Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die erforderliche Form eines Heil- und Kostenplans.

Form eines Heil- und Kostenplans für Zahnersatz bei Kassenpatienten
BGH, Urteil vom 2. Mai 2024 – III ZR 197/23

Der III. Zivilsenat befasst sich mit zahlreichen Vorschriften aus dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung.

Der bei einer Krankenkasse gesetzlich versicherte Beklagte ließ sich von der Streithelferin in Ober- und Unterkiefer je eine Totalprothese auf Basis eines Implantatsystems einsetzen. Der von der Streithelferin vor der Behandlung erstellte und dem Beklagten ausgehändigte Heil- und Kostenplan sah einen Festzuschuss der Krankenkasse von rund 1.000 Euro und einen vom Beklagten zu tragenden Eigenanteil von rund 12.700 Euro vor. Nach Abschluss der Behandlung stellte die Streithelferin dem Beklagten rund 14.800 Euro in Rechnung. Der Beklagte leistete keine Zahlungen. Die von dem klagenden Abrechnungsunternehmen aus abgetretenem Recht erhobene Klage auf Zahlung des Rechnungsbetrags hatte in den Vorinstanzen nur in Höhe von rund 4.300 Euro Erfolg.

Der BGH verweist die Sache auf die Revision der Klägerin an das OLG zurück.

Entgegen der Auffassung des OLG bedurfte der Heil- und Kostenplan nicht der Schriftform.

Nach § 630c Abs. 3 BGB muss ein Arzt einen Patienten vor der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten informieren, wenn er weiß, dass die vollständige Übernahme der Kosten durch einen Dritten nicht gesichert ist. Ein solcher Heil- und Kostenplan bedarf der Textform, sofern sich aus anderen Vorschriften nicht weitergehenden Formanforderungen ergeben.

Im Streitfall ist die Textform (§ 126b BGB) eingehalten. Vorschriften, die für einen Heil- und Kostenplan die Schriftform (§ 126 BGB) vorsehen, greifen im Streitfall nicht.

Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) muss ein Zahnarzt für Wunschleistungen, die über das Maß einer zahnmedizinisch notwendigen Behandlung hinausgehen, einen Heil- und Kostenplan schriftlich (d.h. in der Form des § 126 BGB) vereinbaren. Wenn die Versorgung mit Zahnersatz zahnmedizinisch geboten ist, geht eine Behandlung aber nicht schon deshalb über das Maß des zahnmedizinisch Notwendigen hinaus, weil sie nicht die wirtschaftlich günstigste ist. Zahnmedizinisch notwendig ist vielmehr grundsätzlich jede Behandlungsmethode, die der Erreichung des gebotenen Behandlungszwecks dient. Diese Begriffsdefinition liegt auch den Vorschriften über befundbezogene Festzuschüsse in § 55 SGB V zugrunde.

§ 28 Abs. 2 Satz 4 SGB V schreibt eine schriftliche Vereinbarung für den Fall vor, dass der Versicherte bei Zahnfüllungen eine überobligatorische Versorgung (z.B. Inlays aus Gold oder Keramik statt Plastikfüllung) wählt. Diese Vorschrift ist für Zahnersatzleistungen indes nicht einschlägig.

Die Regelungen über das Verfahren zur Bewilligung von Festzuschüssen für Zahnersatz in § 87 Abs. 1a SGB V sehen die Erstellung eines Heil- und Kostenplans durch den Zahnarzt und dessen Prüfung durch die Krankenkasse vor, nicht aber ein Schriftformerfordernis.

Entgegen der Auffassung des OLG ergibt sich ein Schriftformerfordernis im Streitfall auch nicht aus § 8 Abs. 7 Satz 2 und 3 des Bundesmantelvertrags-Zahnärzte (BMV-Z). Diese Vorschrift verweist für Zahnfüllungen auf § 28 Abs. 2 SBG V und für Zahnersatz auf § 55 SGB V und damit auch auf § 87 Abs. 1a SGB V. Ein Schriftformerfordernis stellt § 8 Abs. 7 Satz 3 BMV-Z nur für den Fall auf, dass der Patient seine Anspruchsberechtigung in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht nachweist und deshalb eine rein privatärztliche Behandlung stattfindet.

