Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Haftung für arglistig verschwiegene Mängel eines verkauften Grundstücks

Arglisthaftung bei Verkauf eines in Schwarzarbeit errichteten Grundstücks
Urteil vom 28. Mai 2021 – V ZR 24/20

Mit den Tatbestandsvoraussetzungen des § 444 BGB befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Klägerin kaufte von den Beklagten zu 1 und 2 im März 2012 für 253.000 Euro ein Grundstück. In dem Vertrag wurde die Haftung für Sachmängel ausgeschlossen. Das auf dem Grundstück stehende Gebäude hatte eine inzwischen verstorbene Bauunternehmerin im Auftrag des Beklagten zu 1 errichtet. Im Dezember 2012 traten bei Umbauarbeiten Feuchtigkeitsschäden im Keller zutage. Der Beklagte zu 1 trat diesbezügliche Gewährleistungsansprüche gegen die Bauunternehmerin an die Klägerin ab. Die Klägerin verlangte von den beiden Verkäufern sowie den Erben der Bauunternehmerin Ersatz eines Wertminderungsschadens in Höhe von rund 48.000 Euro. Die Klage gegen die zweite Verkäuferin und die Erben der Bauunternehmerin ist inzwischen rechtskräftig abgewiesen. Den Beklagten zu 1 verurteilte das OLG unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von rund 34.000 Euro.

Die Revision des Beklagten zu 1 hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.

Rechtsfehlerfrei ist das OLG zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gebäude mangelhaft ist, weil es keine Vertikalabdichtung und nur eine unzureichende Horizontalabdichtung aufweist. Der Beklagte zu 1 hat für diesen Mangel wegen des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses gemäß § 444 BGB nur dann einzustehen, wenn er ihn arglistig verschwiegen hat. Diese Voraussetzung ist entgegen der Auffassung des OLG nicht schon deshalb erfüllt, weil der Beklagte zu 1 das Gebäude in Schwarzarbeit errichten ließ und diesen Umstand vor Abschluss des Kaufvertrags verschwiegen hat.

Der Tatbestand des § 444 BGB ist nur dann erfüllt, wenn der Verkäufer denjenigen Mangel arglistig verschwiegen hat, auf den der Käufer seinen Gewährleistungsanspruch stützt. Ansprüche wegen unzureichender Abdichtung sind deshalb nur dann begründet, wenn der Beklagte zu 1 wusste oder zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, dass das Gebäude unzureichend abgedichtet ist. Hierfür genügt nicht die Kenntnis, dass das Gebäude in Schwarzarbeit errichtet worden ist.

Der Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz begründet für sich gesehen keinen Mangel, der zu einer Haftung nach § 444 BGB führen könnte. Ein solcher Verstoß wirkt sich regelmäßig nicht auf die Wertschätzung des Grundstücks aus. Dass dem Verkäufer wegen Nichtigkeit des Werkvertrags keine Gewährleistungsansprüche gegen den Bauunternehmer zustehen, führt nicht zu einer abweichenden Betrachtung, weil die Abtretung solcher Ansprüche im Kaufvertrag nicht vereinbart wurde.

Praxistipp: Für die Annahme von Arglist genügt es nicht, dass sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Beweislast für eine arglistige Täuschung.

Keine Umkehr der Beweislast für Arglist aufgrund von vertraglichen Erklärungen
Urteil vom 6. März 2020 – V ZR 2/19

