Einsetzung eines GmbH-Aufsichtsrats mithilfe von Öffnungsklauseln

Die Einsetzung eines Aufsichts- oder Beirats als Zusatzorgan einer GmbH bedarf notwendig einer Verankerung im Gesellschaftsvertrag. Einfache Beschlüsse oder schuldrechtliche Vereinbarungen genügen nicht, auch nicht für den Beirat, sofern ihm Organqualität zukommen soll (sog. organisationsrechtlicher Satzungsvorbehalt; vgl. dazu etwa Cziupka in Scholz, 12. Aufl. 2018, § 3 GmbHG Rz. 59).

Hinreichende Verankerung im Gesellschaftsvertrag kann aber bereits eine sog. Öffnungsklausel gewährleisten, die es den Gesellschaftern gestattet, zu gegebener Zeit durch Beschluss über das Ob und Wie des Zusatzorgans zu entscheiden. Die gesetzlichen Kautelen für Gesellschaftsvertragsänderungen (Beschlussfassung mit Dreiviertelmehrheit, notarielle Beurkundung sowie konstitutive Handelsregistereintragung nach Maßgabe der §§ 53, 54 GmbHG) sind für den Akt der Ausnutzung der Öffnungsklausel nicht zu beachten. Diese Wirkungs- und Reichweite statutarischer Öffnungsklauseln hat der BGH in seiner Entscheidung v. 2.7.2019 – II ZR 406/17 nun mit ausführlicher Begründung bestätigt und damit erhebliche Verunsicherung in der Praxis behoben, die eine anderslautende Entscheidung des Kammergerichts ausgelöst hatte (GmbHR 2018, 361, 365 f.: Beschluss in Ausnutzung der Öffnungsklausel müsse den Anforderungen an Gesellschaftsvertragsänderungen entsprechen, womit die Öffnungsklausel aber letztlich funktionslos bliebe; zutr. gegen die Entscheidung des Kammergerichts daher Otto, GmbHR 2016, 19; bei fehlerhaft eingesetzten Aufsichts- oder Beiräten hätte sich vor allem die Frage gestellt, wie zwischenzeitliche Beschlüsse dieser Zusatzorgane zu behandeln wären, dazu allg. Geißler, GmbHR 2019, 861; s. zur grundsätzlichen Unanwendbarkeit der Lehre vom fehlerhaft bestellten Organ auf Aufsichtsratsbeschlüsse bei der AG: BGHZ 196, 195 = AG 2013, 387 m. Besprechungsaufsatz Cziupka, DNotZ 2013, 579).

Der Beschlussmehrheit darf indes keine Blankoermächtigung zur formlosen Einsetzung eines belieben, nicht näher konturierten Zusatzorgans erteilt werden. Die groben Züge des potentiellen Zusatzorgans müssen daher bereits im Gesellschaftsvertrag zum Ausdruck kommen, ebenso die maßgebenden Mehrheitserfordernisse für den Einsetzungsbeschluss – ansonsten führte der Einsetzungsbeschluss zu einem dauerhaft satzungswidrigen Zustand, sodass er nichtig, nicht nur anfechtbar wäre.

Die Stärkung der Bedeutung von Öffnungsklauseln durch den BGH schafft für die Praxis begrüßenswerte Flexibilität und ist auch dogmatisch überzeugend: Die Ausnutzung der Öffnungsklausel ist nicht selbst Gesellschaftsvertragsänderung, sondern bleibt ihrem Wesen nach einfacher Gesellschafterbeschluss. Damit wird die Satzungsautonomie nicht ausgehöhlt, vielmehr ihre Ausnutzung lediglich vorverlagert.

 

Rechtsanwalt Dr. Schwedhelm im Interview zu den Herausforderungen des Umwandlungsrechts und den Chancen des neuen Realteilungserlasses

Das Umwandlungsrecht ist eine extrem herausfordernde und komplexe Materie. Für eine sachgerechte Beratung sind sowohl vertiefte Kenntnisse im Zivil- als auch im Steuerrecht vonnöten. Und gerade letzteres ist ständig im Wandel. Aktuell müssen sich Berater z.B. mit dem neuen Realteilungserlass auseinandersetzen. Anlässlich der Neuauflage des Schwedhelm, Die Unternehmensumwandlung, habe ich hierüber mit dem Autor des Buches Rechtsanwalt Dr. Rolf Schwedhelm[1] gesprochen.  

Melkko: Lieber Herr Dr. Schwedhelm, haben Sie vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für unser Gespräch nehmen. Was ist für Rechtsanwälte, die im Umwandlungsrecht tätig sind, die größte Herausforderung?

Schwedhelm: Den Überblick zu behalten. Die Umwandlung einer Gesellschaft bedarf solider Kenntnisse im Zivilrecht und im Steuerrecht. Vor allem das durch Rechtsprechung und ständige Gesetzesänderungen geprägte Steuerrecht macht es unerlässlich, sich laufend mit neuen Entwicklungen auseinanderzusetzen. Dabei ist es nicht ausreichend, das Umwandlungssteuerrecht zu kennen. Regelmäßig stellen sich auch umsatz- und grunderwerbsteuerliche Fragen, die nicht selten übersehen werden.

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Melkko: Wo liegen denn die größten steuerrechtlichen Fallstricke?

