Frist für Gegenvorstellung bei Anfechtung des Streitwerts

Der BGH hält eine Gegenvorstellung gegen eine Streitwertfestsetzung für grundsätzlich statthaft. Zulässig ist die Gegenvorstellung seiner Auffassung nach aber nur, wenn sie innerhalb einer Frist von sechs Monaten eingelegt wird (so etwa BGH v. 29.06.2017 – I ZB 90/15). Hierbei wendet der BGH §§ 68 Abs. 1 S. 3, 63 Abs. 3 S. 2 GKG an (so etwa BGH v. 29.06.2017 – I ZB 90/15). Diese Auffassung hat der BGH aktuell noch einmal bestätigt (BGH v. 13.03.2018 – IV ZB 135/16; BGH v. 30.05.2018 – IV ZB 461/15).

Allerdings hätte es wohl näher gelegen, die für die Anhörungsrüge (§ 69a GKG) gesetzlich geregelte Frist von 2 Wochen entsprechend heranzuziehen. Die von dem BGH bevorzugte Auslegung führt dazu, dass die Anhörungsrüge nur binnen einer Frist von 2 Wochen erhoben werden kann, indes für die Einlegung der Gegenvorstellung 6 Monate Zeit bleibt.

 

 

 

 

 

Montagsblog: Neues vom BGH

Um eine immer wieder auftretende Frage geht es in dieser Woche.

Berufung per Fax an die Referendarabteilung
Beschluss vom 6. Juni 2018 – IV ZB 10/17

Der IV. Zivilsenat ergänzt die Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer wirksamen Übermittlung fristgebundener Schriftsätze per Telefax.

Der Kläger wendet sich gegen die Abweisung seiner Klage in erster Instanz. Sein Anwalt übermittelte die Berufungsschrift am letzten Tag der Frist kurz vor 17 Uhr per Telefax. Die hierzu verwendete Faxnummer ist der Referendarabteilung des Berufungsgerichts zugewiesen, die in einem anderen Gebäude untergebracht ist als gerichtliche Abteilung. Die Referendarabteilung leitete den Schriftsatz am nächsten Arbeitstag per Telefax an die gemeinsame Briefannahmestelle weiter. Das Berufungsgericht verwarf das Rechtsmittel als unzulässig.

Der BGH verweist die Sache an das Berufungsgericht zurück. Anders als die Vorinstanz kommt er zu dem Ergebnis, dass die Berufung rechtzeitig eingelegt wurde, weil die Berufungsschrift bereits durch die Übermittlung an die Referendarabteilung in die Verfügungsgewalt des Berufungsgerichts gelangt ist. Als Berufungsgericht in diesem Sinne sind grundsätzlich alle zu diesem Gericht gehörenden Organisationsabteilungen anzusehen, unabhängig von ihrer konkreten Aufgabe und dem Ort ihrer Unterbringung. Ob etwas anderes gilt, wenn das Gericht die für die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze zu benutzende(n) Faxnummer(n) bekanntgegeben und die Verwendung anderer Nummern hinreichend deutlich ausgeschlossen hat, lässt der BGH offen. Ein solcher Ausschluss ergibt sich jedenfalls weder daraus, dass das Gericht eine veröffentlichte Faxnummer als solche der Referendarabteilung kennzeichnet, noch aus dem Umstand, dass es eine gemeinsame Briefannahmestelle gibt.

Praxistipp: Um mögliche Probleme zu vermeiden, sollte vor der Verwendung einer Faxnummer sorgfältig geprüft werden, ob das Gericht auf seinen Internetseiten oder in einer sonst üblichen Weise die Verwendung bestimmter Nummern vorgegeben hat.

Referentenentwurf für ein Mietrechtsanpassungsgesetz

Auf der Homepage des Deutschen Mietgerichtstages ist ein Referentenentwurf des BMJV vom 04.06.2018 für Mietrechtsänderungsgesetz ansteuerbar: www.mietgerichtstag.de/2018/06/05/referentenentwurf-eines-mietrechtsänderungsgesetzes/

Der Entwurf sieht eine Verschärfung der Mietpreisbremse, eine Reduzierung der Mieterhöhung nach Modernisierung sowie Regelungen zur Wohnfläche vor.