Mit den Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Beklagten hatten den Klägern ein Grundstück mit einem Wochenendhaus und einer ebenfalls zu Wohnzwecken genutzten Motorradgarage verkauft. Der notarielle Vertrag enthält die Erklärung, den Verkäufern seinen keine unsichtbaren Mängel bekannt. Nach Veräußerung und Übergabe teilte die Baubehörde den Klägern mit, die Garage dürfe nicht zu Wohnzwecken genutzt werden. Die Kläger fochten daraufhin den Kaufvertrag an. Ihre Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises und Zahlung von Schadensersatz war in den beiden ersten Instanzen erfolgreich.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Wie auch die Vorinstanz im Ansatz zutreffend angenommen haben, liegt die Beweislast dafür, dass die Beklagten ihnen bekannte Mängel verschwiegen haben, bei den Klägern. Entgegen der Auffassung des OLG rechtfertigt die in dem Vertrag enthaltene Erklärung, den Verkäufern seinen keine unsichtbaren Mängel bekannt, keine Abweichung von diesem Grundsatz. Wenn die Beklagten die Kläger vor Vertragsschluss über die baurechtliche Unzulässigkeit informiert haben, liegt es nahe, dass sie nicht länger von einem unsichtbaren Mangel ausgegangen sind. Der Grundsatz der Vollständigkeit und Richtigkeit einer Vertragsurkunde führt nicht zu einer abweichenden Erklärung. Er gilt nur für den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen, nicht aber für Informationen, die bei Besichtigungen und Vertragsverhandlungen erteilt wurden.

Praxistipp: Den Verkäufer trifft in solchen Fällen eine sekundäre Darlegungslast bezüglich des Inhalts der erteilten Informationen sowie des Orts und des Zeitpunkts ihrer Erteilung.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Bedeutung von Angaben in einem Maklerexposé im Zusammenhang mit der Haftung für Sachmängel.

Beschaffenheitsangaben in Maklerexposé
Urteil vom 25. Januar 2019 – V ZR 38/18

Mit dem Verhältnis zwischen den Sätzen 1 und 3 von § 441 Abs. 1 BGB befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Klägerin hatte von der Beklagten ein Grundstück mit Wohnhaus gekauft. Im Verkaufsexposé des Maklers war angegeben, auf dem hinteren Teil des Grundstücks dürften zwei bis drei Pferdeboxen errichtet werden. Im notariellen Kaufvertrag schlossen die Parteien die Gewährleistung für Mängel aus. Ferner vereinbarten sie, dass die Zulässigkeit einer weiteren Bebauung oder bestimmten Verwendung nicht zur vereinbarten Beschaffenheit des Grundbesitzes gehört. Nach Übergabe stellte sich heraus, dass die Errichtung von Pferdeboxen auf dem Grundstück baurechtlich weder genehmigt noch genehmigungsfähig war und dass die Beklagte dies bei Vertragsschluss wusste. Das LG gab der auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichteten Klage im Wesentlichen statt. Das OLG wies die Berufung als unbegründet zurück.

Die Revision der Beklagten bleibt ebenfalls erfolglos. Der BGH sieht die Ausführungen in dem Verkaufsexposé als öffentliche Äußerungen in der Werbung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB an. Die Möglichkeit, Pferdeboxen zu errichten, gehört deshalb zu der vertraglich geschuldeten üblichen Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB. Mit der im Kaufvertrag enthaltenen Klausel, wonach die Zulässigkeit einer weiteren Bebauung oder bestimmten Verwendung nicht zur vereinbarten Beschaffenheit gehört, wurde die unzutreffende Aussage im Exposé nicht korrigiert. Dieser Klausel ist lediglich zu entnehmen, dass die Bebaubarkeit nicht zur vereinbarten Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB gehört. Mangels einer Vereinbarung ist aber die übliche Beschaffenheit maßgeblich. Das Grundstück weist deshalb einen Mangel auf. Der vereinbarte Haftungsausschluss ist gemäß § 444 BGB unwirksam, weil die Beklagte arglistig gehandelt hat.

Praxistipp: Für die Prüfung, ob eine gekauftes Grundstück mangelhaft ist, sollten neben dem Kaufvertrag stets die vor Vertragsschluss erfolgten Äußerungen in Verkaufsexposés, Zeitungsanzeigen und ähnlichem herangezogen werden.

Montagsblog: Neues vom BGH

Im Montagsblog nach Ostern geht es um eine grundlegende Frage aus dem Kaufrecht.

Nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung der Kaufsache
Urteil vom 10. März 2019 – VIII ZR 213/18

Mit der Frage, welche Eigenschaften einer Kaufsache als vereinbart oder als vorausgesetzt anzusehen sind, befasst sich der VIII. Zivilsenat.

