Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Reichweite der Verjährungseinrede.

Verjährung des Anspruchs auf Verschaffung des Eigentums an einem Grundstück
BGH, Urteil vom 13. Oktober 2023 – V ZR 161/22

Der V. Zivilsenat befasst sich mit der Unterscheidung zwischen Leistungshandlung und Leistungserfolg.

Der Vater der beiden Parteien hatte dem Kläger im Jahr 2002 ein notarielles Angebot zum Verkauf mehrerer Grundstücke zum Preis von 6 Euro pro Quadratmeter unterbreitet. Am 30.12.2009 – einen Tag vor Ablauf der hierfür vorgesehenen Frist – nahm der Kläger das Angebot an. Nach dem Vertrag ist der Kaufpreis fällig, sobald die Löschung der im Grundbuch eingetragenen Grundpfandrechte nachgewiesen ist. Der Notar darf den Antrag auf Umschreibung des Eigentums erst dann stellen, wenn der Verkäufer den Erhalt des Kaufpreises schriftlich bestätigt hat. In der Folgezeit kam es weder zur Löschung der Grundpfandrechte noch zur Zahlung des Kaufpreises.

Mit seiner Anfang Dezember 2019 eingereichten und kurz darauf zugestellten Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten als alleinigem Erben des im Jahr 2015 verstorbenen Vaters die Zustimmung zur Löschung der Grundpfandrechte und die Übergabe von Löschungsbewilligungen und Grundpfandbriefen an den Vollzugsnotar.

Während des Rechtsstreits hat der Kläger den Kaufpreis für die Grundstücke beim Amtsgericht hinterlegt. Der Notar erteilte ihm daraufhin eine Ausfertigung der Auflassungserklärung und der Eintragungsbewilligung. Der Kläger reichte diese Unterlagen beim Grundbuchamt ein. Die Umschreibung ist noch nicht erfolgt.

Das LG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das OLG hat die Klage abgewiesen.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Zu Recht hat das OLG entschieden, dass der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Löschung der dinglichen Belastungen nicht verjährt ist. Selbst wenn die Zehnjahresfrist des § 196 BGB mit Abschluss des Kaufvertrags Ende Dezember 2009 begonnen hat, wurde sie durch die Anfang Dezember 2019 eingereichte und demnächst zugestellte Klage wirksam gehemmt.

Entgegen der Auffassung des OLG steht dem Klageanspruch nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Dieser wäre zwar begründet, wenn der Anspruch auf Übereignung wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbar wäre. Im Streitfall kann der Beklagte den Eigentumserwerb durch den Kläger aber trotz Verjährung des Übereignungsanspruchs nicht mehr verhindern.

Der Anspruch auf Übereignung der Grundstücke ist zwar noch nicht erfüllt, weil der Kläger noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Der Kläger kann sich das Eigentum aber ohne Mitwirkung des Beklagten verschaffen, weil die zur Übertragung des Eigentums erforderlichen Erklärungen bereits abgegeben sind.

Dass der Notar den Antrag erst nach Bestätigung der Kaufpreiszahlung durch den Beklagten beim Grundbuchamt einreichen durfte, ist unerheblich. Nach der Hinterlegung des Kaufpreises durfte der Kläger vom Notar die Herausgabe der erforderlichen Unterlagen verlangen und diese selbst beim Grundbuchamt einreichen, wie dies mittlerweile auch geschehen ist.

Praxistipp: Die Entscheidung zeigt anschaulich, dass vor Erhebung einer zur Verjährungshemmung gebotenen Klage sorgfältig geprüft werden muss, welcher Mitwirkungshandlungen des Schuldners es bedarf und welchen Leistungserfolg der Gläubiger selbst herbeiführen kann. Im Zweifel sollte lieber „zu viel“ in den Klageantrag aufgenommen werden als „zu wenig“.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Beweislast für die Ursächlichkeit einer notariellen Amtspflichtverletzung für den Eintritt eines Schadens.

