Montagsblog: Neues vom BGH

Um eine immer wieder auftretende Frage geht es in dieser Woche.

Berufung per Fax an die Referendarabteilung
Beschluss vom 6. Juni 2018 – IV ZB 10/17

Der IV. Zivilsenat ergänzt die Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer wirksamen Übermittlung fristgebundener Schriftsätze per Telefax.

Der Kläger wendet sich gegen die Abweisung seiner Klage in erster Instanz. Sein Anwalt übermittelte die Berufungsschrift am letzten Tag der Frist kurz vor 17 Uhr per Telefax. Die hierzu verwendete Faxnummer ist der Referendarabteilung des Berufungsgerichts zugewiesen, die in einem anderen Gebäude untergebracht ist als gerichtliche Abteilung. Die Referendarabteilung leitete den Schriftsatz am nächsten Arbeitstag per Telefax an die gemeinsame Briefannahmestelle weiter. Das Berufungsgericht verwarf das Rechtsmittel als unzulässig.

Der BGH verweist die Sache an das Berufungsgericht zurück. Anders als die Vorinstanz kommt er zu dem Ergebnis, dass die Berufung rechtzeitig eingelegt wurde, weil die Berufungsschrift bereits durch die Übermittlung an die Referendarabteilung in die Verfügungsgewalt des Berufungsgerichts gelangt ist. Als Berufungsgericht in diesem Sinne sind grundsätzlich alle zu diesem Gericht gehörenden Organisationsabteilungen anzusehen, unabhängig von ihrer konkreten Aufgabe und dem Ort ihrer Unterbringung. Ob etwas anderes gilt, wenn das Gericht die für die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze zu benutzende(n) Faxnummer(n) bekanntgegeben und die Verwendung anderer Nummern hinreichend deutlich ausgeschlossen hat, lässt der BGH offen. Ein solcher Ausschluss ergibt sich jedenfalls weder daraus, dass das Gericht eine veröffentlichte Faxnummer als solche der Referendarabteilung kennzeichnet, noch aus dem Umstand, dass es eine gemeinsame Briefannahmestelle gibt.

Praxistipp: Um mögliche Probleme zu vermeiden, sollte vor der Verwendung einer Faxnummer sorgfältig geprüft werden, ob das Gericht auf seinen Internetseiten oder in einer sonst üblichen Weise die Verwendung bestimmter Nummern vorgegeben hat.

Montagsblog: Neues vom BGH

Zuordnung einer Telefax-Nummer zu einem Gericht
Beschluss vom 5. Oktober 2016 – VII ZB 45/14

Mit der Pflicht des Gerichts zur Aufklärung des Sachverhalts befasst sich der VII. Zivilsenat.

Der Prozessbevollmächtigte der in erster Instanz unterlegenen Beklagten hatte die Berufung gegen das Urteil des AG zur Fristwahrung per Telefax übermitteln lassen. Das Original (mit dem Zusatz „vorab per Telefax an 2017-1009“) ging erst nach Fristablauf beim LGein. Auf einen Hinweis des LG, dass ein Faxeingang nicht festgestellt werden könne, machte der Prozessbevollmächtigte glaubhaft, dass seine Sekretärin den Schriftsatz am Tag des Fristablaufs an die angegebene Telefaxnummer übermittelt hatte. Auf einen ergänzenden Hinweis des LG, diese Nummer sei dem AG zugeordnet, zeigte er auf, dass die Nummer sowohl im Dienstleistungsportal des Landes als auch im gemeinsamen Justizportal des Bundes und der Länder als Faxnummer des LG ausgewiesen ist. Das LG verwarf die Berufung als unzulässig.

Der BGH verweist die Sache an das LG zurück. Er hält bereits die Feststellungen des LG zur Zuordnung der Faxnummer für unzureichend. Anlass zu eingehenderen Ermittlungen bestand aus Sicht des BGH schon deshalb, weil AG und LG eine gemeinsame Briefannahmestelle unterhalten und es deshalb naheliegt, dass eine Geschäftsordnungsregel getroffen wurde, wonach die bei einem dort vorhandenen Faxanschluss eingehenden Schreiben – ebenso wie ein im Original eingegangener Schriftsatz – als bei demjenigen Gericht eingegangen gelten, an das die Sendung adressiert ist. Ergänzend weist der BGH darauf hin, dass im Hinblick auf die Zuordnung der Faxnummer in den beiden Internetportalen jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Dass der diesbezügliche Vortrag erst nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist erfolgte, ist unschädlich, weil für den Prozessbevollmächtigten erst aus dem ergänzenden Hinweis des LG ersichtlich war, dass die Faxnummer einem anderen Gericht zugeordnet sein könnte.

Praxistipp: Wenn ein Gericht mitteilt, eine bestimmte Faxsendung nicht erhalten zu haben, sollte vorsichtshalber auch vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, woraus sich die Zuordnung der verwendeten Telefaxnummer zu dem betreffenden Gericht ergibt.

Schadensersatzpflicht eines Zuschauers für Verbandsstrafe
Urteil vom 22. September 2016 – VII ZR 14/16

Ebenfalls der VII. Zivilsenat war zur Entscheidung eines Falls berufen, der für einige Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit gesorgt hat.

Der Beklagte hatte als Zuschauer bei einem Fußballspiel der 2. Bundesliga einen dem Sprengstoffgesetz unterfallenden Knallkörper gezündet. Dabei wurden sieben andere Zuschauer verletzt. Der Deutsche Fußballbund setzte gegen den Heimverein eine Geldstrafe fest. Die auf Ersatz des gezahlten Betrags gerichtete Klage war in erster Instanz erfolgreich. Das OLG wies die Klage hingegen ab, weil es an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang fehle.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Durch den Stadionbesuch ist ein Zuschauervertrag zustande gekommen, der den Beklagten verpflichtete, das Interesse des Klägers an einem ungestörten Spielablauf nicht zu beeinträchtigen. Der Beklagte hat diese Pflicht verletzt und damit die durch Festsetzung der Verbandsstrafe eingetretene Vermögensbeeinträchtigung auf Seiten des Klägers verursacht. Entgegen der Auffassung des OLG fehlt es nicht an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang. Zwischen der verletzten Pflicht und der daraus resultierenden Folge besteht ein hinreichender innerer Zusammenhang. Das Mittel der Verbandsstrafe als Sanktion für schuldhafte Störungen durch Zuschauer dient ebenfalls dem Zweck, einen störungsfreien Ablauf zu gewährleisten. Ob die der Festsetzung der Strafe zugrunde liegenden Regeln des DFB wirksam sind, ist irrelevant, weil die Entscheidung des Klägers, die Strafe zu zahlen, jedenfalls keine ungewöhnliche oder unsachgemäße Reaktion darstellt. Der Beklagte kann sich auch nicht auf ein Mitverschulden wegen unzureichender Einlasskontrollen berufen. Diese Kontrollen dienen nicht der Erfüllung einer Obliegenheit des Veranstalters gegenüber Zuschauern, die verbotene Gegenstände mit sich führen.

Praxistipp: Um Diskussionen über die Wirksamkeit der vom DFB erlassenen Verfahrensregeln (dazu BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15) zu vermeiden, ist es zweckmäßig, den Regressanspruch erst nach Zahlung der Geldstrafe geltend zu machen.