Montagsblog: Neues vom BGH

Im Montagsblog Nr. 300 geht es um die teilweise Überlassung gemieteten Wohnraums an Dritte.

Teilweise Gebrauchsüberlassung bei Einzimmerwohnung
BGH, Urteil vom 13. September 2023 – VIII ZR 109/22

Der VIII. Zivilsenat befasst sich mit dem Tatbestand des § 553 Abs. 1 BGB.

Der Kläger ist seit dem Jahr 2000 Mieter einer Einzimmerwohnung in Berlin. Im Jahr 2021 bat er die beklagten Vermieter wegen eines beruflichen Auslandsaufenthalts um die Erlaubnis, die Wohnung für rund 18 Monate an einen namentlich benannten Dritten unterzuvermieten. Die Beklagten lehnten dies ab.

Die auf Erlaubnis der Untervermietung eines Teils der Wohnung gerichtete Klage blieb in erster Instanz erfolglos. Das LG hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt

Die Revision der Beklagten bleibt erfolglos.

Das LG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Untervermietung eines „Teils des Wohnraums“ im Sinne von § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB auch bei einer Einzimmerwohnung in Betracht kommt. Dieses Merkmal ist regelmäßig bereits dann erfüllt, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem vermieteten Wohnraum nicht vollständig aufgibt.

Im Streitfall betrifft die Untervermietung danach nur einen Teil des Wohnraums, weil der Kläger während seiner Abwesenheit in einem Schrank und einer Kommode persönliche Gegenstände aufbewahrt hat, und zwar in einem durch einen Vorhang abgetrennten, nur von ihm zu nutzenden Teil des Flurs von der Größe eines Quadratmeters, und weil er im Besitz eines Wohnungsschlüssels geblieben ist.

Der befristete Auslandsaufenthalt des Klägers und sein Wunsch, seine Mietaufwendungen während dieses Zeitraums zu verringern, begründen ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung. Besondere Gründe, die die Untervermietung für die Beklagten unzumutbar machen könnten, sind nicht ersichtlich.

Dass der Kläger die Wohnung trotz Versagung der Erlaubnis untervermietet hat, begründet zwar eine Vertragsverletzung. Diese berechtigt die Beklagten aber nicht zur fristlosen Kündigung, weil sie zur Erteilung der Erlaubnis verpflichtet waren.

Praxistipp: Die von der Untervermietung betroffenen Teile der Wohnung müssen im Klageantrag, jedenfalls aber in der Klagebegründung hinreichend konkret bezeichnet werden.

BAG: Entscheidung über einen nicht protokollierten Antrag

Der BAG hat mit Urt. v. 9.2.2022 – 5 AZR 347/21 über einen Verfahrensfehler im Zivilprozess, der zur Aufhebung eines Urteils führen musste, entschieden.

In einem Schlussurteil hatte das LAG entschieden, dass dem Kläger eine Vergütung wegen Annahmeverzugs für das Jahr 2016 nicht zustand. Dieser Antrag in dem ansonsten recht umfangreichen Prozess war erst in der Berufungsinstanz neu eingeführt worden. Ausweislich des Tatbestandes des Urteils des LAG war der entsprechende Antrag von dem Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellt worden. Gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO sind die Anträge allerdings auch im Protokoll festzuhalten. Wenn dies unterbleibt, darf das Gericht nicht darüber entscheiden. Im Protokoll war der Antrag bezüglich des Annahmeverzugs für das Jahr 2016 jedoch nicht aufgeführt. Damit widersprachen sich Tatbestand und Protokoll. In einem solchen Fall geht das Protokoll vor (§ 165 S. 1 ZPO). Der Antrag bezüglich des Annahmeverzugs für das Jahr 2016 gilt daher als nicht gestellt, obwohl nach dem gesamten Verlauf der Angelegenheit offensichtlich war, dass es sich um ein Versehen des LAG gehandelt hatte, zumal der Kläger den Antrag nicht zurückgenommen hatte. Darüber hinaus ergab sich schon aus der Nichtzulassungsbeschwerde, dass der Kläger eine Entscheidung über diesen Antrag begehrt hatte.