Schwedhelm: Die Klassiker in Steuerstreit- oder Steuerberaterhaftungsverfahren bleiben die nicht erkannte Betriebsaufspaltung sowie das nicht erkannte Sonderbetriebsvermögen. Häufig werden z.B. GmbH-Anteile über Jahre zu Unrecht nicht als Betriebsvermögen qualifiziert. Das Finanzamt greift das oftmals auch nicht auf – entweder weil es die Betriebsvermögenseigenschaft ebenfalls nicht erkennt oder weil sie sich bei der laufenden Besteuerung nicht auswirkt. Kommt es dann zu einer Unternehmensumwandlung, werden diese Fragen jedoch von der Betriebsprüfung meist sehr genau untersucht. Die Steuerschäden, die dabei aufgedeckt werden, sind oft erheblich.

Melkko: Eine weitere Schwierigkeit liegt ja vielleicht auch in der Dynamik des Rechtsgebiets. Ich denke da z.B. an den neuen Realteilungserlass. Wie wirkt dieser sich auf die Beratung aus?

Schwedhelm: Die Realteilung spielte in der Vergangenheit in der Gestaltungsberatung eine untergeordnete Rolle. Die Finanzverwaltung hat die Voraussetzungen so eng ausgelegt, dass kaum rechtssicher gestaltet werden konnte. Dass die Finanzverwaltung – wenn auch erst auf mehrfachen Druck des BFH – diese enge Sichtweise nun aufgegeben hat, ist insbesondere für Freiberuflersozietäten eine große Erleichterung. Dass die Finanzverwaltung nach wie vor die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft nicht zulässt, bleibt allerdings eine steuerliche Absurdität.

Melkko: Der neue Realteilungserlass ist auch in der vor kurzem erschienenen 9. Auflage Ihres Werks „Die Unternehmensumwandlung“ berücksichtigt worden. Das Werk zeichnet sich vor allem durch seine ABC-Form aus. Wie ist diese Idee entstanden und welche Vorteile hat das für den Nutzer?

Schwedhelm: Die Idee zur ABC-Form stammt vom Herausgeber der Reihe, Michael Streck. Das Buch ist entstanden aus der praktischen Arbeit. Im Laufe der Zeit hatte sich eine ganze Anzahl von Umwandlungsfällen bei mir angesammelt. Streck hatte daraufhin die Idee, dass ich aus diesem angesammelten Knowhow ein Buch mache und zwar in ABC-Form. Mir leuchtete diese Idee sofort ein. In der praktischen Arbeit ist Ausgangspunkt immer die Frage, wie komme ich von der Rechtsform A in die Rechtsform B. Hierzu muss ich mir dann die passenden zivilrechtlichen und steuerlichen Normen suchen. Diesem Ziel dient das Buch. Es soll ein Wegweiser durch den Dschungel des Umwandlungs- und Umwandlungssteuerrechts sein.

Melkko: Der „Schwedhelm“ bietet einen Überblick über mehr als 300 Umwandlungsfälle. Gleichzeitig ist das Umwandlungsrecht ja ein eher statisches Rechtsgebiet. Gibt es aktuelle Beratungsschwerpunkte, die in der Neuauflage berücksichtigt sind?

Schwedhelm: Gott sei Dank ist das Umwandlungsrecht – im Gegensatz zum Umwandlungssteuerrecht – in den Kernbereichen von Gesetzesänderungen verschont worden. Dennoch bieten Rechtsprechung und Gesetzgeber immer wieder Anlass, das Buch zu aktualisieren. Ein wesentlicher Schwerpunkt ist aktuell die Internationalisierung des Umwandlungsrechts, insbesondere verbunden mit den Fragestellungen im Zusammenhang mit einem Brexit.

Melkko: Sie hatten vorhin ja schon auf die große Bedeutung steuerrechtlicher Kenntnisse für die Beratung hingewiesen. Wird das Steuerrecht im „Schwedhelm“ ebenfalls berücksichtigt?

Schwedhelm: Das Steuerrecht wird in „Die Unternehmensumwandlung“ nicht nur berücksichtigt, sondern stellt sicherlich einen Schwerpunkt der Ausführung dar. Mindestens 50 % des Inhaltes beschäftigen sich mit den steuerrechtlichen Fragen. Das Steuerrecht ist und bleibt das größte Umwandlungshindernis. Das Buch soll helfen, diese Hindernisse zu erkennen und zu meistern.

Melkko: Lieber Herr Dr. Schwedhelm, ich danke Ihnen für das aufschlussreiche Gespräch.

 

[1] Dr. Rolf Schwedhelm ist Namensgeber und Autor des Standardwerkes Schwedhelm, Die Unternehmensumwandlung, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht sowie Partner bei Streck Mack Schwedhelm Köln und sowohl auf das Umwandlungsrecht als auch auf das Umwandlungssteuerrecht spezialisiert. Das Interview hat Ass. iur. Katharina Melkko, Redakteurin und Lektorin im Verlag Dr. Otto Schmidt, geführt.

Anwaltliches Gesellschaftsrecht vor der Reform

Gleich beide anwaltlichen Berufsorganisationen haben in letzter Zeit Entwürfe für eine Neuordnung des anwaltlichen Gesellschaftsrechts vorgelegt: Die BRAK im Mai 2018 und der DAV im März 2019. Damit besteht nun erstmals seit vielen Jahren eine reale Chance, dass dieser Rechtsbereich eine „vernünftige“ Neuregelung erfährt.