Nach der Zurückverweisung wird das OLG zu prüfen haben, ob der erstellte Heil- und Kostenplan inhaltlich ordnungsgemäß und die gestellte Rechnung in vollem Umfang berechtigt ist.

Praxistipp: Entspricht ein Heil- und Kostenplan mit einem gesetzlich Versicherten nicht den maßgeblichen Formvorschriften, kann der Arzt die von der Kasse nicht übernommenen Mehrkosten auch nicht auf der Grundlage von Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung geltend machen. Dem Patienten kann es aber nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf den Formmangel zu berufen (BGH, U. v. 3.11.2016 – III ZR 286/15 – MDR 2017, 18).

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Diese Woche geht es um die Formbedürftigkeit von Änderungen eines langfristigen Grundstücksmietvertrags

Änderung eines langfristigen Grundstücksmietvertrags
Beschluss vom 15. September 2021 – XII ZR 60/20

Mit dem Anwendungsbereich von § 550 Satz 1 BGB befasst sich der XII. Zivilsenat.

Die Klägerin verlangte von der Beklagten die Räumung eines vermieteten Grundstücks. Der zwischen der früheren Eigentümerin des Grundstücks und der Beklagten abgeschlossene Mietvertrag war bis 31.08.2020 befristet und sieht zugunsten der Beklagten die Option vor, die Laufzeit zweimal um je fünf Jahre zu verlängern. Die Klägerin hält die Befristung für unwirksam, weil die frühere Eigentümerin mit der Beklagten bei zwei Gelegenheiten mündlich vereinbart hatte, dass die Miete für einige Monate gemindert werden darf. In der Revisionsinstanz haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der BGH legt die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auf, weil diese den Prozess ohne die Erledigungserklärung verloren hätte.

Das Formerfordernis des § 550 Satz 1 BGB, wonach die Vereinbarung einer Laufzeit von mehr als einem Jahr der Schriftform bedarf, gilt auch für eine Vereinbarung, mit der ein wirksam abgeschlossener Vertrag in wesentlichen Punkten geändert wird. Nach der Rechtsprechung des BGH unterliegen Änderungsvereinbarungen aber nur dann dem Formerfordernis, wenn sie ihrerseits einen Zeitraum von mehr als einem Jahr betreffen. Die im Streitfall getroffenen Abreden über eine Mietminderung erfüllen diese Voraussetzung nicht. Dass sie zusammengenommen einen Zeitraum von rund 15 Monaten betreffen, ist unerheblich. Maßgeblich ist jeweils die Laufzeit der einzelnen Vereinbarung.

Praxistipp: Um Zweifelsfragen zu vermeiden, sollte jede Änderung eines längerfristigen Grundstücksvertrags schriftlich vereinbart werden. Die Änderungsvereinbarung muss eine eindeutige Bezugnahme auf den ursprünglichen Vertrag und eventuelle Nachträge enthalten.

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Diese Woche geht es um einen Mietvertrag mit besonderem Gegenstand.

Vertrag über die Aufstellung eines Geldautomaten als Mietvertrag
Urteil vom 4. November 2020 – XII ZR 104/19

Mit unterschiedlichen Arten von Automatenaufstellverträgen befasst sich der XII. Zivilsenat.

Der Betreiber einer Pizzeria hatte im Juni 2015 eine Teilfläche seines Lokals gegen eine monatliche Miete von 350 Euro zum Betrieb eines Geldautomaten an die Beklagte vermietet. Die Vertragslaufzeit beträgt fünf Jahre mit Verlängerungsmöglichkeit. Im August 2017 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis zum Jahresende. Die Beklagte wies die vorzeitige Kündigung zurück und bestätigte eine fristgerechte Kündigung zum 31.03.2020. Die Klägerin, die die Fläche für die Aufstellung eines eigenen Geldautomaten nutzen will, begehrt aus abgetretenem Recht des Vermieters die Räumung. Das LG verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Das OLG wies die Klage ab.

Die Revision der Klägerin führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Räumungsurteils – allerdings nur deshalb, weil die fünfjährige Laufzeit des Vertrags mittlerweile beendet ist.