Die Klägerin hatte bei der Beklagten eine Maschine zum Verpacken von Vogelfutter in Plastikbeutel gekauft. Kurz nach Inbetriebnahme rügte sie, die Maschine arbeite zu langsam und erzeuge keine hinreichend stabilen Nähte. In einem selbständigen Beweisverfahren kam der gerichtliche Sachverständige zu einem der Klägerin im Wesentlichen günstigen Ergebnis. Ihre Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises hatte in den ersten beiden Instanzen Erfolg.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen tragen nicht die Annahme eines Mangels. Eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB darf nach dem seit 2002 geltenden Kaufrecht nur noch in eindeutigen Fällen bejaht werden. Dass die Klägerin in einer dem Vertragsschluss vorangegangenen E-Mail eine Taktzahl von zwanzig Beuteln pro Minute gefordert und die Beklagte in der Auftragsbestätigung sogar eine Taktzahl von bis zu vierzig Beuteln pro Minute angegeben hat, reicht nicht aus, um eine bestimmte Taktzahl als vereinbart anzusehen. An der Eignung für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB fehlt es nur dann, wenn der vom Käufer angestrebte und für den Verkäufer erkennbare Einsatzzweck bestimmte Eigenschaften zwingend erfordert und die Kaufsache diese nicht aufweist. Aus den Feststellungen der Vorinstanzen ergibt sich nicht, dass für den im Streitfall vorausgesetzten Einsatzzweck – das Verpacken von Vogelfutter in Plastikbeutel – eine Taktzahl von zwanzig Beuteln pro Minute zwingend erforderlich oder zumindest üblich ist. Ob die Maschine deshalb an einem Mangel leidet, weil sie keine hinreichend stabilen Nähte erstellen kann, hat das OLG offengelassen. Nach der Zurückverweisung wird es sich mit beiden Aspekten nochmals zu befassen haben.

Praxistipp: Für den Fall, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht bewiesen werden kann, sollte möglichst umfassend dargelegt und unter Beweis gestellt werden, welche Eigenschaften für die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder die übliche Verwendung der Kaufsache objektiv erforderlich sind.

Montagsblog: Neues vom BGH

Mit den Voraussetzungen einer subjektiven Klagehäufung befasst sich der X. Zivilsenat in einem Rechtsstreit mit hohem Aktualitätsbezug.

Klage gegen Autohersteller und Händler
Beschluss vom 6. Juni 2018 – X ARZ 303/18

Der X. Zivilsenat lässt die gemeinsame Inanspruchnahme eines Automobilherstellers und eines Händlers wegen Mängeln der Abgasreinigungsanlage zu.

Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen VW Diesel. Ihre Klage ist gegenüber dem Händler auf kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche und gegenüber der mitverklagten Volkswagen AG auf bewusste Täuschungshandlungen gestützt. Das angerufene LG am Sitz des Händlers sah sich für die Klage gegen den Hersteller als nicht zuständig an. Auf Antrag des Klägers wollte das OLG einen gemeinsamen Gerichtsstand gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bestimmen. Daran sah es sich durch eine Entscheidung des OLG Nürnberg gehindert, das in einem vergleichbaren Fall entschieden hatte, die Ansprüche gegen Hersteller und Händler wiesen nicht den gemäß § 60 ZPO erforderlichen Zusammenhang auf. Gemäß § 36 Abs. 3 ZPO legte es die Sache deshalb dem BGH vor.

Der BGH bestimmt das LG am Sitz des Händlers als zuständiges Gericht. Er nimmt Bezug auf seine ständige Rechtsprechung, wonach für eine gegen mehrere Beklagte gerichtete Klage gemäß § 60 ZPO ein innerer sachlicher Zusammenhang genügt, der die geltend gemachten Ansprüche ihrem Wesen nach als gleichartig erscheinen lässt. Ein solcher Zusammenhang besteht in der gegebenen Konstellation schon deshalb, weil beide Ansprüche auf den Schadstoffausstoß und den Kraftstoffverbrauch des verkauften Fahrzeugs und auf die darauf bezogenen, die Kaufentscheidung beeinflussenden öffentlichen Äußerungen des Herstellers gestützt sind. Ob das LG am Sitz des Händlers schon gemäß´§ 32 ZPO auch für die Klage gegen den Hersteller zuständig ist – etwa deshalb, weil die behauptete unerlaubte Handlung auch an dem Ort begangen wurde, an dem der durch die Äußerungen beeinflusste Käufer den Kaufvertrag geschlossen hat, war in der gegebenen Verfahrenssituation nicht zu entscheiden.

