Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um den Anwendungsbereich der Regeln über die Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Individuell vereinbarte Bestimmung als Allgemeine Geschäftsbedingung
BGH, Urteil vom 13. November 2025 – III ZR 165/24

Der III. Zivilsenat befasst sich mit der AGB-Kontrolle von Vertragsverhältnissen mit mehr als zwei Parteien.

Die Kläger kauften im August 2015 von einer Projektentwicklungsgesellschaft eine noch zu errichtende Eigentumswohnung in einem für Ferienhäuser und -wohnungen vorgesehenen Baugebiet.

Die Verkäuferin hatte sich gegenüber der für die Bauplanung zuständigen Gemeinde verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass alle Einheiten der Anlage in den ersten zehn Jahren nach Fertigstellung über einen einzigen Vermittler weitgehend an Feriengäste vermietet werden. Zur Umsetzung dieser Verpflichtung hatte sie als vollmachtlose Vertreterin der künftigen Wohnungseigentümer im Juli 2015 einen Vermittlungsvertrag mit der Beklagten geschlossen. Dieser sah in § 9 Nr. 1 eine Laufzeit bis Anfang 2020 und in § 9 Nr. 3 eine Laufzeit bis mindestens Anfang 2027 vor.

Die Kläger erklärten im Kaufvertrag über ihre Wohnung, dass sie in die Rechte und Pflichten aus dem Vermittlungsvertrag eintreten. Im Februar 2022 kündigten sie den Vermittlungsvertrag und machten geltend, die Vereinbarung über die Laufzeit des Vertrags sei unwirksam. In der Folgezeit verwehrten sie eine Vermietung der Wohnung. Im Oktober 2022 erklärten sie erneut die Kündigung.

Die Kläger haben die Feststellung beantragt, dass der Vermittlungsvertrag ihnen gegenüber keine Wirkung entfaltet, hilfsweise, dass er wirksam gekündigt worden ist. Die Beklagte hat widerklagend Ersatz entgangener Vermittlungsprovisionen in Höhe von 1.298 Euro begehrt.

Das LG hat die Klage abgewiesen und die Kläger entsprechend der Widerklage verurteilt. Das OLG hat festgestellt, dass der Vermittlungsvertrag seit Oktober 2022 beendet ist, und den auf die Widerklage zu zahlenden Betrag auf 893 Euro reduziert.

Der BGH weist die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Kläger zurück.

Aufgrund der nicht angefochtenen Abweisung des mit der Klage geltend gemachten Hauptantrags steht rechtskräftig fest, dass der Vermittlungsvertrag zwischen den Parteien wirksam zustande gekommen ist.

Im Ergebnis zu Recht hat das OLG angenommen, dass die Kläger den Vertrag im Oktober 2022 wirksam gekündigt haben. Die Vereinbarung über die Laufzeit ist jedenfalls wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

Die Vereinbarung unterliegt der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB, obwohl sie zwischen der Beklagten und der Projektentwicklungsgesellschaft individuell ausgehandelt worden ist. Ausschlaggebend hierfür ist, dass die Projektgesellschaft nur als Vertreterin ohne Vertretungsmacht gehandelt hat, die ausgehandelten Bestimmungen für eine Vielzahl von Vertragsverhältnissen mit den einzelnen Käufern der Wohnungen vorgesehen waren und diesen gegenüber weder die Projektgesellschaft noch die Beklagte zu Verhandlungen über den Inhalt der Vereinbarung bereit waren.

Die Anschlussrevision der Kläger bleibt erfolglos, weil nicht bewiesen ist, dass die Kündigung vom Februar 2022 der Beklagten zugegangen ist. Diesbezüglicher Tatsachenvortrag im Revisionsverfahren ist nach § 559 Abs. 1 ZPO unzulässig.

Praxistipp: Eine Anschlussrevision ist auch dann zulässig, wenn die Revision nur zugunsten einer Partei zugelassen worden ist.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Abgrenzung zwischen einer Vertragsstrafe und einer Vereins- oder Verbandsstrafe.

