Der Referentenentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II)

pgDas Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat am 11.10.2018 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) veröffentlicht. Die Aktienrechtsreform in Permanenz geht damit weiter. Die geänderte Aktionärsrechterichtlinie und entsprechend der vorliegende Referentenentwurf zielen auf eine weitere Verbesserung der Mitwirkung der Aktionäre bei börsennotierten Gesellschaften sowie auf eine Erleichterung der grenzüberschreitenden Information und Ausübung von Aktionärsrechten. Konkret geht es um vier Regelungsbereiche: (1) Mitwirkung und Information der Aktionäre betreffend die Vergütung der Unternehmensleitung („say-on-pay“), (2) Geschäfte mit nahestehenden Personen und Unternehmen („related-party-transactions“), (3) Verbesserung der Identifikation von und Kommunikation mit Aktionären („know-your-shareholder“) und (4) Erhöhung der Transparenz bei institutionellen Anlegern, Vermögensverwaltern und Stimmrechtsberatern.

Die auf den ersten Blick eher technisch anmutende Neuregelung des Systems der Aktionärsidentifikation und -information wird die Praxis, insbesondere auf Bankenseite, vor erhebliche Herausforderungen stellen, da die bisherigen Prozesse nicht unverändert werden fortgeführt werden können. Für zahlreiche Gesellschaften und ihre potentiellen Großaktionäre von besonderer Bedeutung ist die – europarechtlich zwingend erforderliche – erstmalige Regelung der sog. related-party-transactions. Dieses auf die Vermeidung von Vermögensverschiebungen zugunsten bestimmter Personen zielende Konzept steht in einem Spannungsverhältnis zu den bisherigen Regelungen zum Schutz von Aktionären, insbesondere dem Konzernrecht. Es ist grundsätzlich sehr zu begrüßen, dass sich der Gesetzgeber zur Beibehaltung der bisherigen Schutzinstrumente und zur Ausnutzung der den Mitgliedstaaten eingeräumten Wahlrechte entschieden hat.

Angesichts des Umfangs der umzusetzenden europarechtlichen Vorgaben und ihrer Komplexität ist es freilich nicht überraschend, dass der Referentenentwurf an einzelnen Stellen noch der Überarbeitung bedarf. Jüngst hat der Handelsrechtsausschuss eine Reihe von sehr sinnvollen Vorschlägen zu seiner Änderung und insbesondere Präzisierung vorgelegt. Einen ausführlichen Überblick über die Neuregelungen und eine erste Bewertung aus Sicht der Praxis findet sich außerdem in unserem Beitrag in der AG 2018, 857 ff.

10 Jahre MoMiG – Schwerpunktheft GmbHR 21/2018

Das MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen, BGBl. I 2008, 2026) war die größte Reform, die das GmbH-Gesetz seit 1892 erfahren hat. Die Reform war über Jahre intensiv vorbereitet worden (durch wissenschaftliche Symposien wie etwa das ZGR-Symposion GmbH-Reform (ZGR 2006, 259 ff.) oder das entsprechende VGR-Symposion (VGR, Die GmbH-Reform in der Diskussion, 2006), aber auch durch rechtspolitische Diskussionen wie etwa auf dem 66. DJT im Jahre 2006, beinhaltete dann jedoch auch Überraschungen, die quasi „in letzter Minute“ in das MoMiG aufgenommen wurden (s. auch den Blickpunkt von Seibert, GmbHR 2018, R325): Zu nennen ist insbesondere die GmbH-Variante der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), die als Alternative zur (deutschen) Limited konzipiert war (näher Wicke, GmbHR 2018, 1105), jedoch darüber hinausgehend heute ihren eigenständigen Platz in der Unternehmenslandschaft gefunden hat (dazu rechtstatsächlich Bayer/Hoffmann, GmbHR 2018, 1156). Insgesamt sollte mit dem MoMiG die Gründung der GmbH vereinfacht und beschleunigt werden – ein Ziel, das weitgehend erreicht wurde (näher Heckschen, GmbHR 2018, 1093), wobei die vereinfachte Gründung allerdings nur in speziellen Situationen Sinn macht (näher Wicke, GmbHR 2018, 1105).

Erhebliche Eingriffe erfolgten in das tradierte System von Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung: Die vielfach als zu streng erachteten Rechtsfolgen verdeckter Sacheinlagen wurden zugunsten der Gesellschafter entschärft, das vom BGH strikt untersagte Hin- und Herzahlen unter gewissen Voraussetzungen gestattet, das damit in erster Linie verfolgte Ziel eines rechtssicheren Cashpoolings indes nur begrenzt erreicht (näher Lieder, GmbHR 2018, 1116). Kurzerhand abgeschafft und durch eine insolvenzrechtliche Lösung ersetzt wurde das über Jahrzehnte richterrechtlich entwickelte und mit der GmbH-Reform von 1980 handwerklich stümperhaft (teil-)kodifizierte Eigenkapitalersatzrecht (näher Blöse, GmbHR 2018, 1151). Aus ihrem „Dornröschenschlaf“ erweckt wurde die Gesellschafterliste, indem sie nach dem Vorbild des Aktienregisters (für Namensaktien) nur die in der Liste aufgeführten Personen als Gesellschafter legitimiert; weiterhin wurde der gutgläubige Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen ermöglicht. Folge dieser teilweise bewusst kursorisch gehaltenen Regelungen war indes eine Fülle von Rechtsproblemen, die teilweise bis heute ungeklärt sind und oftmals auch vom BGH keiner befriedigenden Lösung zugeführt werden konnten (näher Wachter, GmbHR 2018, 1129).