In einigen Punkten gleichen sich die beiden Entwürfe. So soll die Anwalts-KG, die GmbH & Co. KG sogar, erlaubt werden. Eigentlich banal, aber noch in jüngerer Zeit Gegenstand heftiger Kontroversen in der BGH-Rechtsprechung. Anwaltssozietäten sollen grundsätzlich eigens zugelassen werden, nicht mehr nur die natürlichen Personen.

Beim Thema interprofessioneller Zusammenschlüsse schreitet der DAV deutlich mutiger voran als die BRAK. Das BVerfG hatte in letzter Zeit mehrfach Verbote interprofessioneller Zusammenarbeit wie auch die daran vom Gesetzgeber geknüpften Mehrheitsverhältnisse für verfassungswidrig erklärt. Der DAV nimmt das zum Anlass für eine Generalklausel: „Vereinbare“ Berufe dürften mit Anwälten verbunden werden. Was das bedeutet, ist offen, klare Konturen gibt es nicht mehr. Das bietet Chancen für gute, den Mandanten dienliche Fächerkombinationen. Andererseits werden Ängste vor einer „Überfremdung“ anwaltlicher Gesellschaften geweckt, die Widerstand heraufbeschwören.

Das heißeste Eisen hat der DAV am Ende nicht anpacken wollen: Die „auswärtige Kapitalbeteiligung“, sprich: Geld von Investoren. Man präferiert, dem BMJV den Vortritt zu lassen. Von dort war angekündigt worden, man wolle Investitionen in rechtsberatende Unternehmen harmonisch regeln, Anwaltskanzleien also im gleichen Zuge wie Inkassofirmen. Diese Zurückhaltung des DAV ist nicht vornehm, sondern furchtsam. Das Feld wird Ministerialbeamten überlassen, statt mutig eigene Ideen vorzulegen. Dabei geht es gerade hier, bei der Finanzkraft unterschiedlicher Anbieter von Rechtsdienstleistungen, um die wirtschaftliche Ausgangslage im Verteilungswettkampf um die beste Position auf dem Rechtsberatungsmarkt.

Der DAV-Entwurf bietet Anregungen zur Neugestaltung der berufsrechtlichen Normen. Einiges wird zupackend angegangen, bei anderem schreckt die Berufsvertretung zurück. Bei über 160000 Anwälten mit einem äußerst heterogenen Berufsbild gilt es offenbar, stets politische Rücksichten zu nehmen und nicht die Zukunftsaufstellung mit der „Brechstange“ durchzusetzen. Nun ist das BMJV gefragt. Wenn es sich beeilt, könnte die BRAO noch im Laufe der aktuellen Legislaturperiode gründlich überarbeitet und modernisiert, die Anwaltschaft fit gemacht werden für die Zukunft.

Ausführlicher zu diesem Thema: Römermann im „Blickpunkt“, GmbHR 7/2019.

Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II)

Der mit Spannung erwartete Regierungsentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) ist am 20.3.2019 vom Bundeskabinett verabschiedet und auf der Webseite des BMJV veröffentlicht worden.

Auf der Homepage der AG haben wir Ihnen auf einen Blick alle wesentlichen bislang in der AG veröffentlichten Beiträge zur zweiten Aktionärsrechterichtlinie und zum Gesetzgebungsverfahren des ARUG II zusammengestellt. Zur Übersicht gelangen Sie hier.

10 Jahre MoMiG – Schwerpunktheft GmbHR 21/2018

Das MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen, BGBl. I 2008, 2026) war die größte Reform, die das GmbH-Gesetz seit 1892 erfahren hat. Die Reform war über Jahre intensiv vorbereitet worden (durch wissenschaftliche Symposien wie etwa das ZGR-Symposion GmbH-Reform (ZGR 2006, 259 ff.) oder das entsprechende VGR-Symposion (VGR, Die GmbH-Reform in der Diskussion, 2006), aber auch durch rechtspolitische Diskussionen wie etwa auf dem 66. DJT im Jahre 2006, beinhaltete dann jedoch auch Überraschungen, die quasi „in letzter Minute“ in das MoMiG aufgenommen wurden (s. auch den Blickpunkt von Seibert, GmbHR 2018, R325): Zu nennen ist insbesondere die GmbH-Variante der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), die als Alternative zur (deutschen) Limited konzipiert war (näher Wicke, GmbHR 2018, 1105), jedoch darüber hinausgehend heute ihren eigenständigen Platz in der Unternehmenslandschaft gefunden hat (dazu rechtstatsächlich Bayer/Hoffmann, GmbHR 2018, 1156). Insgesamt sollte mit dem MoMiG die Gründung der GmbH vereinfacht und beschleunigt werden – ein Ziel, das weitgehend erreicht wurde (näher Heckschen, GmbHR 2018, 1093), wobei die vereinfachte Gründung allerdings nur in speziellen Situationen Sinn macht (näher Wicke, GmbHR 2018, 1105).