Der BGH tritt dem OLG darin bei, dass der Vertrag über die Aufstellung des Geldautomaten als Raummietvertrag zu qualifizieren ist. Anders als bei Verträgen über die Aufstellung von Spielautomaten – bei denen die Eingliederung des Automaten in den Betrieb der Gaststätte im Vordergrund steht und die deshalb als Gestattungsvertrag eigener Art anzusehen sind – geht es bei Geldautomaten im Wesentlichen um die Überlassung der benötigten Fläche.

Der BGH tritt dem OLG auch darin bei, dass die Vereinbarung über die Mindestlaufzeit von fünf Jahren formwirksam ist. Beim Abschluss des Vertrags haben die Vertragsparteien die in § 550 Satz 1 BGB vorgeschriebene Form zwar nicht gewahrt, weil sie nur die Vorderseite des beidseitig bedruckten Vertragsformulars unterschrieben haben. Ein wenige Monate später vereinbarter Nachtrag, der inhaltlich auf den ursprünglichen Vertrag Bezug nimmt, ist aber ordnungsgemäß unterschrieben. Dies reicht für die Einhaltung der – weniger strengen Anforderungen als nach § 126 BGB – unterliegenden Schriftform nach § 550 Satz 1 BGB aus.

Die Revision bleibt im Ergebnis dennoch erfolglos, weil die vereinbarte Laufzeit mittlerweile beendet ist. Dieser Umstand ist zwar erst während des Revisionsverfahrens eingetreten. Der BGH darf ihn aber berücksichtigen, weil er unstreitig ist und schützenswerte Belange einer Partei nicht entgegenstehen. Das Vorbringen der Beklagten, sie habe während des Revisionsverfahrens mit dem Vermieter einen neuen Vertrag geschlossen und sei deshalb wieder zum Besitz berechtigt, lässt der BGH demgegenüber unberücksichtigt, weil es streitig geblieben ist.

Praxistipp: Will der Beklagte in der gegebenen Konstellation ein allein aufgrund des Zeitablaufs ergehendes Räumungsurteil vermeiden, muss er den neuen Mietvertrag vor der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz abschließen und den Abschluss des Vertrags spätestens in dieser Verhandlung vortragen.

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Mit den Anforderungen an die Form eines längerfristigen Grundstücksmietvertrags befasst sich der XII. Zivilsenat.

Formwirksamer Mietvertrag in zwei Urkunden mit je einer Unterschrift
Urteil vom 7. März 2018 – XII ZR 129/16

Der XII. Zivilsenat baut seine Rechtsprechung zur zweckorientierten Auslegung des Formerfordernisses in § 550 BGB aus.

Die Parteien stritten über den Fortbestand eines Vertrags über Errichtung und Betrieb einer Photovoltaikanlage. Der Vertrag sah eine Laufzeit von dreißig Jahren und ein einmaliges Nutzungsentgelt von einem Euro vor. Er wurde in zwei Ausfertigungen niedergelegt, von denen jede Vertragspartei nur diejenige unterschrieb, die in ihrem Besitz verblieb. Sieben Monate nach Abschluss kündigte der Vermieter den Vertrag. Kurz darauf veräußerte er das Grundstück an die Beklagte. Diese verweigerte dem Mieter den weiteren Zutritt. Die unter anderem auf Feststellung des Fortbestands des Vertrags gerichtete Klage des Mieters blieb in den ersten beiden Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Er billigt zwar die von der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte abweichende Auffassung der Vorinstanz, dass es sich nicht um einen Pacht- sondern um einen Mietvertrag handelt. Anders als das OLG kommt er jedoch zu dem Ergebnis, dass die für die Vereinbarung der Laufzeit erforderliche Form des § 550 BGB eingehalten ist. Wenn ein Vertrag in zwei Ausfertigungen erstellt wird, von denen jede Partei nur eine unterschreibt, genügt dies zwar der gesetzlichen Schriftform nach § 126 Abs. 2 Satz 2 BGB nur dann, wenn jeder Partei die vom jeweils anderen Teil unterschriebene Ausfertigung zugegangen ist. Die besondere Formvorschrift in § 550 BGB dient aber anderen Zwecken, im Wesentlichen der Dokumentation des Mietverhältnisses für den Fall einer Veräußerung des Grundstücks. Hierfür reicht es nach Auffassung des BGH aus, wenn jede Partei die von ihr unterschriebene Ausfertigung behält.

