Blog Update Haftungsrecht: Wenn’s beim Rückwärtsfahren kracht – Der missverstandene Anscheinsbeweis

Wieder einmal hat ein simpler Verkehrsunfall dem BGH Gelegenheit geboten, die Funktion des Anscheinsbeweises bei der Haftungsabwägung zurechtzurücken. Zwei Pkw waren zusammengestoßen. Der eine wurde aus einer Grundstückszufahrt rückwärts auf eine Einbahnstraße herausgefahren, der andere setzte auf dieser ein Stück zurück, um einem ausparkenden Fahrzeug Platz zu machen und diese Parklücke dann selbst zu nutzen. Der Ausfahrende behauptete, sein Pkw habe schon gestanden, als der zurückstoßende mit ihm kollidierte, und verlangte daher 100-prozentigen Schadensersatz. Die Unfallgegnerin brachte vor, beide Fahrzeuge seien zeitgleich rückwärts gefahren; ihre Versicherung zahlte daher nur 40 %. Das AG sprach dem Kl. den vollen Schadensersatz zu, das LG wies die Klage ab. Der BGH hob das Urteil auf und verwies die Sache zur endgültigen Bemessung der Haftungsquote ans LG zurück (Urt. v. 10.10.1023 – VI ZR 287/22).

Das LG gründete seine Entscheidung auf drei Anscheinsbeweise: Zwei davon sprächen für ein Verschulden des Klägers, denn er sei rückwärts und noch dazu aus einer Grundstückszufahrt herausgefahren, die Fahrerin des anderen Pkw sei nur rückwärts gefahren. Ein Zurücksetzen um wenige Meter sei auch in einer Einbahnstraße zulässig und ändere nichts an der Vorfahrt. Der Kläger hafte daher zum größeren Teil.

Dieses Urteil konnte der BGH aus zwei Gründen nicht bei Bestand lassen. Zum einen weil die Beklagte sich durchaus eines Verstoßes gegen das in Einbahnstraßen bestehende Rückwärtsfahrverbot schuldig gemacht habe. Allenfalls unmittelbar zum Einparken oder beim Herausfahren aus einem Grundstück dürfe dort kurz rückwärts gefahren werden, nicht um in eine zum Einparken geeignete Position zu gelangen.

Vor allem aber musste der BGH erneut die fehlerhafte Anwendung des Anscheinsbeweises beanstanden. Nach einem in der instanzgerichtlichen Praxis offenbar nicht auszurottenden Missverständnis dieses Rechtsinstituts wird aus einem bestimmten Fahrverhalten ein in die Haftungsabwägung eingehendes Verschulden abgeleitet (hier sogar mittels dreier teilweise gegeneinander streitender Anscheinsbeweise). Der BGH weist demgegenüber erneut darauf hin, dass der Anscheinsbeweis für ein schuldhaftes Verhalten nicht allein auf einen Sachverhaltskern (z.B. das Herausfahren aus einem Grundstück) gestützt werden darf, sondern einen solchen Schluss nur zulässt, wenn das gesamte feststehende Unfallgeschehen nach der Lebenserfahrung typisch für ein schuldhaftes Handeln ist. Dies könne nur aufgrund einer umfassenden Betrachtung aller tatsächlichen Elemente des Gesamtgeschehens beurteilt werden, wozu hier auch das nicht zu erwartende Rückwärtsfahren in einer Einbahnstraße gehöre.

Zu Recht nimmt der BGH diesen an sich banalen Fall zum Anlass, erneut eine zurückhaltende Anwendung des Anscheinsbeweises anzumahnen, „weil er es erlaubt, bei typischen Geschehensabläufen aufgrund allgemeiner Erfahrungssätze auf einen ursächlichen Zusammenhang oder ein schuldhaftes Verhalten zu schließen, ohne dass im konkreten Fall die Ursache bzw. das Verschulden festgestellt ist“.

Eingehend zu Dogmatik und Kasuistik des Anscheinsbeweises Greger, in: Greger/Zwickel, Haftung im Straßenverkehr, 6. Aufl. 2021, Rz 41.56 ff.

Blog Update Haftungsrecht: Bei Unfall mit Leasingfahrzeug haftet der Gegner voll

Wenn bei einem Unfall ein geleastes Fahrzeug beschädigt wird, bereitet die Schadensabwicklung besondere Komplikationen, weil Eigentum und Halterstellung auseinanderfallen. Die Kosten für die Reparatur des Fahrzeugs kann die Leasingfirma als Eigentümerin ersetzt verlangen, ohne dass sie sich die Betriebsgefahr anrechnen lassen muss, denn § 17 Abs. 2 StVG regelt nur die Mithaftung des Halters. Halter ist aber der das Fahrzeug auf eigene Rechnung nutzende Leasingnehmer. Nur wenn diesen ein Verschulden am Unfall trifft, kann es nach § 9 StVG zu einer Kürzung der Ansprüche des Eigentümers kommen; ansonsten muss der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer vollen Ersatz leisten. Die Vertragsgestaltung des Leasings geht also zu seinen Lasten.

