LG Hagen: Zur Ersatzfähigkeit eines Internetausfalls

Nachdem der BGH grundsätzlich einen Schaden durch die Nichtverfügbarkeit eines Internetzugangs anerkannt hat (BGH Urteil vom 24. Januar 2013 Az.: III ZR 98/12) mit dem Argument, dass die Nutzbarkeit des Internets ein Wirtschaftsgut sei, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer Zeit auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist. Klassisches Beispiel für einen solchen Ausfallschaden ist der Nutzungsausfall eines PKW nach einem Unfall, der ebenfalls im Falle der Nichtinanspruchnahme eines Mietwagen ersatzfähig ist.

Vor dem Landgericht Hagen ging es nunmehr um einen Fall, in dem ein Smartphone einen Defekt aufwies, sodass der mobile Internetzugang nicht mehr nutzbar war. Gleichzeitig war ein ortsgebundener Internetzugang aber noch möglich. Einen Nutzungsausfallschaden hat das Landgericht Hagen verneint. Hierbei wird darauf verwiesen, dass sämtliche Entfaltungsmöglichkeiten auch noch durch den stationären Internetzugang möglich gewesen wären, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung. Die Nutzung zu Kommunikationszwecken sei durch ein Ersatztelefon mit (ausschließlich) einer Telefonfunktion gewährleistet gewesen.

Diese Entscheidung kann nachvollzogen werden, so wird auch die Nutzungsausfallentschädigung für ein Motorrad verneint, wenn durch einen noch vorhandenen PKW die Mobilität weiter möglich ist ( LG Dortmund, Urt. v. 7. 12. 2011 – 21 S 33/11 NZV 2014, 41).

 

LG Hagen Urteil vom 09.02.2017 Az.: 7 S 70/16

Montagsblog: Neues vom BGH

Beweislastumkehr bei grober Pflichtverletzung
Urteil vom 11. Mai 2017 – III ZR 92/16

In einer für BGHZ vorgesehenen Entscheidung, die auch Aufmerksamkeit in der Tagespresse gefunden hat, wendet der III. Zivilsenat eine aus dem Arzthaftungsrecht bekannte Beweislastregel auf einen Hausnotrufvertrag an.

Der im Laufe des Rechtsstreits verstorbene, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses 75 Jahre alte, allein lebende und pflegebedürftige frühere Kläger hatte mit der Beklagten einen Hausnotrufvertrag geschlossen. Zu den Pflichten der Beklagten gehörte die unverzügliche Vermittlung einer angemessenen Hilfeleistung im Falle eines Notrufs. Zwei Jahre nach Vertragsschluss betätigte der Kläger den Notruf. Am Telefon konnte er sich nicht artikulieren, sondern nur ein Stöhnen von sich geben. Ein zur Wohnung entsandter Mitarbeiter der Beklagten fand den Kläger am Boden liegend auf. Mit Hilfe eines hinzugerufenen Kollegen setzte er ihn auf die Couch und verließ die Wohnung. Zwei Tage später fanden Mitarbeiter des Pflegedienstes den Kläger mit einer halbseitigen Lähmung am Boden liegend auf. Im Krankenhaus wurde ein ein bis drei Tage zurückliegender Schlaganfall diagnostiziert, von dem sich der Kläger bis zu seinem Tod rund drei Jahre später nicht mehr erholte. Die Klage auf Ersatz materieller und immaterieller Schäden blieb in den ersten beiden Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Abweichend von den Vorinstanzen bejaht er eine Pflichtverletzung der Beklagten. Diese hätte aufgrund der bekannten Vorerkrankungen und der fehlenden Artikulationsfähigkeit unverzüglich nach Eingang des Notrufs den Rettungsdienst alarmieren müssen. Die Beweislast dafür, dass es dann nicht zu den schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen gekommen wäre, legt der BGH der Beklagten auf. Er sieht deren Verhalten als grobe Pflichtverletzung an und leitet daraus – entsprechend den für grobe ärztliche Behandlungsfehler entwickelten Grundsätzen – eine Umkehr der Beweislast ab. Entscheidend dafür ist, dass der Notrufvertrag gerade dazu diente, den Kläger vor Gefahren für Körper und Gesundheit zu bewahren, und dass die Beweissituation des Klägers durch das pflichtwidrige Verhalten der Beklagten erheblich verschlechtert wurde.

Praxistipp: Eine Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalitätsfrage kommt in Betracht, wenn der Schuldner eine besondere Berufs- oder Organisationspflicht zum Schutz von Leben und Gesundheit grob vernachlässigt hat.