Die Konsequenz: Damit hat das LAG gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen. Dieser Fehler nötigt das Revisionsgericht, das Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das LAG zurückzuverweisen, damit der Kläger dort nochmals ordnungsgemäß seine Anträge stellen kann.

Fazit: Auch das BAG fällt durchaus häufig zivilprozessrechtlich interessante Entscheidungen! Der Fall zeigt mit Deutlichkeit, wie wichtig es sowohl für das Gericht als auch für die Rechtsanwälte ist, auf eine ordnungsgemäße Antragstellung in der mündlichen Verhandlung zu achten. Hier darf nichts schiefgehen. Ein Teil jeder Terminsvorbereitung muss daher immer sein: Das Herausarbeiten der richtigen Anträge. Die Folgen können sonst mehr als ärgerlich sein.

Montagsblog: Neues vom BGH

Welche Schwierigkeiten bei der Anrechnung von Teilzahlungen auf offene Mietforderungen entstehen können, zeigt eindrucksvoll eine Entscheidung des VIII. Zivilsenats

Klage auf rückständige Bruttomiete
Urteil vom 21. März 2018 – VIII ZR 68/17

Der VIII. Zivilsenat befasst sich mit der Bestimmtheit eines auf Zahlung rückständiger Bruttomiete gerichteten Klageantrags.

Die Klägerin hatte an den Beklagten eine Wohnung vermietet. Die monatliche Kaltmiete betrug rund 600 Euro, die Vorauszahlung auf die Nebenkosten rund 150 Euro. Die Klage war auf rückständige Miete in Höhe von rund 13.500 Euro für einen Zeitraum von rund 18 Monaten gerichtet. Zur Aufschlüsselung der Klageforderung bezog sie sich auf eine (im Tatbestand des Urteils wiedergegebene) Tabelle, in der für jeden Monat die Miete sowie angefallene Kosten für Rücklastschriften, Mahnungen und Rechtsanwälte, die (nur sehr sporadisch) erbrachten Zahlungen und der insgesamt offene Rückstand aufgelistet waren. Das AG wies die Klage als unzulässig ab. Die Berufung blieb erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das LG zurück. Er zeigt in 55 Randnummern und mit 14 (auf drei Gliederungsebenen verteilten) Leitsätzen auf, dass der Klageantrag entgegen der Auffassung der Vorinstanzen hinreichend bestimmt ist. Zentrale Bedeutung misst er hierbei der Anrechnungsvorschrift des § 366 Abs. 2 BGB bei. Wenn sich aus dem Klagevortrag nichts Abweichendes ergibt, ist davon auszugehen, dass der Kläger die Forderungen einklagt, die sich ergeben, wenn auf die aufgelisteten Ansprüche die angegebenen Zahlungen und Gutschriften nach Maßgabe dieser Vorschrift angerechnet werden. Sie ist sowohl im Verhältnis zwischen den Forderungen für die einzelnen Monate als auch – insoweit analog – im Verhältnis zwischen dem Anspruch auf Kaltmiete und dem Anspruch auf Nebenkostenvorauszahlung für einen einzelnen Monat anzuwenden. Für die Reihenfolge der Anrechnung sind zwei Kriterien maßgeblich: In erster Linie sind die Nebenkosten zu berücksichtigen, weil diese nur in beschränktem Umfang nachgefordert werden können. Innerhalb derselben Kategorie ist zunächst die älteste Forderung zu berücksichtigen.

Praxistipp: Um unnötige Auseinandersetzungen zu vermeiden, dürfte es in der Regel zweckmäßig sein, dass der Kläger die Zuordnung der Zahlungen selbst vornimmt und nicht darauf hofft, dass ihm das Gericht diese Arbeit abnehmen wird. Ergänzend empfiehlt sich die Klarstellung, dass die Anrechnung nach § 366 Abs. 2 BGB erfolgen soll, sofern sich die vorgenommene Zuordnung als unzureichend erweisen sollte.