Dies lässt sich, wie der BGH kürzlich entschieden hat (Urt. v. 18.4.2023 – VI ZR 345/21, VersR 2023, 851 = MDR 2023, 771), auch nicht dadurch vermeiden, dass der Haftpflichtversicherer den Halter und den Fahrer des Leasingfahrzeugs im Wege eines Gesamtschuldnerausgleichs in Regress nimmt. Diese stehen nämlich nicht zusammen mit dem Unfallgegner in einem Gesamtschuldverhältnis gegenüber der Leasingfirma. Eine Haftung aus Betriebsgefahr scheidet aus, weil die §§ 7 und 18 StVG nicht bei Beschädigung des selbst genutzten Fahrzeugs gelten. Da der Unfallhergang unaufgeklärt blieb, kam auch eine deliktische oder vertragliche Haftung nicht in Betracht. Die AGB des Leasingvertrags sahen eine verschuldensunabhängige Haftung nur für die Zahlung der Leasingraten vor und begründeten eine Schadensersatzpflicht lediglich für den Fall, dass der Schaden nicht von dritter Seite (wie hier der Haftpflichtversicherung) reguliert wird.

Auch aus ungerechtfertigter Bereicherung lässt sich in einem solchen Fall kein Anspruch des Haftpflichtversicherers gegen Halter und Fahrer des Leasingfahrzeugs herleiten, denn er hat nicht auf eine fremde Schuld, sondern auf die gegen ihn gerichtete und in voller Höhe begründete Forderung der Leasinggeberin geleistet. Im Ergebnis geht somit beim unaufgeklärten Unfall die Betriebsgefahr des Leasingfahrzeugs zu Lasten des Unfallgegners. Dies mag der Gesetzeslage entsprechen, systemgerecht ist es nicht (für Gesetzeskorrektur daher Greger, in: Greger/Zwickel, Haftung im Straßenverkehr, 6. Aufl. 2021, Rz 25.91, m.w.N.).

Blog-Update Haftungsrecht: Ersatz der vollen Reparaturkosten auch bei Instandsetzung des Fahrzeugs in der eigenen Werkstatt des Geschädigten (BGH)?

In seinem Urteil vom 26.5.2023 (Az. VI ZR 274/22, MDR 2023, 1044) hat der BGH die Grundsätze der Kosten für die Fahrzeugreparatur infolge von Verkehrsunfällen bei einer Reparatur in der eigenen Reparaturwerkstatt des Geschädigten präzisiert. Vor allem aber hat der BGH diese Grundsätze auch auf die fiktive Schadensabrechnung erstreckt.

Im vom BGH entschiedenen Fall wurde der PKW der Betreiberin einer Kfz-Reparaturwerkstatt (Klägerin) bei einer Kollision mit einem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeug beschädigt. Die Klägerin rechnete die Reparaturkosten fiktiv auf Gutachtenbasis ab. Die beklagte Haftpflichtversicherung zog von den Reparaturkosten 20 % Unternehmergewinn ab, woraufhin die Beklagte auf Ersatz des verbliebenden Betrages klagte. Die Klage wurde in erster Instanz abgewiesen, die Berufung zurückgewiesen. Auch die Revision zum BGH hatte keinen Erfolg.

Bestätigung der Grundsätze zur Instandsetzung in der eigenen Werkstatt

Üblicherweise kann der Geschädigte frei entscheiden, wie er den für die Reparatur erforderlichen Betrag einsetzen will. Auch ein Geschädigter, der sein Fahrzeug in der Freizeit selbst repariert, erhält daher den im Gutachten ausgewiesenen Betrag, der für die Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt erforderlich ist.

Eine Ausnahme gilt aber, wie der BGH 1970 und 1983 für Verkehrsbetriebe mit eigener Werkstatt (BGH v. 26.5.1970 – VI ZR 168/68, BGHZ 54, 82 = MDR 1970, 751; BGH v. 31.5.1983 – VI ZR 241/79, MDR 1984, 39) und 2013 für Kfz-Reparaturwerkstätten entschieden hat (BGH v. 19.11.2013 – VI ZR 363/12, MDR 2014, 213), wenn der Geschädigte Kraftfahrzeuge gewerbsmäßig repariert. Unter Umständen kann man dann nämlich von ihm erwarten, dass er zunächst die Kapazitäten seiner Werkstatt nutzt. Für die Reparatur in einer eigenen Werkstatt des Geschädigten gelten folgende Grundsätze (sh. dazu Zwickel, in: Greger/Zwickel, Haftung im Straßenverkehr, 6. Aufl., 2021, Rz. 27.49):