Gestiegen sind die Anforderungen und Verantwortlichkeiten der GmbH-Geschäftsführer. Der Begriff „Compliance“ hat auch Einzug in das GmbH-Recht gefunden. Über die Haftung von Geschäftsführern und Gesellschaftern informieren Reichert/Lüneborg, GmbHR 2018, 1141. Die Ausstrahlungswirkungen des MoMiG auf das Steuerrecht erläutern Wiese/Göttel, GmbHR 2018, 1169. Der Frage, welche Impulse das GmbH-Recht heute benötigt, geht – quasi als Mitakteur an führender Stelle – Harbarth nach (gemeinsam mit Friedrichson, GmbHR 2018, 1174).

Die Autoren der GmbHR 21/2018 zeichnen ein differenziertes Bild über die Stärken und Schwächen des MoMiG. In der Summe überwiegen wohl die positiven Erfahrungen deutlich, so dass man in der Gesamtwertung – nach unserem Eindruck – von einer insgesamt gelungenen Reform sprechen kann (in diesem Sinne bereits die Einschätzung von Lutter/Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, Einl. Rz. 36).

Fahrfehler beim „Feuern“ von Vorständen und Geschäftsführern

Geht es um die Trennung von der Führungsebene, wird man in der Praxis gerne diskret und begeht damit einen in den Augen der Rechtsprechung tödlichen Fahrfehler. Statt Ross und Reiter in der Einberufung der Sitzung des Aufsichtsrates (bei der Trennung von Vorständen) bzw. der Gesellschafterversammlung (bei der Trennung von Geschäftsführern) zu benennen, wird der beabsichtigte Widerruf der Bestellung und die Kündigung des Anstellungsvertrages gerne unter Tagesordnungspunkten wie „Vorstandsangelegenheiten“ oder „Verschiedenes“ verborgen. Jedoch kann nur bei ordnungsgemäßer Einberufung wirksam über eine Abberufung bzw. Kündigung beschlossen werden (sofern auf die Beachtung der Formalien nicht wirksam verzichtet wurde). Das hier unverändert bis heute Fehler begangen werden, überrascht, hat der Bundesgerichtshof sich doch hier zunächst für GmbH-Geschäftsführer mit Urteil vom 30.11.1961 – II ZR 136/60 = NJW 1962, 393 f.) und dann für Vorstände (Urteil vom 29.05.2000 – II ZR 47/99 = MDR 2000, 1141) klar positioniert. Gerade die letztgenannte Entscheidung zeigt, dass Aufsichtsräte bzw. Gesellschafter und deren Berater hier allen Anlass zur Sorgfalt haben. Denn in jener Entscheidung war es just der abberufene Vorstand, der den Mangel erfolgreich rügte.

Nicht erforderlich ist hingegen, dass mit der Tagesordnung auch bereits der wichtige Grund genannt wird, der Abberufung bzw. Widerruf bzw. Kündigung tragen soll. Dies wurde jüngst nochmals durch das OLG Wien mit Urteil vom 30. Januar 2017 – 5 R 190/16x = GES 2017/4, 202 mit Anmerkung von Lukas Fantur, S. 205 ff.) ausdrücklich bestätigt. Aber auch der Bundesgerichtshof hatte dies in der vorgenannten Entscheidung bereits in einem Halbsatz klargestellt.

Das Company Law Package in der Werkstatt: Generalüberholung der gesellschaftsrechtlichen „Wundertüte“

Am 25.04.2018 präsentierte die europäische Kommission mit ihrem Company Law Package das bisher größte Maßnahmenpaket in der wechselhaften Geschichte des unionalen Gesellschaftsrechts. Die „gesellschaftsrechtliche Wundertüte“ wurde seitdem in zahlreichen wissenschaftlichen Beiträgen diskutiert (Ein erster Überblick findet sich bei Knaier, GmbHR 2018, R148; siehe zum Vorschlag über den Einsatz digitaler Instrumente und Verfahren im Gesellschaftsrecht etwa: Knaier, GmbHR 2018, 560; J. Schmidt, Der Konzern 2018, 229; Wachter, GmbH-StB 2018, 214 und 263; Lieder, NZG 2018, 1081; Noack, DB 2018, 1324; Bock, DNotZ 2018, 643; zum Vorschlag über grenzüberschreitende Verschmelzungen, Spaltungen und Sitzverlegungen etwa Knaier, GmbHR 2018, 607; J. Schmidt, Der Konzern 2018, 229, 235 ff. und 273; Wachter, GmbH-StB 2018, 283 und 317; Noack/Kraft, DB 2018, 1577; Schollmeyer, NZG 2018, 977; Bungert/Wansleben,DB 2018, 2094). Sogar im fernen Japan (ein weiterführender Link zum Beitrag von Prof. Dr. Dr. Eiji Takahashi folgt demnächst in den Kommentaren zu diesem Blogeintrag) wurde der Digitalisierungsvorschlag Gegenstand wissenschaftlicher Auseinandersetzung. Doch auch rechtspolitisch bewegt sich mittlerweile einiges. Neben durchaus kritischen Stellungnahmen  der Bundesnotarkammer, des Deutschen Notarvereins und des Deutschen Gewerkschaftsbundes zu den Vorschlägen, meldete sich nun auch der Bundesrat zu Wort. Dieser Input liefert damit innerhalb nur eines halben Jahres seit Veröffentlichung des Pakets einige Überarbeitungs- und Verbesserungsvorschläge zur Diskussion.