Vertragsstrafevereinbarung in der Gemeinschaftsordnung einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
BGH, Urteil vom 24. Oktober 2025 – V ZB 129/24

Der V. Zivilsenat entscheidet, dass die §§ 339 ff. BGB jedenfalls für bestimmte Konstellationen anwendbar sind.

Die Beklagte zu 1, eine GmbH & Co. KG mit der Beklagten zu 2 als persönlich haftender Gesellschafterin, ist Sondereigentümerin einer Wohneinheit in einer Wohnungseigentumsanlage. Nach der in der Teilungserklärung enthaltenen Gemeinschaftsordnung ist der Eigentümer dieser Wohneinheit berechtigt, den Dachbereich (mit einer Fläche von über 1000 m²) auszubauen und das Dach aufzustocken. Für den Fall, dass die Bauzeit länger als fünfzehn Monate beträgt, ist eine Konventionalstrafe an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Höhe von 15 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche und Monat vorgesehen.

Die Bauzeit ist um mehr als ein Jahr überschritten worden. Die klagende Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verlangt deshalb Zahlung von rund 230.000 Euro nebst Zinsen und die Feststellung, dass die Beklagten bis zum Abschluss der Bauarbeiten zu weiteren monatlichen Zahlungen verpflichtet sind.

Die Klage hatte vor dem AG und dem LG Erfolg.

Der BGH verweist die Sache an das LG zurück.

In Literatur und Instanzrechtsprechung ist umstritten, ob eine in der Gemeinschaftsordnung einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vorgesehene Strafe den Regelungen über Strafversprechen (§§ 339 ff. BGB) unterliegt oder als Verbandsstrafe anzusehen ist, die im Hinblick auf Art. 9 Abs. 1 GG einer weniger weitgehenden gerichtlichen Überprüfung unterliegt.

Der BGH entscheidet die Frage nicht abschließend. Die im Streitfall vereinbarte Strafe sieht er aber – wie die Vorinstanzen – als Vertragsstrafe im Sinne von § 339 BGB an.

Für diese Einordnung spricht schon, dass die Strafe im Falle einer Überschreitung der vorgesehenen Bauzeit anfällt, ohne dass es einer Entscheidung der Wohnungseigentümer bedarf. Ob dies ausreicht, lässt der BGH ebenfalls offen. Im Streitfall kommt jedenfalls entscheidend hinzu, dass die Strafe ausdrücklich als Konventionalstrafe bezeichnet ist und dass sie nicht jeden Wohnungseigentümer treffen kann, sondern nur den Ausbauberechtigten.

Der BGH tritt den Vorinstanzen auch darin bei, dass eine Gemeinschaftsordnung Regelungen über eine Vertragsstrafe im Sinne von §§ 339 ff. BGB wirksam treffen kann. Die Vereinbarung einer solchen Regelung ist von der Privatautonomie gedeckt. Die Regelung unterliegt auch nicht einer Inhaltskontrolle nach den Regelungen für Allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 307 ff. BGB) oder einer Missbrauchskontrolle nach § 242 BGB.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist § 343 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach eine verwirkte Strafe auf Antrag des Schuldners durch Urteil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden, wenn sie unverhältnismäßig hoch ist, im Streitfall jedoch anwendbar. Diese Regelung wird nicht durch § 10 Abs. 2 WEG verdrängt, der jedem Wohnungseigentümer das Recht gibt, die Anpassung einer Vereinbarung zu verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint. Ein Antrag auf Herabsetzung der Strafe nach § 343 BGB zielt nicht auf eine Änderung der Gemeinschaftsordnung ab, sondern lediglich auf eine Abmilderung der Risiken aus einer im Voraus erfolgten Pauschalierung der Strafhöhe.

Einer Anwendung von § 343 BGB steht im Streitfall auch nicht der Umstand entgegen, dass die Beklagte zu 1 eine Handelsgesellschaft ist. Nach § 348 HGB kann eine Vertragsstrafe zwar nicht herabgesetzt werden, wenn sie von einem Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes versprochen worden ist. In der Konstellation des Streitfalls erfolgt aber nur der Erwerb des Wohnungseigentums im Betrieb des Handelsgeschäfts. Die Vertragsstrafe ergibt sich hingegen aus dem Eintritt in die Gemeinschaftsordnung. Dieser erfolgt von Gesetzes wegen mit dem Eigentumserwerb.