  • Handelt es sich, anders als im nun entschiedenen Fall, um eine Werkstatt, die ausschließlich eigene Fahrzeuge des Geschädigten repariert (z. B. Verkehrsbetriebe), sind nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB grundsätzlich nur die Materialkosten und anteilige Gemeinkosten für die Unterhaltung der Werkstatt als erforderlich anzusehen (BGH v. 26.5.1970 – VI ZR 168/68, BGHZ 54, 82 = MDR 1970, 751; BGH v. 31.5.1983 – VI ZR 241/79, MDR 1984, 39). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Werkstatt bis an die Kapazitätsgrenze ausgelastet war. Dann sind die Kosten ersatzfähig, die bei einer Fremdreparatur entstanden wären. In diesem Fall, in dem es um die Erforderlichkeit nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB geht, hat der Geschädigte darzulegen und zu beweisen, dass eine Auslastungssituation seiner Werkstatt vorlag.
  • Für eine gewerbliche Kfz-Reparaturwerkstatt, die auch Fremdaufträge annimmt, kommt der BGH, wenn auch mit anderer Begründung, zum gleichen Ergebnis: War der Betrieb nicht durch Fremdaufträge ausgelastet, ist der Unternehmergewinn nicht ersatzfähig. Es können dann nur Materialkosten und anteilige Gemeinkosten für die Unterhaltung der Werkstatt beansprucht werden. War die Werkstatt ausgelastet, sind die Kosten für eine Fremdreparatur ersatzfähig. Im aktuellen Urteil vom 26.5.2023 (Az. VI ZR 274/22, MDR 2023, 1044) ordnet der BGH den letztgenannten Fall ausdrücklich der Schadensminderungspflicht des Geschädigten nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB zu. Der Schädiger trägt die Darlegungs- und Beweislast für die ihm günstige Tatsache, dass der Geschädigte nicht durch Fremdaufträge ausgelastet war und diese Kapazität für die Reparatur hätte einsetzen können. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast muss aber der Geschädigte seine betriebliche Situation und Umstände, die die Reparatur im eigenen Betrieb unzumutbar machen, konkret darstellen.

Bezug der Grundsätze auf die fiktive Abrechnung

Zu Recht bezieht der BGH diese Grundsätze auch auf den Fall der fiktiven Abrechnung. Die fiktive Abrechnung ist nur ein anderer Weg der Schadenswiedergutmachung. Es wäre daher nicht einzusehen, wenn der Geschädigte bei fiktiver Abrechnung dadurch privilegiert wäre, dass die Auslastung der Werkstatt bei fiktiver Abrechnung keine Rolle spielt. Auch bei der fiktiven Abrechnung kommt es also darauf an, ob die Werkstatt ausgelastet gewesen ist oder nicht.

Problem: Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Auslastungssituation

Damit ist die Folgefrage schon angedeutet: Welcher Zeitraum ist für die Bestimmung der Auslastungssituation der Fremdaufträge ausführenden Werkstatt bei der fiktiven Abrechnung maßgeblich? Bei der konkreten Schadensabrechnung ist für die Prüfung der Auslastung eines Betriebs zunächst auf den Reparaturzeitraum abzustellen. Darüber hinaus muss man aber auch fragen, ob sich zwischen Unfall und Reparaturbeginn eine Nichtauslastung der Werkstatt mit der Folge des Einsetzens der Schadensminderungspflicht ergeben hat (so auch Heßeler, NJW 2023, 2421, 2422). Noch schwieriger ist es bei der fiktiven Abrechnung. Das Berufungsgericht hatte angenommen, der maßgebliche Zeitraum habe mit der Weiterveräußerung des beschädigten Fahrzeugs geendet. Würde man dem folgen, könnten geschädigte Werkstätten Fahrzeuge stets zeitnah weiterveräußern und dadurch die Schadensminderungspflicht umgehen. Der fiktiv abrechnende Geschädigte wäre dann im Vorteil. Viel spricht deshalb dafür, auch bei der fiktiven Abrechnung auf den Zeitraum der konkreten Auslastung bis zu einer üblichen, gedachten Reparatur zu schauen. Die Beurteilung, wie lange dieser Zeitraum üblicherweise ist, muss der Rechtsprechung der Instanzgerichte überlassen bleiben.