Praxistipp: Wegen des unterschiedlichen Zwecks von § 126 und § 550 BGB darf Rechtsprechung zur einen Vorschrift nie unbesehen auf die anderen übertragen werden – weder in die eine Richtung noch in die andere.

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Darlehenswiderruf per Telefax durch Stellvertreter
Urteil vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 457/16

Eine allgemeine Frage zur Wirksamkeit einseitiger Rechtsgeschäfte beantwortet der XI. Zivilsenat.

Die Kläger hatten bei der Beklagten zwei Darlehen zur Finanzierung einer Immobilie aufgenommen. Sieben Jahre später erklärte ein für die Verbraucherzentrale tätiger Rechtsanwalt per Telefax den Widerruf der Verträge. Zusammen mit diesem Schreiben übermittelte er eine Einverständniserklärung, die in der für den Telefax-Versand verwendeten Originalvorlage von einem der beiden Kläger unterschrieben war. Sechs Tage später wies die Beklagte den Widerruf gemäß § 174 Abs. 1 BGB zurück, weil der Erklärung keine Originalvollmacht beigelegen habe. Einige Wochen später erklärte der Prozessbevollmächtigte erneut den Widerruf der Darlehensverträge, diesmal unter Vorlage einer Originalvollmacht. Die auf Feststellung des wirksamen Widerrufs gerichtete Klage blieb in erster Instanz erfolglos. Das OLG stellte fest, dass die Darlehensverträge durch die zweite Widerrufserklärung in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden seien.

Der BGH verweist die Sache auf die (nur) von der Beklagten eingelegte Revision an das OLG zurück. Im Anschluss an seine neuere Rechtsprechung hält er das Feststellungsbegehren für unzulässig, weil es den Klägern möglich und zumutbar war, die ihnen aufgrund des Widerrufs zustehenden Ansprüche im Wege der Zahlungsklage geltend zu machen. Ergänzend führt er aus, dass bereits die erste Widerrufserklärung wirksam war, weil die Beklagte diese Erklärung nicht unverzüglich zurückgewiesen hat. In einer Parenthese bringt der BGH schließlich zum Ausdruck, dass der Beklagten ein Recht zum unverzüglichen Widerruf gemäß § 174 Abs. 1 BGB zugestanden hatte, weil die Übermittlung einer Vollmacht per Telefax nicht als Vorlage einer Vollmachtsurkunde im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist. Letzteres ist auch Gegenstand des (einzigen) Leitzsatzes der Entscheidung.

Praxistipp: Eine im Namen des Mandanten abgegebene einseitige Willenserklärung, die an sich nicht formbedürftig ist, sollte wegen § 174 Abs. 1 BGB stets auf dem Postwege (unter Beifügung einer Originalvollmacht) übermittelt werden.

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Schriftform, Heilungsklausel, Treu und Glauben
Urteil vom 27. September 2017 – XII ZR 114/16

Mit der Kündigung eines langfristigen Mietvertrags über Gewerberäume befasst sich der XII. Zivilsenat.

