Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die richtige Antragsfassung bei einer Klage auf Berichtigung des Grundbuchs nach Eintragung eines unwirksamen Eigentümerwechsels und um die erforderliche Form einer Anschlussberufung.

Angabe des Berechtigten im Grundbuch
BGH, Beschluss vom 16. September 2022 – V ZR 151/21

Der V. Zivilsenat befasst sich mit den formalen Anforderungen an einen Antrag auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung und an eine Anschlussberufung.

Der im Laufe des Berufungsverfahrens verstorbene und von den jetzigen Kläger beerbte Erblasser verlangte die Rückübereignung eines von ihm an den Beklagten veräußerten Grundstücks wegen Geschäftsunfähigkeit bei Abschluss des Vertrags. Die Klage hatte in erster Instanz Erfolg. In der Berufungsverhandlung änderten die Kläger auf gerichtlichen Hinweis ihren Antrag dahin, dass der Beklagte verurteilt wird, seine Löschung als Eigentümer zu bewilligen. Das OLG wies die Berufung des Beklagten mit dieser Maßgabe zurück.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Der neue Antrag der Kläger ist schon wegen eines Formmangels unzulässig. Da der Erblasser in erster Instanz vollständig obsiegt hatte, war eine Änderung des Klageantrags in zweiter Instanz nur im Rahmen einer Anschlussberufung zulässig. Eine Anschlussberufung ist im Streitfall zwar nicht an eine Frist gebunden, weil das OLG die für einen Fristbeginn erforderlichen Belehrungen nicht erteilt hat. Sie hätte aber durch einen Anwaltschriftsatz eingelegt werden müssen. Die Erklärung zu Protokoll reicht nicht aus. Dieser Mangel unterliegt nicht der Heilung nach § 295 ZPO.

Der in zweiter Instanz gestellte Antrag der Kläger ist darüber hinaus auch deshalb unzulässig, weil das Grundbuch stets Auskunft darüber geben muss, wer Inhaber eines dort eingetragenen Rechts ist. Die Kläger dürfen mithin nicht allein die Löschung des Beklagten als Eigentümer verlangen. Sie müssen vielmehr angeben, wer stattdessen als Eigentümer eingetragen werden soll. Das Berufungsgericht wird den Klägern nach Zurückverweisung Gelegenheit geben müssen, ihren Antrag entsprechend anzupassen.

Praxistipp: Eine Klage auf Rückabwicklung wegen Geschäftsunfähigkeit gerichtete sollte in erster Linie auf Grundbuchberichtigung und allenfalls hilfsweise auf Rückauflassung gerichtet werden.

Montagsblog: Neues vom BGH

Im 250. Montagsblog geht es um die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Kenntnis eines Kaufmangels zum Ausschluss der Gewährleistungsrechte führt.

Kenntnis eines Mangels bei Genehmigung eines ohne Vollmacht geschlossenen Kaufvertrags
Urteil vom 6. Mai 2022 – V ZR 282/20

Mit dem nach § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgeblichen Zeitpunkt befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Beklagte kaufte von der Drittwiderbeklagten ein bislang als Bürogebäude genutztes Objekt. Der Kläger wirkte an der Veräußerung als Makler mit. In einem vor Vertragsschluss übersandten Exposé hieß es, eine Umnutzung in Wohnraum sei problemlos möglich; so könnten zum Beispiel auf einer vermietbaren Fläche von ca. 1703,57 m² Studentenwohnungen entstehen.

Beim Abschluss des notariellen Kaufvertrags am 3. April 2019 traten für beide Vertragsparteien vollmachtlose Vertreter auf. Die Drittwiderbeklagte genehmigte den Vertragsschluss kurz danach. Am 15. April ließ die Beklagte ihre Genehmigungserklärung notariell beglaubigen. Spätestens am 6. Mai erfuhr sie, dass die Wohnfläche nur 1412,41 m² beträgt. Am 29. Mai übersandte sie dem beurkundenden Notar die Genehmigungserklärung. Dabei behielt sie sich die Geltendmachung von Rechten wegen unzutreffender Angaben zum Kaufgegenstand vor.

Der Kläger begehrt die Zahlung von Maklerprovision in Höhe von rund 95.000 Euro. Die Beklagte verlangt vom Kläger und von der Drittwiderbeklagten wegen der zu geringen Fläche Schadensersatz in Höhe von rund 400.000 Euro. Das LG gab dem Kläger und der Drittwiderbeklagten recht. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.