Das LG wird deshalb prüfen müssen, ob die Strafe nach § 343 BGB herabzusetzen ist.

Praxistipp: Ein Antrag auf Herabsetzung einer Vertragsstrafe gemäß § 343 BGB muss nicht beziffert werden, weil die Höhe des Ermäßigungsbetrags ggf. dem Ermessen des Gerichts unterliegt (BGH, Urteil vom 22. Mai 1968 – VIII ZR 69/66, MDR 1968, 751).

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Beauftragung von Rechtsanwälten und Sachverständigen durch eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern und um die nachträgliche Zustimmung zu entsprechenden Handlungen des Verwalters durch die Gemeinschaft.

Beauftragung von Rechtsanwälten und Sachverständigen durch einen WEG-Verwalter
BGH, Urteil vom 18. Juli 2025 – V ZR 76/24

Der V. Zivilsenat entscheidet einige bislang umstrittene Fragen.

Die Klägerin hat als Bauträgerin eine Wohnungseigentumsanlage errichtet. Sie ist weiterhin Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

Die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche gegen die Klägerin wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum drohte im Oktober 2021 abzulaufen. Die Verwalterin beauftragte deshalb im Frühjahr 2021 im Namen der Gemeinschaft drei Sachverständige mit der Begutachtung der Anlage. Ferner mandatierte sie eine Rechtsanwaltskanzlei Die Sachverständigen stellten Mängel fest, bezifferten den Beseitigungsaufwand mit rund 470.000 Euro und stellten Honorare in Höhe von insgesamt rund 50.000 Euro in Rechnung.

In einer Eigentümerversammlung im Juli 2021 genehmigte die Beklagte die Einschaltung und Vergütung der Sachverständigen und der Rechtsanwaltskanzlei. Ferner beschloss sie, die Kanzlei mit der außergerichtlichen und gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs auf Kostenvorschuss zur Beseitigung der festgestellten Mängel zu beauftragen, und ermächtigte die Verwalterin, eine Vergütungsvereinbarung abzuschließen, deren Stundensätze 300 Euro je Anwaltsstunde und 150 Euro je Sekretariatsstunde nicht überschreitet.

Die von der Klägerin gegen diese Beschlüsse erhobene Anfechtungsklage hatte vor dem AG keinen Erfolg. Das LG erklärte die Beschlüsse für ungültig.

Der BGH stellt das Urteil des AG wieder her.

Entgegen der Auffassung des LG war die Einholung von Vergleichsangeboten vor der Beschlussfassung über die Beauftragung der Rechtsanwaltskanzlei oder der Sachverständigen nicht erforderlich.

Die Einholung von Alternativangeboten dient dem Zweck, den Wohnungseigentümern die Stärken und Schwächen der Leistungsangebote aufzuzeigen. Angebote von Rechtsanwälten und Sachverständigen können diesen Zweck nicht in hinreichendem Maße erfüllen. Die Höhe eines angebotenen Stundenhonorars ist nicht aussagekräftig, weil nicht vorhersehbar ist, wie viele Stunden anfallen werden. Die Qualität der angebotenen Leistung ist ebenfalls nur schwer zu beurteilen.

Die Beauftragung der Anwaltskanzlei entspricht auch im Übrigen einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Die Höhe der Stundensätze ist angesichts der Schwierigkeit der Rechtsmaterie und der Höhe des geltend zu machenden Anspruchs nicht zu beanstanden.

Entgegen der Auffassung des LG ist die Genehmigung der ohne Eigentümerbeschluss erfolgten Auftragserteilungen nicht schon dann unzulässig, wenn mögliche Ersatzansprüche gegen den Verwalter nicht auszuschließen sind. Vielmehr entspricht die Genehmigung einer Maßnahme jedenfalls dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Eigentümer diese Maßnahmen vor ihrer Durchführung hätten beschließen dürfen.

Im Streitfall ergibt sich aus den getroffenen Feststellungen, dass die Beauftragung der Sachverständigen und der Rechtsanwaltskanzlei einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprach. Die Eigentümer hätten diese Maßnahmen mithin im Vorhinein beschließen dürfen und waren deshalb befugt, sie im Nachhinein zu genehmigen.