Persönlich eingelegtes Rechtsmittel und Antrag auf Prozesskostenhilfe
Beschluss vom 14. März 2017 – VI ZB 36/16

Mit einer nicht selten auftretenden Verfahrensfrage befasst sich der VI. Zivilsenat.

Das AG hatte den Beklagten wegen einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung zur Zahlung von 1.318,36 Euro verurteilt. Hiergegen legte der Beklagte mit einem von ihm selbst unterzeichneten Schreiben fristgerecht Berufung ein. Zugleich reichte er einen Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren ein, dem alle erforderlichen Unterlagen beigefügt waren. Das LG lehnte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht ab und verwarf die Berufung als unzulässig. Gegen letzteres wendete sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

Der BGH verweist die Sache an das LG zurück. Die vom Beklagten persönlich eingelegte Berufung war zwar unzulässig. Das LG hätte dem Beklagten nach der Zurückweisung des Antrags auf Prozesskostenhilfe aber Gelegenheit geben müssen, das Rechtsmittel durch einen Anwalt erneut einlegen zu lassen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen. Ein solches Wiedereinsetzungsgesuch hatte Aussicht auf Erfolg, weil der Beklagte davon ausgehen durfte, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfüllt sind.

Praxistipp: Wenn das Berufungsgericht zutreffend verfährt und die betroffene Partei nach Versagung von Prozesskostenhilfe anwaltliche Hilfe in Anspruch nimmt, muss die Frist für die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags beachtet werden. Diese beträgt, wenn es um die Einlegung der Berufung geht, gemäß § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO zwei Wochen nach Zugang des Beschlusses über die Versagung von Prozesskostenhilfe.

BGH: Widerruf muss nicht als solcher bezeichnet werden

Alter Wein in neuen Schläuchen. Eine neue Entscheidung des BGH (Urt. v. 12.1.2017 Az.: I ZR 198/15) zu „falsa demonstratio non nocet„.

In einem Fall zum alten Widerrufsrecht im Fernabsatz („ewiges Widerrufsrecht“) erklärte ein Verbraucher vor Gericht, er würde den geschlossenen Maklervertrag anfechten. Das Gericht wertet dies auch als die Erklärung eines Widerrufs:

Mit Erfolg macht die Revision geltend, der Beklagte zu 2 habe dadurch den Widerruf des Maklervertrags erklärt, dass er in der Klageerwiderung vom 8.11.2013 die Vertragserklärung wegen arglistiger Täuschung angefochten habe. Er habe damit deutlich gemacht, er wolle einen etwaigen Vertragsschluss von Anfang an nicht gelten lassen.

Diese Anfechtungserklärung bezieht sich zwar auf eine nach Behauptung der Klägerin von dem Beklagten zu 2 unterzeichnete schriftliche Bestätigung, nach der sich dieser verpflichtet haben soll, ihr eine Käuferprovision bei Abschluss eines Kaufvertrags über das Objekt zu zahlen.(2) Diese Erklärung ist jedoch dahingehend auszulegen, der Beklagte zu 2 wolle einen etwa mit der Klägerin geschlossenen Maklervertrag widerrufen. Wird eine auf einen bestimmten Vertrag gerichtete Erklärung durch die Vertragspartei wegen arglistiger Täuschung angefochten, wird damit hinreichend deutlich gemacht, dass der Anfechtende einen etwaigen Vertrag nicht gegen sich gelten lassen will (BGH, Urt. v. 2.5.2007 – XII ZR 109/04, MDR 2007, 1004, NJW 2007, 2110 Rn. 28; insoweit zutreffend OLG Karlsruhe, NJW-RR 1998, 1438, 1439). Da zwischen den Parteien nur ein einziges Vertragsverhältnis in Streit steht, muss die Anfechtungserklärung des Beklagten dahin verstanden werden, dass er an einem etwa mit der Klägerin zustande gekommenen Maklervertrag nicht festgehalten werden will.

Auf den ersten Blick eine sehr verbraucherfreundliche Entscheidung, die den Eindruck erweckt, eine einseitige Parteiergreifung des Gerichtes sei zulässig.

