die Tagung wird als Online-Konferenz stattfinden: Die Referenten reichen ihre Beiträge als Video von ca. 20-30 Minuten Dauer ein, wobei die Angabe zur Dauer eher als Empfehlung denn als feste Vorgabe zu verstehen ist. (Eine Anleitung, wie man aus Powerpoint heraus Folien mit Ton versieht und als Video exportiert, finden Sie unter https://www.jura.uni-koeln.de/18883.html.) Zum Tagungswochenende werden diese Videos bei Youtube hochgeladen und die Links auf einer zentralen Tagungshomepage veröffentlicht. Außerdem wird dort ein Zeitfenster von zwei Stunden bekanntgegeben, innerhalb dessen dem Referenten Fragen mit Hilfe der Youtube-Kommentarfunktion gestellt werden können. Der Referent kann dann in einem weiteren Zeitfenster von zwei Stunden innerhalb der Kommentarfunktion zu den Fragen Stellung beziehen.

Publikationsreife Beiträge können im nächsten GVRZ-Heft veröffentlicht werden, das Anfang Juli erscheinen wird. Bei der GVRZ handelt es sich um eine Online-Zeitschrift, die im juris-Hochschulmodul im Volltext zugänglich ist.

Der Zeitplan ist angesichts der Aktualität des Themas und der drängenden Probleme sehr ambitioniert:

  • Frist zur Einreichung von Bewerbungen für Vorträge (kurze Darstellung des Themas bis 5.000 Zeichen + Lebenslauf des Bewerbers/der Bewerberin): 13.04.2020
  • Auswahl der Vorträge durch das Herausgeberteam der GVRZ bis 15.04.2020
  • Frist zur Einreichung der Videos: 30.04.2020
  • Durchführung der Tagung: 02./03.05.2020
  • Einreichung der Manuskripte bis 11.05.2020
  • Erscheinen des GVRZ-Heftes 2/2020: Anfang Juli 2020

Die sich momentan aufdrängenden Themen sind vielfältig. Exemplarisch seien genannt

  • Einschränkungen der Öffentlichkeit zum Schutz der Gesundheit Verfahrensbeteiligter
  • Unterbrechungen der Hauptverhandlung (vgl. den neu beschlossenen § 10 EGStPO)

Bitte senden Sie Ihre Bewerbung bis zum 13.04.2020 per Mail an redaktion.gvrz@otto-schmidt.de.