Online-Dossier: Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (UmRUG)

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Gesetze (UmRUG, BGBl. I 2023, Nr. 51 v. 28.2.2023) und dem Gesetz zur Umsetzung der Bestimmungen der Umwandlungsrichtlinie über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen (MgFSG, BGBl. 2023 I Nr. 10 v. 13.1.2023) hat der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben der Umwandlungsrichtlinie im nationalen Recht verankert.

Nachfolgend finden Sie eine Zusammenstellung an Beiträgen zum reformierten Umwandlungsrecht aus dem Portfolio des Verlags Otto Schmidt, die wir fortlaufend erweitern werden:

Aus der ZIP:

  • Lieder/Hilser, Die Ersetzungsbefugnis bei umwandlungsrechtlichen Nachbesserungsansprüchen nach dem UmRUG, ZIP 2023, 1
  • Lieder/Hilser, Die Neuordnung des Rechtsschutzsystems gegen ein unangemessenes Umtauschverhältnis bei Umwandlungsmaßnahmen nach dem UmRUG, ZIP 2022, 2521
  • Heckschen/Knaier, Reform des Umwandlungsrechts kurz vor dem Ziel, ZIP 2022, 2205
  • Wollin, Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie, ZIP 2022, 989

Aus der GmbHR:

  • Heckschen/Knaier, Die größte Reform des Umwandlungsrechts: Endlich in Kraft!, GmbHR 2023, 317
  • Sauerbrey, Der Mitbestimmungsschutz bei grenzüberschreitenden Umwandlungen nach dem UmRUGMitbestG, GmbHR 2023, 5
  • Heckschen/Knaier, Das UmRUG auf der Zielgeraden, GmbHR 2022, R376.
  • Ulrich, EU, Grenzüberschreitende Umwandlungen – Bald Ende der Umsetzungsfrist für das UmRUG, GmbHR 2022, R359
  • Heckschen/Knaier, Update UmRUG, GmbHR 2022, R260
  • Heckschen/Knaier, Größte Reform des Umwandlungsrechts – nicht nur Richtlinienumsetzung! (Teil II), GmbHR 2022, 613
  • Heckschen/Knaier, Größte Reform des Umwandlungsrechts – nicht nur Richtlinienumsetzung! (Teil I), GmbHR 2022, 501

Aus der AG:

  • Bücker/Kopp, Erste Praxiserfahrungen mit einem grenzüberschreitenden Hereinformwechsel nach dem neuen UmwG in die Rechtsform der Aktiengesellschaft, AG 2023, 764
  • Simons, Die Neuerungen durch das UmRUG (sowie das MoPeG und das DiRUG/DiReG) im Recht des innerstaatlichen Formwechsels, AG 2023, 754
  • Spindler/Eitinger, Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats nach dem MgVG und dem MgFSG, AG 2023, 593
  • Drescher, Die Änderung des Spruchverfahrensgesetzes 2023, AG 2023, 337
  • Herzog/Gebhard, Grenzüberschreitende Verschmelzungen von Aktiengesellschaften nach dem UmRUG, AG 2023, 310
  • Brandi/Schmidt, Die grenzüberschreitende Spaltung nach dem UmRUG, AG 2023, 297
  • Habrich, Die Verbesserung des Umtauschverhältnisses mit Zusatzaktien – Eine kritische Würdigung des Regierungsentwurfs zur (überschießenden) Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie, AG 2022, 567
  • Wollin, Zur Reform des Vergleichs im Spruchverfahren, AG 2022, 474
  • Müller-Bonanni/Jenner, Unternehmensmitbestimmung bei grenzüberschreitenden Umwandlungen, Spaltungen und Verschmelzungen, AG 2022, 457

Aus DER BETRIEB:

  • Bungert/Strothotte, Grenzüberschreitende Umwandlungsmaßnahmen: Praxiserfahrungen mit dem neuen Recht, DB 2024, 2814
  • Bungert/Reidt, Erweiterte Möglichkeiten grenzüberschreitender Umwandlungen – nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens zum UmRUG, DB 2023, 54
  • Brandi/Schmidt, Der grenzüberschreitende Formwechsel nach dem RegE zum UmRUG, DB 2022, 1880
  • Bungert/Strothotte, Die Regierungsentwürfe zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechseln, DB 2022, 1818
  • Mückl/Blunck, Mitbestimmungsrecht bei grenzüberschreitenden Umwandlungen, DB 2022, 1640

Aus dem Blog Gesellschaftsrecht:

  • Wertenbruch, UmRUG tritt am 1. März 2023 mit Übergangsregelung in Kraft, Blog-Beitrag v. 28.2.2023 (GESRBLOG0001373)
  • Wertenbruch, Bundestag verabschiedet Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (UmRUG), Blog-Beitrag v. 20.1.2023 (GESRBLOG0001320)
  • Heckschen/Knaier, Folgenreiche „Blutgrätsche“ für das UmRUG auf der Zielgeraden, Blog-Beitrag v. 29.12.2022 (GESRBLOG0001282)
  • Wertenbruch, Bundesrat „vertagt“ UmRUG und stimmt Gesellschaftsregister-VO (GesRV) sowie der Änderung der Handelsregisterverordnung (HRV) zu, Blog-Beitrag v. 19.12.2022 (GESRBLOG0001267)
  • Müller-Bonanni/Jenner/Denninger, Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie: Nachgelagerte Verhandlungspflicht zur Durchsetzung nationaler Mitbestimmungsregeln? – Rechtliche Bewertung der Prüfbitte des Bundesrats, Blog-Beitrag v. 26.9.2022 (GESRBLOG0001140)
  • Müller-Bonanni/Jenner, Kabinett beschließt Gesetz zur Umsetzung der mitbestimmungsrechtlichen Regelungen der Umwandlungsrichtlinie, Blog-Beitrag v. 11.7.2022 (GESRBLOG0001114)
  • Heckschen/Knaier, New Kid in Town: Was bringt die größte Reform des Umwandlungsrechts?, Blog-Beitrag v. 3.5.2022 (GESRBLOG0001075)

Bücher:

Veranstaltungen:

Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie: Nachgelagerte Verhandlungspflicht zur Durchsetzung nationaler Mitbestimmungsregeln? – Rechtliche Bewertung der Prüfbitte des Bundesrats

Die im Zuge des sog. „Company Law Package“ erlassene Umwandlungsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/2121) zu grenzüberschreitenden Umwandlungen (Formwechsel, Verschmelzungen und Spaltungen) ist bis zum 31.1.2023 in nationales Recht umzusetzen. Hierfür sind in Deutschland zwei Artikelgesetze vorgesehen: Den gesellschaftsrechtlichen Rahmen soll das „Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie“ (UmRUG) regeln, den mitbestimmungsrechtlichen Rahmen das „Gesetz zur Umsetzung der Bestimmungen der Umwandlungsrichtlinie über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen“. Letzteres sieht dafür insbesondere ein neues „Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung“ (MgFSG‑E) sowie Änderungen des „Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung“ (MgVG‑E) vor.