Doch was haben eigentlich die verantwortlichen Akteure auf Unionsebene bisher in Sachen Company Law Package unternommen? Erste – wenn auch noch vage – Antworten auf diese Frage konnten vergangene Woche am 28.09.2018 im Rahmen des 12. ECFR Symposiums gewonnen werden. Neben mehreren Mitgliedern der Informal Company Law Expert Group (ICLEG), welche die beiden Vorschläge in wesentlichen Teilen ausgearbeitet hatte, waren im Diskussionsforum zahlreiche Experten des unionalen Gesellschaftsrechts zusammengekommen. Außerdem waren Vertreter der Österreichischen Ratspräsidentschaft anwesend, welche die Vorschläge derzeit verhandelt. Auch die Kommission selbst war in Person von Bartłomiej Kurcz vertreten, dem Leiter des gesellschaftsrechtlichen Referats.

Letzterer berichtete in seiner Keynote-Speech von den bereits erreichten Fortschritten, verbunden mit der Hoffnung, nach einem zügigen Verhandlungsverfahren die beiden Vorschläge alsbald durch das Parlament und den Rat zu bekommen, nämlich als Änderungsrichtlinien zur Richtlinie über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (zur Kodifizierungstechnik der Kommission Knaier, GmbHR 2018, 560, 561 und GmbHR 2018, 607, 612). Es folgten Diskussionen über einzelne Details der Vorschläge in den Fachvorträgen zur Digitalisierung des Gesellschaftsrechts aus praktischer und akademischer Perspektive, zu grenzüberschreitenden Sitzverlegungen im Allgemeinen und zum Schutz von Gläubigern, Minderheitsgesellschaftern und Arbeitnehmern im Speziellen (die Beiträge und Diskussionsberichte werden in Heft 1/2019 der ECFR veröffentlicht). Im Anschluss hieran wurde seitens der Ratspräsidentschaft vor allem deutlich gemacht, dass die beiden Vorschläge nur gemeinsam verabschiedet werden sollen. Aufgrund der Komplexität der Regelungsmaterie und wegen altbekannter Stolpersteine, wie der Arbeitnehmermitbestimmung bei grenzüberschreitenden Sitzverlegungen und Spaltungen, erscheint das Ziel eines zügigen Richtlinienerlasses jedoch derzeit eher wie ein frommer Wunsch.

Dennoch bleibt es spannend in Sachen Company Law Package. Nach dem bisherigen Stand der Überarbeitung scheinen die verantwortlichen Akteure die Anregungen und die Kritik aus Wissenschaft und Praxis jedenfalls ernst zu nehmen. Es bleibt die Hoffnung, dass aus der „Wundertüte“ Company Law Package den betroffenen Rechtsanwendern und Unternehmern am Ende zumindest kein Schachtelteufel entgegenspringt.

Doch kein „Brexit“ mit Schrecken? – Bundesregierung legt Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vor

Seit nunmehr zweieinhalb Jahren schwebt das Damoklesschwert des „Brexit“ über den in Deutschland ansässigen Unternehmen in englischer Rechtsform (Ltd., PLC, LLP). Wird der Austritt Großbritanniens aus der EU wirksam, ohne dass ein Austrittsabkommen ausgehandelt wurde, das für diese Briefkastengesellschaften einen Rettungsanker parat hält, droht der Verlust der Rechtsfähigkeit in Deutschland (dazu Teichmann/Knaier, IWRZ 2016, 243). Es ist nämlich davon auszugehen, dass dann wieder die Sitz- und nicht die durch den EuGH und die Niederlassungsfreiheit vorgegebene Gründungstheorie Anwendung findet. Für die englischen Gesellschaften wären die Folgen fatal: Die deutschen Gerichte würden eine Umqualifizierung der englischen Rechtsform in ein deutsches Pendant vornehmen. Aus einer Limited könnte dann eine OHG oder GbR, aus einer Einpersonen-Limited ein Einzelkaufmann oder schlicht eine gewöhnliche unbeschränkt haftende Person werden. All dies ist nichts Neues und die bisherige Literatur hat die Thematik und Lösungsmöglichkeiten umfassend aufgezeigt (siehe jüngst bspw. die Vorschläge von Miras/Tonner, GmbHR 2018, 601; Wachter, GmbHR 2018, R260 und Süß, ZIP 2018, 1277).

Die erdachten Rettungsmöglichkeiten für englische Ltd´s erwiesen sich in der Praxis jedoch teilweise als problematisch. Ein beliebter Vorschlag war der grenzüberschreitende Formwechsel in eine deutsche Rechtsform, der nach den Grundsätzen des EuGH möglich ist. Doch selbst im grenzüberschreitenden Umwandlungsrecht sehr aktive und versierte Praktiker mussten bei einem solchen Versuch die Erfahrung machen, dass das britische Companies House angesichts des Austritts nicht sehr kooperativ ist. Ein veröffentlichtes Schreiben des Companies House zeigt, dass man dort nicht gewillt ist, einen Formwechsel nach den Vorgaben des EuGH durchzuführen und einzutragen. Die immer dringlicher werdende Frage in Deutschland war also: Brexit – Was nun?

Der deutsche Gesetzgeber nahm diese Frage ernst (hierzu im Vorfled des Referentenentwurfes Wachter, GmbHR 2018, R260, R260 f.) und präsentierte jüngst mit dem Referentenentwurf für ein Viertes Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes seine Antwort darauf. Ziel des Gesetzes ist, es Rechtssicherheit für die betroffenen britischen Gesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland zu schaffen und den geordneten Wechsel in eine inländische Gesellschaftsrechtsform mit beschränkter Haftung durch eine neue Variante zu erweitern bzw. zu ermöglichen. Hierfür sieht der Entwurf vor, in den §§ 122a ff. UmwG Vorschriften über die Hineinverschmelzung von Kapitalgesellschaften auf Personenhandelsgesellschaften zu ergänzen und das bestehende Regelungskonzept entsprechend anzupassen.