Erhebliche Eingriffe erfolgten in das tradierte System von Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung: Die vielfach als zu streng erachteten Rechtsfolgen verdeckter Sacheinlagen wurden zugunsten der Gesellschafter entschärft, das vom BGH strikt untersagte Hin- und Herzahlen unter gewissen Voraussetzungen gestattet, das damit in erster Linie verfolgte Ziel eines rechtssicheren Cashpoolings indes nur begrenzt erreicht (näher Lieder, GmbHR 2018, 1116). Kurzerhand abgeschafft und durch eine insolvenzrechtliche Lösung ersetzt wurde das über Jahrzehnte richterrechtlich entwickelte und mit der GmbH-Reform von 1980 handwerklich stümperhaft (teil-)kodifizierte Eigenkapitalersatzrecht (näher Blöse, GmbHR 2018, 1151). Aus ihrem „Dornröschenschlaf“ erweckt wurde die Gesellschafterliste, indem sie nach dem Vorbild des Aktienregisters (für Namensaktien) nur die in der Liste aufgeführten Personen als Gesellschafter legitimiert; weiterhin wurde der gutgläubige Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen ermöglicht. Folge dieser teilweise bewusst kursorisch gehaltenen Regelungen war indes eine Fülle von Rechtsproblemen, die teilweise bis heute ungeklärt sind und oftmals auch vom BGH keiner befriedigenden Lösung zugeführt werden konnten (näher Wachter, GmbHR 2018, 1129).

Gestiegen sind die Anforderungen und Verantwortlichkeiten der GmbH-Geschäftsführer. Der Begriff „Compliance“ hat auch Einzug in das GmbH-Recht gefunden. Über die Haftung von Geschäftsführern und Gesellschaftern informieren Reichert/Lüneborg, GmbHR 2018, 1141. Die Ausstrahlungswirkungen des MoMiG auf das Steuerrecht erläutern Wiese/Göttel, GmbHR 2018, 1169. Der Frage, welche Impulse das GmbH-Recht heute benötigt, geht – quasi als Mitakteur an führender Stelle – Harbarth nach (gemeinsam mit Friedrichson, GmbHR 2018, 1174).

Die Autoren der GmbHR 21/2018 zeichnen ein differenziertes Bild über die Stärken und Schwächen des MoMiG. In der Summe überwiegen wohl die positiven Erfahrungen deutlich, so dass man in der Gesamtwertung – nach unserem Eindruck – von einer insgesamt gelungenen Reform sprechen kann (in diesem Sinne bereits die Einschätzung von Lutter/Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, Einl. Rz. 36).

Blockchain: Mehrwert für Unternehmen?

In der kürzlich erschienenen Ausgabe aus der Schriftenreihe der BaFin „BaFinPerspektiven“ (Seiten 40 – 42) zum Thema Digitalisierung behandeln Autoren des Frankfurt School Blockchain Centers und aus der Technologiebranche die Chancen von Blockchainanwendungen für Unternehmen. Dabei geht es um die sogenannten privaten Blockchains, an denen nur ein festgelegter Personenkreis teilnimmt (siehe zur Erklärung und Abgrenzung von öffentlichen Blockchains auch Lutzenberger, Die Besteuerung von Bitcoin und sonstigen Blockchain-Währungen, GmbHR 2018, 794).

Die dezentrale Datenspeicherung in einer Blockchain und die vollautomatisierte Durchführungsweise der Smart Contract-Technik könnten die Unternehmensverwaltung der Zukunft sein. So ließen sich in einem solchen Programm (auch virtuelle) Güter einem Konto zuweisen, bewerten, nachverfolgen und bei Änderungen diesbezügliche Zahlungsströme in Gang setzen. Dem folgend könnten automatisch die passenden Dokumente ausgetauscht werden. Und dies alles mit dem großen Vorteil der Blockchain, welche durch die Anknüpfung an die bisherige Historie der bewegten Güter deren Ursprung und Authentizität für jeden einsehbar garantiert. Änderungen geschähen in Echtzeit und, besonders wichtig, in jedem vorhersehbaren Fall in einer einheitlichen Weise.

Diese Smartness des Computers findet ihr Ende jedoch im Gefüge der BGB-Gründerväter, die etwa für den Eigentumsübergang bei gegenständlichen Gütern die zusätzlichen Voraussetzungen einer juristisch wirksamen Einigung und der Eigentümerstellung des Übertragenden vorsahen, wie auch das evtl. Eingreifen der Gutglaubensvorschriften, welche auf menschlicher Auslegung und Verkehrsauffassung aufbauen. Auch ganz generell darf die Vorher-Programmierbarkeit von Vertragsgestaltungen mit jeder denkbaren Eventualität angezweifelt werden.

Bezüglich juristischer Vorgänge kann die Blockchain also nie die Umsetzung selbst, sondern immer nur eine (nicht garantiert richtige) Abbildung darstellen.

 

Fazit: Die disruptive Blockchain-Technologie könnte virtuelle Werte besser fassen und abbilden, sie wäre ein vertrauensschaffendes und vereinheitlichendes Tool im Unternehmensverbund. Bei der Einbeziehung rechtlicher Vorgänge ist jedoch Vorsicht die Mutter der Porzellankiste.

Reformierte Gesellschafterliste erstmals vor dem BGH

Die vielen teils kleinlichen Streitigkeiten über die richtige Interpretation der geldwäscherechtlich motivierten Aufwertung der Gesellschafterliste durch den neugefassten § 40 Abs. 1 GmbHG haben nun erstmals (und wohl nicht zum letzten Mal) sogar den BGH (Beschluss v. 26.06.2018 – II ZB 12/16) beschäftigt.