Praxistipp: Der Kläger kann den umständlichen Weg eines Gerichtsstandbestimmungsantrags nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO möglicherweise vermeiden, indem er möglichst konkret Umstände aufzeigt, aus denen sich ergibt, dass das angerufene Gericht nach § 32 ZPO auch für die Klage gegen den Händler zuständig ist.

 

BGH: Künftig Wildwest-Methoden bei Privatverkäufen auf Onlineverkaufsplattformen?

Der BGH hat – bisher überwiegend unbeachtet – eine sehr bemerkenswerte Anleitung dafür aufgestellt, wie man Verkäufe auf Onlineplattformen als Verbraucher „frisieren“ kann.

Streitgegenständlich war der Verkauf eines PKW über die Plattform mobile.de. In der dortigen Anzeige wurden bestimmte Eigenschaften des zu verkaufenden PKW beschrieben. Diese fanden sich später nicht im abgeschlossen Kaufvertrag wieder, der jedoch einen umfassenden Gewährleistungsausschluss enthielt. Die anfangs auf der Plattform angepriesenen Eigenschaften wies das Fahrzeug dann tatsächlich auch nicht auf.

Der BGH ist der Ansicht, dass die vorherige öffentliche Äußerung keine Berücksichtigung bei dem Umfang des später vereinbarten Gewährleistungsausschluss finden soll:

Allein der Umstand, dass der Verkäufer im Vorfeld des Vertragsschlusses eine öffentliche Äußerung über eine bestimmte Eigenschaft der Sache im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB abgegeben hat, rechtfertigt es nicht, hieraus abzuleiten, dass sich ein umfassend vereinbarter Haftungsausschluss nicht auf die nach dieser Äußerung geschuldete Beschaffenheit erstreckt. Denn aus dem Empfängerhorizont eines verständigen und redlichen Käufers beansprucht ein im Kaufvertrag vereinbarter umfassender Haftungsausschluss Vorrang vor früher abgegebenen öffentlichen Äußerungen des Verkäufers nach § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB, die nicht einmal ansatzweise Erwähnung im Kaufvertrag gefunden haben. Maßgeblich ist der Wille der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Ist im Kaufvertrag ein umfassend formulierter Haftungsausschluss vereinbart worden, der keine Ausnahmen vorsieht und sich damit nach seinem Wortlaut auch auf die Gewährleistungsfälle des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB erstreckt, ist die im Vorfeld des Vertragsschlusses abgegebene öffentliche Äußerung des Verkäufers regelmäßig zeitlich und inhaltlich „überholt“

Anders als bei dem Zusammentreffen eines umfassenden Haftungsausschlusses und einer Beschaffenheitsvereinbarung geht es hierbei nicht darum, durch interessengerechte Auslegung einen Widerspruch zwischen zwei gleichrangigen (vertraglichen) Regelungen aufzulösen. Vielmehr besteht insoweit ein Stufenverhältnis zwischen der gesetzlich vorgesehenen, aber grundsätzlich abdingbaren Sachmängelhaftung wegen des Fehlens von in öffentlichen Äußerungen angegebenen Eigenschaften der Sache (§ 434 Abs. 1 Satz 3 BGB) und dem vereinbarten Haftungsausschluss. Daher rechtfertigt es die Abgabe einer solchen Äußerung allein nicht, einen umfassenden Haftungsausschluss einschränkend auszulegen. .