Andererseits ist es durchaus begrüßenswert, dass das Gericht den wahren Willen des Erklärenden ermittelt (keine Bindung von Anfang an) und die rechtlichen Schlüsse daraus zieht (wo wir heute schon dabei sind: iura novit curia). Dass die Erklärung hier von einem Rechtsanwalt stammte, der BGH dennoch großzügig auslegt, verwundert im Lichte einer früheren Entscheidung des BGH (Urt. v. 4.6.1996 – IX ZR 51/95, NJW 1996, 2648) in der ein hoher Maßstab an Rechtsanwälte angelegt wird:

„Auslegung setzt erst ein, wenn der Wortlaut einer Erklärung zu Zweifeln überhaupt Anlass gibt; dazu darf es der Rechtsanwalt regelmäßig gar nicht kommen lassen.“

Hinweis: Für die Praxis dürfte es in Zukunft ratsamer sein, möglichst weite Formulierungen zu finden, wenn es um die Beseitigung der Rechtswirkungen von Verträgen geht, sollte nicht ein ganz bestimmter Rechtsbehelf aufgrund seiner Rechtsfolgen gewünscht sein. Fraglich bleibt auch, welche Gestaltungserklärung ein Gericht durchgreifen lässt, wenn mehrere Gestaltungserklärungen einen teilweise identischen Erfolg, aber darüber hinaus noch unterschiedliche Rechtsfolgen hervorbringen (z.B. Wertersatz bei einem Widerruf oder Schadensersatz bei einer Anfechtung).

LG Ulm: Kein virtuelles Hausrecht für Webshops

Ein Druckereidienstleister erteilte einem Nutzer ein „virtuelles Hausverbot“, da es in der Vergangenheit zu einem unerwünschten Weiterverkauf von Ware gekommen sei und auch Rechtsverletzungen aufgrund mangelnder Urheberrechte befürchtet wurden.

Als Bestellungen weiter eingingen und eine Abmahnung fruchtlos verlief, klagte der Dienstleister auf Unterlassung.

Das LG Ulm wies die Klage ab. Zur Begründung führt es aus, dass die Figur des virtuellen Hausverbots in Einzelfällen, z.B. bei Internetforen, in denen ein Betreiber für Inhalte verantwortlich gemacht werden könnte, durchaus greifen kann, ein solcher Fall hier aber nicht vorliegt. Dem Dienstleister stünde es vielmehr frei, Vertragsangebote nicht anzunehmen oder von bereits geschlossenen Verträgen zurückzutreten, wenn die Gefahr von Rechtsverletzungen droht.

Diese Entscheidung ist höchst fragwürdig: Bereits der Umstand, dass dem Kunden weiterhin das Aufgeben von Bestellung gestattet ist, führt zu dem Risiko, dass eine Bestellung „durchrutscht“ und nicht vor der Ausführung auf Rechtsverletzungen gesondert geprüft wird. Dem Shopbetreiber zu raten, von einer automatischen Vertragsannahme abzusehen (z.B. hier), hilft auch nur begrenzt weiter. So wird vertreten, dass bereits die Anforderung einer Zahlung eine konkludente Annahme des Vertragsangebots darstellen soll (AG Dieburg Urteil vom 21.02.2005 Az.: 22 C 425/04). Der Link z.B. zu Paypal, SofortÜberweisung oder ähnlichen Bezahlsystemen im Rahmen der Bestellung wäre damit bereits problematisch. Gerade aber verbleibende klassische Zahlungsmethoden „auf Rechnung“, „Lastschrift“ oder „Vorkasse per Überweisung“ verlieren aufgrund ihrer Nachteile für die Vertragsparteien zunehmen an Bedeutung. Virtuelle Hausverbote dürften trotz dieser gegenläufigen Entscheidung des LG Ulm die Methode erster Wahl sein, um unerwünschte Vertragsbeziehungen zu vermeiden.

 

LG Ulm Beschluss vom 13.01.2015 Az. 2 O 8/15

Montagsblog: Neues vom BGH

GbR als Verbraucher
Urteil vom 30. März 2017  – VII ZR 269/16

Mit dem Begriff des Verbrauchers im Sinne von § 13 BGB befasst sich der VII. Zivilsenat.

Die klagende GbR, die aus einer Freiberuflerin und einer GmbH bestand, war Bauherrin eines Einfamilienhauses, das von der Gesellschafterin und deren Ehemann als Familienheim und Büro genutzt werden sollte. Die Klägerin beauftragte die Beklagte, eine Architekten-GbR mit der Planung. Nach Errichtung des Gebäudes nahm die Klägerin die Beklagte wegen Mangeln an der Glasfassade in Anspruch. Die Beklagte berief sich unter anderem auf eine formularmäßig vereinbarte Beschränkung ihrer Haftung auf einen Höchstbetrag. Das LG stellte antragsgemäß fest, dass die Beklagten die aufgrund des Mangels entstandenen Schäden in voller Höhe zu tragen haben. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Das OLG sah in der vereinbarten Haftungsbeschränkung eine unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung. Dabei ließ es offen, ob die Klausel für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert war. Es sah die Klägerin als Verbraucherin an und hielt eine Inhaltskontrolle deshalb gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auch für den Fall für zulässig, dass die Klausel nur für einen Vertrag vorformuliert wurde.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Nach seiner Auffassung kann die klagende GbR schon deshalb nicht als Verbraucher angesehen werden, weil zu ihren Gesellschaftern eine juristische Person gehört. Deshalb ist unerheblich, zu welchem Zweck der Architektenvertrag geschlossen wurde.  Die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats, wonach eine Wohnungseigentümergemeinschaft schon dann als Verbraucher anzusehen ist, wenn ihr mindestens eine natürliche Person angehört, die ein Rechtsgeschäft zu nicht gewerblichen Zwecken abschließt, hält der BGH für nicht einschlägig, weil der Gesellschafter einer GbR anders als ein Wohnungseigentümer grundsätzlich selbst entscheiden kann, mit wem er sich zusammenschließt.