Fazit

Der Entscheidung des BGH ist vollumfänglich zuzustimmen. Insbesondere überzeugt die Annahme, dass eine Reparaturwerkstatt, die Fremdreparaturen mit Gewinnerzielungsabsicht ausführt – soweit die Schadensminderungspflicht des § 254 Abs. 2 S. 1 BGB nichts anderes gebietet – den Unternehmergewinn verlangen kann, während das für eine Werkstatt, die nur eigene Fahrzeuge repariert, nur ausnahmsweise der Fall ist. Geradezu zwingend erscheint die vom BGH vorgenommene Übertragung der für die konkrete Abrechnung erarbeiteten Grundsätze auf die fiktive Abrechnung.

 

 

Von der Indizwirkung der Rechnung zur Indizwirkung der Honorarvereinbarung: Die neue Linie des BGH zur Ersatzfähigkeit von Sachverständigenkosten

Bislang hat der BGH für die Ersatzfähigkeit der Sachverständigenkosten im Rahmen von Straßenverkehrsunfällen der tatsächlichen Begleichung der Rechnung entscheidende Bedeutung beigemessen (BGH v. 17.12.2019 – VI ZR 315/18, MDR 2020, 345 = NJW 2020, 1001; BGH v. 26.4.2016 – VI ZR 50/15, MDR 2016, 1137 = NJW 2016, 3092, 3094).

Das Begleichen der Rechnung bildete ein wesentliches Indiz für die Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO mit den beiden folgenden Konsequenzen:

  • Darlegung und Beweis des Geschädigten für die Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten werden erleichtert.
  • Auf Seite des Schädigers reicht in diesem Fall einfaches Bestreiten der Höhe der Forderung durch den Beklagten nicht mehr aus. Vielmehr muss er qualifiziert zur Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten vortragen (BGH v. 19.7.2016 – VI ZR 491/15, MDR 2016, 1378 = NJW 2016, 3363).

In mehreren Entscheidungen aus den Jahren 2022 und 2023 stellt der BGH für die Indizwirkung statt der Begleichung der Rechnung nun maßgeblich auf das Vorliegen einer Honorarvereinbarung ab soweit die Schadenersatzansprüche nicht an Erfüllungs statt abgetreten wurden. Darüber hinaus signalisiert der BGH in den folgenden Entscheidungen, dass das aus dem Werkvertrag mit dem Sachverständigen Geschuldete zu ersetzen ist soweit die fehlende objektive Erforderlichkeit dem Geschädigten im Rahmen der Plausibilitätskontrolle nicht erkennbar war:

  • BGH v. 7.2.2023 – VI ZR 137/22, MDR 2023, 626 = NJW 2023, 1718: Die Preis- oder Honorarvereinbarung mit dem Sachverständigen bildet, wenn nicht zugleich eine Abtretung des Schadenersatzsanspruchs an Erfüllungs statt erfolgt ist, ein Indiz für die Schadensschätzung nach § 287 ZPO.
  • BGH v. 7.2.2023 – VI ZR 138/22, BeckRS 2023, 2753: Es obliegt der unternehmerischen Entscheidung des Sachverständigen, ob er die Kosten für die Inanspruchnahme einer Restwertbörse in sein Grundhonorar einpreist oder extra ausweist.
  • BGH v. 12.12.2022 – VI ZR 324/21, MDR 2023, 361 = NJW 2023, 1057: Die schadensrechtliche Erstattungsfähigkeit einer Corona-Desinfektionskostenpauschale des Sachverständigen richtet sich nach der werkvertraglichen Beziehung zwischen Geschädigtem und Sachverständigem. Ob die Desinfektionskostenpauschale gesondert berechnet wurde oder in das Grundhonorar des Sachverständigen eingepreist wurde, spielt keine Rolle.

Indiz für die Schätzung der Sachverständigenkosten ist damit neuerdings die Honorarvereinbarung soweit nicht Schadenersatzansprüche an Erfüllungs statt an den Sachverständigen abgetreten wurden.

Für die Ersatzfähigkeit von Sachverständigenkosten ergab sich, auf Basis der ständigen Rechtsprechung ein Schema (Zwickel, in: Greger/Zwickel, Haftung im Straßenverkehr, 6. Aufl. 2021, Rz. 29.7), das nun wie folgt zu ergänzen ist (rot):

  1. Grundsatz: Geschädigter ist nicht zur Marktforschung verpflichtet.
  2. Ausnahme: Erkennbarkeit des deutlichen Überschreitens der branchenüblichen Sätze aus ex-ante-Sicht bzw. Fehlen jeglicher Erkennbarkeit des Honorars
  3. Vorliegen einer Honorarvereinbarung (ohne Abtretung der Forderung an Erfüllungs statt) oder beglichene Rechnung als Indiz für die Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten
  4. Ausnahme von der Indizwirkung bei Abtretung der Forderung erfüllungshalber an den Sachverständigen oder eine Verrechnungsstelle

Der BGH betont neuerdings, nach Zeiten einer eher restriktiven, sehr fein ausdifferenzierten Dogmatik zur Erstattung von Sachverständigenkosten, auffällig deutlich die indizielle Bedeutung der Honorarvereinbarung für die Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO. Diese neue Rechtsprechungslinie findet unschwer Anschluss an die aktuelle Rechtsprechung zum Werkstattrisiko bei konkreter Abrechnung von Reparaturkosten, wo ebenfalls die werkvertragliche Vereinbarung zwischen Geschädigtem und Leistungserbringer (Werkstatt) maßgebliche Grundlage der Schadensschätzung ist (BGH v. 26.4.2022 – VI ZR 147/21, MDR 2022, 1089 = NJW 2022, 2840).