Nachdem das Kabinett am 6.7.2022 entsprechende Regierungsentwürfe beschlossen hat (vgl. zur Unternehmensmitbestimmung Müller-Bonanni/Jenner im Gesellschaftsrechts-Blog und Müller-Bonanni/Jenner, AG 2022, 457), sind am 16.9.2022 nunmehr die entsprechenden Stellungnahmen des Bundesrats ergangen (BR-Drucks. 360/22(B) und BR-Drucks. 371/22(B)). Darin bittet der Bundesrat – einer Empfehlung des Ausschusses für Arbeit, Integration und Sozialpolitik folgend – nebst einigen Änderungen im UmRUG insbesondere um eine Prüfung folgender Frage im weiteren Gesetzgebungsverfahren:

Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, inwieweit im Rahmen des vorliegenden Gesetzentwurfs Verhandlungen über die Mitbestimmung für die aus einer Umwandlung hervorgehende Gesellschaft auch dann verpflichtend geregelt werden können, wenn nachträglich ein mitbestimmungsrelevanter Schwellenwert des Wegzugsstaates erreicht wird.

I. Einordnung

Die Prüfbitte des Bundesrats ist von der Sorge getrieben, Unternehmen könnten die „neuen“ (auf Basis der europäischen Grundfreiheiten allerdings bereits bestehenden; vgl. u.a. EuGH v. 13.12.2005 – C-411/03 („SEVIC“), AG 2006, 80; EuGH v. 25.10.2017 – C-106/16 („Polbud“), AG 2017, 854) Gestaltungsmöglichkeiten dazu nutzen, sich der Unternehmensmitbestimmung zu entziehen. Der Bundesrat begründet seine Prüfbitte dementsprechend wie folgt:

Allerdings widmet sich der Gesetzentwurf nicht der Problematik des sogenannten Einfrierens der Mitbestimmung. Diese Thematik ist auch bei der „Heraus-Umwandlung“ einschlägig. Etwa bei einem Formwechsel in eine ausländische Limited (Ltd.) kann in einer deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die kurz vor der Schwelle von 500 Beschäftigten stand und somit einer Drittelbeteiligung entgegensah, das Mitbestimmungsniveau bei Null eingefroren werden. Dies ist insbesondere bei weiterer Wertschöpfung und Sitz in Deutschland ein dem innerstaatlichen Anspruch an den Schutz der Mitbestimmung nicht gerecht werdender Zustand.

In der Tat knüpft das Recht der Unternehmensmitbestimmung an das Gesellschaftsstatut an, im Geltungsbereich der Niederlassungsfreiheit also grundsätzlich an das Recht des Mitgliedstaats, in dem eine Gesellschaft ihren Satzungssitz hat. Das muss nicht der Mitgliedstaat sein, in dem sich die Hauptverwaltung der Gesellschaft befindet. Ausnahmen hiervon bilden die Societas Europaea, für die Art. 7 SE-VO anordnet, dass sich (Satzungs-)Sitz und Hauptverwaltung im selben Mitgliedstaat befinden müssen, und (Rück‑)Versicherungsgesellschaften (vgl. Art. 20 Richtlinie (EG) 2009/138, „Solvency II“).

Wandelt sich beispielsweise – wie in dem vom Bundesrat gebildeten Fall – eine deutsche GmbH formwechselnd in eine irische Ltd. um, beanspruchen die deutschen Mitbestimmungsgesetze (DrittelbG, MitbestG etc.) deshalb fortan für die Gesellschaft keine Geltung mehr, obwohl möglicherweise die Hauptverwaltung der Gesellschaft und der Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit in Deutschland verbleibt. Lag die Zahl der im Inland tätigen Arbeitnehmer der Gesellschaft vor dem Formwechsel noch unter dem Schwellenwert des DrittelbG von in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern, kann diese Zahl im Anschluss an den Formwechsel anwachsen, ohne dass das DrittelbG oder, wenn der Schwellenwert von in der Regel mehr als 2.000 im Inland tätigen Arbeitnehmern erreicht ist, das MitbestG greift. Bereits im Koalitionsvertrag 2021-2025 haben die Regierungsparteien sich vorgenommen, diesen sog. „Einfriereffekt“ zu beseitigen (S. 56 des Koalitionsvertrags; s. dazu Harnos/Holle, AG 2021, R359, 361 f.).

II. Bewertung

1. Unvereinbarkeit mit dem Vorher-/Nachher-Prinzip

Allerdings kann der „Einfriereffekt“ nicht beseitigt werden, ohne zuvor das europäische Recht zu ändern. Das scheint auch den Regierungsparteien klar gewesen zu sein, als sie im Koalitionsvertrag eher zurückhaltend formuliert haben, sie wollten sich für eine Beseitigung des Einfriereffekts „einsetzen“. Der Einfriereffekt ist das Ergebnis eines mühevoll in einem vier Jahrzehnte dauernden Verhandlungsprozess zwischen insbesondere der Bundesrepublik Deutschland und der Mehrzahl der Mitgliedstaaten, die keine Unternehmensmitbestimmung kennen, errungenen Kompromisses zur Societas Europaea (vgl. Jacobs in MünchKomm/AktG, 5. Aufl. 2021, vor § 1 SEBG Rz. 2 ff.). Der Mitbestimmungsstatus der Gesellschaft, die aus der grenzüberschreitenden Umwandlung hervorgeht, wird nach dem Kompromiss im Verhandlungswege zwischen einem besonderen Verhandlungsgremium der Arbeitnehmer und der oder den Unternehmensleitung(en) festgelegt, die eine grenzüberschreitende Maßnahme plant bzw. planen. Scheitern die Verhandlungen, erhalten gesetzliche Auffangregelungen das im Zeitpunkt der Maßnahme bestehende Mitbestimmungsniveau aufrecht – nicht weniger, aber auch nicht mehr (sog. „Vorher-/Nachher-Prinzip“).

In der Umwandlungsrichtlinie hat der europäische Gesetzgeber das Vorher-/Nachher-Prinzip durch die Anordnung einer entsprechenden Geltung des SE-Rechts noch einmal ausdrücklich bestätigt. Weitergehende Forderungen nach einer Dynamisierung der Auffangregeln haben sich nicht durchsetzen können (hierzu auch Teichmann, NZG 2019, 241, 246 f.). Stattdessen sieht die Umwandlungsrichtlinie verschiedene, das Vorher‑/Nachher-Prinzip ergänzende Schutzmechanismen für die Unternehmensmitbestimmung vor. Dazu zählt insbesondere die neue sog. 4/5-Regelung, die bereits dann zur Bildung und Aufnahme von Verhandlungen mit einem besonderen Verhandlungsgremium der Arbeitnehmer verpflichtet, wenn in einem an der grenzüberschreitenden Umwandlung beteiligten Unternehmen 4/5 der Zahl der Arbeitnehmer beschäftigt wird, die in dem Mitgliedstaat die Mitbestimmung auslöst. Darüber hinaus werden die Registergerichte zu einer erweiterten Missbrauchskontrolle ermächtigt, die sich auch auf die Unternehmensmitbestimmung bezieht (Art. 86m Abs. 8, Art. 127 Abs. 8 und Art. 160m Abs. 8 Umwandlungsrichtlinie). Nicht zuletzt werden mit der Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie neue Bußgeldtatbestände für die Verletzung von Informationsrechten der Arbeitnehmervertretungen eingeführt.