Praxistipp: Die Entscheidung ist zu der bis 12.6.2014 geltenden Fassung von § 13 BGB ergangen. Sie dürfte aber uneingeschränkt auch für die neue Fassung gelten. Diese stellt lediglich klar, dass es bei Verträgen mit gemischter Zwecksetzung auf den überwiegenden Zweck ankommt.

Montagsblog: Neues vom BGH

Berufungsbegründung per Telefax
Beschluss vom 26. Januar 2017  – I ZB 43/16

Grenzen der anwaltlichen Sorgfaltspflicht bei der Einreichung von fristgebundenen Schriftsätzen per Telefax zeigt der I. Zivilsenat auf.

Der Prozessbevollmächtigte der in erster Instanz unterlegenen Beklagten hatte am letzten Tag der Frist von 23:28 Uhr an mehrfach vergeblich versucht, die sieben Seiten umfassende Berufungsbegründung per Telefax an das Berufungsgericht zu übermitteln. Alle Sendeversuche brachen mit der Meldung „Übertragungsfehler“ ab. Eine nachträgliche Überprüfung ergab, dass es beim Faxgerät des Berufungsgerichts am besagten Tag mehrfach zu vergleichbaren Übermittlungsfehlern gekommen war. Das Berufungsgericht wies den Wiedereinsetzungsantrag dennoch als unbegründet zurück. Es bejahte ein Verschulden, weil die Möglichkeit bestanden habe, den Schriftsatz an den Telefaxanschluss des Pressesprechers zu übermitteln, dessen Nummer auf den Internetseiten des Gerichts veröffentlicht war.

Der BGH hebt die Entscheidung des OLG auf und gewährt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er knüpft an seine ständige Rechtsprechung an, wonach die Übersendung eines Schriftsatzes per Telefax am letzten Tag der Frist kein Verschulden begründet, sofern ein ausreichender Zeitpuffer eingeplant wird, um eine vorübergehende Belegung des Anschlusses zu kompensieren. Diese Anforderung war für die Übersendung von sieben Seiten um 23:28 Uhr gewahrt. Aufgrund der vom OLG getroffenen Feststellungen war ferner davon auszugehen, dass die Übermittlung aufgrund eines technischen Fehlers am Empfangsgerät gescheitert ist. Bei dieser Ausgangslage brauchte sich der Anwalt entgegen der Auffassung des OLGs nicht auf das Wagnis einzulassen, den Schriftsatz an den Telefaxanschluss des Pressesprechers zu übermitteln. Dessen Nummer war zwar auf den Internetseiten des OLG veröffentlicht. Daraus ging aber nicht hervor, dass der Anschluss zur Entgegennahme von fristgebundenen Schriftsätzen dient.

Praxistipp: Wenn das zuständige Gericht einen bestimmten Faxanschluss ausdrücklich zur Entgegennahme von fristgebundenen Schriftsätzen benannt hat, ist die Übermittlung an einen anderen, nicht für diesen Zweck eingerichteten Anschluss nicht ohne weiteres zur Fristwahrung geeignet – selbst dann, wenn sie innerhalb der maßgeblichen Frist erfolgt.

Formwahrung durch gerichtlich festgestellten Vergleich
Beschluss vom 1. Februar 2017  – XII ZB 71/16

Die seit langem umstrittene Frage, ob ein nach § 278 Abs. 6 ZPO durch Beschluss festgestellter Vergleich entsprechend § 127a BGB zur Wahrung der notariellen Form geeignet ist, bejaht der XII. Zivilsenat in einer ausführlich begründeten Entscheidung.