Befassen musste er sich indes nur mit dem zeitlichen Anwendungsbereich der Vorschrift bzw. ihrer Anwendbarkeit auf Altfälle, d.h. vor dem Geltungsstichtag bereits eingetragene Gesellschaften; sedes materiae ist hier die extra neu eingefügte Übergangsvorschrift des § 8 EGGmbHG, die rein grammatikalisch durchaus Auslegungsspielraum belässt. Kommt es maßgeblich darauf an, ob die Veränderung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG – also: das einreichungspflichtauslösende Ereignis – vor dem Stichtag initiiert oder (etwa bei einer aufschiebend bedingten Abtretung) nach dem Stichtag wirksam geworden ist? Oder ist ganz unabhängig von der Anknüpfung an die Veränderung die Erstellung, die Einreichung (d.h. der Zeitpunkt der elektronischen Absendung) oder gar erst die Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner entscheidend?

Richtigerweise ist unter Beachtung des Zwecks der Neufassung des § 40 Abs. 1 GmbHG, wie der BGH nun erfreulich klarstellt, der Zeitpunkt der Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner entscheidend – und nicht etwa jener der Erstellung der Gesellschafterliste oder des Wirksamwerdens der Veränderung (so schon Lieder/Cziupka, GmbHR 2018, 231 [235]). Wer meint, diese Frage sei bereits zeitlich überholt, wird vom BGH eines Besseren belehrt: Weil das Rechtsbeschwerdegericht auch ein nach dem Erlass einer angefochtenen Entscheidung in Kraft getretenes Gesetz zu berücksichtigen hat, sofern es nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfasst, hatte der BGH die konkret in Rede stehende Gesellschafterliste an dem neugefassten § 40 Abs. 1 GmbHG zu messen. Mehr noch: Es werden all jene Gesellschafterlisten nachzubessern, d.h. an die Vorgaben des § 40 Abs. 1 GmbHG anzupassen sein, die – aus welchem Grunde auch immer – noch nicht in den Registerordner aufgenommen wurden, seien sie auch schon vor dem Stichtag eingereicht worden. Hat ein Notar an der Veränderung, die Einreichungsanlass war, mitgewirkt, wird dieser für diesen Nachbesserungsakt zuständig sein, anderenfalls der Geschäftsführer (dazu Lieder/Cziupka, GmbHR 2018, 231 ff.). Dasselbe wird für Gesellschafterlisten gelten, die zwar mit den neuen Anforderungen des § 40 Abs. 1 GmbHG im Einklang stehen, sich aber nicht mit den Vorgaben der neuen Gesellschafterlistenverordnung (in Kraft getreten am 01.07.2018) vertragen, soweit diese zwingend ausgestaltet sind. Zu erwarten stehen mithin verstärkt Korrekturlisten!

Eines ist bei alledem aber klarzustellen: Die Frage, ob die Gesellschafterliste mit den neuen Vorgaben des GmbHG und der Gesellschafterlistenverordnung im Einklang steht, ist rein gesellschaftsrechtlich von Bedeutung, auch wenn die Aufwertung der Gesellschafterliste zwecks Transparenzsteigerung eine flankierende Maßnahme war, um dem Vorwurf der möglichen Unionsrechtswidrigkeit der bei Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie eingeführten sog. Verweisungslösung bzw. Mitteilungsfunktion des § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG den Wind aus den Segeln zu nehmen. D.h.: Solange – bei wirtschaftlicher Berechtigung qua Überschreitung einer 25-prozentigen Beteiligungsschwelle (nicht bei sonstiger wirtschaftlicher Berechtigung!) – aus der Gesellschafterliste jene wenigen Informationen entnommen werden können, die das GwG zur Identifikation des wirtschaftlich Berechtigten verlangt, sind gesonderte Mitteilungen an das Transparenzregister entbehrlich. Prozentzahlen gehören nicht zu diesen Angaben – eine gesonderte Mitteilung an www.transparenzregister.de ist wegen fehlender oder fehlerhafter Prozentangaben also nicht erforderlich (dazu schon Seibert/Bochmann/Cziupka, GmbHR 2018, 1128 [1129 f.]). Hohe Bußgeldgefahr besteht dagegen bei Altlisten in Papierform (nur elektronische Dokumente sind verweisungsfähig, § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG verlangt elektronisch abrufbare Dokumente) – hier werden schon gegenwärtig Bußgelder verhängt, zumal die Missachtung der Anforderungen des GwG in diesen Fällen überaus leicht festzustellen ist, ganz anders als bei verdeckten wirtschaftlichen Berechtigungen in Beteiligungsketten mit ausländischen Zwischengliedern (also in den eigentlich interessanten Fällen). Ob damit die Geldwäscher und Terrorismusfinanzierer, die das Transparenzregister eigentlich im Sinn hat, oder nicht vielmehr schlicht laxe Geschäftsführer sanktioniert werden, ist mehr als fraglich. Das zieht die rechtspolitische Überzeugungskraft der 4. EU-Geldwäscherichtlinie – die letztlich im geldwäscherechtlichen Gewand unionsweite Gesellschaftstransparenz herstellen will – insoweit abermals in Zweifel.