 

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Diese Woche geht es um die Einstandspflicht für Schäden an einem Leasingfahrzeug aufgrund eines Unfalls mit ungeklärter Ursache.

Regress gegen Fahrer und Halter des bei einem Unfall beschädigten Leasingfahrzeugs
BGH, Urteil vom 18. April 2023 – VI ZR 345/21

Der VI. Zivilsenat beleuchtet eine weitere Facette einer häufig kritisierten Haftungsregelung.

Ein bei der Klägerin haftpflichtversicherter Klein-Lkw war bei einem Verkehrsunfall mit einem Pkw kollidiert, den der Beklagte zu 1 von einer Leasinggesellschaft geleast hat. Fahrer des Pkw im Unfallzeitpunkt war der Beklagte zu 2. Der Unfallhergang konnte nicht geklärt werden. Die Klägerin erstattete der Leasinggeberin als Eigentümerin des Pkw die daran entstandenen Schäden vollständig. Im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs verlangt sie die Hälfte dieses Betrags von den Beklagten ersetzt. Sie stützt sich insbesondere auf Regelungen im Leasingvertrag, wonach der Leasingnehmer für Untergang und Beschädigung des Fahrzeugs unabhängig von Verschulden haftet und Ersatzansprüche gegen Versicherungen und Dritte an den Leasingnehmer abtritt.

Die Klage blieb in den beiden ersten Instanzen ohne Erfolg.

Die Revision der Klägerin bleibt ebenfalls erfolglos.

Die Vorinstanzen sind zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin gegenüber der Leasinggeberin zum vollständigen Ersatz des am Leasingfahrzeug entstandenen Schadens verpflichtet war. Der BGH bestätigt seine ständige Rechtsprechung, wonach der Eigentümer eines Fahrzeugs, der nicht zugleich dessen Halter ist, sich auf einen Anspruch auf Ersatz von am Fahrzeug entstandenen Schäden aus § 7 StVG nur ein eigenes Verschulden anrechnen lassen muss, nicht aber die Betriebsgefahr des Fahrzeugs oder ein Verschulden des Fahrers.

Ebenfalls zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Beklagten für diesen Schaden nicht als Gesamtschuldner haften.

Ansprüche aus § 7 Abs. 1 oder § 18 Abs. 1 StVG scheiden aus, weil diese Vorschriften nur Schäden an anderen Sachen erfassen, nicht aber den Schaden am Fahrzeug des Halters bzw. Fahrers, gegen den sich der Anspruch richtet. Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB scheiden aus, weil ein Verschulden der Beklagten nicht feststellbar ist.

Ansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung von Pflichten aus dem Leasingvertrag sind ebenfalls nicht gegeben. Der Einsatz des Fahrzeugs im Straßenverkehr stellt für sich genommen keine Pflichtverletzung dar. Entsprechendes gilt für die Beschädigung des Fahrzeugs beim Unfall. Die Beschädigung führt auch nicht dazu, dass eine Pflichtverletzung des Leasingnehmers entsprechend § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vermuten ist. Eine solche Umkehr der Beweislast tritt nur dann ein, wenn die für den Schaden in Betracht kommenden Ursachen allein im Obhuts- und Gefahrenbereich des Leasingnehmers liegen. An letzterem fehlt es, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Unfall allein durch Fehlverhalten des Gegners verursacht worden ist.

Die von der Klägerin herangezogenen Haftungsregelungen aus dem Leasingvertrag begründen keine Schadensersatzansprüche. Sie regeln lediglich die Gefahrtragung. Selbst wenn der Beklagte zu 1 als Leasingnehmer der Leasinggeberin nach diesen Vorschriften zum Schadensersatz verpflichtet wäre, fehlte es an dem für ein Gesamtschuldverhältnis mit dem Unfallgegner und der Klägerin erforderlichen Merkmal der Gleichstufigkeit.

Praxistipp: Die Verlagerung des üblicherweise den Halter treffenden Haftungsrisikos auf den Unfallgegner kann in solchen Situationen nur dann vermieden werden, wenn dem Fahrer des Leasingfahrzeugs ein für den Unfall ursächliches Verschulden nachgewiesen werden kann..