Schadensursächlichkeit einer notariellen Amtspflichtverletzung
BGH, Urteil vom 16. Februar 2023 – III ZR 210/21

Der III. Zivilsenat befasst sich mit der Beweislast hinsichtlich der Frage, wie sich ein Dritter bei pflichtgemäßem Verhalten des in Anspruch genommenen Notars verhalten hätte.

Die als Leasinggeberin tätige Klägerin erhielt die Anfrage einer GmbH zur Finanzierung einer Digitaldruckmaschine für 129.000 Euro. Die Klägerin genehmigte die Finanzierung unter der Auflage, dass der Geschäftsführer der GmbH als Bürge eintritt und dass eine Grundschuld in Höhe von 100.000 Euro bestellt wird. Die GmbH schloss daraufhin den Kaufvertrag mit der Verkäuferin ab und reichte bei der Klägerin ein Formular ein, in dem sie den Abschluss eines Leasingvertrags anbot. Nach Lieferung der Maschine erklärte die Klägerin die Übernahme des Kaufvertrags und die Annahme des Leasingvertrags.

Eigentümer des betroffenen Grundstücks war der Sohn des Geschäftsführers. Dieser ließ kurz nach dem Abschluss der Verträge beim Beklagten seine Unterschrift auf einer von der Klägerin vorbereiteten Zweckerklärung beglaubigen. Der Beklagte sandte eine Kopie dieser Erklärung sowie eines Eintragungsersuchens an das Grundbuchamt an die Klägerin. Im Begleitschreiben teilte er mit, er habe die „beiliegende Grundschuldbestellungsurkunde“ beim Amtsgericht eingereicht. Nach dieser Mitteilung zahlte die Klägerin den Kaufpreis an die Verkäuferin der Druckmaschine.

In der Folgezeit wies das Amtsgericht den Eintragungsantrag zurück, weil lediglich die Zweckerklärung vorliege, nicht aber eine Eintragungsbewilligung. Der Beklagte entwarf daraufhin eine Grundschuldbestellungsurkunde und bat den Grundstückseigentümer, diese zu unterschreiben. Dieser lehnte ab.

Wenige Monate später starb der Geschäftsführer der Leasingnehmerin. Im weiteren Verlauf fiel die Leasingnehmerin in Insolvenz. Eine auf die Zweckerklärung gestützte Klage gegen den Sohn blieb erfolglos. Nunmehr begehrt die Klägerin vom beklagten Notar Ersatz von 100.000 Euro, weil dieser es versäumt habe, schon bei der Beglaubigung der Zweckerklärung eine Grundschuldbestellungsurkunde zu erstellen und ebenfalls zu beglaubigen, und weil er die Klägerin durch die unzutreffende Auskunft zur Zahlung des Kaufpreises veranlasst habe.

Das LG wies die Klage ab. Das OLG verurteilte den Beklagten antragsgemäß.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Der Beklagte hat allerdings seine Amtspflichten verletzt, weil er bei der Beglaubigung der Zweckerklärung nicht geprüft hat, ob alle für die Bestellung der Grundschuld erforderlichen Unterlagen vorliegen.

Entgegen der Auffassung des OLG liegt die Beweislast hinsichtlich der Frage, ob der Grundstückseigentümer die Grundschuldbestellungsurkunde bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten unterschrieben hätte, nicht beim Beklagten, sondern bei der Klägerin.

Ein Notar trägt allerdings die Beweislast für eine zur Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs führende hypothetische andere Schadensursache, wenn er schon durch die pflichtwidrige Beurkundung eines Vertrags einen Schaden verursacht hat. Im Streitfall ist der geltend gemachte Schaden nach dem Vortrag der Klägerin aber nicht durch eine Beurkundung oder Beglaubigung entstanden, sondern dadurch, dass der Beklagte pflichtwidrig von einer Beglaubigung abgesehen hat. In dieser Konstellation betrifft die Frage, ob es bei pflichtgemäßem Verhalten zu der Beglaubigung gekommen wäre, den haftungsbegründenden Ursachenzusammenhang. Die Beweislast dafür liegt beim Anspruchsteller.