Die vom Bundesrat in Betracht gezogene Einführung einer Pflicht zur Aufnahme erneuter Mitbestimmungsverhandlungen, wenn nach der Eintragung der grenzüberschreitenden Umwandlung im Wegzugsstaat ein mitbestimmungsrechtlicher Schwellenwert erreicht wird, widerspricht dem Vorher-/Nachher-Prinzip. Sie läuft letztlich auf eine Dynamisierung der Unternehmensmitbestimmung in grenzüberschreitenden Gesellschaften hinaus (man könnte auch von einem Mitbestimmungsexport sprechen), wie sie in Jahrzehnten von Verhandlungen zur SE und nunmehr erneut in den Verhandlungen über die Umwandlungsrichtlinie nicht durchgesetzt werden konnte. Für ein Redaktionsversehen in der Richtlinie (so Stelmaszczyk, ZIP 2019, 2437, 2446) gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte der Richtlinie lassen keinen Zweifel daran, dass der Richtliniengeber die Geltung des Vorher-/Nachher-Prinzips unmodifiziert zur Anwendung bringen will, so dass eine Regelung, die erneute Mitbestimmungsverhandlungen erfordern würde, wenn die Gesellschaft die relevanten Schwellenwerte innerhalb einer bestimmten Frist nach der Umwandlung erreicht, richtlinienwidrig wäre (vgl. in diese Richtung Uffmann, AG 2022, 427, 432).

2. Fehlende Regelungskompetenz

Die vom Bundesrat in Betracht gezogene Einführung einer Pflicht zur Aufnahme von Mitbestimmungsverhandlungen im Falle einer nachträglichen Überschreitung mitbestimmungsrechtlicher Schwellenwerte im Wegzugsstaat scheitert auch an der fehlenden Regelungskompetenz der Wegzugsstaaten. Die Unternehmensmitbestimmung und das Verhandlungsverfahren zur Bestimmung des Mitbestimmungsstatus richten sich nämlich kraft ausdrücklicher Anordnung des Richtliniengebers umfassend nach dem Recht desjenigen Mitgliedstaats, in dem die aus der grenzüberschreitenden Umwandlung hervorgehende Gesellschaft ihren Sitz hat bzw. haben wird, also nach dem Recht des Zuzugsstaats (Art. 86l Abs. 3, 133 Abs. 3 und 160l Abs. 3 der durch die Umwandlungsrichtlinie geänderten Richtlinie (EU) 2017/1132 i.V.m. Art. 6 der Richtlinie 2001/86/EG, „SE-Richtlinie“). Eine Pflicht zur Aufnahme erneuter Mitbestimmungsverhandlungen, wenn im Wegzugsstaat ein mitbestimmungsrechtlicher Schwellenwert überschritten wird, müsste deshalb ebenfalls durch den Zuzugsstaat geregelt werden, in dem eingangs gebildeten Beispiel also durch Irland. Dem deutschen Gesetzgeber wäre dies europarechtlich versagt.

Auch der jeweilige Zuzugsstaat könnte die vom Bundesrat erwogene Regelung übrigens letztlich nicht schaffen, weil er mit der nachträglichen Verhandlungspflicht (in Abhängigkeit von der Zahl der im Ausland tätigen Arbeitnehmer) ein Sondermitbestimmungsregime für zuziehende Gesellschaften etablieren würde. Dies stünde dem Ziel der Umwandlungsrichtlinie entgegen, einen einheitlichen europäischen Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Umwandlungen zu etablieren und liefe letztlich sowohl auf eine unzulässige Diskriminierung solcher Gesellschaften wie auch auf eine Beschränkung der europarechtlichen Niederlassungsfreiheit hinaus.

Die Regelungen der Gesellschaftsrechtsrichtlinie zur Unternehmensmitbestimmung sind abschließend. Für nationale Sonderwege ist hierneben kein Raum.

Update vom 12.10.2022: Die Bundesregierung hat in einer Gegenäußerung zur Prüfbitte des Bundesrates (BT-Drucks. 20/3817, S. 65 f.) im Einklang mit der hier vertretenen Auffassung mitgeteilt, dass sie die angeregte Regelung auf nationaler Ebene für rechtlich unzulässig hält. Die Problematik des „Einfrierens der Mitbestimmung“ habe der EU-Gesetzgeber durch eine Ausweitung der Verhandlungspflicht vor Erreichen der Schwellenwerte des Wegzugsstaats erkannt, aber nicht hinreichend gelöst. Das MgFSG sehe im Einklang mit der Richtlinie den Verhandlungsmechanismus auch in solchen Konstellationen vor, in denen wenigstens vier Fünftel des Schwellenwerts im Mitbestimmungsrecht des Wegzugsstaates erreicht werden. Verhandlungen bei nachträglichem Überschreiten der nationalen Schwellenwerte des Wegzugsstaates seien nach den Vorgaben der Umwandlungsrichtlinie dagegen nicht vorgesehen. Im Ergebnis könne die vom Bundesrat beschriebene Problematik des „Einfriereffekts“ daher rechtssicher nur durch einen europäischen Rechtsakt gelöst werden.

Kabinett beschließt Gesetz zur Umsetzung der mitbestimmungsrechtlichen Regelungen der Umwandlungsrichtlinie

Das Kabinett hat am 6.7.2022 den Regierungsentwurf zur Umsetzung der Bestimmungen der Umwandlungsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/2121) über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen beschlossen.

Der Regierungsentwurf sieht wie schon der Referentenentwurf des BMAS im Wesentlichen ein neues Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung (MgFSG-E) sowie Änderungen des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG-E) vor. Die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften der Umwandlungsrichtlinie sollen in einem gesonderten Gesetz, dem Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (UmRUG) umgesetzt werden. Auch hierzu hat das Kabinett am 6.7.2022 den Regierungsentwurf beschlossen (vgl. hierzu Prof. Dr. Jessica Schmidt). Die Umsetzungsfrist für beide Gesetze endet am 31.1.2023.