Die Revision der Beklagten hat ebenfalls keinen Erfolg.

Das OLG ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kaufvertrag wirksam zustande gekommen ist, der Beklagten aber keine Gewährleistungsansprüche zustehen, weil sie die Flächenabweichung bei Abgabe ihrer Genehmigungserklärung gekannt hat.

Nach § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Gewährleistungsrechte wegen eines Mangels ausgeschlossen, wenn der Käufer diesen Mangel bei Vertragsschluss kennt. Maßgeblich hierfür ist nicht der Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Kaufvertrags, sondern der Zeitpunkt, zu dem der Käufer die Erklärung abgegeben hat, die ihn an den Vertrag bindet. § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB beruht auf der Wertung, dass ein Käufer nicht sehenden Auges einen mangelhaften Gegenstand kaufen darf, um anschließend Ansprüche aus Sachmängelhaftung geltend zu machen. Im Streitfall hat sich die Beklagte nicht schon durch die Beglaubigung ihrer Genehmigungserklärung an den Vertrag gebunden, sondern erst mit der Abgabe dieser Erklärung durch Übersendung an den beurkundenden Notar. Ihr stehen folglich keine Gewährleistungsansprüche zu, weil sie zu diesem Zeitpunkt bereits von der Flächenabweichung wusste.

Praxistipp: Ein Käufer, der von dem Mangel erst erfahren hat, nachdem er ein bindendes Vertragsangebot abgegeben hatte, verliert seine Gewährleistungsansprüche auch dann nicht, wenn der Verkäufer das Angebot erst nach Erlangung der Kenntnis annimmt.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Voraussetzungen für die wirksame Eintragung eines Rechts zum Verweilen auf einem Grundstück

Grunddienstbarkeit für Verweilrecht
Urteil vom 14. Januar 2022 – V ZR 245/20

Mit den Anforderungen aus § 873 Abs. 1 und den Grenzen des § 874 Satz 1 BGB befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Kläger sind Eigentümer eines mit einem Reihenhaus bebauten Grundstücks, das zu einer im Rechteck angeordneten Wohnsiedlung gehört. Der Beklagten gehört das in der Mitte der Anlage gelegene Grundstück, das mit einem Blockheizkraftwerk bebaut ist und im Übrigen als Grünfläche genutzt wird. Zugunsten der jeweiligen Eigentümer der umliegenden Grundstücke ist im Grundbuch ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht eingetragen. In der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung ist vorgesehen, dass die Berechtigten das belastete Grundstück zum Verweilen, zum Gehen und Befahren mit Zweirädern und Handkarren und zum Verlegen, Haben und Unterhalten von Ver- und Entsorgungsleitungen mitbenutzen dürfen. Die Beklagte beabsichtigt, das belastete Grundstück mit vier Reihenhäusern zu bebauen. Dagegen wenden sich die Kläger im Wege der Unterlassungsklage.

Die Klage war in den beiden ersten Instanzen erfolgreich.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Das Recht zum Verweilen, d.h. zum Aufenthalt und zum beliebigen Hin- und Hergehen auf dem dienenden Grundstück kann gemäß § 1018 BGB zulässiger Inhalt einer Grunddienstbarkeit sein. Der Inhalt eines solchen Rechts bleibt hinter dem Inhalt eines Nießbrauchs zurück, weil es keine umfassende Nutzung erlaubt.

Damit das Recht wirksam entsteht, muss die Berechtigung zum Verweilen gemäß § 873 Abs. 1 BGB aus der Eintragung im Grundbuch hervorgehen. Eine Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung gemäß § 874 Satz 1 BGB reicht nur aus, soweit es um nähere Einzelheiten geht. Der wesentliche Inhalt des Benutzungsrechts muss hingegen zumindest schlagwortartig aus dem Grundbuch selbst hervorgehen.

Im Streitfall reichen die im Grundbuch eingetragenen Schlagwörter (Geh-, Fahr- und Leitungsrecht) zur Charakterisierung als Verweilrecht nicht aus. Ein Geh- und Fahrrecht begründet lediglich die Berechtigung, das Grundstück zu überqueren, nicht aber, darauf zu verweilen oder beliebig hin- und herzugehen. Ein Verweilrecht ist deshalb nicht wirksam entstanden.