Praxistipp: Nach der seit 01.12.2020 geltenden Rechtslage kann der Verwalter die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Außenverhältnis grundsätzlich auch ohne vorherige Beschlussfassung wirksam vertreten.

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Diese Woche geht es um das passive Wahlrecht zum Verwaltungsbeirat einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern

Gemeinde als Mitglied eines WEG-Verwaltungsbeirats
BGH, Urteil vom 4. Juli 2025 – V ZR 225/24

Der V. Zivilsenat entscheidet eine in Literatur und Instanzrechtsprechung kontrovers diskutierte Frage.

Die Klägerin wendet sich gegen einen Beschluss der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE), mit dem die Mitarbeiterin einer Gemeinde zum Mitglied des Verwaltungsbeirats bestellt worden ist. Die Mitarbeiterin ist nicht Wohnungseigentümerin, wohl aber die Gemeinde. Im Protokoll der Eigentümerversammlung ist vermerkt, die Mitarbeiterin stelle sich für die Gemeinde zur Wahl.

Das AG hat die gegen den Beschluss gerichtete Anfechtungsklage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Die Revision der Klägerin bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

Die Frage, ob und auf welche Weise eine juristische Person als Wohnungseigentümerin im Verwaltungsbeirat mitwirken kann, wird in Literatur und Instanzrechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Nach einer Auffassung kann die juristische Person selbst Mitglied des Beirats sein. Nach einer anderen Auffassung können nur Organe oder Bevollmächtigte der juristischen Person gewählt werden. Ob solche Personen auch dann gewählt werden können, wenn sie selbst nicht Wohnungseigentümer sind, ist wiederum umstritten.

Der BGH entscheidet die Frage dahin, dass eine juristische Person Mitglied des Verwaltungsbeirats sein kann.

Das Gesetz sieht keine Beschränkung auf natürliche Personen vor. Der Zweck des Gesetzes erfordert eine solche Beschränkung ebenfalls nicht. Die Wahl einer juristischen Person hat zwar zur Folge, dass die anderen Eigentümer keinen unmittelbaren Einfluss darauf haben, welche natürliche Person die Tätigkeit ausführt. Erweist sich das mit der Wahl zum Ausdruck gebrachte Vertrauen als nicht gerechtfertigt, können die Wohnungseigentümer die juristische Person im gesetzlichen Regelfall aber jederzeit und ohne Angabe von Gründen aus dem Beirat abberufen.

Organe oder Bevollmächtigte einer juristischen Person können nach dem Gesetz hingegen nur dann Mitglied des Beirats sein, wenn sie selbst Wohnungseigentümer sind. Diese Voraussetzung liegt im Streitfall nicht vor.

Der angefochtene Beschluss ist dennoch nicht zu beanstanden. Die Vorinstanzen haben ihn fehlerfrei dahin ausgelegt, dass abweichend vom Wortlaut nicht die Mitarbeiterin persönlich gewählt worden ist, sondern die Gemeinde, für die sie sich ausweislich des Versammlungsprotokolls zur Wahl gestellt hat.

Praxistipp: Die Wohnungseigentümer können in der Gemeinschaftsordnung oder einer sonstigen Vereinbarung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG festlegen, dass auch solche Personen Mitglied des Verwaltungsbeirats sein können, die nicht Wohnungseigentümer sind.

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Diese Woche geht es um die Abrechnung von Nebenkosten durch einen der Umsatzsteuerpflicht unterliegenden Vermieter.

Umsatzsteueranteile in Nebenkosten
BGH, Urteil vom 15. Januar 2025 – XII ZR 29/24

Der XII. Zivilsenat befasst sich mit einer komplexen Gemengelage aus Zivil- und Steuerrecht.

Die Klägerin hat von der Beklagten Gewerberäume in einer Wohn- und Teileigentumsanlage angemietet. Der Mietvertrag sieht vor, dass die Klägerin die vereinbarte Miete samt Nebenkosten und die monatlichen Vorauszahlungen zuzüglich der jeweils geltenden Mehrwertsteuer zu zahlen hat. Die Beklagte hat gemäß § 9 Abs. 1 und 2 UStG auf die in § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG vorgesehene Steuerbefreiung für die Vermietung von Grundstücken verzichtet. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat auf die in § 4 Nr. 13 UStG vorgesehene Steuerbefreiung für Leistungen, die sie an die Wohnungs- und Teileigentümer erbringt, hingegen nicht verzichtet.