Inhaltlich übernimmt der Gesetzentwurf zu den mitbestimmungsrechtlichen Regelungen der Umwandlungsrichtlinie weitgehend den Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 1.4.2022 (hierzu ausführlich Müller-Bonanni/Jenner, AG 2022, 457). Er enthält jedoch auch einige bedeutsame Änderungen:

1. Begründung zu § 5 Nr. 3 MgFSG-E: Konkrete Betrachtungsweise

Für die Praxis besonders wichtig ist die Klarstellung in der Begründung des Regierungsentwurfs zur Vorschrift des § 5 Nr. 3 MgFSG-E. Grundsätzlich unterliegt die aus einem grenzüberschreitenden Formwechsel oder einer grenzüberschreitenden Spaltung hervorgehende Gesellschaft gem. § 4 MgFSG-E den Mitbestimmungsgesetzen des Mitgliedstaats, in dem diese ihren (Register-)Sitz hat. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn einer der Ausnahmetatbestände des § 5 MgFSG-E vorliegt. In diesem Fall muss ein Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren (Bildung eines besonderen Verhandlungsgremiums der Arbeitnehmer etc.) eingeleitet werden, in dem das Mitbestimmungsstatut der Gesellschaft im Verhandlungswege festgelegt werden soll. Scheitern die Verhandlungen, gelangen gesetzliche Auffangregelungen über die Mitbestimmung zur Anwendung. Zur Parallelvorschrift des § 5 MgVG wurde anfänglich intensiv diskutiert, ob § 5 Nr. 3 MgVG abstrakt oder konkret zu interpretieren ist. Die Vorschrift bestimmt, dass ein Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren auch dann einzuleiten ist, wenn das Recht am Sitz der Gesellschaft, die aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgeht, für Arbeitnehmer die in anderen Mitgliedstaaten tätig sind, nicht den gleichen Anspruch auf Mitbestimmung vorsieht, wie sie den Arbeitnehmern im Sitzstaat zustehen. Bei einer abstrakten Lesart wäre der Tatbestand praktisch immer einschlägig, weil derzeit keine europäische Rechtsordnung Arbeitnehmer, die in anderen Mitliedstaaten tätig sind, in die Mitbestimmung einbezieht. Der Regierungsentwurf zu § 5 Nr. 3 MgFSG stellt sich nunmehr auf die Seite der inzwischen ganz herrschenden Ansicht zu § 5 Nr. 3 MgVG, die den Tatbestand nur dann anwendet, wenn die Ausgangsgesellschaft (bei Verschmelzungen: mindestens eine der beteiligten Gesellschaften) tatsächlich der Mitbestimmung unterliegt (siehe etwa Drinhausen/Keinath, AG 2010, 398, 399; Habersack in Habersack/Henssler, 4. Aufl. 2018, § 5 MgVG Rz. 6; Hohenstatt/Dzida in Henssler/Willemsen/Kalb, 10. Aufl. 2022, MgVG Rz. 8; Jacobs in MünchKomm/AktG, 5. Aufl. 2021, Vor § 1 SEBG Rz. 56; Thüsing/Forst in Habersack/Drinhausen, SE-Recht, 3. Aufl. 2022, § 5 MgVG Rz. 19). Unterliegt die Ausgangsgesellschaft nicht der Mitbestimmung, kann der grenzüberschreitende Formwechsel oder die grenzüberschreitende Spaltung ohne das aufwändige Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren durchgeführt werden (es sei denn, der Tatbestand der 4/5-Regelung nach § 5 Nr. 1 MgFSG-E liegt vor).

2. § 6 Abs. 2 MgFSG-E: Verfahrenseinleitende Information der vertretenen Gewerkschaften

Der Regierungsentwurf sieht nun in § 6 Abs. 2 MgFSG-E (abweichend von § 6 Abs. 2 MgVG und § 4 Abs. 2 SEBG) vor, dass die Informationen über das grenzüberschreitende Formwechsel- bzw. Spaltungsvorhaben, mit denen das Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren eingeleitet wird (Arbeitnehmerzahlen, bestehende Arbeitnehmervertretungen, Mitbestimmungssituation etc.), nicht nur den Betriebsräten und Sprecherausschüssen im Unternehmen, sondern auch den im Unternehmen vertretenen (inländischen) Gewerkschaften zur Verfügung zu stellen sind. Die Änderung will augenscheinlich verhindern, dass grenzüberschreitende Formwechsel und Spaltungen an den im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften „vorbei“ umgesetzt werden.

3. § 13 MgFSG-E: Stimmgewichtete Wahl der auf das Inland entfallenden BVG-Mitglieder

Abweichend vom Referentenentwurf bestimmt § 13 MgFSG-E nun in Anlehnung an § 12 MgVG und § 10 SEBG, dass die Wahl der inländischen Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums (BVG) in einer stimmgewichteten Wahl erfolgt und nicht – wie noch im Referentenentwurf vorgesehen – nach Köpfen. Das Wahlgremium, das die inländischen BVG-Mitglieder wählt, besteht aus den Mitgliedern der höchsten Arbeitnehmervertretung der ihre Rechtsform wechselnden oder sich spaltenden Gesellschaft, der betroffenen Tochtergesellschaften oder betroffenen Betriebe (§ 11 Abs. 2 MgFSG-E), wenn es sich um eine Konzernobergesellschaft handelt, also aus den Mitgliedern des Konzernbetriebsrats ansonsten aus den Mitgliedern des Gesamtbetriebsrats/der Gesamtbetriebsräte oder, wo es einen solchen nicht gibt, aus den Mitgliedern des Betriebsrats/der Betriebsräte. Die Stimmenzahl der Mitglieder des Wahlgremiums richtet sich nach der Zahl der jeweils durch sie vertretenen Arbeitnehmer, wobei Arbeitnehmer betriebsratsloser Betriebe und Unternehmen den Arbeitnehmervertretungen zu gleichen Teilen zugerechnet werden. Das Prinzip der Stimmgewichtung stößt an praktische Grenzen, wenn Abstimmungen geheim durchgeführt werden sollen, was jedes Mitglied des Wahlgremiums verlangen kann. Das Problem ist seit langem bekannt, die Alternative der ursprünglich vorgesehenen Abstimmung nach Köpfen wirft jedoch mitunter Fragen hinsichtlich der demokratischen Legitimation des Abstimmungsergebnisses auf.

Als Folgeänderung der stimmgewichteten Wahl sieht § 13 Abs. 1 Satz 1 MgFSG-E (wie auch § 12 Abs. 1 Satz 1 MgVG und § 10 Abs. 1 Satz 1 SEBG) nun eine doppelte Beschlussfähigkeitsschwelle vor, wonach zwei Drittel der Wahlgremiumsmitglieder, die mindestens zwei Drittel der Arbeitnehmer vertreten, anwesend sein müssen.

4. § 21 MgFSG-E und § 19a MgVG-E: Information über das Verhandlungsergebnis statt Übermittlung einer Abschrift der Beschlussniederschrift

Die im Referentenentwurf in § 21 MgFSG-E und § 19a MgVG-E vorgesehene Übermittlung einer Abschrift der Niederschrift über die Beschlüsse des BVG (einschließlich der jeweiligen Beschlussmehrheiten) an die Arbeitnehmervertretungen, Sprecherausschüsse und im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften gibt der Regierungsentwurf auf. § 21 MgFSG-E und § 19a MgVG-E bestimmen nunmehr im Einklang mit der Umwandlungsrichtlinie, dass lediglich eine Information über das Verhandlungsergebnis zu erfolgen hat. Hierdurch wird sichergestellt, dass aus der Mitteilung keine Rückschlüsse auf das Abstimmungsverhalten der BVG-Mitglieder gezogen werden können.