Das OLG muss nach der Zurückverweisung prüfen, ob die geplante Bebauung die Grunddienstbarkeit in ihrem wirksam gewordenen Umfang beeinträchtigt.

Praxistipp: Wenn sich die Eintragung als unzureichend erweist, ist derjenige, der sich vertraglich zur Einräumung der Grunddienstbarkeit verpflichtet hat, grundsätzlich zur Mitwirkung an einer ordnungsgemäßen Eintragung verpflichtet. Ein späterer Erwerber des belasteten Grundstücks ist an eine solche Vereinbarung grundsätzlich nicht gebunden.

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Diese Woche geht es um den Anspruch des Vormerkungsberechtigten auf Löschung einer vormerkungswidrigen Eintragung im Grundbuch

Verjährung des Anspruchs aus einer Vormerkung
Urteil vom 14. Januar 2022 – V ZR 245/20

Mit den Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 888 Abs. 1 BGB befasst sich der V. Zivilsenat.

Im Februar 2001 wurde zugunsten des Klägers eine Auflassungsvormerkung in ein Wohnungsgrundbuch eingetragen. Rund fünf Monate später ließ die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Zwangssicherungshypothek eintragen. Nochmals rund acht Monate später wurde der Kläger als Eigentümer der Wohnung eingetragen. Mit seiner im Jahr 2018 erhobenen Klage begehrt er die Zustimmung zur Löschung der Hypothek und Ersatz von Schäden durch Verzögerungen beim Weiterverkauf der Wohnungen.

Das LG wies die Klage ab. Das OLG verurteilte die Beklagte antragsgemäß.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Das Berufungsurteil unterliegt der Aufhebung, weil sich das OLG nur mit dem Löschungsanspruch aus § 888 Abs. 1 BGB befasst hat, nicht aber mit dem Anspruch, dessen Sicherung die eingetragene Vormerkung dient. Als gesicherter Anspruch kommt im Streitfall ein Anspruch gegen den früheren Eigentümer aus dem mit diesem geschlossenen Kaufvertrag auf lastenfreie Übertragung des Eigentums an der Wohnung in Betracht. Ein solcher Anspruch ist nicht vollständig erfüllt, solange die Zwangssicherungshypothek im Grundbuch eingetragen ist. Die Beklagte hat aber geltend gemacht, der Kaufvertrag sei nur zum Schein geschlossen worden, um Vollstreckungsversuche zu vereiteln. Diesem Vorbringen ist das OLG nicht nachgegangen.

Das wirksame Bestehen eines Anspruchs auf lastenfreie Übertragung ist entscheidungserheblich. Die Klage scheitert gegebenenfalls nicht an der erhobenen Verjährungseinrede.

Ob und in welcher Frist der Löschungsanspruch aus § 888 Abs. 1 BGB verjährt, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt und in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Der BGH wendet § 902 Abs. 1 BGB entsprechend an, wonach Ansprüche aus eingetragenen Rechten nicht der Verjährung unterliegen.

Wegen des akzessorischen Charakters einer Vormerkung darf der aus § 888 Abs. 1 BGB Verpflichtete die Erfüllung des Anspruchs allerdings verweigern, wenn der gesicherte Anspruch verjährt ist. Ob dies auch dann gilt, wenn der Schuldner dieses Anspruchs auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichtet, lässt der BGH offen. Im Streitfall ist ein gegen den Verkäufer bestehender Anspruch auf Beseitigung von Rechtsmängeln weder nach dem bis 31.12.2001 noch nach dem jetzt geltenden Recht verjährt. Nach altem Recht unterlagen Ansprüche auf Beseitigung von Rechtsmängeln der regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren. Nach neuem Recht verjähren Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück gemäß § 196 BGB zwar schon in zehn Jahren. Ansprüche auf Beseitigung eines Rechtsmangels verjähren aber gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BGB in dreißig Jahren, wenn der Rechtsmangel in einem im Grundbuch eingetragenen Recht besteht.

Praxistipp: Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des gesicherten Anspruchs obliegt auch nach der Eintragung der Vormerkung dem Vormerkungsberechtigten.