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Diese Woche geht es um eine seit langem etablierte Rechtsfigur des Straßenverkehrsrechts.

Verhalten eines Fußgängers beim Überqueren der Fahrbahn
BGH, Urteil vom 4. April 2023 – VI ZR 11/21

Der VI. Zivilsenat befasst sich mit der Reichweite des Vertrauensgrundsatzes.

Der Kläger wurde als Fußgänger bei einem Verkehrsunfall mit einem vom Beklagten zu 1 gefahrenen und bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Fahrzeug verletzt. Als sich der Beklagte zu 1 der späteren Unfallstelle näherte, wollte der Kläger die zweispurige Fahrbahn aus Sicht des Beklagten zu 1 von links kommend überqueren. Die auf Ersatz der Hälfte der entstandenen Schäden gerichtete Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Das OLG ist im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Schadensersatz auch gegenüber der unabhängig von Verschulden haftenden Beklagten zu 2 vollständig ausgeschlossen sein kann, wenn der Unfall durch ein grob verkehrswidriges Verhalten des Klägers verursacht worden ist. Für diese Abwägung ist von Bedeutung, ob dem Beklagten zu 1 ein für den Unfall ursächliches Verschulden zur Last fällt. Letzteres hat das OLG mit nicht tragfähiger Begründung verneint.

Nach dem Vertrauensgrundsatz darf ein Verkehrsteilnehmer, der sich verkehrsgemäß verhält, damit rechnen, dass ein anderer Verkehrsteilnehmer den Verkehr nicht durch pflichtwidriges Verhalten gefährdet, solange die sichtbare Verkehrslage zu keiner anderen Beurteilung Anlass gibt. Ein Kraftfahrer muss danach grundsätzlich nicht damit rechnen, dass ein erwachsener Fußgänger versuchen wird, kurz vor seinem Fahrzeug die Fahrbahn zu betreten. Er muss auch nicht darauf gefasst sein, dass ein Fußgänger, der beim Überschreiten der Fahrbahn vor oder in der Mitte der Straße anhält, unerwartet weiter in seine Fahrbahn laufen wird.

Der BGH lässt offen, ob ein Kraftfahrer auch darauf vertrauen darf, dass ein Fußgänger, der sich auf der gegenüberliegenden Fahrbahn bewegt, in der Straßenmitte stehen bleiben wird. Ein solches Vertrauen ist jedenfalls nicht gerechtfertigt, wenn der Fußgänger über die Fahrbahn rennt und nicht in die Richtung des auf der anderen Fahrbahn herannahenden Fahrzeugs blickt. Einen solchen Sachverhalt hat das OLG im Streitfall aufgrund der Beweisaufnahme festgestellt.

Nach der Zurückverweisung wird das OLG unter anderem noch zu klären haben, ob die Sicht des Beklagten zu 1 durch ein entgegenkommendes Fahrzeug oder die A-Säule seines Fahrzeugs eingeschränkt war und er den Kläger deshalb nicht sehen konnte.

Praxistipp: Generell ist das Vertrauen auf verkehrsgerechtes Verhalten nicht gerechtfertigt, wenn bei verständiger Würdigung aller Umstände Anlass besteht, am verkehrsgerechten Verhalten des Fußgängers zu zweifeln.

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Diese Woche geht es um die Darlegungslast zu der Frage, ob ein Unfallgeschädigter erwerbsunfähig ist.

Zumutbare Erwerbstätigkeit nach Verkehrsunfall
BGH, Urteil vom 24. Januar 2023 – VI ZR 152/21

Der VI. Zivilsenat befasst sich mit der Verteilung der Darlegungslast, wenn ein Unfallgeschädigter Ersatz für Verdienstausfall begehrt.

Bei einem Verkehrsunfall im August 2001, für dessen Folgen der beklagte Haftpflichtversicherer voll einzustehen hat, ist die damals 48 Jahre alte Geschädigte schwer verletzt worden. Sie verlor deshalb ihren Arbeitsplatz als Bürokauffrau. Mehrere Gutachter kamen zu dem Ergebnis, dass die Geschädigte ab 2006 wieder erwerbsfähig sein werde. Im Dezember 2006 nahm das Arbeitsamt die Geschädigte aus der Vermittlung heraus, da sie nach Begutachtung durch einen Arzt als nicht mehr vermittlungsfähig erachtet wurde. Der klagende Rentenversicherungsträger trug die Aufwendungen für Rehabilitationsmaßnahmen und zahlte bis 2018 eine Rente wegen Erwerbsminderung. Er verlangt von der Beklagten Erstattung der erbrachten Zahlungen in Höhe von rund 185.000 Euro.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das OLG hat die Klage bis auf einen Betrag von rund 1.300 Euro abgewiesen.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Das OLG ist im Ansatz zu Recht davon ausgegangen, dass der auf den Kläger übergegangene Ersatzanspruch gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB zu kürzen ist, wenn sich die Geschädigte nicht hinreichend um die Wiederaufnahme einer Berufstätigkeit bemüht hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür liegt beim Schädiger. Den Geschädigten trifft aber eine sekundäre Darlegungslast. Er muss vortragen, welche Bemühungen er unternommen hat, um einen angemessenen Arbeitsplatz zu finden.