Lediglich eine kleine Tür hält der BGH für Sonderfälle offen:

Ob und unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall eine abweichende Beurteilung angezeigt sein kann, etwa wenn der Käufer – nachweislich – dem Verkäufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand als kaufentscheidend zur Kenntnis bringt und der Verkäufer hiergegen keine Einwände erhebt, kann dahin stehen. Häufig wird in diesen Fällen eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht kommen (vgl. zu den Anforderungen Senatsurteile vom 19. Dezember 2012 – VIII ZR 96/12, NJW 2013, 1074 Rn. 16; vom 29. Juni 2016 – VIII ZR 191/15, aaO; jeweils mwN), so dass es auf die Frage einer Sachmängelhaftung nach § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB dann ohnehin nicht ankommt (vgl. auch BT-Drucks. 14/6040 aaO).

Diese Entscheidung öffnet für – erfolgreiche – Enttäuschung der Käufererwartungen im C2C-Verkehr auf Onlineplattformen, auf denen nicht unmittelbar ein Kaufvertrag zustande kommt, Tür und Tor. Käufern ist dringend zu raten, die Beschaffenheit aus der Onlineanzeige auch zum Gegenstand des Vertrages zu machen. Der einfachste Weg dürfte es sein, eine Beschaffenheit gemäß der Beschreibung im Internetangebot zu vereinbaren und diese Beschreibung dem Kaufvertrag als Anlage beizufügen.

BGH, Urteil vom 27.09.2017 Az.: VIII ZR 271/16

 

BGH zur Fristsetzung zur Nacherfüllung im Kaufrecht

Der BGH hat sich in einem Urteil vom 13. Juli 2016 – VIII ZR 49/15 mit der Frage auseinderzusetzen, wie genau die für einen Rücktritt erforderliche Setzung einer Nachfrist zur Nacherfüllung formuliert sein muss. Im entschiedenen Fall verwendete der Käufer die Begrifflichkeit „unverzüglich“, ohne einen konkreten Termin des Fristendes einzusetzen. Auch formulierte er es als Bitte um „schnelle Behebung“.

Der BGH stellt sich dabei auf den äußerst käuferfreundlichen Standpunkt, dass mit einer solchen Formulierung dem Verkäufer eine zeitliche Grenze gesetzt wird, die aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalls bestimmbar ist und ihm vor Augen führt, dass er die Nachbesserung nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt bewirken darf.

Auch Höflichkeit schadet nicht im Rechtsverkehr

„Trotz der gewählten höflichen Bezeichnung als „Bitte“ ließ die Klägerin dabei auch keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Nacherfüllungsverlangens aufkommen.“

heißt es in der Pressemitteilung.
Fazit: Eine Nachfristsetzung als Schlüssel für eine Vielzahl von Sekundäransprüchen dürfte auch in – dem Wortlaut der Fristsetzung zufolge – zweifelhaften Fällen nach dieser Rechtsprechung durchaus zu bejahen sein.

Wie diese sehr weitreichende Auslegung mit dem Wortlaut von § 323 Abs. 1 BGB vereinbart werden kann, ist fraglich. Dort ist ausdrücklich nicht von einer einfachen Mahnung (wie z.B. § 286 Abs. 1 BGB), sondern von dem Bestimmen einer Frist die Rede.

 

BGH Urteil vom 13. Juli 2016 – VIII ZR 49/15 Link zur Pressemitteilung    Link zur Entscheidung

Montagsblog: Neues vom BGH

In Anlehnung an die sog. Montagspost beim BGH berichtet der Montagsblog wöchentlich über ausgewählte aktuelle Entscheidungen.

Arglistiges Verschweigen eines Mangels durch einen von mehreren Verkäufern
Urteil vom 8. April 2016 – V ZR 150/15

Eine Streitfrage, die mit der Schuldrechtsmodernisierung aufgekommen war, hat der V. Zivilsenat entschieden.

Die Kläger hatten von den Beklagten, die damals die Scheidung ihrer Ehe betrieben, ein mit einem Wohnhaus bebautes Hanggrundstück unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung erworben. Später stellte sich heraus, dass eine Stützmauer nicht hinreichend standfest ist. Der beklagte Ehemann hatte dies gewusst, die beklagte Ehefrau nicht. Die auf Ersatz der Sanierungskosten gerichtete Klage hatte in der ersten Instanz gegenüber beiden Beklagten Erfolg. Das OLG wies die gegen die Ehefrau gerichtete Klage hingegen ab.