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Diese Woche geht es um den Umfang des Schadensersatzanspruchs nach erfolgreicher Anfechtung eines Grundstückskaufvertrags wegen arglistiger Täuschung

Ersatz von Maklerkosten und Grunderwerbsteuer nach Arglistanfechtung
Urteil vom 24. September 2021 – V ZR 272/19

Mit dem Verhältnis zwischen dem Schadensersatzanspruch gegen den Verkäufer und Erstattungsansprüchen gegen Dritte befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Klägerin hatte vom Beklagten ein Grundstück gekauft. Später focht sie den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an und nahm den Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises und Erstattung aller im Zusammenhang mit dem Erwerb getätigten Aufwendungen in Anspruch. Die Klage blieb in erster Instanz erfolglos. Das OLG verurteilte den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises und zur Erstattung der Notar- und Gerichtskosten. Hinsichtlich der Maklerkosten und der Grunderwerbsteuer wies es die Berufung zurück.

Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt zur antragsgemäßen Verurteilung bzw. zur Feststellung der Erledigung, soweit der Beklagte einen Teil der Forderung bereits beglichen hat.

Die vom Beklagten verübte arglistige Täuschung stellt eine Verletzung vorvertraglicher Pflichten dar. Zu dem deshalb gemäß § 280 Abs. 1 BGB zu ersetzenden Vertrauensschaden gehören grundsätzlich alle Aufwendungen, die die Klägerin im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Vertragsschlusses getätigt hat. Darunter fallen auch die Maklerprovision und die Grunderwerbsteuer.

Dass der Klägerin aufgrund der erfolgreichen Anfechtung des Kaufvertrags ein Erstattungsanspruch gegen die Maklerin bzw. die Finanzkasse zusteht, steht der Annahme eines Schadens nicht entgegen. Der Geschädigte muss sich entsprechend dem Rechtsgedanken des § 255 BGB nicht auf die Geltendmachung solcher Ansprüche und die damit verbundenen Risiken verweisen lassen. In entsprechender Anwendung dieser Vorschrift ist der Schädiger allerdings nur Zug um Zug gegen Abtretung der Erstattungsansprüche zum Schadensersatz verpflichtet.

Praxistipp: Um eine Verjährung der Erstattungsansprüche zu vermeiden, kann der Schädiger den Schuldnern dieser Ansprüche den Streit verkünden.

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Diese Woche geht es um die Haftung für arglistig verschwiegene Mängel eines verkauften Grundstücks

Arglisthaftung bei Verkauf eines in Schwarzarbeit errichteten Grundstücks
Urteil vom 28. Mai 2021 – V ZR 24/20

Mit den Tatbestandsvoraussetzungen des § 444 BGB befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Klägerin kaufte von den Beklagten zu 1 und 2 im März 2012 für 253.000 Euro ein Grundstück. In dem Vertrag wurde die Haftung für Sachmängel ausgeschlossen. Das auf dem Grundstück stehende Gebäude hatte eine inzwischen verstorbene Bauunternehmerin im Auftrag des Beklagten zu 1 errichtet. Im Dezember 2012 traten bei Umbauarbeiten Feuchtigkeitsschäden im Keller zutage. Der Beklagte zu 1 trat diesbezügliche Gewährleistungsansprüche gegen die Bauunternehmerin an die Klägerin ab. Die Klägerin verlangte von den beiden Verkäufern sowie den Erben der Bauunternehmerin Ersatz eines Wertminderungsschadens in Höhe von rund 48.000 Euro. Die Klage gegen die zweite Verkäuferin und die Erben der Bauunternehmerin ist inzwischen rechtskräftig abgewiesen. Den Beklagten zu 1 verurteilte das OLG unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von rund 34.000 Euro.

Die Revision des Beklagten zu 1 hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.

Rechtsfehlerfrei ist das OLG zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gebäude mangelhaft ist, weil es keine Vertikalabdichtung und nur eine unzureichende Horizontalabdichtung aufweist. Der Beklagte zu 1 hat für diesen Mangel wegen des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses gemäß § 444 BGB nur dann einzustehen, wenn er ihn arglistig verschwiegen hat. Diese Voraussetzung ist entgegen der Auffassung des OLG nicht schon deshalb erfüllt, weil der Beklagte zu 1 das Gebäude in Schwarzarbeit errichten ließ und diesen Umstand vor Abschluss des Kaufvertrags verschwiegen hat.