5. § 32 MgFGS-E und § 30 MgVG-E: Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren bei nachfolgenden innerstaatlichen Umwandlungsmaßnahmen nur, wenn in der hervorgehenden Gesellschaft eine Form der Unternehmensmitbestimmung besteht

Gemäß § 32 MgFSG-E und § 30 MgVG-E ist bei nachfolgenden innerstaatlichen Umwandlungsmaßnahmen, die innerhalb von vier Jahren nach Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Maßnahme stattfinden, ein (erneutes) Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren durchzuführen, allerdings nur dann, wie der Regierungsentwurf nun klarstellt, wenn in der Gesellschaft, die aus der grenzüberschreitenden Maßnahme hervorgeht, tatsächlich eine Form der Mitbestimmung der Arbeitnehmer besteht. Dies entspricht den Vorgaben der durch die Umwandlungsrichtlinie eingeführten Art. 86l Abs. 7, Art. 133 Abs. 7 und Art. 160l Abs. 7 GesRRL.

6. § 36 MgFSG-E: Missbrauchsverbot

Der Referentenentwurf des BMAS sah gestützt auf die Umwandlungsrichtlinie in § 36 MgFSG-E bereits eine „Missbrauchsverbotsregelung“ vor. Ein „Missbrauch“ sollte nach dem Referentenentwurf insbesondere dann vorliegen, wenn innerhalb von vier Jahren ab Wirksamwerden des grenzüberschreitenden Vorhabens strukturelle Änderungen erfolgen, die bewirken, dass Arbeitnehmern Mitbestimmungsrechte vorenthalten oder entzogen werden.

Der Regierungsentwurf ändert § 36 Satz 2 MgFSG-E dahin gehend, dass „Missbrauch“ insbesondere dann vorliegt, wenn innerhalb von vier Jahren ab dem Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Maßnahme strukturelle Änderungen erfolgen, die bewirken, dass ein Schwellenwert der Mitbestimmungsgesetze im Sitzstaat überschritten wird oder sonst Arbeitnehmern Mitbestimmungsrechte vorenthalten oder entzogen werden. Unverändert geblieben ist, dass bei einem Verstoß gegen das „Missbrauchsverbot“ Verhandlungen über den Mitbestimmungsstatus der Gesellschaft zu führen sind, bei deren Scheitern die §§ 25 bis 30 MgFSG über die Mitbestimmung kraft Gesetzes anzuwenden sind. Gemeint ist dabei offenbar, dass die Auffangregelungen unter Zugrundlegung der Verhältnisse im Zeitpunkt der strukturellen Änderung anzuwenden sind, was in den Fällen der Überschreitung mitbestimmungsrechtlicher Schwellenwerte darauf hinausläuft, dass die Gesellschaft fortan der Mitbestimmung unterliegt.

Der Begriff des „Missbrauchs“ erscheint in diesem Kontext deplatziert, weil ein Anwachsen der Arbeitnehmerzahl, zumal innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren, für sich genommen nicht missbräuchlich ist. Es erscheint auch zweifelhaft, ob die Regelung durch die Richtlinie gedeckt ist, da der nationale Gesetzgeber das durch die Umwandlungsrichtlinie vorgegebene sog. Vorher-/Nachher-Prinzip aufweicht. Das Vorher-/Nachher-Prinzip schützt den im Zeitpunkt der grenzüberschreitenden Maßnahme bestehenden mitbestimmungsrechtlichen status quo, nicht aber potentielle Mitbestimmungszuwächse (vgl. zum SE-Recht Uffmann, AG 2022, 427, 436).

Immerhin betont aber die Entwurfsbegründung, dass mit einem „Missbrauch“ i.S.d. § 36 Satz 2 MgFSG-E keine strafrechtliche Sanktion verknüpft ist.

Welchen Weg aus der LLP?

Nicht nur das Vereinigte Königreich bereitet sich auf einen „harten“ Brexit vor, sondern auch die deutsche Gesellschaftsrechtspraxis. Der drohende Wegfall der Niederlassungsfreiheit betrifft dabei neben in Deutschland ansässigen Limiteds auch Limited Liability Partnerships (LLPs). Diese Rechtsform war aufgrund der umfassenden Haftungsbeschränkung insbesondere für Anwaltskanzleien attraktiv. In der Diskussion über mögliche Rettungsmaßnahmen steht sie bisher nur begrenzt im Fokus. Nach den bisherigen Stellungnahmen sollen der UK LLP grenzüberschreitende Umwandlungen nur auf Basis der SEVIC-Rechtsprechung des EuGH offenstehen. Denn als Personengesellschaft sei sie nicht von Art. 118-134 GesRRL erfasst und könne darum auch nicht an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nach §§ 122a-122m UmwG beteiligt sein (vgl. J. Schmidt, GmbHR 2018, R292, R293). Das ist mit Rechtsunsicherheit verbunden, weshalb stattdessen alternative Lösungen wie Anwachsungsmodelle propagiert werden. Auch das kürzlich inkraftgetretene 4. UmwÄndG (siehe dazu bereits den Eintrag von Knaier) hält keine besonderen Mechanismen für die LLP bereit, sondern erweitert nur den Kreis der aufnehmenden Rechtsträger auf Personenhandelsgesellschaften (oHG und KG).

Dem scheint die – angesichts des Namens verständliche – Fehlvorstellung zugrundezuliegen, die LLP sei eine Sonderform der englischen partnership, also eine Personengesellschaft. Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass die LLP eher einer company, also einer Kapitalgesellschaft ähnelt: Nach sec. 1 (2) des Limited Liability Partnerships Act 2000 ist die LLP eine Körperschaft (body corporate) mit eigener Rechtspersönlichkeit. Die Haftung ist auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt, das gegen unzulässige Entnahmen abgesichert ist. Die LLP Regulations 2009 wenden darum weite Teile des Companies Act 2006 für die LLP entsprechend an, außerdem auch die britischen Vorschriften zur grenzüberschreitenden Verschmelzung (Cross-border Mergers Regulations 2007).

Zugleich ist das Richtlinienrecht offen für eine solche Erweiterung der verschmelzungsfähigen Rechtsträger durch die Mitgliedsstaaten. „Kapitalgesellschaft“ im Sinne von Art. 119 Nr. 1 GesRRL sind nicht nur die in Annex II der Richtline aufgezählten Rechtsformen, sondern nach lit. b auch

eine Gesellschaft, die Rechtspersönlichkeit besitzt und über gesondertes Gesellschaftskapital verfügt, das allein für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet, und die nach dem für sie maßgebenden nationalen Recht Schutzbestimmungen im Sinne des Titels I Kapitel II Abschnitt 2 und des Titels I Kapitel III Abschnitt 1 im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter einhalten muss.

