Diese Woche geht es um die Aufklärungspflichten eines Vermittlers von Darlehen zur Finanzierung einer Wohnimmobilie.
Verharmlosung von Risiken
BGH, Urteil vom 20. Februar 2025 – I ZR 122/23
Der I. Zivilsenat stellt klar, dass das Ausfüllen eines Beratungsprotokolls nicht ohne weiteres ausreicht.
Die Kläger beabsichtigten im Jahr 2020 den Kauf eines Einfamilienhauses. Ein mit dem Verkäufer vereinbarter Notartermin im November 2020 konnte nicht stattfinden, weil die Kläger keine Finanzierungsmöglichkeit fanden. Die Kläger wandten sich daraufhin an die als Darlehensvermittlerin tätige Beklagte. Diese vermittelte ihnen einen Darlehensvertrag in Höhe von 350.000 Euro, den sie im Dezember 2020 abschlossen. Im Januar 2021 – zwei Wochen vor dem vereinbarten neuen Notartermin – teilte der Verkäufer mit, er wolle das Haus aus persönlichen Gründen doch nicht veräußern. Die Bank verlangte von den Klägern eine Nichtabnahmeentschädigung in Höhe von rund 35.000 Euro.
Die Klage auf Erstattung dieses Betrags hatte in erster Instanz zur Hälfte Erfolg. Das OLG wies die Klage hingegen vollständig ab.
Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.
Ein Darlehensvermittler, der im Zusammenhang mit der Vermittlung eines Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrags im Sinne von § 491 Abs. 3 BGB Beratungsleistungen im Sinne von § 511 Abs. 1 BGB anbietet, unterliegt gemäß § 655a Abs. 3 BGB den in § 511 BGB normierten Pflichten. Dazu gehört gemäß § 511 Abs. 2 BGB die Pflicht, sich über den Bedarf, die persönliche und finanzielle Situation sowie über die Präferenzen und Ziele des Darlehensnehmers zu informieren und auf dieser Grundlage und unter Zugrundelegung realistischer Annahmen hinsichtlich der zu erwartenden Risiken eine ausreichende Zahl an Darlehensverträgen auf ihre Geeignetheit zu prüfen.
Im Streitfall musste die Beklagte die Kläger danach unter anderem auf die finanziellen Belastungen hinweisen, die zu erwarten sind, wenn der beabsichtigte Kauf nach dem bindenden Abschluss des Darlehensvertrags nicht zustande kommt.
Entgegen der Auffassung des OLG genügt zur Erfüllung dieser Pflicht nicht der im Beratungsprotokoll der Beklagten vermerkte Hinweis auf drohende Kosten aufgrund von Vertragsstrafen oder Nichtabnahmeentschädigungen. Im Rahmen der geschuldeten umfassenden Aufklärung darf ein reales Risiko nicht so verharmlost werden, dass der Eindruck entsteht, es sei nur theoretischer Natur.
Das OLG hätte deshalb den Sachverhalt weiter aufklären müssen.
Der Kläger hat bei seiner Anhörung durch das OLG angegeben, der zuständige Mitarbeiter der Beklagten habe in dem Beratungsgespräch erklärt, so weit, wie das jetzt schon alles sei, habe er noch nie erlebt, dass ein Geschäft jetzt platze; sollte es dazu kommen, werde man gemeinsam eine Lösung finden. Wenn diese Angaben zutreffen, hat die Beklagte ihre Aufklärungspflicht verletzt. Für eine Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens bleibt dann grundsätzlich kein Raum.
Praxistipp: Wenn geltend gemacht wird, der Inhalt eines Beratungsprotokolls sei nicht zutreffend oder nicht vollständig, sollte der tatsächliche Inhalt des Gesprächs möglichst detailgetreu vorgetragen werden. Sofern keine Zeugen zur Verfügung stehen, sollte ausdrücklich eine Vernehmung oder persönliche Anhörung der eigenen Partei angeboten werden.