Der Tatbestand des § 444 BGB ist nur dann erfüllt, wenn der Verkäufer denjenigen Mangel arglistig verschwiegen hat, auf den der Käufer seinen Gewährleistungsanspruch stützt. Ansprüche wegen unzureichender Abdichtung sind deshalb nur dann begründet, wenn der Beklagte zu 1 wusste oder zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, dass das Gebäude unzureichend abgedichtet ist. Hierfür genügt nicht die Kenntnis, dass das Gebäude in Schwarzarbeit errichtet worden ist.

Der Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz begründet für sich gesehen keinen Mangel, der zu einer Haftung nach § 444 BGB führen könnte. Ein solcher Verstoß wirkt sich regelmäßig nicht auf die Wertschätzung des Grundstücks aus. Dass dem Verkäufer wegen Nichtigkeit des Werkvertrags keine Gewährleistungsansprüche gegen den Bauunternehmer zustehen, führt nicht zu einer abweichenden Betrachtung, weil die Abtretung solcher Ansprüche im Kaufvertrag nicht vereinbart wurde.

Praxistipp: Für die Annahme von Arglist genügt es nicht, dass sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen.

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Diese Woche geht es um die Formbedürftigkeit eines Auftrags zum Erwerb eines Grundstücks

Treuhänderischer Auftrag zum Erwerben und Halten eines Grundstücks
Urteil vom 25. Juni 2021 – V ZR 218/19

Mit der Reichweite von § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Beklagte schloss im Oktober 1992 einen notariellen Kaufvertrag über eine Wohnung in Österreich. Im November 1992 vereinbarte sie mit dem Kläger in einem privatschriftlichen Vertrag, dass sie die Wohnung treuhänderisch für den Kläger kauft und übernimmt und dass sie auf Verlangen des Klägers an einer Veräußerung der Wohnung mitwirkt. Später verlangte der Kläger, ihm die Wohnung zu übereignen. Die darauf gerichtete Klage blieb in den beiden ersten Instanzen ohne Erfolg.

Der Bundesgerichtshof verweist die Sache an das OLG zurück.

Der Bundesgerichtshof nimmt Bezug auf seine Rechtsprechung, wonach ein Treuhandauftrag über den Erwerb eines Grundstücks nur unter dem Gesichtspunkt der Erwerbspflicht des Beauftragten der Form des § 313 Satz 1 BGB a.F. (jetzt: § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB) unterliegt. Ein diesbezüglicher Formmangel ist im Streitfall gegebenenfalls gemäß § 313 Satz 2 BGB a.F. (jetzt: § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB) geheilt, weil die Beklagte Eigentümerin der Wohnung geworden ist.

Die Pflicht des Beauftragten, das Grundstück an den Auftraggeber herauszugeben, beruht demgegenüber nicht auf dem Vertrag, sondern auf der gesetzlichen Regelung in § 667 BGB. Sie begründet deshalb nicht das Formerfordernis des § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB (so zuletzt BGH, U. v. 15.1.2021 – V ZR 210/19 – MDR 2021, 609). Etwas anderes gälte nur dann, wenn die Beklagte bei Abschluss des Treuhandvertrags bereits Eigentümerin der Wohnung gewesen wäre oder durch Stellung eines Umschreibungsantrags oder Eintrag einer Vormerkung ein Anwartschaftsrecht gehabt hätte. Hierzu muss das OLG im wieder eröffneten Berufungsverfahren noch Feststellungen treffen.

Sollte der Vertrag danach wirksam sein, steht dem Kläger gemäß § 667 BGB ein Anspruch auf Übereignung der Wohnung zu. Das im Treuhandvertrag vorgesehene Recht, die Mitwirkung an einer Veräußerung zu verlangen, ist nicht an die Stelle dieses Anspruchs getreten. Es stellt nur eine besondere Ausprägung dieses Anspruchs für eine bestimmte, hier nicht gegebene Konstellation dar.

Praxistipp: Die Verpflichtung, einen Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks abzutreten, unterliegt ebenfalls nicht dem Formerfordernis des § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB.

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Diese Woche geht es um die Wissenszurechnung bei Rechtsgeschäften eines Testamentsvollstreckers

Denkmaleigenschaft als Sachmangel
Urteil vom 19. März 2021 – V ZR 158/19

Mit der Haftung für die denkmalrechtliche Einordnung eines verkauften Hauses befasst sich der V. Zivilsenat.