In einem Scheidungsverfahren hatten die Beteiligten einen vom Gericht gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich geschlossen, der unter anderem einen gegenseitigen Verzicht auf Zugewinn und Unterhalt enthielt. Später focht der Antragsteller den Vergleich wegen arglistiger Täuschung an und begehrte im Wege der Stufenklage Auskunft und Zugewinnausgleich. Das Begehren blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH weist die vom OLG zugelassene Rechtsbeschwerde zurück. Er teilt die Auffassung der Vorinstanzen, dass der Vergleich dem in § 1410 BGB vorgesehenen  Erfordernis der notariellen Beurkundung genügt. § 127a BGB, wonach ein gerichtlich protokollierter Vergleich die notarielle Beurkundung ersetzt, ist für Vergleiche, deren Zustandekommen das Gericht durch Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO feststellt, zwar nicht unmittelbar anwendbar. Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten aber eine analoge Anwendung, und zwar unabhängig davon, ob der Vergleich auf Vorschlag des Gerichts oder aufgrund übereinstimmender Schriftsätze der Beteiligten zustande gekommen ist.

Praxistipp: Noch nicht höchstrichterlich entschieden ist die Frage, ob ein nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellter Vergleich zur Formwahrung auch dann geeignet ist, wenn das Gesetz die gleichzeitige Anwesenheit beider Teile vorschreibt, wie etwa in § 925 BGB für eine Auflassung.

BGH: Käufer muss bei eBay gesamte Artikelbeschreibung lesen

Um Gebühren bei eBay zu sparen, hat ein Verkäufer sein E-Bike für 100,00 EUR zum Verkauf angeboten, im Beschreibungstext aber deutlich darauf hingewiesen, dass der Kaufpreis 2.600,00 EUR beträgt. Mit diesem Preis war der spätere Käufer nicht einverstanden und klagte auf Erfüllung des Kaufvertrages gegen Zahlung von 100,00 EUR.

Dem BGH zufolge ist der Verkäufer im Recht. Zwar sei grundsätzlich das Angebot durch Auslegung der Marktplatzregeln (= AGB von eBay) zu deuten. Weicht der Verkäufer hiervon aber ab, so hat diese Abweichung als speziellere Ausgestaltung Vorrang, es gilt damit der Kaufpreis von 2.600,00 EUR. Da der Käufer erklärt hatte, nicht an den Preis von 2.600,00 EUR gebunden sein zu wollen, läge hier zudem eine konkludente Anfechtung des geschlossenen Kaufvertrages vor.

Dem Kläger stand der geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe und Übereignung des E-Bikes gem. § 433 Abs. 1 S. 1 BGB nicht zu. Zwar war – wenn auch zu einem Kaufpreis von 2.600 € – zwischen den Parteien ursprünglich ein Kaufvertrag zustande gekommen, so dass der Kläger – den (Fort-)Bestand dieses Vertrages vorausgesetzt – die Übergabe und Übereignung des gekauften E-Bikes, allerdings nur Zug um Zug gegen Zahlung des zwischen den Parteien gem. § 433 Abs. 2 BGB vereinbarten (Rest-) Kaufpreises i.H.v. 2.500 €, hätte verlangen können. Aus dem Sachverhalt ergab sich aber zugleich, dass der Kläger seine nach dem Empfängerhorizont des Beklagten objektiv auf einen Kaufpreis von 2.600 € lautende Annahmeerklärung anschließend gem. § 119 Abs. 1, § 121 Abs. 1, § 143 Abs. 1, 2 BGB wirksam wegen eines Inhaltsirrtums angefochten hatte, so dass es wegen der dadurch als von Anfang an als nichtig anzusehenden Annahmeerklärung gem. § 142 Abs. 1 BGB letztlich an einem die Klageforderung tragenden Vertragsschluss der Parteien fehlte.

[…]

Die Auslegung des vom Beklagten geschalteten Angebots in seiner
Gesamtheit ergibt, dass das E-Bike nicht für 100 € zum Verkauf gestellt war.
Zwar mag ein Kaufinteressent aufgrund der Gestaltung der Angebotsseite nach
seinem Empfängerhorizont zunächst davon ausgehen, dass der neben der
Schaltfläche „Sofort-Kaufen“ erscheinende und optisch hervorgehobene Festpreis
betragsmäßig dem Angebot des Verkäufers entspricht. Dabei darf er jedoch
nicht stehenbleiben. Vielmehr muss er zur Bestimmung des wirklichen
Erklärungstatbestands stets die insgesamt abgegebenen Erklärungen berücksichtigen
und darf nicht nur einzelne Erklärungsbestandteile als vermeintlich
maßgebend herausgreifen.

[…]

Sind bei Verkaufsaktionen auf der eBay-Internetplattform die Erklärungen der Teilnehmer nicht aus sich heraus verständlich oder lückenhaft und bedürfen sie deshalb der Auslegung, ist grundsätzlich zwar der Aussagegehalt der eBay-AGB ergänzend in die Auslegung der abgegebenen Willenserklärungen einzubeziehen. Rückt jedoch einer der Teilnehmer von den Regelungen der eBay-AGB erkennbar in bestimmter Hinsicht ab, kommt deren Heranziehung insoweit zur Bestimmung des Vertragsinhalts nicht mehr in Betracht. Es ist dann vielmehr das individuell Vereinbarte maßgeblich.