Bei der Mietpreisbremse sollen Mieter aufgrund einer neuen vorvertraglichen Auskunftsverpflichtung des Vermieters bereits bei Begründung des Mietverhältnisses erfahren können, ob der Vermieter sich auf eine Ausnahme, insbesondere eine höhere Vormiete, beruft bzw. später berufen kann. Eine nach seiner Ansicht zu hohe Miete muss der Mieter dem Vermieter nach dem Entwurf nur noch in einfacher Weise mitteilen („rügen“); Tatsachen, auf denen die Beanstandung der vereinbarten Miete beruht, muss der Mieter dann nicht mehr vortragen.

Weiterhin schlägt der Entwurf vor, wie die Wohnfläche zu berechnen sein soll, wenn die Vertragsparteien diese als Sollbeschaffenheit der Mietsache vereinbaren. Die Vertragsparteien können für die Berechnung der Wohnfläche wählen zwischen den Vorschriften der §§ 42 bis 44 der Zweiten Berechnungsverordnung, der Wohnflächenverordnung und anerkannten Regeln der Technik zur Berechnung der Wohnfläche. Haben die Vertragsparteien keine Vereinbarung über die Berechnung der Wohnfläche getroffen, wird vorgeschlagen, dass die Wohnfläche in Anlehnung an die
Berechnungsvorschriften für preisgebundene Wohnungen zu berechnen ist.

BGH zur Unterzeichnung eines Schriftsatzes mit „i. A.“

Der BGH hat sich in einer Entscheidung (Urt. v. 27.2.2018 – XI ZR 452/16) mit der Unterzeichnung eines Schriftsatzes mit dem Zusatz „i. A.“ befasst.

Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde: Eine Berufung wurde vor Fristablauf eingelegt. Im Briefkopf des Schriftsatzes hieß es: Rechtanwälte T., Ts., M. und Dr. T. Im Rubrum wurden die Parteivertreter als Rechtsanwälte T. Ts. & Partner bezeichnet. Unterzeichnet war die Berufungsschrift allerdings mit S. Darunter war vermerkt: „i. A. S. Rechtanwältin Freie Mitarbeiterin“. Das Gericht leitete die Berufungsschrift weiter, ohne Bedenken geltend zu machen. Nachdem jedoch der Prozessgegner Bedenken geäußert hatte, wurde vorgetragen, S. sei auch von der Partei mit der Einlegung der Berufung beauftragt worden, der Zusatz „i. A.“ kennzeichne nur das Auftragsverhältnis der S zur Kanzlei. Das Berufungsgericht entschied in der Sache, wohingegen der BGH dieses Urteil aufhebt und die Berufung verwirft.

Klar ist, dass das Revisionsgericht, selbst auf die Revision des Berufungsklägers hin (!), ohne Verstoß gegen die „reformatio in peius“ die Berufung noch als unzulässig verwerfen kann. Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet der Zusatz „i. A.“, dass der Unterzeichner nicht die Verantwortung für den Schriftsatz übernehmen, sondern lediglich als Erklärungsbote auftreten möchte. Dabei ist gleichgültig, ob der Zusatz gedruckt oder handgeschrieben ist. Unschädlich ist der Zusatz lediglich dann, wenn der Unterzeichner Mitglied der Sozietät ist, weil er dann ohnehin selbst beauftragt ist. Dies muss sich aber alles aus der Rechtsmittelschrift ergeben, andere Unterlagen können dafür nicht herangezogen werden. Hier ergab sich daraus jedoch lediglich, dass Rechtsanwältin S. gerade nicht Mitglied der Sozietät war.

Ein Wiedereinsetzungsantrag hätte keinen Erfolg: S hätte all dies wissen müssen. Eine Hinweispflicht des Gerichts auf den fraglichen Umstand nach Eingang der Berufung ginge zu weit.

Damit bleibt es dabei: S. war hier nur als Erklärungsbotin anzusehen. Die Berufung war unzulässig und damit auch in der Revisionsinstanz noch zu verwerfen.

Fazit: Man sieht es hier einmal wieder, dass der Zusatz „i. A.“ „tödlich“ sein kann. Dies hat sich offensichtlich noch immer nicht überall herumgesprochen. Ganz sicher geht, wer als Rechtsanwalt diesen Zusatz immer (betone: immer!) vermeidet. Dasselbe gilt für andere Zusätze, mit denen man sich von dem Schriftsatz distanziert, z. B. „auf ausdrückliche Weisung der Partei“ o. ä. Der Rechtanwalt muss nämlich die Verantwortung für seine Schriftsätze übernehmen.