In der Praxis wird hierdurch ermöglicht, eine britische Gesellschaft auf eine KG zu verschmelzen und deren bisherige(n) Gesellschafter als Kommanditisten zu beteiligen. Mit der klassischen Konstruktion einer GmbH & Co. KG bleibt so die Haftung beschränkt, unter Einsatz einer UG (haftungsbeschränkt) als Komplementär ist sogar das Mindestkapital (fast) entbehrlich. Der Entwurf zielt somit ersichtlich darauf ab, die „abtrünnigen“ Limited-Unternehmer zurück zu den heimischen Rechtsformen zu locken.

Gesetzgebungstechnisch wird vorgeschlagen, Buch 2 Teil 2 Abschnitt 10 des UmwG für Personenhandelsgesellschaften i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 UmwG zu öffnen. Dies betrifft die OHG und die KG. Auf diese sollen nach § 122a Abs. 2 UmwG-E die Vorschriften des Ersten Teils und des Ersten Unterabschnitts des Ersten Abschnitts des Zweiten Teils des UmwG entsprechend angewendet werden. Allerdings sieht § 122b Abs. 1 Nr. 2 UmwG-E diese nur als übernehmende oder neue Gesellschaften vor. § 122c Abs. 2 Nr. 13 UmwG-E stellt nun klar, dass für jeden Anteilsinhaber bei der Verschmelzung auf eine Personenhandelsgesellschaft im Verschmelzungsplan oder dessen Entwurf klargestellt werden muss, ob ihm in der übernehmenden oder der neuen Personenhandelsgesellschaft die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters oder eines Kommanditisten gewährt wird. Weitere Änderungen betreffen vor allem formale Anpassungen und Anpassungen an die Besonderheiten der Beteiligung von Personenhandelsgesellschaften an der grenzüberschreitenden Verschmelzung. Neugeschaffen wird ein Anwendungsbefehl für § 8 Abs. 3 UmwG in § 122e S. 3 UmwG-E. Hierdurch soll das Verfahren der Verschmelzung auf eine Personenhandelsgesellschaft als Zielgesellschaft vereinfacht werden, indem ein Verschmelzungsbericht dann für entbehrlich erklärt wird, wenn alle Anteilsinhaber aller beteiligten Rechtsträger auf seine Erstattung verzichten oder sich alle Anteile des übertragenden Rechtsträgers in der Hand des übernehmenden Rechtsträgers befinden.

Neu eingefügt werden soll darüber hinaus § 122m UmwG-E über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union. Hiermit wird eine Übergangsvorschrift für vor Wirksamwerden des Brexit begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Verschmelzungen geschaffen. Entscheidend für das Eingreifen der Norm ist die notarielle Beurkundung des Verschmelzungsplans nach § 122c Abs. 4 UmwG vor dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU. Ist diese geschehen, wird eine britische Gesellschaft, die auf eine übernehmende oder neue deutsche Handelsgesellschaft verschmolzen wird, für den Zweck der Verschmelzung auch nach Wirksamwerden des Brexit als EU-Gesellschaft behandelt. Hinzu kommt jedoch, dass die Verschmelzung unverzüglich nach dem Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Verschmelzungsplans zur Eintragung beim Handelsregister angemeldet werden muss. Der Gesetzgeber schränkt dies jedoch ein und lässt eine Anmeldung innerhalb von zwei Jahren zu, um unter § 122m UmwG-E zu fallen.

Es bleibt abzuwarten, inwiefern noch bestehende britische Gesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland von dem neuen Angebot des Gesetzgebers Gebrauch machen werden. In vielen Fällen droht trotz der neuen Möglichkeit der Verlust der Rechtsfähigkeit, wenn versäumt wird, den Verschmelzungsplan vor Wirksamwerden des Brexit notariell beurkunden zu lassen. Trotzdem ist der vom Gesetzgeber gewählte Weg im Grunde zu begrüßen. Auf diese Weise wird den vom Brexit betroffenen Gesellschaften ein durchaus gangbarer Ausweg aus der Problematik ermöglicht. Erfreulicherweise wurde nicht der Weg gewählt, den betroffenen Gesellschaften durch eine dauerhafte Anerkennung ihrer Rechtsform Bestandsschutz zu gewähren.

Blockchain: Mehrwert für Unternehmen?

In der kürzlich erschienenen Ausgabe aus der Schriftenreihe der BaFin „BaFinPerspektiven“ (Seiten 40 – 42) zum Thema Digitalisierung behandeln Autoren des Frankfurt School Blockchain Centers und aus der Technologiebranche die Chancen von Blockchainanwendungen für Unternehmen. Dabei geht es um die sogenannten privaten Blockchains, an denen nur ein festgelegter Personenkreis teilnimmt (siehe zur Erklärung und Abgrenzung von öffentlichen Blockchains auch Lutzenberger, Die Besteuerung von Bitcoin und sonstigen Blockchain-Währungen, GmbHR 2018, 794).