In der Abrechnung für das Jahr 2018 hat die Gemeinschaft der Beklagten Betriebskosten einschließlich der von ihr gezahlten Umsatzsteuerbeträge in Rechnung gestellt. Die Beklagte hat die entsprechenden Bruttobeträge zuzüglich 19 % Umsatzsteuer in die Nebenkostenabrechnung der Klägerin eingestellt. Diese hat die abgerechneten Kosten zunächst bezahlt, verlangt nun aber die in der Abrechnung der Gemeinschaft enthaltenen Umsatzsteuerbeträge in Höhe von rund 730 Euro zurück.

Das AG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das LG hat die Klage abgewiesen.

Die Revision der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

Aufgrund der vertraglichen Vereinbarung und des von der Beklagten gemäß § 9 Abs. 1 und 2 UStG erklärten Verzichts ist die Klägerin verpflichtet, auf die geschuldete Miete Umsatzsteuer zu zahlen. Dies gilt auch für die Nebenkosten. Diese sind steuerrechtlich keine durchlaufenden Posten, sondern Teil des geschuldeten Entgelts.

Soweit in den umlagefähigen Kosten Umsatzsteuerbeträge enthalten sind, die die Beklagte als Vorsteuer von ihrer Steuerschuld abziehen kann, darf sie der Klägerin allerdings nur die Nettobeträge zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung stellen.

Ein Vorsteuerabzug setzt jedoch voraus, dass die Beklagte eine von einem Unternehmer ausgestellte Rechnung besitzt, in der die Umsatzsteuer ausgewiesen ist. Die Abrechnung der Eigentümergemeinschaft genügt dieser Anforderung nicht, weil die Gemeinschaft von der Umsatzsteuer befreit ist und deshalb keine Umsatzsteuer ausweisen darf.

Deshalb hat die Klägerin die von der Gemeinschaft in Rechnung gestellten Bruttobeträge zuzüglich Umsatzsteuer zu erstatten.

Praxistipp: Eine im Mietvertrag enthaltene Vereinbarung, dass die Miete zuzüglich der geltenden Umsatzsteuer zu zahlen ist, verpflichtet den Vermieter nicht, auf die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG zu verzichten oder darauf hinzuwirken, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 13 UStG verzichtet.

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Diese Woche geht es um die Rechtsbeziehungen zwischen Wohnungseigentümern, Gemeinschaft und Verwalter.

Keine Schutzwirkung des WEG-Verwaltervertrags zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer
BGH, Urteil vom 5. Juli 2024 – V ZR 34/24

Der V. Zivilsenat befasst sich mit den Rechtsbeziehungen nach dem seit 1.12.2020 geltenden Wohnungseigentumsrechts.

Der Kläger ist Mitglied einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern. Die Beklagte ist deren Verwalterin. Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe nach einem im Jahr 2022 eingetretenen Wasserschaden die vom Gebäudeversicherer an die Gemeinschaft gezahlte Entschädigung zu spät an ihn weitergeleitet. Er begehrt deshalb Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten. Die Klage ist in den beiden ersten Instanzen erfolglos geblieben.

Die Revision des Klägers bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

Ansprüche aus einem zwischen den Parteien bestehenden Vertrag scheiden schon deshalb aus, weil auf Eigentümerseite nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Partei des Verwaltervertrags ist, nicht hingegen die einzelnen Eigentümer.

Anders als nach dem früher geltenden Recht kommt dem Verwaltervertrag keine Schutzwirkung zugunsten der einzelnen Eigentümer mehr zu.

Nach dem seit 1.12.2020 geltenden Recht kann ein einzelner Eigentümer, dem durch pflichtwidriges Verhalten des Verwalters ein Schaden entstanden ist, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf Ersatz in Anspruch nehmen. Die Gemeinschaft hat für die Pflichtverletzung des Verwalters nach § 31 BGB einzustehen, weil dieser nach neuem Recht ihr Organ ist. Vor diesem Hintergrund besteht kein Bedürfnis mehr, den Eigentümern durch Einbeziehung in den Schutzbereich des Verwaltervertrags die unmittelbare Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Verwalter zu ermöglichen.