Diese Merkmale treffen auf die LLP zu, weshalb sie für die grenzüberschreitende Verschmelzung als „Kapitalgesellschaft“ nach § 122b UmwG qualifiziert werden muss. Ihr steht damit die grenzüberschreitende Hineinverschmelzung als rechtssichere Gestaltungsoption zur Verfügung. Zielrechtsträger kann allerdings nur eine deutsche Kapitalgesellschaft (namentlich AG und GmbH) sein, nicht dagegen eine PartG mbB, was insbesondere für Anwalts-LLPs infrage gekommen wäre. Als Personenhandelsgesellschaft kann eine Anwaltskanzlei nicht betrieben werden.

Zugleich müssen die bisher diskutierten Gestaltungsalternativen kritisch überdacht werden. Verbreitet wird vorgeschlagen, der Zielrechtsträger solle als Gesellschafter in die LLP eintreten. Eine entsprechende Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag vorausgesetzt, käme es dann bei Austritt der übrigen Gesellschafter zur Anwachsung mit Gesamtrechtsnachfolge, wie dies bei Personengesellschaften üblich ist (vgl. dazu Hoger/Lieder, ZHR 180 (2016), 613, 640; Zwirlein/Großerichter/Gätsch, NZG 2017, 1041, 1045). Diese Lösung dürfte sich aber für die LLP nicht als gangbarer Weg erweisen. Für diese sind nämlich – ihrer kapitalgesellschaftlichen Natur entsprechend – die Vorschriften des Insolvency Act 1986 zum Liquidationsverfahren zu beachten. Entsprechend findet das Anwachsungsmodell im englischen Schrifttum keine Erwähnung. Stattdessen wird als Alternative zur Verschmelzung die sogenannte „reconstruction by voluntary liquidation“ genannt, bei der sich die LLP in ein freiwilliges Abwicklungsverfahren begibt und der Abwickler das Unternehmen im Tausch gegen Anteile in die Zielgesellschaft einbringt (vgl. dazu Morse et al., Palmer’s Limited Liability Partnership Law, 2. Aufl. 2011, Rn. A10-47 ff.).

Die Einordnung der LLP zeigt, dass Vorsicht geboten ist, wenn Vorstellungen der nationalen Rechtsdogmatik auf ausländische Rechtsformen übertragen werden sollen. Die grenzüberschreitende Verschmelzung jedenfalls steht ihr als rechtssicherer, wenngleich bürokratischer Ausweg aus dem britischen Recht offen. Daneben mag das freiwillige Abwicklungsverfahren als Alternative in Betracht kommen, während das Anwachsungsmodell nicht empfohlen werden kann (siehe zur Thematik ausführlich Wolff, GmbHR 2019, 52).

 

Das Company Law Package in der Werkstatt: Generalüberholung der gesellschaftsrechtlichen „Wundertüte“

Am 25.04.2018 präsentierte die europäische Kommission mit ihrem Company Law Package das bisher größte Maßnahmenpaket in der wechselhaften Geschichte des unionalen Gesellschaftsrechts. Die „gesellschaftsrechtliche Wundertüte“ wurde seitdem in zahlreichen wissenschaftlichen Beiträgen diskutiert (Ein erster Überblick findet sich bei Knaier, GmbHR 2018, R148; siehe zum Vorschlag über den Einsatz digitaler Instrumente und Verfahren im Gesellschaftsrecht etwa: Knaier, GmbHR 2018, 560; J. Schmidt, Der Konzern 2018, 229; Wachter, GmbH-StB 2018, 214 und 263; Lieder, NZG 2018, 1081; Noack, DB 2018, 1324; Bock, DNotZ 2018, 643; zum Vorschlag über grenzüberschreitende Verschmelzungen, Spaltungen und Sitzverlegungen etwa Knaier, GmbHR 2018, 607; J. Schmidt, Der Konzern 2018, 229, 235 ff. und 273; Wachter, GmbH-StB 2018, 283 und 317; Noack/Kraft, DB 2018, 1577; Schollmeyer, NZG 2018, 977; Bungert/Wansleben,DB 2018, 2094). Sogar im fernen Japan (ein weiterführender Link zum Beitrag von Prof. Dr. Dr. Eiji Takahashi folgt demnächst in den Kommentaren zu diesem Blogeintrag) wurde der Digitalisierungsvorschlag Gegenstand wissenschaftlicher Auseinandersetzung. Doch auch rechtspolitisch bewegt sich mittlerweile einiges. Neben durchaus kritischen Stellungnahmen  der Bundesnotarkammer, des Deutschen Notarvereins und des Deutschen Gewerkschaftsbundes zu den Vorschlägen, meldete sich nun auch der Bundesrat zu Wort. Dieser Input liefert damit innerhalb nur eines halben Jahres seit Veröffentlichung des Pakets einige Überarbeitungs- und Verbesserungsvorschläge zur Diskussion.

Doch was haben eigentlich die verantwortlichen Akteure auf Unionsebene bisher in Sachen Company Law Package unternommen? Erste – wenn auch noch vage – Antworten auf diese Frage konnten vergangene Woche am 28.09.2018 im Rahmen des 12. ECFR Symposiums gewonnen werden. Neben mehreren Mitgliedern der Informal Company Law Expert Group (ICLEG), welche die beiden Vorschläge in wesentlichen Teilen ausgearbeitet hatte, waren im Diskussionsforum zahlreiche Experten des unionalen Gesellschaftsrechts zusammengekommen. Außerdem waren Vertreter der Österreichischen Ratspräsidentschaft anwesend, welche die Vorschläge derzeit verhandelt. Auch die Kommission selbst war in Person von Bartłomiej Kurcz vertreten, dem Leiter des gesellschaftsrechtlichen Referats.

Letzterer berichtete in seiner Keynote-Speech von den bereits erreichten Fortschritten, verbunden mit der Hoffnung, nach einem zügigen Verhandlungsverfahren die beiden Vorschläge alsbald durch das Parlament und den Rat zu bekommen, nämlich als Änderungsrichtlinien zur Richtlinie über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (zur Kodifizierungstechnik der Kommission Knaier, GmbHR 2018, 560, 561 und GmbHR 2018, 607, 612). Es folgten Diskussionen über einzelne Details der Vorschläge in den Fachvorträgen zur Digitalisierung des Gesellschaftsrechts aus praktischer und akademischer Perspektive, zu grenzüberschreitenden Sitzverlegungen im Allgemeinen und zum Schutz von Gläubigern, Minderheitsgesellschaftern und Arbeitnehmern im Speziellen (die Beiträge und Diskussionsberichte werden in Heft 1/2019 der ECFR veröffentlicht). Im Anschluss hieran wurde seitens der Ratspräsidentschaft vor allem deutlich gemacht, dass die beiden Vorschläge nur gemeinsam verabschiedet werden sollen. Aufgrund der Komplexität der Regelungsmaterie und wegen altbekannter Stolpersteine, wie der Arbeitnehmermitbestimmung bei grenzüberschreitenden Sitzverlegungen und Spaltungen, erscheint das Ziel eines zügigen Richtlinienerlasses jedoch derzeit eher wie ein frommer Wunsch.