Anders herum kann übrigens die Gesellschafterliste nicht überobligatorisch aufgewertet werden, um die Mitteilungsfiktion zu ermöglichen: Wird etwa eine Mehrheitsbeteiligung treuhänderisch gehalten, dürften entsprechende Mitteilungspflichten an das Transparenzregister nicht dadurch erfüllt werden können, dass in der Gesellschafterliste vermerkt wird, für welchen Treugeber die Geschäftsanteile gehalten werden – denn auch wenn nunmehr die Gesellschafterlistenverordnung eine Veränderungsspalte ausdrücklich gestattet, ergeben sich aus einem Umkehrschluss, aber auch aus der Verodnungsbegründung Anhaltspunkte für die Unzulässigkeit einer sog. Vermerk- oder Bemerkungsspalte (vgl. Cziupka, GmbHR 2018, R180 [R182]), die schon zuvor höchst umstritten war. Entsprechende Gesellschafterlisten mit derartigen Bemerkungen dürften vom Registergericht zurückgewiesen werden; schon daran wird dieser Versuch einer Umgehung einer Mitteilung ans Transparenzregister scheitern.

Societas Privata Europaea – Plädoyer für eine SPE 2.0 – Neue Beitragsreihe der GmbHR

Die Societas Privata Europaea (SPE), die von der EU-Kommission 2008 vorgeschlagen wurde, ist 2014 – nicht zuletzt am Widerstand Deutschlands – (vorläufig) gescheitert. Über den anschließenden Richtlinienvorschlag für eine Societas Unius Personae (SUP) der EU-Kommission konnte ebenfalls kein Konsens erzielt werden. Die SUP hätte für Deutschland mitbestimmungsrechtliche Probleme aufgeworfen und es darüber hinaus aufgrund der Wahl des Rechtssetzungsinstrumentes der Richtlinie auch nicht vermocht, eine europaweit einheitliche Kapitalgesellschaftsrechtsform zu schaffen.

Dies führt zur Konsequenz, dass mit der Societas Europaea (SE) zwar eine europäische Aktiengesellschaft zur Verfügung steht, nicht aber eine „Europa-GmbH“.

Letztere böte kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) durch eine einheitliche Ausgestaltung erhebliche Erleichterungen bei der innereuropäischen Betätigung, würde insbesondere Gründungs- und Administrationsprozesse vereinheitlichen und beschleunigen und Kosten für Unternehmen reduzieren. Der Binnenmarkt würde durch eine solche einheitliche europäische Kapitalgesellschaftsrechtsform erheblich gestärkt.

Deutschland hat aufgrund der Ablehnung der Vorschläge zur SPE und SUP eine Bringschuld. Als exportstarke mittelständisch geprägte Wirtschaftsnation im Herzen Europas wäre Deutschland zugleich vordringlicher Nutznießer einer SPE 2.0.

Ein neuer Anlauf mit dem Ziel, eine supranationale „Europa-GmbH“ aufs Gleis zu setzen, ist freilich kein leichtes Unterfangen; es bedarf einer überzeugenden Konzeption, großer Unterstützung und starker Mitstreiter.

Vor diesem Hintergrund soll die bevorstehende Beitragsreihe in der GmbHR einen Impuls zu einem erneuten wissenschaftlichen Vorstoß aussenden und dazu ermuntern, für eine „Europa-GmbH“ zu streiten. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln werden in den kommenden Beiträgen die Vorzüge, Gestaltungsmöglichkeiten und Optionen auf dem Weg zu einer SPE 2.0 skizziert.

Die Beiträge beruhen auf Vorträgen, die im Rahmen eines Schülersymposiums zu Ehren von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Peter Hommelhoff am 14. Oktober 2017 in Würzburg anlässlich seines 75. Geburtstages gehalten wurden. Sie würdigen damit zugleich Peter Hommelhoffs herausragende Rolle bei dem Bemühen, im Zuge des europäischen Integrationsprozesses eine supranationale Rechtsform für kleine Kapitalgesellschaften zu schaffen.

 

Nachtrag zu „Ausweg aus der Limited durch Übertragung der Anteile auf eine neu zu gründende GmbH“ (GmbHR 2018, 601 ff.)

Zu meinem Beitrag aus der aktuellen GmbHR kam die Anregung eines Rechtsanwalts aus Stuttgart (RA/StB/FAStR): Er schlägt vor, bei der Gründung der Normal-GmbH den gleichen Weg einzuschlagen wie bei der UG (S. 605), also die „umständliche und lästige und mit zusätzlichen Kosten verbundene“ Sachgründung zu umgehen, stattdessen eine Bargründung vorzunehmen und die Limited-Anteile als Sachagio einzubringen (vgl. Walter, GStB 2018, 165-170).

Dieser Weg ist nicht nur gangbar, sondern von den Abläufen sicherlich spürbar schneller und kostengünstiger. Wenn der Betreiber der Limited gewillt und in der Lage ist, das entsprechende Stammkapital in bar aufzubringen, ist diese Methode sicherlich die empfehlenswertere.

Homogenisierte Gesellschafterlisten

Das Inkrafttreten der Gesellschafterlistenverordnung naht!

[Anmerkung der Redaktion: Die Gesellschafterlistenverordnung wurde am 28.6.2018 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl. I 2018, S. 870) und ist am 1.7.2018 in Kraft getreten.]