Dass ein geschädigter Eigentümer die an ihn erbrachten Ersatzleistungen der Gemeinschaft über die allgemeine Kostenverteilung teilweise mitzutragen hat, begründet kein hinreichendes Schutzbedürfnis. Die Gemeinschaft ist in der Regel verpflichtet, den Verwalter in Regress zu nehmen.

Praxistipp: Wenn eine ordnungsgemäße Verwaltung die Geltendmachung von Regressansprüchen gegen den Verwalter gebietet, kann ein einzelner Eigentümer einen diesbezüglichen Beschluss durch eine Beschlussersetzungsklage gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG herbeiführen.

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Diese Woche geht es um die rechtliche Zuordnung eines Gebäudes zu einem Grundstück.

Tiefgarage als rechtmäßiger Überbau
BGH, Beschluss vom 15. Juni 2023 – V ZB 12/22

Der V. Zivilsenat befasst sich mit materiellen und formellen Voraussetzungen für die Begründung von Teileigentum.

Die Beteiligte möchte ein ihr gehörendes, mit einer Tiefgarage bebautes Grundstück in Teileigentum aufteilen. Der weitaus größte Teil des Gebäudekörpers erstreckt sich auf drei Nachbargrundstücke. Diese Grundstücke sind mit Grunddienstbarkeiten belastet, die den Überbau gestatten. Zu Lasten des Grundstücks der Beteiligten sind Grunddienstbarkeiten eingetragen, die dem jeweiligen Eigentümer der Nachbargrundstücke das Recht zum Aufbau eines Wohngebäudes auf der Decke der Tiefgarage einräumen.

Das Grundbuchamt hat die Teilung abgelehnt, unter anderem mit der Begründung, die Bildung von Teileigentum an mehreren Grundstücken sei nicht möglich. Die Beschwerde der Beteiligten ist erfolglos geblieben.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Die Vorinstanzen sind zu Recht davon ausgegangen, dass die beantragte Begründung von Teileigentum nur dann zulässig ist, wenn die Tiefgarage einen wesentlichen Bestandteil des Grundstücks der Beteiligten bildet. Bei einem nach § 912 Abs. 1 BGB zu duldenden oder einem vom Nachbarn gestatteten Überbau sind diese Voraussetzungen grundsätzlich auch hinsichtlich der überbauten Gebäudeteile erfüllt.

Dies gilt jedoch nur, wenn es sich bei dem Bauwerk um ein einheitliches Gebäude handelt. Hierfür ist bei einem Überbau grundsätzlich die Verkehrsanschauung maßgeblich. Die bautechnische Beschaffenheit kann die Verkehrsanschauung beeinflussen. Sie stellt aber nicht das allein entscheidende Kriterium dar.

Eine Tiefgarage mit rechtmäßig überbauten Gebäudeteilen ist danach grundsätzlich als einheitliches Gebäude anzusehen, wenn sie als Ganzes über eine Zufahrt von dem Stammgrundstück aus erreichbar ist. Sofern diese Voraussetzung vorliegt, ist es unschädlich, ob Gebäude auf den Nachbargrundstücken baustatisch von der Tiefgarage abhängen, ob solche Gebäude mit der Tiefgarage durch Treppenhäuser, Aufzugsschächte, Fluchtwege oder Versorgungseinrichtungen verbunden sind und ob auf den anderen Grundstücken weitere Zufahrten zur Tiefgarage angelegt sind.

Für den nach § 29 Abs. 1 GBO erforderlichen Nachweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden reicht es demnach aus, wenn die Rechtmäßigkeit des Überbaus durch Grunddienstbarkeiten belegt wird und wenn aus einer formgerechten Teilungserklärung nebst Aufteilungsplan hervorgeht, dass die Tiefgarage in ihrer Gänze über eine auf dem Stammgrundstück gelegene, zum Baukörper gehörende Zufahrt erreichbar ist.

