Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 25.6.2019 (X ZR 166/18) die Voraussetzungen präzisiert, unter denen der Tatrichter dem Vorbringen einer Partei zum Inhalt von ausländischen Sicherheitsvorschriften für Hotelzimmer im Zielgebiet einer Pauschalreise nachzugehen hat.
Unstreitig sind die örtlichen Verhältnisse und nicht ein unionsrechtlicher oder deutscher Standard als Maßstab für den zu fordernden Sicherheitsstandard von unter Vertrag genommenen Leistungserbringern eines Reiseveranstalters heranzuziehen (BGH, Urt. v. 25.2.1988 – VII ZR 348/86, BGHZ 103, 298 = MDR 1988, 573; Staudinger, in Führich/Staudinger, 8. Aufl. 2019, § 22 Rn. 36, 40 m. w. Nachw.). Dies ergibt sich auch aus dem Rechtsgedanken des Art. 17 Rom II-VO, wonach bei der Beurteilung des Verhaltens der Person, deren Haftung geltend gemacht wird, faktisch und soweit angemessen die Sicherheits- und Verhaltensregeln zu berücksichtigen sind, die an dem Ort und zu dem Zeitpunkt des haftungsrechtlichen Ereignisses in Kraft sind. Hierbei hat der Tatrichter auch im Zivilprozess kodifizierte Normen, aber auch einen von der Rechtsprechung konkretisierten Sorgfaltsmaßstab zu ermitteln und bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Gleichwohl gilt ein Mindestsicherheitsstandard, der trotz örtlich festgesetzter Grundlagen, nicht unterschritten werden darf. Gelten im Urlaubsland niedrigere Anforderungen, hat der Veranstalter zudem eine Hinweispflicht, um einer Haftung aus einem Reisemangel bzw. einer Verkehrssicherungspflicht zu entgehen.
Hinsichtlich der Verletzungshandlungen des Reiseveranstalters, hat der BGH bereits im Glasschiebetür-Fall entschieden, dass das Vorhandensein einer notwendig zu benutzenden Eingangstüre aus nicht bruchsicherem Glas und ohne sichtbare Kennzeichnung einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht darstellt, wenn der Veranstalter die Unterkunft mit „kindgerechter Ausstattung“ beworben wird (BGH, Urt. v. 18.7.2006 – X ZR 44/04, MDR 2007, 200 = NJW 2006, 2918). Aus der Prospektangabe, dass eine Unterkunft mit Kindern gebucht werden kann, ist damit meines Erachtens zu schließen, dass aus Sicht des Kunden, dies sich nicht nur auf zusätzliche kindgerechte Ausstattungen, sondern auch auf die bauliche Beschaffenheit der Unterkunft selbst bezieht. Sollte die Tür diesem örtlichen Standard nicht entsprochen haben, bestand eine besondere Gefährdungslage, in der eine einfache Markierung auf der Scheibe nicht ausreicht. Daher hat ein Veranstalter, der Kinder in seine Unterkünfte einbucht, sich regelmäßig in seinen Vertragshotels von der Einhaltung der örtlichen Sicherheitsvorschriften des Gastgebiets zu überzeugen.
Zur Darlegungs- und Beweislast sah der BGH entgegen der Auffassung der Vorinstanz den Vortrag des Klägers zu einem Verstoß gegen die örtlichen Bauvorschriften als hinreichend konkret an. Im Streitfall hat der Kläger vorgetragen, eine Glastür für einen Balkon müsse nach den einschlägigen Sicherheitsbestimmungen so beschaffen sein, dass sie einem Anprall eines siebenjährigen Kindes nach kurzem Anlauf standhalte. Dieser Sachverhalt ist nach Auffassung des BGH hinreichend konkret, um ihn rechtlich zu bewerten. Zwar sei es nicht Aufgabe eines Zivilgerichts, die Ursachen eines Unfalls von Amts wegen aufzuklären. Wenn ein Kläger einen hinreichend konkreten Sachverhalt vorträgt, müsse das Gericht aber den Inhalt der dafür maßgeblichen in- und ausländischen Vorschriften in eigener Zuständigkeit ermitteln (§ 293 ZPO).