Der BGH verurteilt auch die Ehefrau zur Zahlung von Schadensersatz. Anspruchsgrundlage ist § 437 Nr. 3 i.V.m. § 280 BGB. Die Ehefrau hat fahrlässig gehandelt, weil sich das Anwesen ohne nähere Nachforschung übergeben hat. Entscheidend ist deshalb, ob sich die Ehefrau auf den vereinbarten Haftungsausschluss berufen kann oder ob sie daran gemäß § 444 Fall 1 BGB gehindert ist, weil der Ehemann den Mangel arglistig verschwiegen hat. Nach dem bis Ende 2001 geltenden Recht führte das arglistige Verschweigen eines Mangels durch einen von mehreren Verkäufern nach der Rechtsprechung des BGH dazu, dass alle Verkäufer gem. § 476 BGB aF gehindert waren, sich auf einen vereinbarten Haftungsausschluss zu berufen. Dies hatte jedoch nur zur Folge, dass alle Verkäufer Wandlung und Minderung schuldeten. Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 463 BGB aF – der das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft oder das arglistige Verschweigen eines Mangels voraussetzte – stand dem Käufer hingegen nur gegenüber dem arglistig handelnden Verkäufer zu. Diese Differenzierungsmöglichkeit ist mit der Schuldrechtsmodernisierung entfallen, weil jeder Verkäufer schon bei Fahrlässigkeit auf Schadensersatz haftet. Deshalb war in Literatur und Rechtsprechung Streit darüber entstanden, ob § 444 Fall 1 BGB in gleicher Weise auszulegen ist wie §476 BGB aF – mit der Folge, dass auch der nur fahrlässig handelnde Verkäufer trotz des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses zum Schadensersatz verpflichtet ist – oder ob ein solcher Verkäufer insgesamt von Gewährleistungsansprüchen verschont bleibt. Der BGH entscheidet diesen Streit zugunsten der zuerst genannten Auffassung. Die Gegenauffassung würde nach seiner Ansicht zu einer zu weitgehenden Beschränkung der Rechte des Käufers führen.

Praxistipp: Ein Käufer, der trotz eines wirksam vereinbarten Gewährleistungsausschlusses Rechte wegen eines Mangels der Kaufsache geltend machen will, kann sich darauf beschränken, einem der Verkäufer das arglistige Verschweigen eines Mangels nachzuweisen.

Umkehr der Beweislast bei grobem Behandlungsfehler eines Tierarzts
Beschluss vom 10. Mai 2016 – VI ZR 247/15

Eine höchstrichterlich bislang noch nicht abschließend geklärte Frage zur Haftung von Tierärzten hat der XII. Zivilsenat entschieden.

Die Klägerin nahm den Beklagten wegen fehlerhafter tierärztlicher Behandlung eines Pferdes auf Schadensersatz in Höhe von rund 100.000 Euro in Anspruch. LG und OLG bejahten die Haftung des Beklagten dem Grunde nach. Zwar sei nicht aufzuklären, ob die fehlerhafte Behandlung durch den Beklagten kausal für die aufgetretenen, zum Tod des Pferdes führenden Komplikationen gewesen sei. Die Beweislast dafür liege aber beim Beklagten, weil diesem ein Befunderhebungsfehler unterlaufen sei.

Der BGH weist die Revision des beklagten Tierarztes zurück. Anders als das OLG hält er die für den Bereich der Humanmedizin entwickelten Grundsätze zur Beweislastumkehr im Falle von groben Behandlungsfehlern sowie bestimmten Befunderhebungsfehlern nicht nur in Einzelfällen, sondern generell auch im Bereich der Tiermedizin für anwendbar. Dass der Gesetzgeber die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze (nur) für den Bereich der Humanmedizin in §§ 630a ff. BGB kodifiziert hat, steht ausweislich der Gesetzesmaterialien ihrer Übertragung auf den Tierarzt nicht entgegen.

Praxistipp: Frühere Entscheidungen von Instanzgerichten, die eine Beweislastumkehr im Bereich der Tiermedizin verneint oder an strengere Voraussetzungen geknüpft haben, sind mit der Entscheidung des BGH obsolet.