Die Parteien hatten im Jahr 1998 einen langfristigen Mietvertrag über Ladenräume geschlossen. Ende 2009 hatten sie in einem schriftlichen Nachtrag die Verlängerung der Mietzeit bis Ende Mai 2020 vereinbart. Anfang 2011 bat die Klägerin schriftlich darum, die im Vertrag enthaltene Wertsicherungsklausel zu ihren Gunsten zu ändern. Der Beklagte schickte dieses Schreiben mit dem unterschriebenen Vermerk „einverstanden“ zurück. Mitte 2014 kündigte die Klägerin den Vertrag zum 31.12.2014. Ihr Räumungsbegehren blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Die Revision der Klägerin bleibt ohne Erfolg. Der Vertrag gilt zwar gemäß § 550 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen, weil die im Jahr 2011 getroffene Vereinbarung über die Änderung der Wertsicherungsklausel nicht die erforderliche Bezugnahme auf den Ausgangsvertrag enthält und deshalb dem Schriftformerfordernis des § 550 BGB nicht genügt. Abweichend vom OLG hält der BGH die Kündigung nicht deshalb für treuwidrig, weil der ursprüngliche Vertrag eine so genannte Schriftformheilungsklausel enthält, die die Pflicht vorsieht, alle Erklärungen abzugeben, die zur Einhaltung der gesetzlichen Schriftform erforderlich ist. Eine solche Klausel ist nach Auffassung des BGH mit dem Schutzzweck des § 550 ZPO nicht vereinbar. Im Streitfall hält der BGH die Kündigung aber dennoch für treuwidrig, weil die Vereinbarung, die zur Formunwirksamkeit geführt hat, allein der Klägerin vorteilhaft ist.

Praxistipp: Um nicht auf die Grundsätze von Treu und Glauben angewiesen zu sein, sollte bei jeder nachträglichen Änderung eines langfristigen Mietvertrags sorgfältig darauf geachtet werden, dass die Anforderungen an die Einhaltung der in § 550 BGB vorgeschriebenen Form gewahrt sind. Dafür ist unerlässlich, dass der Nachtrag eine Bezugnahme auf alle für den Vertragsinhalt relevanten früheren Vereinbarungen enthält.

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Gewährleistungsrechte vor Abnahme des Werks
Urteil vom 19. Januar 2017 – VII ZR 301/13

Eine sehr umstrittene Frage beantwortet der VII. Zivilsenat in drei für BGHZ bestimmten Entscheidungen (VII ZR 301/13, VII ZR 193/15 und VII ZR 235/15), von denen die erste jetzt zugänglich ist.

Der später verstorbene Schwiegersohn des Klägers hatte die Beklagte mit Fassadenarbeiten an zwei unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden betraut. Nach Fertigstellung verweigerte der Besteller die Abnahme mit der Begründung, das zum Anstrich verwendete Material entspreche nicht den vertraglichen Anforderungen. Ein selbständiges Beweisverfahren bestätigte den erhobenen Vorwurf. Die daraufhin erhobene Klage auf Zahlung eines Vorschusses auf die Kosten der Mängelbeseitigung hatte in den beiden ersten Instanzen Erfolg.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Er entscheidet, dass die in § 634 BGB vorgesehenen Gewährleistungsrechte grundsätzlich erst mit Abnahme des Werks entstehen, und zwar auch dann, wenn der Besteller die Abnahme nach Fertigstellung des Werks in Hinblick auf Mängel zu Recht verweigert. Vor der Abnahme kann der Besteller nach allgemeinen Regeln die mängelfreie Herstellung des Werks und nach Maßgabe von § 280 und § 281 BGB Schadensersatz verlangen. Gewährleistungsrechte darf er nur dann geltend machen, wenn der Vertrag in ein Abrechnungsschuldverhältnis übergegangen ist. Letzteres setzt voraus, dass der Besteller nur noch Schadensersatz statt der Leistung oder Minderung des Werklohns verlangt oder wenn er zum Ausdruck bringt, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer zusammenarbeiten zu wollen. Das bloße Verlangen eines Vorschusses auf die Kosten der Mängelbeseitigung reicht dafür nicht aus.

Praxistipp: Trotz der aufgezeigten Beschränkungen ist es für einen Besteller, der einen der Abnahme entgegenstehenden Werkmangel rechtzeitig erkannt hat, in der Regel vorteilhaft, die Abnahme zu verweigern.

Doppelte (qualifizierte) Schriftformklausel und Schriftformheilungsklausel in langfristigem Gewerbemietvertrag
Beschluss vom 25. Januar 2017 – XII ZR 69/16

Mit den Konsequenzen des Formerfordernisses aus § 550 BGB befasst sich der XII. Zivilsenat.