Über das Bundeskanzleramt wurde diese Ministerverordnung des BMJV bereits Anfang April dem Bundesrat zugeleitet (https://www.bundesrat.de/SharedDocs/beratungsvorgaenge/2018/0101-0200/0105-18.html). Stimmt dieser zu (die Plenarsitzung am 8. Juni hat die GesL-VO auf der Tagesordnung), tritt die Verordnung bereits am ersten Tag des ersten Monats nach Verkündung in Kraft. Zeit also, sich mit den neuen Vorgaben vertraut zu machen. Denn: Jeder Anmeldung einer nach dem Geltungsstichtag erfolgten Neugründung einer GmbH – selbstverständlich ebenso seiner Light-Version, der UG (haftungsbeschränkt) – muss eine den neuen Anforderungen entsprechende Gesellschafterliste beigefügt werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG). Einige früher mehr oder weniger gebräuchliche Gestaltungsvarianten sind nunmehr versperrt, andere, bislang zumindest durch die Rechtsprechung versperrte Gestaltungsvarianten werden ausdrücklich eröffnet.

Allerdings beugt der Verordnungsgeber einem allzu großen Andrang auf die Registergerichte vor, die die Gesellschafterliste zwar nur verwahren sollen, aber diese nach der Rechtsprechung zumindest in formeller Hinsicht zu überprüfen haben:

  • Am Geltungsstichtag bestehende Gesellschaften werden nach § 5 GesL-VO vorerst verschont, obligatorisch ist hier die Einreichung einer den neuen Vorgaben entsprechenden Gesellschafterliste erst dann, wenn eine Veränderung im Sinne des § 40 Abs. 1 GmbHG eingetreten ist, mithin sowieso eine aktualisierte Gesellschafterliste zu erstellen und einzureichen wäre. Dann aber muss die Gesellschafterliste umfassend an die neuen Vorgaben angepasst werden – der Verordnungsgeber verordnet damit eine weitreichende Gesellschafterlisteninventur; Zweck: die Homogenisierung der Gesellschafterlisten und damit deren leichtere Erschließbarkeit für Dritte.
  • Ebenfalls bis zu einer Veränderung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG verschont werden Gesellschaften, die sich am Geltungsstichtag noch in der Gründungsphase befinden, weil der Gesellschaftsvertrag zwar bereits notariell beurkundet, die Handelsregisteranmeldung aber noch nicht dem Handelsregister übermittelt wurde – etwa weil die darin enthaltene Versicherung über die bewirkten Einlageleistungen, § 8 Abs. 2 GmbHG, die in der Praxis schon im Termin der Beurkundung unterzeichnet, aber vom Notar noch zurückgehalten wird (dazu Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016 § 8 Rz. 9), noch nicht richtig ist, da ein Bankkonto der Vor-GmbH bislang nicht eröffnet wurde (übrigens der regelmäßig zeitintensivste Schritt der Gründungsphase, der etwa u.a. das nach wie vor bestehende Bedürfnis nach Vorratsgesellschaften erklärt – zu deren Behandlung Cziupka in Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 3 Rz. 21 ff.). Hier erlässt es der Verordnungsgeber völlig zu Recht diesen errichteten, aber noch nicht gegründeten Gesellschaften, im Gründungsstadium die Gesellschafterliste an die zwischenzeitlich in Kraft getretene GesL-VO anpassen zu müssen und damit die Gründung zu verzögern. In der Übergangsvorschrift des § 5 GesL-VO, die von vor dem Geltungsstichtag „gegründeten“ statt von erst „errichteten“ Gesellschaften spricht,  kommt dies allerdings nicht klar zum Ausdruck, wohl aber in der Verordnungsbegründung. Da die terminologische Differenzierung zwischen „errichteten“ und „gegründeten“ Gesellschaften aber ein Produkt der Dogmatik, nicht des GmbHG (wohl aber das AktG ist) ist, kann die Verordnung trotzdem methodisch sauber so ausgelegt werden, wie sie hier auch offensichtlich verstanden werden möchte.
  • Verschont bis zu einer Veränderung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG wird – wie schon mit Blick auf die Pflicht zur Aufführung der Prozentangaben nach § 40 Abs. 1 Satz 1 und 3 GmbHG – zudem wiederum die im vereinfachten Verfahren mittels Musterprotokoll gegründete Gesellschaft. War diese Verschonung bzgl. des Erfordernisses der Prozentangaben noch umstritten (aber richtigerweise auch hier aufgrund der gesetzlichen Inkorporierung der Gesellschafterliste in das Musterprotokoll zu bejahen), ist die Angelegenheit nunmehr vollends klar: § 2 Abs. 1a Satz 3 GmbHG (mit der Fiktion: Musterprotokoll gilt als Gesellschafterliste) ist gegenüber der GesL-VO höherrangiges Recht.

Vor einer nur vermeintlichen Verschonung ist aber zu warnen: Erfolgt bei einer bestehenden Gesellschaft eine Veränderung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG kurz vor dem Geltungsstichtag, wird die Gesellschafterliste aber erst nach dem Geltungsstichtag zum Handelsregister eingereicht, ist eine den neuen Vorgaben entsprechende Gesellschafterliste einzureichen. Der alternativ denkbare Ansatz, auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Veränderung (nach dem Stichtag) abzustellen (so für § 8 EGGmbHG Wachter, GmbHR 2017, 1177, 1193; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 40 Rz. 1.1, Online-Aktualisierung), vertrüge sich schlechter mit dem Wortlaut des § 5 GesL-VO.