Entgegen der Auffassung des OLG können von einem Geschädigten, den das Arbeitsamt als nicht vermittlungsfähig ansieht, grundsätzlich keine weitere Eigeninitiative zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und keine weiteren Bemühungen um Rehabilitationsmaßnahmen erwartet werden.

Darüber hinaus hätte das Berufungsgericht einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nicht zum Anlass nehmen dürfen, den Ersatzanspruch um eine Quote zu kürzen oder durch Ansetzen eines Mitverschuldensanteils von 100 % auf Null zu reduzieren. Vielmehr wären gegebenenfalls Feststellungen dazu zu treffen, welche Einkünfte die Geschädigte bei hinreichenden Bemühungen hätte erzielen können, und der zu ersetzende Betrag um diese Beträge zu verringern. Die Darlegungs- und Beweislast liegt insoweit ebenfalls beim Schädiger. Den Geschädigten kann aber eine sekundäre Beweislast treffen, wenn der Schädiger eine Verdienstmöglichkeit hinreichend substantiiert vorträgt.

Praxistipp: Eine sekundäre Darlegungslast führt nicht zu einem Übergang der Beweislast. Kommt der Gegner seiner sekundären Darlegungslast nach, liegt es an der beweisbelasteten Partei, dieses Vorbringen zu widerlegen.

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Diese Woche geht es um die Voraussetzungen der Haftung für die Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs.

Explosion der ausgebauten Batterie eines Elektrorollers
BGH, Urteil vom 24. Januar 2023 – VI ZR 1234/20

Der VI. Zivilsenat befasst sich mit den Grenzen der Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG.

Ein Versicherungsnehmer der beklagten Haftpflichtversicherung brachte seinen Elektroroller zur Inspektion in Werkstatträume, die bei der klagenden Gebäudeversicherung versichert waren. Ein Mitarbeiter der Werkstatt entnahm die Batterie des Rollers und begann sie aufzuladen. Als er bemerkte, dass sie sich stark erhitzte, trennte er sie vom Stromnetz und legte sie zur Abkühlung auf den Boden der Werkstatt. Kurz darauf explodierte die Batterie und setzte das Gebäude in Brand.

Die Klage auf Ersatz des Brandschadens blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Die vom BGH zugelassene Revision der Klägerin hat ebenfalls keinen Erfolg.

Entgegen der Auffassung des OLG fehlt es an dem für die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG erforderlichen Zusammenhang zu der vom Fahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr allerdings nicht schon deshalb, weil der Roller zur Inspektion in einer Werkstatt war. Ein Schaden, der durch eine Betriebseinrichtung des Fahrzeugs verursacht wird, geht auch dann auf die Betriebsgefahr zurück, wenn er unabhängig vom Fahrbetrieb eingetreten ist.

Die Berufungsentscheidung erweist sich jedoch im Ergebnis als zutreffend, weil die Batterie im Zeitpunkt des Schadenseintritts nicht mehr in das Fahrzeug eingebaut war. Nach dem Ausbau ist die Batterie nicht anders zu beurteilen als ein anderes Bauteil, das erstmals in das Fahrzeug eingebaut werden soll. Der Umstand, dass die Batterie sich zuvor im Elektroroller befand und sich dort entladen hatte, begründet noch keinen hinreichenden Zusammenhang zum Fahrbetrieb.

Praxistipp: Der Zurechnungszusammenhang kann trotz vorherigen Ausbaus zu bejahen sein, wenn der Schaden in nahem örtlichem und zeitlichem Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang steht. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn die Batterie aufgrund starker Belastung im Fahrbetrieb schon bei der Ankunft in der Werkstatt überhitzt war und dieser Umstand für den Schaden ursächlich geworden ist.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Schadensberechnung nach einer Teilreparatur des beschädigten Unfallfahrzeugs.

Keine Umsatzsteuer bei Abrechnung auf Basis fiktiver Reparaturkosten
Urteil vom 5. April 2022 – VI ZR 7/21

Mit der Reichweite von § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB befasst sich der VI. Zivilsenat.