Praxistipp: Als auf dem Stammgrundstück befindlicher Gebäudeteil reicht in der Regel eine befestigte Rampe aus, die in die Tiefgarage hinunterführt.

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Diese Woche geht es um die Klagebefugnisse einer Wohnungseigentümergemeinschaft.

Abwehr von Störungen des Sondereigentums
Urteil vom 11. Juni 2021 – V ZR 41/19

Mit der Reichweite von § 9a Abs. 2 WEG befasst sich der V. Zivilsenat.

Dem Kläger steht das Nießbrauchsrecht an einer Eigentumswohnung zu. Der Beklagte ist Eigentümer einer zu derselben Anlage gehörenden Wohneinheit, die aus einem Einzelhaus besteht. Der Kläger macht geltend, Geschosszahl und Gebäudehöhe dieses Hauses widersprächen den Vorgaben der Teilungserklärung. Er begehrt deshalb in Prozessstandschaft für die Eigentümerin der von ihm genutzten Wohnung Schadensersatz wegen Wertminderung in Höhe von 55.000 Euro. Die Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Die Revision des Klägers bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Der BGH lässt offen, ob die Gebäudehöhe in Einklang mit der Teilungserklärung steht, und weist die Klage – insoweit abweichend von der Vorinstanz – bereits als unzulässig ab.

Auf eine Beeinträchtigung des Sondereigentums kann die Klage weder nach altem noch nach neuem Recht gestützt werden. Nach der seit 1. Dezember 2020 geltenden Regelung in § 9a Abs. 2 WEG ist die Ausübung von Rechten aus dem gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft vorbehalten. Zu diesen Rechten gehören nicht nur Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung, sondern auch daran anknüpfende Sekundäransprüche. Da die Klage im Streitfall vor diesem Stichtag erhoben wurde, bliebe eine nach altem Recht bestehende Klagebefugnis zwar bestehen. Nach der insoweit maßgeblichen Regelung in § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG a.F. war die Wohnungseigentümerin, deren Rechte der Kläger geltend macht, aber ebenfalls nicht klagebefugt. Der BGH lässt dabei offen, ob der Inhaber eines Beseitigungsanspruchs – der nach altem Recht grundsätzlich vom einzelnen Eigentümer geltend gemacht werden konnte – gemäß § 281 Abs. 4 BGB nach erfolgloser Fristsetzung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann. Die Geltendmachung eines solche Schadensersatzanspruchs durch einen einzelnen Wohnungseigentümer widerspräche jedenfalls einer geordneten Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. Der Anspruch ist deshalb gemeinschaftsbezogen im Sinne von § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG a.F. und kann nur von der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend gemacht werden.

Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche wegen Beeinträchtigung seines Sondereigentums darf ein einzelner Wohnungseigentümer sowohl nach altem wie nach neuem Recht alleine geltend machen. Dies gilt auch dann, wenn zugleich das Gemeinschaftseigentum von der geltend gemachten Störung betroffen ist. Diese Befugnis gilt auch für einen Entschädigungsanspruch, den § 14 Abs. 3 WEG für den Fall vorsieht, dass der betroffene Eigentümer eine über das zumutbare Maß hinausgehende Störung ausnahmsweise zu dulden hat. Eine solche Duldungspflicht ist im Streitfall nicht ersichtlich. Der Kläger macht vielmehr einen Schadensersatzanspruch aus § 280 und § 281 BGB geltend. Solche Ansprüche können sowohl nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG a.F. als auch nach § 9a Abs. 2 WEG n.F. nur von der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend gemacht werden.

Praxistipp: Die Geltendmachung von Ansprüchen durch einen einzelnen Wohnungseigentümer hat nach neuem Recht nur noch dann Aussicht auf Erfolg, wenn die Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung oder Entschädigung nach § 14 Abs. 3 WEG gerichtet und auf eine Beeinträchtigung des Sondereigentums gestützt sind.

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Diese Woche geht es um das Verhältnis zweier von derselben Partei in derselben Sache eingelegter Rechtsmittel.

Mehrfache Einlegung eines Rechtsmittels
Beschluss vom 26. November 2020 – V ZB 151/19

Der V. Zivilsenat sorgt für Entlastung in einem haftungsträchtigen Bereich.

Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen Rodung einer Weide und eines Holunderstrauchs, mit der Begründung, an der betroffenen Grundstücksfläche stehe ihr ein Sondernutzungsrecht zu. Die Klage blieb in erster Instanz erfolglos. Die Klägerin legte fristgerecht sowohl bei dem allgemein zuständigen LG als auch bei dem für Wohnungseigentumssachen zuständigen LG Berufung ein. Das allgemein zuständige LG verwarf die Berufung als unzulässig, weil es sich um eine Wohnungseigentumssache handle.

Die Rechtsbeschwerde der Klägerin führt zur Abgabe der Sache an das für Wohnungseigentumssachen zuständige LG. Der BGH nimmt Bezug auf seine ständige Rechtsprechung, wonach mehrere von derselben Partei in derselben Sache eingelegte Rechtsmittel als Einheit zu behandeln sind – auch dann, wenn sie bei unterschiedlichen Gerichten anhängig sind. Das LG, dem die doppelte Berufungseinlegung bekannt war, hätte die bei ihm eingelegte und von ihm zutreffend wegen fehlender Zuständigkeit als unzulässig beurteilte Berufung deshalb nicht verwerfen dürfen. Vielmehr hätte es die Sache an das zuständige LG abgeben müssen. Diese Entscheidung holte der BGH nunmehr nach. Das für Wohnungseigentumssachen zuständige LG – bei dem die Sache noch anhängig ist – wird nunmehr eine einheitliche Entscheidung über das Rechtsmittel treffen müssen.

Praxistipp: Die aufgezeigten Grundsätze eröffnen einen sicheren und kostengünstigen Weg in Fällen, in denen nicht eindeutig beurteilt werden kann, welches Gericht für die Entscheidung über die Berufung zuständig ist. Gerichts- und Anwaltsgebühren fallen in dieser Situation grundsätzlich nur einmal an (§ 4 GKG, § 15 Abs. 2 RVG).

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Diese Woche geht es um die Folgen einer fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung in einem Rechtsstreit zwischen Wohnungseigentümern.

Einlegung der Berufung beim unzuständigen Gericht
Beschluss vom 22. Oktober 2020 – V ZB 45/20

Mit dem Verhältnis zwischen § 281 und § 233 ZPO befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie streiten über die Berechtigung zur Nutzung einer Terrasse und die Pflicht zur Erstellung von Jahresrechnungen. Die Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Die Beklagte legte Berufung bei dem nach allgemeinen Vorschriften zuständigen LG ein. Dieses hatte das AG in seiner Rechtsmittelbelehrung als zuständig bezeichnet. Auf einen Hinweis des LG, dass gemäß § 72 Abs. 2 GVG das Gericht am Sitz des OLG zuständig sei, beantragte die Beklagte, den Rechtsstreit entsprechend § 281 ZPO dorthin zu verweisen. Das LG kam dem nicht nach und verwarf die Berufung als unzulässig.

Die Rechtsbeschwerde der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Die Voraussetzungen, unter denen eine bei einem unzuständigen Gericht eingelegte Berufung ausnahmsweise entsprechend § 281 ZPO an das zuständige Gericht zu verweisen sind, liegen nach Auffassung des BGH nicht vor, weil es keinem Zweifel unterliege, dass Streitigkeiten der hier in Rede stehenden Art unter den Tatbestand von § 72 Abs. 2 GVG fielen. Die unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung des AG führe in solchen Fällen nicht zur entsprechenden Anwendbarkeit von § 281 ZPO, sondern lediglich dazu, dass der Berufungskläger beim zuständigen Gericht erneut Berufung einlegen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen könne.

Praxistipp: Auch wenn dies mit zusätzlichen Kosten verbunden sein kann, stellt es in der Regel den sichersten Weg dar, die Berufung bei dem Gericht einzulegen, das in der Rechtsbehelfsbelehrung als zuständig bezeichnet wird. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Fehlerhaftigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung offenkundig zu Tage tritt; wenn dies in Betracht kommt, ist es am sichersten, bei beiden in Frage kommenden Gerichten fristgerecht Berufung einzulegen.