Die Parteien stritten über die vorzeitige Kündigung eines auf zwei Jahre fest abgeschlossenen Mietvertrags über Gewerberäume. Der ursprüngliche Mietvertrag war vom früheren Eigentümer mit einem anderen Mieter auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden. Als Nutzungszweck waren darin Lagerung und Verkauf von Stoffen und Kurzwaren vereinbart worden. Wenig später hatten sich die Vertragsparteien formlos darauf geeinigt, dass der Mieter auch einen Getränkehandel betreiben darf. Nach einiger Zeit trat der Beklagte, der ebenfalls einen Getränkehandel betrieb, anstelle des ersten Mieters in das Mietverhältnis ein. Nach der Veräußerung des Anwesens an die Klägerin vereinbarte diese mit dem neuen Mieter in einem schriftlichen Nachtrag eine feste Laufzeit bis 31.12.2016. Wenig später kündigte sie den Mietvertrag fristlos und hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Kündigungstermin. Die Räumungsklage hatte in den beiden ersten Instanzen Erfolg, vor dem OLG allerdings nur aufgrund der ordentlichen Kündigung.

Der BGH, der gemäß § 91a ZPO nur noch über die Kosten zu entscheiden hatte, tritt dem OLG in Ergebnis und Begründung bei. Die vereinbarte Befristung genügt nicht dem Formerfordernis des § 550 BGB, weil die von den Parteien geschlossene Nachtragsvereinbarung und der darin in Bezug genommene ursprüngliche Mietvertrag nicht den gesamten Inhalt des Mietverhältnisses wiedergeben. Die zwischen dem früheren Vermieter und dem früheren Mieter getroffene Vereinbarung über die Änderung des Nutzungszwecks hätte ebenfalls schriftlich geschlossen werden müssen. Der BGH sieht die formlose Änderungsvereinbarung als wirksam an, obwohl der ursprüngliche Mietvertrag eine „doppelte“ Schriftformklausel enthält, wonach jede Vertragsänderung der Schriftform bedarf und dies auch für eine Änderung der Schriftformklausel gilt. Der BGH lässt offen, ob eine solche Vereinbarung in AGB wirksam getroffen werden kann, und sieht eine nicht dem Formerfordernis genügende Vertragsänderung jedenfalls aufgrund des Vorrangs von Individualabreden als wirksam an. Im Ergebnis ebenfalls wirkungslos blieb eine im ursprünglichen Vertrag daneben enthaltene Klausel, wonach die Vertragsparteien jederzeit verpflichtet sind, alle Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um dem Schriftformerfordernis des § 550 BGB gerecht zu werden. Eine solche Heilungsklausel darf nach Sinn und Zweck des § 550 BGB jedenfalls nicht einem Vermieter entgegengehalten werden, der als Erwerber des Grundstücks in einen bestehenden Mietvertrag eingetreten ist. Dies gilt auch dann, wenn er die längere Laufzeit selbst vereinbart hat.

Praxistipp: Um Zweifel an der Wirksamkeit zu vermeiden, sollte eine Laufzeitverlängerung nicht durch Bezugnahme auf den früheren Vertrag, sondern durch vollständige Neubeurkundung des gesamten Vertragsverhältnisses erfolgen.

Neuerung in § 309 Nr. 13 BGB: Textform für Erklärungen ausreichend

Fast still und heimlich hat sich eine neue Regelung in die AGB-Regelungen des BGB geschlichen, § 309 Nr. 13 besagt:

§ 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit

Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam

[…]eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden

a) an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oder

b) an eine strengere Form als die Textform in anderen als den in Buchstabe a genannten Verträgen oder

c) an besondere Zugangserfordernisse;

Diese Regelung führt im Rechtsverkehr zu erheblichen Erleichterungen. Immer dann, wenn AGB im Spiel sind (und nicht ausnahmsweise § 309 nicht anwendbar ist, z.B. § 310 BGB) haben Vertragspartner die Möglichkeit, Erklärungen auch in Textform abzugeben. Die Regelung gilt für Verträge, die nach dem 30.09.2016 geschlossen wurden (Art. 229 § 37 EGBGB), wobei der BGH auch für davor geschlossene Verträge ein „Türchen“ gegen Schriftformklauseln geöffnet hatte.

Übrigens: Die Regelung gilt nicht nur für online abgeschlossene Verträge, wenn auch das teilweise in den Medien behauptet wird.