Verleichsmehrwert bei Räumungsvergleich

Wird im Rahmen eines Räumungsrechtsstreits ein Vergleich geschlossen, in dem die Parteien ein neues Mietverhältnis eingehen, so ist der Streitwert nach dem Wert des bisherigen Mietverhältnisses (§ 41 Abs. 2 GKG) festzusetzen. Ein Vergleichsmehrwert nach dem Wert des neuen Mietverhältnis ist nicht festzusetzen. So hat es das OLG Hamm in einer aktuellen Entscheidung vom 26.04.2018 (18 W 11/18) bestätigt.

Maßgeblich sei, dass das neue Mietverhältnis weder rechtshängig gewesen sei noch sonst in Streit gestanden habe und deshalb nicht Gegenstand eines Vergleichs (im Sinne eines materiell-rechtlichen Vergleichsvertrages, mit dem im Wege gegenseitigen Nachgebens der Streit oder die Ungewissheit über – bereits bestehende – Rechtsverhältnisse beigelegt wird) habe sein können.

Diese Entscheidung trifft zu. Die Parteien haben nur über die Räumung gestritten, nicht über den neuen Mietvertrag.

Montagsblog: Neues vom BGH

Mit einem ungewöhnlichen Verfahrensverlauf befasst sich die Entscheidung aus dieser Woche.

Keine Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Zustellung einer Streitverkündung
Beschluss vom 22. März 2018 – I ZR 76/17

Der I. Zivilsenat stellt klar, dass Schwierigkeiten bei der (Auslands-)Zustellung einer Streitverkündung keinen zureichenden Grund für eine Aussetzung des betreffenden Rechtsstreits bilden.

Die Klägerin nimmt die in den USA ansässige Beklagte wegen Verletzung eines Gemeinschaftsgeschmackmusters durch Vertrieb von Schutzhüllen für iPads in Anspruch. Die Beklagte machte unter anderem geltend, die von ihr angebotenen Hüllen seien von zwei Unternehmen in Taiwan und Hongkong entworfen worden. Vorsorglich verkündete sie diesen beiden Unternehmen den Streit. Der Versuch, die Streitverkündungsschrift in Taiwan zuzustellen, scheiterte. Aus Hongkong ging keine Rückmeldung ein. Das LG verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Ihre Berufung blieb erfolglos.

Der BGH weist die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurück. Er legt dar, dass eine Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Zustellung der Streitverkündungsschriften weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO zulässig ist, weil es an einem anderen Verfahren fehlt, das vorgreiflich sein könnte. Die Fortsetzung des Verfahrens trotz eines gescheiterten oder mit ungewissem Ausgang gebliebenen Zustellungsversuchs verstößt auch nicht gegen die Rechte auf ein faires Verfahren und auf rechtliches Gehör. Eine Streitverkündung hat nicht den Zweck, einer Partei die Möglichkeit eröffnen, sich auf ergänzendes Vorbringen des Streitverkündeten zu stützen.

Praxistipp: Vor dem aufgezeigten Hintergrund ist die streitverkündende Partei im eigenen Interesse gehalten, das Gericht bei der Zustellung nach besten Kräften zu unterstützen.

BGH zur Beiziehung eines Dolmetschers von Amts wegen

Im Rahmen einer Darlehensstreitigkeit unter ausländischen Familienangehörigen hatte das OLG einen von der Klägerin benannten Zeugen nicht vernommen, da es sich nur um einen Zeugen vom Hörensagen handelte. Dieser soll bei einem Telefongespräch mitgehört haben, was die Klägerin gesagt habe. Der BGH (Beschl. v. 1.3.2018 – IX ZR 179/17, MDR 2018, 689) weist insoweit zunächst darauf hin, dass auch ein Zeuge vom Hörensagen grundsätzlich ein geeignetes Beweismittel ist, jedenfalls nicht auf seine Vernehmung nur deswegen verzichtet werden kann, weil er (nur) ein solcher Zeuge ist. Ob eine solche Aussage dann ausreichen kann, ist eine nach dessen Vernehmung zu entscheidende Frage der Beweiswürdigung.