Für den interessierten Leser der Gesellschafterliste ist eine Vereinheitlichung der Darstellungsweise ganz sicher von Vorteil, vermeidet sie doch letztlich Fehlinterpretationen und im besten Falle bereits (formell) fehlerhaft erstellte Listen. Die Praxis wird mit der zunehmenden Standardisierung – nach einer Eingewöhnungsphase – leben können, impliziert Standardisierung doch stets auch Effizienzgewinne. Wünschenswert wäre, dass damit auch die Häufigkeit der Streitbefangenheit der Gesellschafterliste mittelfristig abnimmt, gleichermaßen die Zahl registergerichtlicher Zwischenverfügungen. Die Gesellschafterliste birgt auch abseits formeller Gestaltungsfragen leider erhebliches Streitpotential, das sich zuletzt etwa immer wieder in Bezug auf die Konturierung der Rechtsschutzmöglichkeiten gezeigt hatte (s. nur Lieder, GmbHR 2016, 271 ff.). Die nun als Preis für die Homogenisierung zu zahlenden Einbußen bei der Gestaltungsfreiheit des Listenerstellers werden freilich von Fall zu Fall dem um klaren und leicht verständlichen Aufbau der Gesellschafterliste bemühten Listenersteller einiges Kopfzerbrechen bereiten; die Intensität derselben wird allerdings ganz entscheidend davon abhängen, wie die Registerpraxis auf die Möglichkeit der Erstellung einer sog. Bereinigungsliste mit hier erlaubter vollständiger Umnummerierung auch bereits „verbrauchter“ Zahlen umgeht – sie könnte ein entscheidendes Instrument zur Vereinfachung (und damit Verringerung der Fehleranfälligkeit) der Darstellung komplexer Beteiligungsstrukturen werden. Überhaupt wird die Registerpraxis gut beraten sein, die Überprüfung der Gesellschafterliste auf formelle Mängel nur äußerst behutsam vorzunehmen.

Zu dem Vorstehenden und Tipps, wie die formalen Gestaltungsanforderungen möglichst sicher in der Praxis umgesetzt werden können, siehe den Blickpunkt von Cziupka in GmbHR 2018, R180-R183.

S. weiter auch die zahlreichen Beiträge in der GmbHR zur neuen Gesellschafterliste und dem eng damit verbundenen Transparenzregister:

  • Cziupka, Johannes, Zehn praktische Hinweise zur neuen Gesellschafterlistenverordnung, GmbHR 2018, R180-R183
  • Lieder, Jan / Cziupka, Johannes, Berichtigung einer offenbar unrichtigen Gesellschafterliste im Anwendungsbereich des reformierten § 40 Abs. 1 GmbHG, GmbHR 2018, 231-240
  • Bochmann, Christian / Cziupka, Johannes,  Gesellschafterliste: Angabe der durch den Nennbetrag des Geschäftsanteils vermittelten prozentualen Beteiligung, Kommentar zu OLG Nürnberg Beschl. v. 23.11.2017 – 12 W 1866/17, GmbHR 2018, 86-90
  • Ulrich, Stephan, Die Gesellschafterliste im Fokus der mehr Transparenz vermittelnden Neuregelungsversuche, GmbHR 2017, R374-R375
  • WachterThomas, Neuregelungen bei der Gesellschafterliste, GmbHR 2017, 1177-1194
  • Seibert, Ulrich / Bochmann, Christian / Cziupka, Johannes, „Scharfschaltung“ des Transparenzregisters: Kein Grund zur Beunruhigung!, GmbHR 2017, 1128-1132
  • Melchior, Robin / Böhringer, Walter, Sportwettbetrug, Gesellschafterliste und Eintragungsbescheinigung. Drei (Groß-)Baustellen im Handelsregister, GmbHR 2017, 1074-1082
  • Ulrich, Stephan, Prozentuale Beteiligung an GmbHs noch nicht maschinenlesbar, GmbHR 2017, R309
  • Ulrich, Stephan,Waren Sie schon auf www.transparenzregister.de?, GmbHR 2017, R293
  • Seibert, Ulrich / Bochmann, Christian / Cziupka, Johannes, Musterprotokoll als Transparenzhindernis?, GmbHR 2017, R289-R290
  • Seibert, Ulrich / Bochmann, Christian / Cziupka, Johannes, Prozentangaben in der Gesellschafterliste: Praktische Handreichung und Plädoyer für (register-)gerichtliche Zurückhaltung, GmbHR 2017, R241-R242
  • Schaub, Peter, Überblick über die neue GmbH-Gesellschafterliste, GmbHR 2017, 727-731
  • Ulrich, Stephan, Jetzt wird es ernst: Meldungen zum Transparenzregister erstmals zum 1.10.2017, GmbHR 2017, R229-R230
  • Ulrich, Stephan, Das Transparenzregister kommt wirklich, GmbHR 2017, R182
  • Ulrich, Stephan, Transparenzregister macht Gesellschafterliste maschinenlesbar!, GmbHR 2017, R101
  • Seibert, Ulrich, Die GmbH und das Transparenzregister, GmbHR 2017, R97-R98
  • Ulrich, Stephan, Noch mehr Transparenz, GmbHR 2017, R53