Der Kläger verkaufte dem Beklagten im Jahr 2009 als Testamentsvollstrecker über den Nachlass seines Vaters ein Wohnhaus in Hamburg für fünf Millionen Euro. Der Vertrag sieht den Ausschluss der Haftung für Sachmängel vor. Er enthält ferner den Hinweis, das Objekt sei nach Kenntnis des Verkäufers nicht auf der Denkmalschutzliste verzeichnet, weise aus Sicht des Denkmalpflegers jedoch erhaltenswerte Bauelemente auf. Im Februar 2012 erhielt der Kläger eine Baugenehmigung zur Sanierung des Gebäudes. Anfang 2013 wurde das Haus in die Denkmalliste eingetragen. Der Kläger musste seine Planung daraufhin ändern. Er begehrt vom Beklagten Ersatz des Minderwerts und vergeblicher Aufwendungen in Höhe von rund 2,8 Millionen Euro. Das LG wies die Klage ab. Das OLG erklärte sie dem Grunde nach für gerechtfertigt.

Der BGH stellt das erstinstanzliche Urteil wieder her.

Mit dem OLG geht der BGH davon aus, dass die Denkmaleigenschaft eines verkauften Gebäudes grundsätzlich einen Sachmangel darstellt. Im Streitfall stand das Gebäude im Zeitpunkt des Gefahrübergangs im Jahr 2009 aber noch nicht unter Denkmalschutz. Dieser wurde nach den damals geltenden Bestimmungen erst durch Eintragung in die Denkmalliste begründet, also Anfang 2013.

Der Beklagte musste den Kläger vor Vertragsschluss allerdings darauf hinweisen, dass das Gebäude schon seit 2006 in ein Verzeichnis erkannter Denkmäler eingetragen war. Der BGH lässt offen, ob diese Eintragung ebenfalls einen Sachmangel begründete. Eine Hinweispflicht bestand jedenfalls gemäß § 311 Abs. 2 BGB, weil es sich um einen für die Entschließung des Käufers wesentlichen Umstand handelte.

Entgegen der Auffassung des OLG fehlt es jedoch an der nach § 444 BGB erforderlichen Arglist. Der Kläger, dem die Eintragung in das Verzeichnis nicht bekannt war, muss sich die Kenntnis seiner Geschwister und Miterben nicht zurechnen lassen. Diese waren nicht mit Aufgaben in Bezug auf das Grundstück betraut. Testamentsvollstrecker und Erben bilden auch keine arbeitsteilige Organisation, innerhalb derer relevante Kenntnisse an die entscheidenden Personen weitergeleitet werden müssen. Die Kenntnis der Hausverwaltung muss sich der Kläger ebenfalls nicht zurechnen lassen. Diese war in die Veräußerung des Anwesens nicht einbezogen.

Praxistipp: Wenn Hinweise auf Denkmalschutz bestehen, sollte der Käufer sich vor Vertragsschluss selbst an das Denkmalamt wenden, um den rechtlichen Status des Gebäudes abzuklären.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Haftung als Zustandsstörer gemäß § 1004 BGB

Haftung als Zustandsstörer für vermietete Abfallcontainer
Urteil vom 26. März 2021 – V ZR 77/20

Mit den Pflichten des Vermieters eines Abfallcontainers gegenüber einem Grundstückseigentümer befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Klägerin hatte ein Grundstück an eine später insolvent gewordene UG vermietet. Die Beklagte stellte im Auftrag der Mieterin zwei Abfallcontainer auf dem Grundstück auf und übernahm es, diese nach Befüllung mit Altholz zur Entsorgung abzuholen. Zur Abholung der befüllten Container kam es nicht, weil die Mieterin die Rechnung der Beklagten nicht bezahlte. Nach Beendigung des Grundstücksmietvertrags verlangte die Klägerin von der Beklagten die Entfernung der befüllten Container. Das AG verurteilte die Beklagte lediglich zur Abholung in leerem Zustand. Das LG gab der Klage in vollem Umfang statt.