Die dezentrale Datenspeicherung in einer Blockchain und die vollautomatisierte Durchführungsweise der Smart Contract-Technik könnten die Unternehmensverwaltung der Zukunft sein. So ließen sich in einem solchen Programm (auch virtuelle) Güter einem Konto zuweisen, bewerten, nachverfolgen und bei Änderungen diesbezügliche Zahlungsströme in Gang setzen. Dem folgend könnten automatisch die passenden Dokumente ausgetauscht werden. Und dies alles mit dem großen Vorteil der Blockchain, welche durch die Anknüpfung an die bisherige Historie der bewegten Güter deren Ursprung und Authentizität für jeden einsehbar garantiert. Änderungen geschähen in Echtzeit und, besonders wichtig, in jedem vorhersehbaren Fall in einer einheitlichen Weise.

Diese Smartness des Computers findet ihr Ende jedoch im Gefüge der BGB-Gründerväter, die etwa für den Eigentumsübergang bei gegenständlichen Gütern die zusätzlichen Voraussetzungen einer juristisch wirksamen Einigung und der Eigentümerstellung des Übertragenden vorsahen, wie auch das evtl. Eingreifen der Gutglaubensvorschriften, welche auf menschlicher Auslegung und Verkehrsauffassung aufbauen. Auch ganz generell darf die Vorher-Programmierbarkeit von Vertragsgestaltungen mit jeder denkbaren Eventualität angezweifelt werden.

Bezüglich juristischer Vorgänge kann die Blockchain also nie die Umsetzung selbst, sondern immer nur eine (nicht garantiert richtige) Abbildung darstellen.

 

Fazit: Die disruptive Blockchain-Technologie könnte virtuelle Werte besser fassen und abbilden, sie wäre ein vertrauensschaffendes und vereinheitlichendes Tool im Unternehmensverbund. Bei der Einbeziehung rechtlicher Vorgänge ist jedoch Vorsicht die Mutter der Porzellankiste.

Reformierte Gesellschafterliste erstmals vor dem BGH

Die vielen teils kleinlichen Streitigkeiten über die richtige Interpretation der geldwäscherechtlich motivierten Aufwertung der Gesellschafterliste durch den neugefassten § 40 Abs. 1 GmbHG haben nun erstmals (und wohl nicht zum letzten Mal) sogar den BGH (Beschluss v. 26.06.2018 – II ZB 12/16) beschäftigt.

Befassen musste er sich indes nur mit dem zeitlichen Anwendungsbereich der Vorschrift bzw. ihrer Anwendbarkeit auf Altfälle, d.h. vor dem Geltungsstichtag bereits eingetragene Gesellschaften; sedes materiae ist hier die extra neu eingefügte Übergangsvorschrift des § 8 EGGmbHG, die rein grammatikalisch durchaus Auslegungsspielraum belässt. Kommt es maßgeblich darauf an, ob die Veränderung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG – also: das einreichungspflichtauslösende Ereignis – vor dem Stichtag initiiert oder (etwa bei einer aufschiebend bedingten Abtretung) nach dem Stichtag wirksam geworden ist? Oder ist ganz unabhängig von der Anknüpfung an die Veränderung die Erstellung, die Einreichung (d.h. der Zeitpunkt der elektronischen Absendung) oder gar erst die Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner entscheidend?

Richtigerweise ist unter Beachtung des Zwecks der Neufassung des § 40 Abs. 1 GmbHG, wie der BGH nun erfreulich klarstellt, der Zeitpunkt der Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner entscheidend – und nicht etwa jener der Erstellung der Gesellschafterliste oder des Wirksamwerdens der Veränderung (so schon Lieder/Cziupka, GmbHR 2018, 231 [235]). Wer meint, diese Frage sei bereits zeitlich überholt, wird vom BGH eines Besseren belehrt: Weil das Rechtsbeschwerdegericht auch ein nach dem Erlass einer angefochtenen Entscheidung in Kraft getretenes Gesetz zu berücksichtigen hat, sofern es nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfasst, hatte der BGH die konkret in Rede stehende Gesellschafterliste an dem neugefassten § 40 Abs. 1 GmbHG zu messen. Mehr noch: Es werden all jene Gesellschafterlisten nachzubessern, d.h. an die Vorgaben des § 40 Abs. 1 GmbHG anzupassen sein, die – aus welchem Grunde auch immer – noch nicht in den Registerordner aufgenommen wurden, seien sie auch schon vor dem Stichtag eingereicht worden. Hat ein Notar an der Veränderung, die Einreichungsanlass war, mitgewirkt, wird dieser für diesen Nachbesserungsakt zuständig sein, anderenfalls der Geschäftsführer (dazu Lieder/Cziupka, GmbHR 2018, 231 ff.). Dasselbe wird für Gesellschafterlisten gelten, die zwar mit den neuen Anforderungen des § 40 Abs. 1 GmbHG im Einklang stehen, sich aber nicht mit den Vorgaben der neuen Gesellschafterlistenverordnung (in Kraft getreten am 01.07.2018) vertragen, soweit diese zwingend ausgestaltet sind. Zu erwarten stehen mithin verstärkt Korrekturlisten!