Dennoch bleibt es spannend in Sachen Company Law Package. Nach dem bisherigen Stand der Überarbeitung scheinen die verantwortlichen Akteure die Anregungen und die Kritik aus Wissenschaft und Praxis jedenfalls ernst zu nehmen. Es bleibt die Hoffnung, dass aus der „Wundertüte“ Company Law Package den betroffenen Rechtsanwendern und Unternehmern am Ende zumindest kein Schachtelteufel entgegenspringt.

Doch kein „Brexit“ mit Schrecken? – Bundesregierung legt Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes vor

Seit nunmehr zweieinhalb Jahren schwebt das Damoklesschwert des „Brexit“ über den in Deutschland ansässigen Unternehmen in englischer Rechtsform (Ltd., PLC, LLP). Wird der Austritt Großbritanniens aus der EU wirksam, ohne dass ein Austrittsabkommen ausgehandelt wurde, das für diese Briefkastengesellschaften einen Rettungsanker parat hält, droht der Verlust der Rechtsfähigkeit in Deutschland (dazu Teichmann/Knaier, IWRZ 2016, 243). Es ist nämlich davon auszugehen, dass dann wieder die Sitz- und nicht die durch den EuGH und die Niederlassungsfreiheit vorgegebene Gründungstheorie Anwendung findet. Für die englischen Gesellschaften wären die Folgen fatal: Die deutschen Gerichte würden eine Umqualifizierung der englischen Rechtsform in ein deutsches Pendant vornehmen. Aus einer Limited könnte dann eine OHG oder GbR, aus einer Einpersonen-Limited ein Einzelkaufmann oder schlicht eine gewöhnliche unbeschränkt haftende Person werden. All dies ist nichts Neues und die bisherige Literatur hat die Thematik und Lösungsmöglichkeiten umfassend aufgezeigt (siehe jüngst bspw. die Vorschläge von Miras/Tonner, GmbHR 2018, 601; Wachter, GmbHR 2018, R260 und Süß, ZIP 2018, 1277).

Die erdachten Rettungsmöglichkeiten für englische Ltd´s erwiesen sich in der Praxis jedoch teilweise als problematisch. Ein beliebter Vorschlag war der grenzüberschreitende Formwechsel in eine deutsche Rechtsform, der nach den Grundsätzen des EuGH möglich ist. Doch selbst im grenzüberschreitenden Umwandlungsrecht sehr aktive und versierte Praktiker mussten bei einem solchen Versuch die Erfahrung machen, dass das britische Companies House angesichts des Austritts nicht sehr kooperativ ist. Ein veröffentlichtes Schreiben des Companies House zeigt, dass man dort nicht gewillt ist, einen Formwechsel nach den Vorgaben des EuGH durchzuführen und einzutragen. Die immer dringlicher werdende Frage in Deutschland war also: Brexit – Was nun?

Der deutsche Gesetzgeber nahm diese Frage ernst (hierzu im Vorfled des Referentenentwurfes Wachter, GmbHR 2018, R260, R260 f.) und präsentierte jüngst mit dem Referentenentwurf für ein Viertes Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes seine Antwort darauf. Ziel des Gesetzes ist, es Rechtssicherheit für die betroffenen britischen Gesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland zu schaffen und den geordneten Wechsel in eine inländische Gesellschaftsrechtsform mit beschränkter Haftung durch eine neue Variante zu erweitern bzw. zu ermöglichen. Hierfür sieht der Entwurf vor, in den §§ 122a ff. UmwG Vorschriften über die Hineinverschmelzung von Kapitalgesellschaften auf Personenhandelsgesellschaften zu ergänzen und das bestehende Regelungskonzept entsprechend anzupassen.

In der Praxis wird hierdurch ermöglicht, eine britische Gesellschaft auf eine KG zu verschmelzen und deren bisherige(n) Gesellschafter als Kommanditisten zu beteiligen. Mit der klassischen Konstruktion einer GmbH & Co. KG bleibt so die Haftung beschränkt, unter Einsatz einer UG (haftungsbeschränkt) als Komplementär ist sogar das Mindestkapital (fast) entbehrlich. Der Entwurf zielt somit ersichtlich darauf ab, die „abtrünnigen“ Limited-Unternehmer zurück zu den heimischen Rechtsformen zu locken.

Gesetzgebungstechnisch wird vorgeschlagen, Buch 2 Teil 2 Abschnitt 10 des UmwG für Personenhandelsgesellschaften i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 UmwG zu öffnen. Dies betrifft die OHG und die KG. Auf diese sollen nach § 122a Abs. 2 UmwG-E die Vorschriften des Ersten Teils und des Ersten Unterabschnitts des Ersten Abschnitts des Zweiten Teils des UmwG entsprechend angewendet werden. Allerdings sieht § 122b Abs. 1 Nr. 2 UmwG-E diese nur als übernehmende oder neue Gesellschaften vor. § 122c Abs. 2 Nr. 13 UmwG-E stellt nun klar, dass für jeden Anteilsinhaber bei der Verschmelzung auf eine Personenhandelsgesellschaft im Verschmelzungsplan oder dessen Entwurf klargestellt werden muss, ob ihm in der übernehmenden oder der neuen Personenhandelsgesellschaft die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters oder eines Kommanditisten gewährt wird. Weitere Änderungen betreffen vor allem formale Anpassungen und Anpassungen an die Besonderheiten der Beteiligung von Personenhandelsgesellschaften an der grenzüberschreitenden Verschmelzung. Neugeschaffen wird ein Anwendungsbefehl für § 8 Abs. 3 UmwG in § 122e S. 3 UmwG-E. Hierdurch soll das Verfahren der Verschmelzung auf eine Personenhandelsgesellschaft als Zielgesellschaft vereinfacht werden, indem ein Verschmelzungsbericht dann für entbehrlich erklärt wird, wenn alle Anteilsinhaber aller beteiligten Rechtsträger auf seine Erstattung verzichten oder sich alle Anteile des übertragenden Rechtsträgers in der Hand des übernehmenden Rechtsträgers befinden.

Neu eingefügt werden soll darüber hinaus § 122m UmwG-E über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union. Hiermit wird eine Übergangsvorschrift für vor Wirksamwerden des Brexit begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Verschmelzungen geschaffen. Entscheidend für das Eingreifen der Norm ist die notarielle Beurkundung des Verschmelzungsplans nach § 122c Abs. 4 UmwG vor dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU. Ist diese geschehen, wird eine britische Gesellschaft, die auf eine übernehmende oder neue deutsche Handelsgesellschaft verschmolzen wird, für den Zweck der Verschmelzung auch nach Wirksamwerden des Brexit als EU-Gesellschaft behandelt. Hinzu kommt jedoch, dass die Verschmelzung unverzüglich nach dem Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Verschmelzungsplans zur Eintragung beim Handelsregister angemeldet werden muss. Der Gesetzgeber schränkt dies jedoch ein und lässt eine Anmeldung innerhalb von zwei Jahren zu, um unter § 122m UmwG-E zu fallen.