Ein Ersatzanspruch lässt sich auch nicht auf die unzutreffende Mitteilung des Beklagten in dem an die Klägerin übersandten Begleitschreiben stützen. Die Klägerin hat den Kaufpreis zwar im Vertrauen auf die darin enthaltene Mitteilung bezahlt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung der Grundschuld vorliegen. Sie wäre aber ohnehin zur Zahlung verpflichtet gewesen, weil sie den Leasingvertrag bereits abgeschlossen hatte, ohne dessen Wirksamkeit von der Bestellung der Grundschuld abhängig zu machen.

Praxistipp: Um die Beweislage zu verbessern, sollte der Ersatzanspruch möglichst auf Pflichtverletzungen gestützt werden, die ohne weiteres zum Eintritt des Schadens geführt haben. Der Streitfall zeigt indes, dass dies nicht immer möglich ist.

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Diese Woche geht es um die Voraussetzungen für die wirksame Eintragung eines Rechts zum Verweilen auf einem Grundstück

Grunddienstbarkeit für Verweilrecht
Urteil vom 14. Januar 2022 – V ZR 245/20

Mit den Anforderungen aus § 873 Abs. 1 und den Grenzen des § 874 Satz 1 BGB befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Kläger sind Eigentümer eines mit einem Reihenhaus bebauten Grundstücks, das zu einer im Rechteck angeordneten Wohnsiedlung gehört. Der Beklagten gehört das in der Mitte der Anlage gelegene Grundstück, das mit einem Blockheizkraftwerk bebaut ist und im Übrigen als Grünfläche genutzt wird. Zugunsten der jeweiligen Eigentümer der umliegenden Grundstücke ist im Grundbuch ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht eingetragen. In der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung ist vorgesehen, dass die Berechtigten das belastete Grundstück zum Verweilen, zum Gehen und Befahren mit Zweirädern und Handkarren und zum Verlegen, Haben und Unterhalten von Ver- und Entsorgungsleitungen mitbenutzen dürfen. Die Beklagte beabsichtigt, das belastete Grundstück mit vier Reihenhäusern zu bebauen. Dagegen wenden sich die Kläger im Wege der Unterlassungsklage.

Die Klage war in den beiden ersten Instanzen erfolgreich.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Das Recht zum Verweilen, d.h. zum Aufenthalt und zum beliebigen Hin- und Hergehen auf dem dienenden Grundstück kann gemäß § 1018 BGB zulässiger Inhalt einer Grunddienstbarkeit sein. Der Inhalt eines solchen Rechts bleibt hinter dem Inhalt eines Nießbrauchs zurück, weil es keine umfassende Nutzung erlaubt.

Damit das Recht wirksam entsteht, muss die Berechtigung zum Verweilen gemäß § 873 Abs. 1 BGB aus der Eintragung im Grundbuch hervorgehen. Eine Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung gemäß § 874 Satz 1 BGB reicht nur aus, soweit es um nähere Einzelheiten geht. Der wesentliche Inhalt des Benutzungsrechts muss hingegen zumindest schlagwortartig aus dem Grundbuch selbst hervorgehen.

Im Streitfall reichen die im Grundbuch eingetragenen Schlagwörter (Geh-, Fahr- und Leitungsrecht) zur Charakterisierung als Verweilrecht nicht aus. Ein Geh- und Fahrrecht begründet lediglich die Berechtigung, das Grundstück zu überqueren, nicht aber, darauf zu verweilen oder beliebig hin- und herzugehen. Ein Verweilrecht ist deshalb nicht wirksam entstanden.

Das OLG muss nach der Zurückverweisung prüfen, ob die geplante Bebauung die Grunddienstbarkeit in ihrem wirksam gewordenen Umfang beeinträchtigt.