Die Revision der Beklagten bleibt erfolglos. Der Klägerin steht aus § 1004 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Entfernung der Container samt Inhalt zu. Das der Mieterin zustehende Recht zum Besitz des Grundstücks, das gemäß § 1004 Abs. 2 BGB Beseitigungsansprüche der Klägerin gegen Dritte ausschloss, ist mit Beendigung des Grundstücksmietvertrags erloschen. Von diesem Zeitpunkt an stellt der weitere Verbleib der Container auf dem Grundstück eine rechtswidrige Beeinträchtigung des Grundstückseigentums dar. Die Beklagte haftet für diese Beeinträchtigung als Zustandsstörerin, weil sie die Container zum Zweck der späteren Abholung in befülltem Zustand auf dem Grundstück abgestellt hat. Der hieraus resultierenden Verantwortung gegenüber der Klägerin darf sie sich nicht deshalb entziehen, weil die Mieterin die aus dem Auftrag resultierende Zahlungspflicht nicht erfüllt hat. Die Störerhaftung der Beklagten erstreckt sich auch auf Abfall, den Dritte unbefugt in die Container eingeworfen haben, weil diese frei zugänglich waren. Ob dies auch für Gift- oder Gefahrstoffe gilt, deren Entsorgung mit hohen Kosten verbunden ist, lässt der BGH offen.

Praxistipp: Der Beklagte kann in solchen Konstellationen das Kostenrisiko reduzieren, indem er die Pflicht zur Abholung in leerem Zustand bereits vorgerichtlich und nach Klageerhebung unverzüglich auch gegenüber dem Gericht anerkennt.

Montagsblog: Neues vom BGH

Im Montagsblog Nr. 200 geht es um die Reichweite des Formerfordernisses aus § 311b Abs. 1 BGB

Auftrag zur Beschaffung eines Grundstücks
Urteil vom 15. Januar 2021 – V ZR 210/19

Mit der Heilung eines zunächst formnichtigen Auftrags befasst sich der V. Zivilsenat.

Der Kläger war Eigentümer eines bebauten Grundstücks, das er selbst nutzte. Im Jahr 1999 wurde das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet. Um den Verlust des Grundstücks zu vermeiden, vereinbarte er mit den Beklagten mündlich, dass diese das Grundstück in der Zwangsversteigerung erstehen, dass der Kläger es gegen Erstattung der für die Finanzierung anfallenden Zins- und Tilgungsleistungen weiter nutzen darf und dass der Kläger berechtigt ist, das Objekt jederzeit gegen Erstattung aller noch offenen Kosten zurückzuerwerben. Nach Erwerb des Grundstücks schlossen die Beklagten mit dem Kläger einen schriftlichen Mietvertrag. Darin bestätigten sie ihre zuvor getroffenen mündlichen Vereinbarungen. Im Jahr 2017 kündigten die Beklagten das Mietverhältnis. Der Kläger erhob Stufenklage auf Auskunft über den noch valutierten Betrag der zur Finanzierung aufgenommenen Hypothek und auf Übereignung des Grundstücks Zug um Zug gegen Zahlung dieses Betrags. Die Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Die Vorinstanzen sind zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die mündlich getroffene und schriftlich bestätigte Abrede zwischen den Parteien ursprünglich unwirksam war, weil der Vertrag gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB der notariellen Form bedurfte. Das Formerfordernis ergab sich jedoch nur aus dem Umstand, dass sich die Beklagten zum Erwerb eines Grundstücks verpflichtet haben. Der daraus resultierende Formmangel ist gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB durch Eintragung der Beklagten als Eigentümer im Grundbuch geheilt worden.

Der Umstand, dass sich die Beklagten zugleich verpflichtet haben, das Grundstück auf Verlangen an den Kläger zu übereignen, führt hingegen nicht zur Formbedürftigkeit. Diese Pflicht ergibt sich nicht aus der Vereinbarung der Parteien. Sie folgt schon aus § 667 BGB, wonach der Auftragnehmer das aus der Geschäftsbesorgung Erlangte an den Auftraggeber herauszugeben hat. Solche Pflichten fallen nicht unter den Tatbestand des § 311b Abs. 1 BGB. Dies gilt auch dann, wenn die Parteien die aus dem Gesetz folgende Verpflichtung eingeschränkt haben. Deshalb ist im Streitfall unschädlich, dass die Beklagten das Grundstück nicht sofort an den Kläger weitergeben sollten.

Praxistipp: Die Form des § 311b Abs. 1 BGB ist auch dann erforderlich, wenn sich der Auftraggeber verpflichtet, das erworbene Grundstück vom Beauftragten zu übernehmen.