Praxishinweis

Auf Verkäuferseite könnte sich ein wenig aufrichtiges Vorgehen nach Ansicht des BGH offenbar lohnen. Unternehmer, die so handeln, verhandeln sich lauterkeitsrechtlich jedoch rechtswidrig, § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG.

Käufern ist in jedem Fall zur sorgfältigen Durchsicht sämtlicher Angebotsdetails zu raten. Im Falle eines Irrtums sollte unverzüglich eine Anfechtung erklärt werden. Dem Käufer, der dem Verkäufer mitteilt, er habe in Kenntnis der widersprüchlichen Preise den Kauf getätigt, wobei er nunmehr Lieferung begehrt, dürfte die Möglichkeit der Anfechtung mangels Irrtums nicht offen stehen.

Es steht zu befürchten, dass die Grundgedanken dieser Entscheidung auch auf andere Konstellationen ausgeweitet werden. z.B. ist denkbar, dass ein Produkt als „neu“ eingestellt wird, um aber später im Beschreibungstext zu offenbaren, dass der Gegenstand schon mehrere Monate genutzt ist und in einem Zustand „wie neu“ ist. Dies dürfte gegen die Vorgaben eBays verstoßen, zivilrechtlich nach der Entscheidung des BGH aber zu Problemen führen.

BGH Urteil vom 15.02.2017 Az.: VIII ZR 59/16

KG Berlin: Weiter grundsätzlich Störerhaftung des Wlan-Betreibers trotz Novellierung des TMG

Zwei rechtliche „Neuerungen“ haben in der jüngeren Vergangenheit Wlan-Betreiber aufhorchen lassen:

Zunächst sollte mit § 8 Abs. 3 TMG eine Regelung geschaffen werden, die die Verbreitung freier Wlan-Zugänge fördert (zur politischen Diskussion mehr hier).

Andererseits hat der EuGH in der Mc Fadden-Entscheidung die Voraussetzungen für den Entfall des Unterlassungsanspruchs (und damit von Ansprüchen auf Ersatz von Abmahnungs- und Gerichtskosten) enger gefasst, als das geeignete Maßnahmen, wie z.B. eine Verschlüsselung und Identifikation der Nutzer getroffen werden müssten.

Auf dieser Grundlage hat sich die Freifunk-Initiative, die es Jedermann ermöglicht, für Dritte ein freies Wlan über den eigenen Anschluss anzubieten, das sog. ZAPP-Script entwickelt. Diese Softwareerweiterung verbirgt sich in der Routersoftware und sorgt dafür, dass auffälliges Nutzungsverhalten, welches bei einer Filesharing-Nutzung typisch ist, zu einer Sperrung des Internetzugriffs führt. Kann diese Einstellung dazu führen, dass ein Wlan-Betreiber nicht auf Unterlassung haftet?

Das KG Berlin ist der Ansicht, dass das ZAPP-Script grundsätzlich geeignet ist, einer Störerhaftung zu entgehen. Abschließend geklärt werden konnte dies jedoch nicht, da es nach einer Erledigungserklärung nur noch um die Kosten des Rechtsstreits ging, hier das Gericht eine Prognose stellen musste. Das Gericht führt aus:

 

Es kam also bei Beweispflicht des Klägers darauf an, ob er bei Verzicht auf einen Passwortschutz die sonstigen Sicherungsmaßnahmen im Sinne des Beweisbeschlusses vom 19. Januar 2016 (Bd. II Bl. 10 d.A.) tatsächlich und Rechtsverletzungen zumindest hinreichend erschwerend ergriffen hatte. Dies lässt sich nach dem Erkenntnisstand des Senats im Zeitpunkt der Abgabe der Hauptsacheerledigungserklärungen nicht abschließend beantworten. Auch wenn nach dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen V…, der allerdings den Router des Klägers selbst in Nachhinein sinnvoll nicht mehr begutachten konnte, den Angaben der vom Kläger benannten Zeugen P… und R… und den eigenen Bekundungen des informatorisch befragten Klägers schon manches dafür spricht, dass dies der Fall gewesen sein könnte, waren noch etliche Restzweifel und Fragen offen. Anders als vom Kläger schriftsätzlich behauptet worden ist, hatte der Zeuge P… das Aufspielen der Firmware auf den Router des Klägers nicht selbst vorgenommen, der Zeuge R… ohne nicht nicht, so dass die Beweisführung mittelbarer bleiben musste, was die Beweisanforderungen im Übrigen mit prägen muss und ein weiteres Abarbeiten der ohnehin schriftsätzlich von der Beklagten zum schriftlichen Sachverständigengutachten bereits angekündigten Fragen unentbehrlich gemacht hätte. Zur Versionsnummer des verwendeten Zapp-Scripts und zum eingestellten Schwellwert ist selbst aus der Aussage des Zeugen P… wenig Honig zu saugen. Unwägbarkeit und weiteren Aufklärungsbedarf zum Schwellwert wirft auch die Angabe des Zeugen R…, der auch größere Datenmengen heruntergeladen hat, auf, im Jahre 2013 habe es bei Benutzen des klägerischen Freifunkanschlusses durch ihn zwar durchaus mal „geruckelt“, im Ergebnis habe er aber die gewünschte Datenmenge erlangt.