Eines ist bei alledem aber klarzustellen: Die Frage, ob die Gesellschafterliste mit den neuen Vorgaben des GmbHG und der Gesellschafterlistenverordnung im Einklang steht, ist rein gesellschaftsrechtlich von Bedeutung, auch wenn die Aufwertung der Gesellschafterliste zwecks Transparenzsteigerung eine flankierende Maßnahme war, um dem Vorwurf der möglichen Unionsrechtswidrigkeit der bei Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie eingeführten sog. Verweisungslösung bzw. Mitteilungsfunktion des § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG den Wind aus den Segeln zu nehmen. D.h.: Solange – bei wirtschaftlicher Berechtigung qua Überschreitung einer 25-prozentigen Beteiligungsschwelle (nicht bei sonstiger wirtschaftlicher Berechtigung!) – aus der Gesellschafterliste jene wenigen Informationen entnommen werden können, die das GwG zur Identifikation des wirtschaftlich Berechtigten verlangt, sind gesonderte Mitteilungen an das Transparenzregister entbehrlich. Prozentzahlen gehören nicht zu diesen Angaben – eine gesonderte Mitteilung an www.transparenzregister.de ist wegen fehlender oder fehlerhafter Prozentangaben also nicht erforderlich (dazu schon Seibert/Bochmann/Cziupka, GmbHR 2018, 1128 [1129 f.]). Hohe Bußgeldgefahr besteht dagegen bei Altlisten in Papierform (nur elektronische Dokumente sind verweisungsfähig, § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG verlangt elektronisch abrufbare Dokumente) – hier werden schon gegenwärtig Bußgelder verhängt, zumal die Missachtung der Anforderungen des GwG in diesen Fällen überaus leicht festzustellen ist, ganz anders als bei verdeckten wirtschaftlichen Berechtigungen in Beteiligungsketten mit ausländischen Zwischengliedern (also in den eigentlich interessanten Fällen). Ob damit die Geldwäscher und Terrorismusfinanzierer, die das Transparenzregister eigentlich im Sinn hat, oder nicht vielmehr schlicht laxe Geschäftsführer sanktioniert werden, ist mehr als fraglich. Das zieht die rechtspolitische Überzeugungskraft der 4. EU-Geldwäscherichtlinie – die letztlich im geldwäscherechtlichen Gewand unionsweite Gesellschaftstransparenz herstellen will – insoweit abermals in Zweifel.

Anders herum kann übrigens die Gesellschafterliste nicht überobligatorisch aufgewertet werden, um die Mitteilungsfiktion zu ermöglichen: Wird etwa eine Mehrheitsbeteiligung treuhänderisch gehalten, dürften entsprechende Mitteilungspflichten an das Transparenzregister nicht dadurch erfüllt werden können, dass in der Gesellschafterliste vermerkt wird, für welchen Treugeber die Geschäftsanteile gehalten werden – denn auch wenn nunmehr die Gesellschafterlistenverordnung eine Veränderungsspalte ausdrücklich gestattet, ergeben sich aus einem Umkehrschluss, aber auch aus der Verodnungsbegründung Anhaltspunkte für die Unzulässigkeit einer sog. Vermerk- oder Bemerkungsspalte (vgl. Cziupka, GmbHR 2018, R180 [R182]), die schon zuvor höchst umstritten war. Entsprechende Gesellschafterlisten mit derartigen Bemerkungen dürften vom Registergericht zurückgewiesen werden; schon daran wird dieser Versuch einer Umgehung einer Mitteilung ans Transparenzregister scheitern.

Verdient ist verdient! AGB-Kontrolle von Bonusklauseln auch bei Vorstandsmitgliedern – Zu OLG Frankfurt 18. April 2018 – 4 U 120/17

Das OLG Frankfurt hat die AGB-Kontrolle von Bonusklauseln auch auf Anstellungsverträge von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft erstreckt und die Gesellschaft zur Zahlung eines Bonus in Höhe von EUR 500.000,00 verurteilt. In dem zugrundeliegenden Anstellungsvertrag war geregelt, dass der Aufsichtsrat eine variable Vergütung nach billigem Ermessen gewähren kann. Anschließend wurde klargestellt, dass es sich bei den gewährten variablen Vergütungen „in jedem Fall um freiwillige Zuwendungen“ handelt. Der Aufsichtsrat hatte entschieden, dem Kläger keinen Bonus zu gewähren. Wegen des Freiwilligkeitsvorbehalts fühlte er sich dazu nicht verpflichtet.

Das OLG Frankfurt hob das klageabweisende Urteil der 1. Instanz auf und sprach dem Kläger den Bonus zu. Das Gericht kommt durch Auslegung der Klausel zu dem Ergebnis, dass es sich um einen umfassenden Freiwilligkeitsvorbehalt handelt. Diese Klausel unterzieht das OLG sodann der AGB-Kontrolle. Diese sei anwendbar, da Vorstandsmitglieder ähnlich wie Geschäftsführer einer GmbH Verbraucher seien. Die Freiheit in der Führung der Geschäfte nach § 76 AktG rechtfertige es wegen der Fremdnützigkeit der Tätigkeit und des Fehlens einer unmittelbaren wirtschaftlichen Risikotragung nicht, die Mitglieder des Vorstands einer Aktiengesellschaft hinsichtlich ihrer Verbrauchereigenschaft anders zu behandeln als GmbH-Geschäftsführer. Dieser Freiwilligkeitsvorbehalt ist nach Auffassung des Senats unwirksam, weil er den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Bei dieser Bewertung folgt das OLG der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach eine mit der Dienstleistung in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Entgeltleistung nicht unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden kann. Das gilt hier in besonderem Maße, weil sich der Freiwilligkeitsvorbehalt auf leistungsabhängige wesentliche Vergütungsbestandteile bezieht, die der Größenordnung nach ein Vielfaches des Grundgehaltes erreichen können. Eine unangemessene Benachteiligung des Dienstnehmers ergebe sich jedenfalls dann, wenn sich aus der unter Freiwilligkeitsvorbehalt gestellten nachträglichen Entscheidung des Dienstgebers über eine variable Vergütung erbrachter Leistungen in Anbetracht der Höhe möglicher freiwilliger Zahlungen eine willkürliche Verschiebung der Größenordnung des Verhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung ergeben können.