Es bleibt abzuwarten, inwiefern noch bestehende britische Gesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland von dem neuen Angebot des Gesetzgebers Gebrauch machen werden. In vielen Fällen droht trotz der neuen Möglichkeit der Verlust der Rechtsfähigkeit, wenn versäumt wird, den Verschmelzungsplan vor Wirksamwerden des Brexit notariell beurkunden zu lassen. Trotzdem ist der vom Gesetzgeber gewählte Weg im Grunde zu begrüßen. Auf diese Weise wird den vom Brexit betroffenen Gesellschaften ein durchaus gangbarer Ausweg aus der Problematik ermöglicht. Erfreulicherweise wurde nicht der Weg gewählt, den betroffenen Gesellschaften durch eine dauerhafte Anerkennung ihrer Rechtsform Bestandsschutz zu gewähren.

Kommission präsentiert gesellschaftsrechtliche „Wundertüte“

Nachdem es seit November vergangenen Jahres mehrfach verschoben wurde, hat die Europäische Kommission das fertige „Company Law Package“  am 25.04.2017 nun der Öffentlichkeit präsentiert. Mit Spannung wurde erwartet, welche Regelungsvorschläge es letztlich enthalten und ob die Kommission ihre umfassenden Ankündigungen wahr machen würde (vgl. Arbeitsprogramm der Kommission 2017, S. 8) . Auf den ersten Blick haben Kommissionspräsident Juncker und sein Team Wort gehalten: Ein Vorschlag betreffend den Einsatz digitaler Instrumente und Verfahren im Gesellschaftsrecht  und ein Vorschlag über die Regelung grenzüberschreitender Verschmelzungen, Spaltungen und Sitzverlegungen bilden zusammen mit ihrem Anhang einen insgesamt knapp 130 Seiten starken Vorschlag. Dieser wird komplettiert durch ein 194-seitiges Impact Assessment. Angesichts der Masse und der vielfältigen Regelungsmaterie handelt es sich um die bisher umfangreichste gesellschaftsrechtliche Initiative der Kommission, andernorts wird von einem „dicke[n] Paket“  gesprochen. Dennoch sucht die Kommission mit den Entwürfen in Buchstärke kein neues Regelungsregime zu schaffen, sondern will lediglich die erst im Sommer 2017 konsolidierte Richtlinie über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts  ergänzen. Bereits beim ersten Durchsehen der Texte fällt auf, dass diese Regelungstechnik (bspw. sollen statt einer Neuzählung die Art. 160a–160w eingefügt werden) die Handhabbarkeit erschwert.

Unabhängig von der gewöhnungsbedürftigen Verpackung bietet die „Wundertüte“ einige Überraschungen. Künftig soll es jedermann in der Union (offenbar auch juristischen Personen) möglich sein, in jedem Mitgliedstaat digital eine Kapitalgesellschaft zu gründen, ohne einen Fuß in den Registerstaat setzen zu müssen. Satzungsmuster (sog. Templates) sollen die Gründung zusätzlich erleichtern und müssen dazu von den Mitgliedstaaten bereitgestellt werden.  Bei der Onlinegründung muss jede Rechtsordnung mindestens sicherstellen können, dass der Gründer rechtsfähig ist und seine Identität festgestellt werden kann.  Den Mitgliedstaaten verbleibt aber darüber hinaus auch ein Regelungsspielraum: Die Online-Ferngründung scheint insbesondere nicht das Ende für die notarielle Tätigkeit bei der Gründung von Kapitalgesellschaften zu bedeuten, zumindest nicht zwingend. Die Mitgliedstaaten können – solange dies keine physische Präsenz der Gründer erfordert – u.a. Notare in das Verfahren einbinden, was angesichts ihrer umfassenden und vielgestaltigen Beratungstätigkeit, in denjenigen Staaten, die bisher auf Notare setzen, auch weiterhin zu empfehlen sein dürfte. Die digital errichtete Gesellschaft soll innerhalb von fünf Werktagen nach Einreichung aller Unterlagen und Leistung der erforderlichen Zahlungen eingetragen werden. Den Mitgliedstaaten steht es zudem frei, die „großen“ Kapitalgesellschaften, wie die deutsche AG, nicht zur Onlinegründung zuzulassen, was angesichts der oft komplexen Gestaltungen bei diesen Gesellschaftstypen durchaus sinnvoll sein kann. Auf die Mitgliedstaaten kommt jedenfalls harte Arbeit zu, da (soweit ersichtlich) bisher nur Estland Erfahrungen mit effizienten grenzüberschreitenden Gründungsverfahren hat, die – über das eResidency-Programm  – auch für Personen ohne estnische Staatsangehörigkeit zugänglich sind.

Zudem hat sich die Kommission nun auch endlich mit grenzüberschreitenden Unternehmensumwandlungen befasst. Das Company Law Package enthält den Vorschlag für eine Novellierung der Verschmelzungsrichtlinie sowie Vorschläge für einen Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Spaltungen und Sitzverlegungen. In diesem Bereich will die Kommission vor allem einen rechtssicheren kodifizierten Rahmen für alle grenzüberschreitenden Umwandlungen schaffen, der im Einklang mit der bisherigen EuGH-Judikatur dazu stehen soll. Besonders im Fokus liegt bei allen drei Regelungskonzepten die Förderung der grenzüberschreitenden Unternehmensmobilität – explizit sollen gerade kleine und mittlere Unternehmen berücksichtigt werden – bei gleichzeitiger Gewährleistung der Rechte zum Schutz der betroffenen stakeholder, wie Gläubiger, Gesellschafter und Arbeitnehmer. Für die Arbeitnehmermitbestimmung nehmen die neuen Regelungen zur grenzüberschreitenden Spaltung und Sitzverlegung Bezug auf das Verhandlungsverfahren, wie es bereits aus der SE-Verordnung  bekannt ist. Ähnliche Vorschläge fanden sich diesbezüglich bereits in den bislang nicht erfolgreichen Vorschlägen zur SPE  und zur SUP , weshalb die Möglichkeit besteht, dass dieser Aspekt auch für die neuen Vorschläge eine politische Hürde darstellen wird.

Ob sich das unionale Gesellschaftsrecht über die Überraschungen freuen kann, welche die „Wundertüte“ noch bereithält, wird die Zukunft zeigen. Fürs erste kann festgehalten werden, dass jedenfalls der Vorschlag betreffend den Einsatz digitaler Instrumente und Verfahren im Gesellschaftsrecht noch zahlreiche Fragen aufwirft und Rechtsunsicherheiten verstärken kann, während die Vorschläge zur Kodifizierung der grenzüberschreitenden Sitzverlegung und Spaltung das Potenzial haben, einen rechtssicheren Rahmen für diese Vorgänge im Binnenmarkt zu schaffen.