Eigentlich ohne besonderen Anlass weist der BGH zudem darauf hin, dass das Berufungsgericht von Amts wegen einen Dolmetscher hinzuzuziehen haben wird, wenn die Klägerin beabsichtigen sollte, sich zu dem Sachverhalt zu äußern. Dies ergäbe sich zwar nach st. Rspr. des BVerfG noch nicht aus Art. 103 Abs. 1 GG, wohl aber aus dem Grundsatz der Gewährung eines fairen Verfahrens. Anderenfalls würde die fremdsprachige Partei zum Objekt des Verfahrens herabgewürdigt.

Dies gelte jedenfalls dann, wenn das Gericht das persönliche Erscheinen der Partei anordnet oder sich diese äußern will. Der BGH legt damit dem OLG unter Aufhebung und Zurückverweisung der ergangenen Entscheidung hier nahe, im „zweiten Aufguss“ nicht nur den Zeugen zu vernehmen, sondern darüber hinaus die Klägerin zu laden, sie persönlich unter Zuhilfenahme eines Dolmetschers anzuhören und sich dann im Wege der freien Beweiswürdigung eine Überzeugung zu bilden.

In den amtlichen Leitsatz ist hier übrigens nur der zweite Gedanke eingeflossen: Beabsichtigt eine nicht der deutschen Sprache mächtige Partei, in der mündlichen Verhandlung von dem Recht zur persönlichen Anhörung Gebrauch zu machen, hat das Gericht von Amts wegen einen Dolmetscher beizuziehen.

Es wird somit der Art. 6 Abs. 3 lit. e) EMRK letztlich auch auf das Zivilrecht erstreckt. Der BGH lässt allerdings ausdrücklich offen, ob ein Dolmetscher auch dann von Amts wegen beizuziehen ist, wenn eine fremdsprachige Partei ohne zwingende prozessuale Notwendigkeit aus eigenem Entschluss zur Verhandlung kommt.

Damit können die Tatsacheninstanzen, wenn eine Anhörung einer fremdsprachigen Partei geplant ist, guten Gewissens von Amts wegen einen Dolmetscher beiladen ohne einen Vorschuss dafür zu verlangen. Diese Entscheidung dürfte die Kassen der Dolmetscher doch etwas füllen! Am Rande sei noch erwähnt, dass die Rechtsanwälte immer mitteilen sollten, ob für eine Partei oder einen Zeugen ein Dolmetscher (welche Sprache!) erforderlich ist.

Montagsblog: Neues vom BGH

Mit den Voraussetzungen einer subjektiven Klagehäufung befasst sich der X. Zivilsenat in einem Rechtsstreit mit hohem Aktualitätsbezug.

Klage gegen Autohersteller und Händler
Beschluss vom 6. Juni 2018 – X ARZ 303/18

Der X. Zivilsenat lässt die gemeinsame Inanspruchnahme eines Automobilherstellers und eines Händlers wegen Mängeln der Abgasreinigungsanlage zu.

Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen VW Diesel. Ihre Klage ist gegenüber dem Händler auf kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche und gegenüber der mitverklagten Volkswagen AG auf bewusste Täuschungshandlungen gestützt. Das angerufene LG am Sitz des Händlers sah sich für die Klage gegen den Hersteller als nicht zuständig an. Auf Antrag des Klägers wollte das OLG einen gemeinsamen Gerichtsstand gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bestimmen. Daran sah es sich durch eine Entscheidung des OLG Nürnberg gehindert, das in einem vergleichbaren Fall entschieden hatte, die Ansprüche gegen Hersteller und Händler wiesen nicht den gemäß § 60 ZPO erforderlichen Zusammenhang auf. Gemäß § 36 Abs. 3 ZPO legte es die Sache deshalb dem BGH vor.

Der BGH bestimmt das LG am Sitz des Händlers als zuständiges Gericht. Er nimmt Bezug auf seine ständige Rechtsprechung, wonach für eine gegen mehrere Beklagte gerichtete Klage gemäß § 60 ZPO ein innerer sachlicher Zusammenhang genügt, der die geltend gemachten Ansprüche ihrem Wesen nach als gleichartig erscheinen lässt. Ein solcher Zusammenhang besteht in der gegebenen Konstellation schon deshalb, weil beide Ansprüche auf den Schadstoffausstoß und den Kraftstoffverbrauch des verkauften Fahrzeugs und auf die darauf bezogenen, die Kaufentscheidung beeinflussenden öffentlichen Äußerungen des Herstellers gestützt sind. Ob das LG am Sitz des Händlers schon gemäß´§ 32 ZPO auch für die Klage gegen den Hersteller zuständig ist – etwa deshalb, weil die behauptete unerlaubte Handlung auch an dem Ort begangen wurde, an dem der durch die Äußerungen beeinflusste Käufer den Kaufvertrag geschlossen hat, war in der gegebenen Verfahrenssituation nicht zu entscheiden.