Die Entscheidung liegt materiell-rechtlich voll auf der Linie der Rechtsprechung des 10. Senats des Bundesarbeitsgerichts, die sich unter dem Stichwort „verdient ist verdient!“ zusammenfassen lässt. Es ist evident unangemessen, wenn die Gesellschaft nach freiem Belieben über die Gewährung einer variablen Vergütung entscheiden kann, nachdem das Vorstandsmitglied seine Leistung erbracht hat. Es ist auch nicht ganz überraschend, dass der Senat das Vorstandsmitglied als Verbraucher charakterisiert. Diesen Schritt hatte der 5. Senat des OLG Frankfurt für den Geschäftsführer einer GmbH bereits mit einer Entscheidung vom 12. April 2011 – 5 U 93/10 – vollzogen und einer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Wirksamkeit versagt, nach der in Zeiten der Freistellung kein Anspruch auf variable Vergütung bestehen soll.

Ich halte die Entscheidung sowohl im Hinblick auf die Anwendbarkeit der AGB-Kontrolle als auch auf die Abwägung der beiderseitigen Interessen für zutreffend. Die Statusunterschiede zwischen Organen und leitenden Angestellten verwischen in der internationalen Matrixorganisation immer mehr und Aufsichtsräte sind vor dem Hintergrund vielfältiger regulatorischer Anforderungen praktisch gezwungen, Formularanstellungsverträge zu verwenden. Es ist auch nicht naheliegend, dass einer Vertragspartei nach Leistungserbringung das Recht zustehen soll, die Gegenleistung voraussetzungslos zu kürzen oder zu streichen. Den Interessen der Gesellschaft nach einer echten variablen Vergütung kann dennoch ohne weiteres Rechnung getragen werden, und zwar auf zweierlei Weise: Entweder errechnet sich die variable Vergütung auf Basis der Erreichung vorher zu definierender Ziele. Dabei ist es – wiederum im Rahmen billigen Ermessens – zulässig, dass der Aufsichtsrat die Ziele einseitig vorgibt. Oder aber der Aufsichtsrat behält sich das Recht vor, über die Höhe der variablen Vergütung am Ende des Geschäftsjahres nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dann muss er seine Entscheidung begründen. Und wenn er diese Entscheidung auf unbillige Erwägungen stützt, dann wird sie keinen Bestand haben.

Die neue Gesellschafterlistenverordnung

Am 1. Juli 2018 ist die neue Gesellschafterlistenverordnung in Kraft getreten (BGBl. I 2018, 870; siehe dazu zuletzt Cziupka, GmbHR 2018, R180; Seibert/Kell, GmbHR 2018, R212). Die Praxis hat auf die Verordnung vermutlich nicht unbedingt sehnsüchtig gewartet. Gleichwohl werden Geschäftsführer und Notare als (alte und neue) Listenersteller die Vorgaben des Verordnungsgebers bei der Erstellung der Listen natürlich genau beachten.

Die neue Verordnung regelt (durchaus mit einer gewissen Liebe zum Detail) Fragen der Nummerierung, der Prozentangaben und der Rundung. Ein „amtliches“ Gesamtmuster für eine Gesellschafterliste findet sich in der Verordnung dagegen nicht. Diese Zurückhaltung ist zu begrüßen. Die Gestaltungsfreiheit wird auf diese Weise nicht unnötig eingeschränkt und ermöglicht im Einzelfall eine flexible Ausgestaltung der Liste. So kann die Liste sowohl nach Geschäftsanteilen als auch nach Gesellschaftern sortiert werden.

Natürlich hat auch die neue Listenverordnung nicht alle Streitfragen klären können. Beispielsweise ist eine Vollzugsmitteilung nach Aufnahme einer Liste in den Registerordner immer noch nicht verbindlich vorgesehen. Zwar versenden viele Registergerichte heute den Beteiligten eine formlose Nachricht über die Aufnahme der Liste; eine einheitliche Regelung fehlt aber noch.

Möglicherweise hat die Listenverordnung auch neue Probleme geschaffen. Eine Veränderungsspalte hat der BGH im Jahr 2015 unter Hinweis auf den Grundsatz der Listenklarheit noch als unzlässig angesehen (BGH, Beschluss vom 24.02.2015, II ZB 17/14, GmbHR 2015, 526 mit Anm. Bayer). Nunmehr regelt die Verordnung zahlreiche Fälle, in denen Eintragungen in einer Veränderungsspalte vorzunehmen sind (siehe § 2 VO). Dabei wird sorgfältig unterschieden zwischen zwingenden Eintragungen („sind“), empfohlenen Eintragungen („sollte“) und lediglich freiwilligen Eintragungen („können“). Ist die (freiwillige) Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks in einer Veränderungsspalte jetzt doch zulässig?

Die Erstellung der Gesellschafterlisten mit den zahlreichen Nummern, Angaben und Prozenten erweist sich in der Praxis leider immer wieder als fehlerfällig. In dem Geflecht zwischen Spalten und Zeilen hat sich jetzt auch der Verordnungsgeber etwas „verheddert“, wie sich aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage im Deutschen Bundestag ergibt (siehe BT-Drucks. 19/2973 vom 26.06.2018). Damit teilt der Verordnungsgeber das Schicksal von vielen Listenerstellern in der Praxis, denen oftmals ähnliche Schreib-, Tipp- und Rechenfehler unterlaufen und diese dann möglichst geräuschlos zu bereinigen versuchen (zur Berichtigung einer Liste nach § 44a BeurkG siehe OLG Nürnberg, Beschluss vom 28.12.2017, 12 W 2005/17, GmbHR 2018, 256. Ausführlich dazu Lieder/Cziupka, GmbHR 2018, 231).