Praxistipp:

Wenn es auf den Zugang einer Erklärung ankommt, kommt man um die Zustellung per Gerichtsvollzieher oder durch einen Boten nicht wirklich herum. Bei weniger gravierenden Erklärungen im Alltag (z.B. Kündigungen von Dauerschuldverhältnissen) dürfte das Fax oder nunmehr auch die E-Mail genügen. Der Nachweis des Zugangs bei einer E-Mail ist nicht sehr einfach, wenn der Empfänger keine Reaktion hierauf versendet. Bei einer E-Mail kann ein Versand der E-Mail an eine (oder mehrere) Personen „im cc“ dazu führen, dass eine E-Mail als zugegangen gil (LG Hamburg Urteil vom 7.7.2009 – 312 O 142/09 MMR 2010, 654). Ein solches Vorgehen empfiehlt sich also und ist umso aussagekräftiger, je mehr Empfänger die Mail in (B)CC erhalten.

Änderungen an BGB und UKlaG: Formvorgaben in AGB, Verfolgung von Datenschutzverstößen, Missbrauchseinwand

Durch das Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts vom 17.02.2016 ergeben sich einige, Änderungen, die auf den ersten Blick unwesentlich sind, sich in der Praxis aber erheblich auswirken dürften. Die wesentlichen Änderungen sollten Sie kennen:

  1. § 309 Nr. 13 BGB – Form von Anzeigen und Erklärungen

Für alle Schuldverhältnisse, die nach dem 30.09.2016 entstanden sind, gilt in Zukunft ein Verbot von AGB-Klauseln, die mehr als die Textform für Anzeigen und Erklärungen verlangen. Schriftform ist lediglich dann wirksam vereinbar, wenn der Vertrag einer notariellen Beurkundung bedarf. Wenngleich bei online geschlossenen Verträgen bereits die Rechtsprechung in Einzelfällen ein Schriftformerfordernis für unwirksam befunden hat (LG Berlin, 29.07.2014 – 16 O 500/13; LG München I, 30.01.2014 – 12 O 18571/13; AG Bremerhaven, 21.01.2014 – 51 C 233/13 ), umfasst dies nunmehr sämtliche Verträge, die unter Verwendung von AGB eine besondere Form für Anzeigen vorgibt. In vielen Fällen liegt die Vermutung nahe, dass AGB-Verwender hiermit die Schwellen für eine Kündigung grundlos hoch gelegt haben, was bei Klauselgegnern zum Teil auch zum Ablauf von Kündigungsfristen führte  (Beschwerden über einen Energieversorger, der eine Kündigung nur in Schriftform akzeptiert, z.B. hier). Dieses fast schon schikanöse Verhalten dürfte insbesondere Verbrauchern in Zukunft erspart bleiben

2. Änderung im Unterlassungsklagengesetz – Datenschutz – Schutz vor Missbrauch

Qualifizierte Einrichtungen, Verbände und Kammern haben nach dem UKlaG nunmehr auch die Möglichkeit, gegen datenschutzrechtswidriges Verhalten vorzugehen. §  2 Abs. 2 Nr. 11 UKlaG ermöglicht ein Vorgehen bei Verstöße gegen die Vorschriften, welche die Zulässigkeit der Datenverarbeitung regeln.

Datenschutzverstöße bei der Datenverarbeitung sind nun also, auch wenn sie außerhalb von AGB erfolgen, abmahnfähig.  Im Falle einer gerichtlichen Anspruchsdurchsetzung ist neuerdings gem. § 12a UklaG vom Gericht die zuständige Datenschutzbehörde zu hören, was nur in Fällen einstweiliger Verfügungen ohne mündliche Verhandlung entbehrlich ist.

Wie auch z.B. schon im UWG und UrhG vorgesehen, wird mit § 2b UKlaG eine Einwendung für die rechtsmissbräuchliche Anspruchsgeltendmachung eingeführt, die insbesondere dann vorliegen soll, wenn es primär um die Generierung von Aufwendungsersatzansprüchen geht. Im Falle einer rechtsmissbräuchlichen Anspruchsgeltendmachung kann der Antragsgegner nunmehr auch direkt aus § 2b UKlaG Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen geltend machen.