Das Fahrzeug der Klägerin wurde bei einem Verkehrsunfall beschädigt. Die Beklagte hat als Haftpflichtversicherer für die Unfallfolgen einzustehen. Ein von der Klägerin beauftragter Sachverständiger bezifferte die Reparaturkosten auf rund 5.500 Euro netto. Die Beklagte erstattete diesen Betrag. Die Klägerin ließ für rund 4.400 Euro netto eine Teilreparatur durchführen. Sie begehrt Zahlung der darauf angefallenen Umsatzsteuer in Höhe von rund 850 Euro. Die Klage blieb in den beiden ersten Instanzen ohne Erfolg

Die Revision der Klägerin hat ebenfalls keinen Erfolg.

Der BGH lässt offen, ob die durchgeführte Reparatur notwendig war, um das Fahrzeug in einen verkehrs- und betriebssicheren Zustand zu versetzen. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, stünde der Klägerin gemäß § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB kein Anspruch auf Erstattung von Umsatzsteuer zu, weil sie ihren Schaden nicht anhand der tatsächlich angefallenen Kosten für die Teilreparatur berechnet hat, sondern anhand der fiktiven Kosten einer vollständigen Reparatur. Eine Kombination der beiden Berechnungsarten ist unzulässig. Dies gilt auch im Falle einer Teilreparatur.

Praxistipp: Übersteigen die Kosten der Teilreparatur einschließlich Umsatzsteuer die bereits erstatteten fiktiven Kosten einer vollständigen Reparatur, darf der Geschädigte nachträglich die Abrechnungsmethode wechseln.

OLG Hamm: Anfechtung einer gemischten Kostenentscheidung und zur Prüffrist der Kfz-Haftpflichtversicherung

Mit einigen interessanten und alltäglichen Fragen hat sich das OLG Hamm (Beschl. v. 19.10.2021 – I-7 W 11/21) befasst. Im Rahmen eines Verkehrsunfalls war darüber zu befinden, ob der Geschädigte zu früh geklagt hatte. Das LG hat eine verfrühte Klage bejaht und dem Kläger die Kosten des gesamten Verfahrens auferlegt. Die Kostenentscheidung beruhte überwiegend auf § 91a ZPO (soweit die Beklagte zu 1), dies war die Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 2) bezahlt hatte). Durch den streitigen Teil der Entscheidung war der Kläger allerdings nur mit 350 Euro beschwert. Der Kläger legte gleichwohl Berufung und sofortige Beschwerde ein.

Die Berufung ist offensichtlich unzulässig, da es an der erforderlichen Mindestbeschwer von mehr als 600 Euro fehlt (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Der Wunsch des Klägers, die Kostenentscheidung des LG auch insoweit zu Fall zu bringen, ändert daran nichts. Denn gemäß § 99 Abs. 1 ZPO ist eine Kostenentscheidung nicht anfechtbar, wenn über die Hauptsache durch Urteil entschieden wurde, dieses Urteil aber nicht anfechtbar ist. Der Anteil der Kosten, über den streitig entschieden wurde, verbleibt daher bei dem Kläger. Anders sieht es mit dem Teil der Kosten aus, über den das LG nach § 91a ZPO entschieden hat. Dieser Teil kann gemäß § 91a Abs. 2 Satz 1 ZPO durch die sofortige Beschwerde (die erforderliche Beschwer war hier gegeben) angefochten werden.

Im Rahmen der Begründetheit der Beschwerde konnte unproblematisch festgestellt werden, dass sich die Beklagte in Verzug befunden hat, denn der Rechtsanwalt des Klägers hatte mehrfach gemahnt. Allerdings muss einer Haftpflichtversicherung eine angemessene Prüfungsfrist für die geltend gemachten Ansprüche zugestanden werden. Diese Frist kann nicht allgemein festgelegt werden, sondern ist vom Einzelfall abhängig. Hier war das geparkte Fahrzeug des Klägers durch ein bei der Beklagten versichertes Fahrzeug beschädigt worden. Es handelte sich damit um einen einfach gelagerten Sachverhalt mit einer klaren Haftungslage. Der Klägervertreter hatte bei der Geltendmachung der Ansprüche bereits den Polizeibericht mitgeschickt. Unter diesen Umständen hält das OLG eine Frist von vier Wochen, die zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits abgelaufen war, für angemessen und ausreichend. Die Inverzugsetzung der Beklagten zu 1) (der Versicherung) wirkt hier – entgegen § 425 Abs. 2 BGB –auch gegen den Beklagten zu 2), und zwar aufgrund der in den AKB eingeräumten Regulierungsvollmacht.

Demgemäß ändert das OLG die Kostenentscheidung des LG ab und legt den Beklagten als Gesamtschuldner den überwiegenden Kostenanteil auf. Lediglich der rechtkräftig gewordene Anteil verbleibt bei dem Kläger.