Aus diesen Ausführungen könnte man entnehmen, dass entscheidend die Einstellung des ZAPP-Scriptes ist, der Schwellenwert, den der Nutzer beeinflussen kann, muss niedrig genug angesetzt werden. Auch sollten Nutzer ausreichend dokumentieren, wann sie welche Einstellungen vorgenommen haben, um im Falle eines Rechtsstreits dies zumindest ausreichend substantiiert darlegen zu können.

 

Praxistipp

§ 8 Abs. 3 TMG hat seinen Zweck verfehlt, da er nach Ansicht des KG Berlin zu keiner Privilegierung für Unterlassungsansprüche führt, die in der Praxis für Anschlussinhaber gravierender sind, als Ansprüche auf Schadensersatz.

Wer weiterhin ein anonymes und unverschlüsseltes Wlan für Jedermann anbieten möchte, dürfte derzeit nur dadurch weitgehende Rechtssicherheit erlangen, dass er den gesamten Datenverkehr über Server Dritte leitet. Diese sind dann im Falle von Rechtsverletzungen erster Ansprechpartner für Rechteinhaber und können sich i.d.R. auf die Privilegierung für Accessprovider zurückziehen. Die Freifunk-Initiative bietet hierzu eine kostenfreie Lösung an, bei der der Datenverkehr über Server von Freifunk geleitet werden (mehr Details hier).

BGH: Wann sind Entgelte für Papierrechnungen wirksam in AGB vereinbar?

Nun hat es der BGH erneut bestätigt, dies zudem mit einem sehr erfreulichen Ergebnis für Verbraucher:

Anders als noch die Vorinstanz, geht der BGH davon aus, dass eine Papierrechnung auch dann nicht berechnet werden darf, wenn der abgeschlossene Vertrag einen Internetanschluss beinhaltet (Argument der Vorinstanz sinngemäß: Dann kann der Kunde die Rechnung einfach selbst abrufen). Der BGH ist vielmehr der Ansicht, dass die Rechnung immer dann kostenfrei in Papierform zur Verfügung zu stellen ist, wenn das jeweilige Produkt auch über andere Wege, als per Internet abgeschlossen werden kann und verweist dabei auf die frühere Entscheidung.

Die Beklagte wendet sich mit ihrem Angebot, wie in der mündlichen Verhandlung des Senats noch einmal verdeutlicht wurde, nicht ausschließlich an Kunden, die mit ihr die Verträge auf elektronischem Weg über das Internet abschließen. Nur wenn dies der Fall wäre, könnte die Beklagte davon ausgehen, die gegenüber allen ihren Vertragspartnern bestehende Pflicht zur Rechnungserteilung vollständig und umfassend durch Bereitstellung der Rechnung in ihrem Internetkundenportal zu erfüllen (zu Bedenken dagegen, Rechnungen lediglich zum Abruf über ein Internetportal bereit zu halten, siehe Senatsurteil vom 16. Juli 2009 – III ZR 299/08, NJW 2009, 3227 Rn. 14 mwN).

Da die Beklagte aber nicht allein diesen Kundenkreis bedient, kann sie ihrem Geschäftsbetrieb nicht die Erwartung zugrunde legen, dass ihre Vertragspartner  praktisch  ausnahmslos  über  einen  Internetzugang  verfügen und in der Lage sind, die ihnen erteilten Rechnungen elektronisch aufzurufen. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass die allgemeine Verbreitung der Internetnutzung seit der Senatsentscheidung vom 16. Juli 2009 (aaO Rn. 21) weiter zugenommen haben mag, kann noch nicht davon ausgegangen werden, dass die Abwicklung des privaten Rechtsverkehrs über dieses Medium bereits zum allgemeinen Standard erstarkt ist. Angesichts dessen ist (auch) die Erteilung einer Rechnung in Papierform weiterhin eine Vertragspflicht der Beklagten, für die sie kein gesondertes Entgelt verlangen darf.