Praxistipp: Der Kläger kann den umständlichen Weg eines Gerichtsstandbestimmungsantrags nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO möglicherweise vermeiden, indem er möglichst konkret Umstände aufzeigt, aus denen sich ergibt, dass das angerufene Gericht nach § 32 ZPO auch für die Klage gegen den Händler zuständig ist.

 

LG Braunschweig / LG Bochum: Zur Verjährung bei Nachforderung der Umsatzsteuer auf Abmahnkosten

Der BFH hat die Praxis geschüttelt: Die Kosten einer Abmahnung seien umsatzsteuerrechtlich eine Entgeltforderung und damit umsatzsteuerbar. Seitdem gibt es viele unterhaltsame Problemchen, die in der Praxis für Freude sorgen, gerade auch auf Passivseite.

Für Altfälle hat die Veröffentlichung der Entscheidung des BFH im April 2017 noch einmal für Aufregung gesorgt, da man davon ausging, dass ab dem Zeitpunkt die (bei Wettbewerbssachen sehr kurze 6-monatige) Verjährungsfrist für die Nachforderung der Umsatzsteuer läuft.

Nein, sagt das LG Braunschweig. Alle Tatsachen waren bekannt, aufgrund einer Entscheidung des bereits im Jahr 2003 habe der BFH aber ähnlich entschieden, diese Entscheidung wurde mit der jüngst veröffentlichten Entscheidung unverändert „bestätigt“. Die Verjährungsfrist konnte also frühestens im Jahr 2003 beginnen, spätestens aber mit dem Entstehen des Anspruchs.

Update: Doch, sagt das LG Bochum. Die bis zur Veröffentlichung herrschende Meinung (wohl unter Außerachtlassung der alten BFH-Entscheidung) sei eindeutig gewesen, sodass die Kenntnis vom Bestehen des Anspruchs erst frühestens mit Urteilsveröffentlichung im Frühjahr 2017 begonnen haben kann.

Praxistipp:

Derzeit noch rechtshängige Verfahren zur Geltendmachung der Abmahnkosten drohen im Lichte der erkennbar ersten Entscheidungen zu diesem Thema erfolglos zu verlaufen. unvorhersehbar zu verlaufen.

Für andere Rechtsgebiete mit regelmäßiger 3-jähriger Verjährungsfrist könnte ein erneuter Blick in den Fristenkalender lohnen: Der 31.12.2020 ist, die Richtigkeit der Entscheidung des LG Braunschweig unterstellt – nur dann verjährungsrelevant, wenn der Anspruch im Jahr 2017 entstanden ist. Vorsorglich sind Fristen daher ggf. früher zu notieren.

LG Braunschweig, Urt. v. 23.05.2018 Az.: 2 O 2167/17

LG Bochumg, Urt. v. 03.08.2017 Az.: I-14 O 119/17

OLG Hamburg: Verweis auf OS-Plattform muss anklickbar sein (eBay-Falle)

Nach Art. 14 Abs. 1 ODR-Verordnung ist die Vorgabe eindeutig:

In der Union niedergelassene Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen, und in der Union niedergelassene Online-Marktplätze stellen auf ihren Websites einen Link zur OS-Plattform ein. Dieser Link muss für Verbraucher leicht zugänglich sein. In der Union niedergelassene Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen, geben zudem ihre E-Mail Adressen an.

Gerade bei eBay hat es sich jedoch eingebürgert, schlicht im Rahmen der allgemeinen „Rechtstexte“ (vulgo: AGB) auf die ODR-Plattform unter Nennung der URL hinzuweisen.

Praxistipp:

Ändern! Der Link ist anklickbar entweder in das Feld „Rechtliche Informationen des Verkäufers oder in die Artikelbeschreibung einzufügen, was übrigens auch konform mit den ansonsten in Bezug auf Verlinkungen strengen Vorgaben von eBay ist.

OLG Hamburg Beschluss vom 29.05.2018 3 W 39/18