Praxistipp: Wenn sich die Eintragung als unzureichend erweist, ist derjenige, der sich vertraglich zur Einräumung der Grunddienstbarkeit verpflichtet hat, grundsätzlich zur Mitwirkung an einer ordnungsgemäßen Eintragung verpflichtet. Ein späterer Erwerber des belasteten Grundstücks ist an eine solche Vereinbarung grundsätzlich nicht gebunden.

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Diese Woche geht es um formelle Fragen aus dem Bereich des Grundbuchrechts.

Bedingung oder Befristung dinglicher Rechte an einem Grundstück
Beschluss vom 1. Oktober 2020 – V ZB 51/20

Mit den Voraussetzungen für die Löschung einer Reallast befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, das mit einer Reallast belastet ist. Das Recht war im Jahr 2009 aufgrund einer Bewilligung des damaligen Eigentümers eingetragen worden. Laut dieser Erklärung dient das Recht der Sicherung eines für die Lebensdauer der Berechtigten bestehenden vertraglichen Rentenanspruchs. Die Antragstellerin hat eine Sterbeurkunde vorgelegt, laut der die Berechtigte im Januar 2018 verstorben ist. Sie begehrt die Löschung des Rechts im Grundbuch. Das AG hat ihr durch Zwischenverfügung aufgegeben, eine Löschungsbewilligung der Erben der Berechtigten sowie einen Erbennachweis einzureichen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben.

Der BGH hebt die angefochtenen Entscheidungen aus formellen Gründen auf, bestätigt diese aber in der Sache.

Die Zwischenverfügung ist formell unzulässig. Nach der Rechtsprechung des BGH darf eine Zwischenverfügung gemäß § 18 GBO nur ergehen, wenn der Mangel des Antrags mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn eine erst noch zu erklärende Eintragungsbewilligung erforderlich ist.

In seinen Hinweisen für das weitere Verfahren stellt der BGH klar, dass die inhaltliche Beurteilung durch das OLG zutreffend ist.

Eine Bewilligung der Erben wäre nach § 23 GBO entbehrlich, wenn die eingetragene Reallast auf die Lebenszeit der Berechtigten befristet wäre. Eine solche Befristung muss jedoch aus dem Grundbuch selbst ersichtlich sein. Nach § 874 BGB kann die Eintragung zwar zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts auf die Eintragungsbewilligung Bezug nehmen. Eine Bedingung oder Befristung stellt aber nicht lediglich eine nähere Bezeichnung des Inhalts dar. Sie betrifft den rechtlichen Bestand des eingetragenen Rechts, nicht nur dessen nähere Ausgestaltung. Eine Bezugnahme auf die Bewilligung ist nur hinsichtlich weiterer Einzelheiten zulässig, etwa hinsichtlich der Fristdauer.

Eine Bewilligung der Erben wäre gemäß § 22 Abs. 1 GBO auch dann entbehrlich, wenn sich die dingliche Einigung (§ 873 BGB) zwischen dem Berechtigten und dem damaligen Grundstückseigentümer auf ein befristetes Recht bezogen hätte. In diesem Falle wäre das Grundbuch unrichtig, soweit es das Recht als unbefristet ausweist. Die Unrichtigkeit muss aber gemäß § 29 Abs. 1 GBO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Die vorgelegte Eintragungsbewilligung genügt zwar dieser Form. Sie enthält aber nur eine Erklärung des Eigentümers und lässt nicht erkennen, ob die Berechtigte einer Befristung zugestimmt hat. Eine solche Zustimmung könnte zwar in einem öffentlich beglaubigten Eintragungsantrag der Berechtigten zu sehen sein. Im Streitfall ist der Eintragungsantrag aber vom Eigentümer gestellt worden.

Praxistipp: Die Entscheidung zeigt eindrucksvoll, wie wichtig es sein kann, dass eine Grundbucheintragung vom Betroffenen bewilligt und vom Begünstigten beantragt wird.