(BGH Urteil vom 9.10.2014 – Az.: III ZR 32/14)

 

 

Praxistipp:
Unternehmer sollten Internet-only-Produkte mit gesonderten Preislisten schaffen, die die Papierrechnung kostenpflichtig ausgestalten. Verbraucher sollten, sofern gewünscht, bei Waren und Dienstleistungen, die auch offline (und sei es per Post) bezogen werden können, auf eine kostenfreie Papierrechnung bestehen.

 

(BGH, Beschluss vom 19.01.2017 – Az.: III ZR 296/16)

Warnfunktion der Fristsetzung (Vom Zer-schneiden von Gesetzen, 2. Folge)

Während in meinem letzten Blog-Beitrag vom „Zer-entscheiden“ im Verfahrensrecht (Thema: Wann muss das Berufungsgericht eine erstinstanzliche Beweisaufnahme wiederholen?) die Rede war, geht es nunmehr um das materielle Recht. Bekanntlich muss der Gläubiger dem Schuldner, wenn er Schadensersatz verlangen will, erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmen (§ 281 Abs. 1 S. 1 BGB). Bereits die unbefangene Lektüre des einschlägigen Gesetzestextes legt es hier doch eigentlich nahe, dass es erforderlich ist, dem Vertragspartner aufzuzeigen, worum es einem geht und ihm alsdann eine Frist zu setzen, innerhalb derer dieser im Sinne einer Beseitigung der geschilderten Beanstandungen reagieren soll.

Also etwa wie folgt: „Sie haben das Getriebe meines Autos repariert. Nunmehr lässt sich plötzlich der dritte Gang nicht mehr einlegen! Bitte bringen Sie das innerhalb von spätestens einer Woche wieder in Ordnung.“

Aber was bleibt von einer solchen Regelung übrig, wenn sich der BGH ihr annimmt: „Für eine Fristsetzung zur Nacherfüllung gemäß § 323 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB genügt es, wenn der Gläubiger durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder durch vergleichbare Formulierungen – hier ein Verlangen nach schneller Behebung gerügter Mängel – deutlich macht, dass dem Schuldner für die Erfüllung nur ein begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum zur Verfügung steht. Der Angabe eines bestimmten Zeitraums oder eines bestimmten (End)Termins bedarf es nicht (Fortführung von BGH, Urt. v. 12.8. 2009 -VIII ZR 254/08, MDR 2009, 1329; v. 18.3.2015 – VIII ZR 176/14, MDR 2015, 576). Ergibt sich dabei aus den Gesamtumständen, dass ein ernsthaftes Nacherfüllungsverlangen vorliegt, schadet es nicht, dass dieses in der höflichen Form einer „Bitte“ gekleidet ist.“ (BGH, Urt. v. 13.7.2016 – VIII ZR 49/15, MDR 2016, 1075)

Im konkreten Fall (es ging um eine recht mangelbehaftete Einbauküche) hatte die Klägerin in einer Mail auf fünf Seiten die zahlreichen Mängel bezeichnet und sodann erklärt: „Ich bitte – sicherlich verständlich – schon jetzt um eine schnelle Behebung der Mängel, damit ich die Küche in ihrer geplanten einwandfreien Funktionsweise auch vollständig in Betrieb nehmen kann.“ Diese Formulierung hat dem BGH ausgereicht, um die Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 S.1 BGB zu erfüllen!

Wer hätte das gedacht? Eigentlich erübrigt sich hier jeder Kommentar! Gleichwohl wurde in den führenden Fachzeitschriften diese Entscheidung offenbar für erörterungswürdig angesehen. Clemens Höpfner kritisiert in der NJW (2016, 3633 ff.) zu Recht diese Entscheidung und wendet u. a. ein: „Er (sc. der BGH) schränkt die Warnfunktion des Fristsetzungserfordernisses so umfassend ein, dass die Unterschiede zwischen Fristsetzung und Mahnung weitgehend nivelliert werden. Das widerspricht der ratio legis und schafft für beide Parteien unnötige Rechtsunsicherheit, ohne dass damit die Situation des Gläubigers effektiv verbessert wird.“ Wolf Müller, MDR 2017, 10 ff., verweist auf diese Kritik.

Fazit: Der BGH hätte es sich vorher lieber anders überlegen sollen, jetzt dürfte es zu spät sein; so auch Höpfner und Müller. Und erneut wurde – wie schon so oft – eine Chance vertan, etwas einmal nicht bis zur Konturenlosigkeit zu „zer-entscheiden“.