Der (heimliche) Verfasser der Listenverordnung hatte frühzeitig für eine registergerichtliche Zurückhaltung bei der Kontrolle der Liste plädiert (siehe Seibert/Bochmann/Cziupka, GmbHR 2017, R241 und BR-Drucks. 105/18, S. 3, 6 und S. 9). Dieses (berechtigte) Plädoyer wurde aber wohl leider nicht in allen Landesteilen erhört. In der Praxis hat man derzeit manchmal den Eindruck, dass die Details der Gesellschafterliste zum neuen Prüfungsschwerpunkt mancher Registergerichte gehören. Dies ist im Alltag zwar mitunter etwas mühsam, dient aber letztlich der Qualitätskontrolle und stärkt das deutsche Handelsregister im (europäischen) Wettbewerb der Rechtsordnungen.

Die sachgerechte Ausgestaltung der Gesellschafterliste wird Praxis und Wissenschaft vermutlich noch länger beschäftigen. Während die gesellschaftsrechtlichen Streitfragen bereits ausführlich erörtert worden sind, steht die steuerrechtliche Diskussion noch ganz am Anfang. Bei einem (ungewollten) Auseinanderfallen zwischen materiell-rechtlichem Gesellschafter und formell-legitimierten Listengesellschafter können sich durchaus schwierige Fragen stellen, wie etwa nach der Behandlung von Gewinnausschüttungen (§ 20 Abs. 5 EStG), der finanziellen Eingliederung aufgrund der Stimmrechtsmehrheit (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG) oder der wirtschaftlichen Beteiligung bei der Grunderwerbsteuer (§ 1 ASbs. 3a GrEStG).

Fazit: Bei allem Streit um Detailfragen ist die (neue) Gesellschafterliste gleichwohl ein Erfolgsmodell. Es is gerade einmal zehn Jahre her, dass den Gesellschafterlisten in der Praxis nur wenig Beachtung gefunden haben und viele Listen unrichtig oder veraltet waren. Dies hat sich spätestens mit dem Inkrafttreten des MoMiG im Jahr 2008 grundlegend geändert. Einen weiteren Schub für die Einreichung aktueller und richtiger Listen hat 2017 das Umsetzungsgesetz zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie gebracht. Mit der Aufnahme einer richtigen Gesellschafterliste im Handelsregister konnte die (ungeliebte) Meldung zum Transparenzregister vielfach auf zulässige Weise vermieden werden. Ein gelungenes „Update“ für die Gesellschafterlisten.

 

Societas Privata Europaea – Plädoyer für eine SPE 2.0 – Neue Beitragsreihe der GmbHR

Die Societas Privata Europaea (SPE), die von der EU-Kommission 2008 vorgeschlagen wurde, ist 2014 – nicht zuletzt am Widerstand Deutschlands – (vorläufig) gescheitert. Über den anschließenden Richtlinienvorschlag für eine Societas Unius Personae (SUP) der EU-Kommission konnte ebenfalls kein Konsens erzielt werden. Die SUP hätte für Deutschland mitbestimmungsrechtliche Probleme aufgeworfen und es darüber hinaus aufgrund der Wahl des Rechtssetzungsinstrumentes der Richtlinie auch nicht vermocht, eine europaweit einheitliche Kapitalgesellschaftsrechtsform zu schaffen.

Dies führt zur Konsequenz, dass mit der Societas Europaea (SE) zwar eine europäische Aktiengesellschaft zur Verfügung steht, nicht aber eine „Europa-GmbH“.

Letztere böte kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) durch eine einheitliche Ausgestaltung erhebliche Erleichterungen bei der innereuropäischen Betätigung, würde insbesondere Gründungs- und Administrationsprozesse vereinheitlichen und beschleunigen und Kosten für Unternehmen reduzieren. Der Binnenmarkt würde durch eine solche einheitliche europäische Kapitalgesellschaftsrechtsform erheblich gestärkt.

Deutschland hat aufgrund der Ablehnung der Vorschläge zur SPE und SUP eine Bringschuld. Als exportstarke mittelständisch geprägte Wirtschaftsnation im Herzen Europas wäre Deutschland zugleich vordringlicher Nutznießer einer SPE 2.0.

Ein neuer Anlauf mit dem Ziel, eine supranationale „Europa-GmbH“ aufs Gleis zu setzen, ist freilich kein leichtes Unterfangen; es bedarf einer überzeugenden Konzeption, großer Unterstützung und starker Mitstreiter.

Vor diesem Hintergrund soll die bevorstehende Beitragsreihe in der GmbHR einen Impuls zu einem erneuten wissenschaftlichen Vorstoß aussenden und dazu ermuntern, für eine „Europa-GmbH“ zu streiten. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln werden in den kommenden Beiträgen die Vorzüge, Gestaltungsmöglichkeiten und Optionen auf dem Weg zu einer SPE 2.0 skizziert.

Die Beiträge beruhen auf Vorträgen, die im Rahmen eines Schülersymposiums zu Ehren von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Peter Hommelhoff am 14. Oktober 2017 in Würzburg anlässlich seines 75. Geburtstages gehalten wurden. Sie würdigen damit zugleich Peter Hommelhoffs herausragende Rolle bei dem Bemühen, im Zuge des europäischen Integrationsprozesses eine supranationale Rechtsform für kleine Kapitalgesellschaften zu schaffen.