Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Zuständigkeit des so genannten Großen Familiengerichts. Der Bundesgerichtshof hat hierzu am 18. September 2024 gleich zwei Entscheidungen getroffen.

Gläubigeranfechtung als sonstige Familiensache
BGH, Beschluss vom 18. September 2024 – XII ZB 25/24

In der ersten Entscheidung geht es (erneut) um die Zuständigkeit nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG.

Dem Kläger stehen gegen die Beklagte zu 1, seine geschiedene Ehefrau, titulierte Forderungen auf Zahlung von Unterhalt und Erstattung von Prozesskosten zu. Die Beklagte zu 1 hat nach der Scheidung Vermögenswerte auf den Beklagten zu 2 , ihren Vater, übertragen. Dieser ist zudem als Inhaber eines von ihr betriebenen Gewerbes angemeldet.

Der Kläger macht geltend, diese Vorgänge dienten der Vereitelung der Zwangsvollstreckung. Mit seiner Ende 2019 erhobenen Stufenklage begehrt er Auskunft über das Ergebnis der Geschäftstätigkeit und über weitere Zahlungen an den Beklagten zu 2 sowie Zahlung von noch zu bezifferndem Wertersatz.

Das vom Kläger angerufene LG hat den Rechtsstreit an das Familiengericht verwiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers ist erfolglos geblieben.

Die Rechtsbeschwerde des Klägers hat ebenfalls keinen Erfolg.

Nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG ist das Familiengericht zuständig für Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe. Grund hierfür ist die Sachnähe des Familiengerichts zum Verfahrensgegenstand. Der dafür erforderliche Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe liegt vor, wenn der Rechtsstreit durch die familienrechtlichen Verhältnisse nicht unwesentlich mitgeprägt ist.

Im Streitfall liegt der erforderliche Zusammenhang vor, weil es um die Durchsetzung titulierter Forderungen geht, die aus der geschiedenen Ehe resultieren. Dem Umstand, dass die nach Auffassung des Klägers zur Vereitelung der Zwangsvollstreckung dienenden Handlungen erst nach Scheidung stattgefunden haben, kommt demgegenüber keine entscheidende Bedeutung zu.

Der BGH lässt allerdings offen, ob nach der seit 2020 geltenden, im Streitfall noch nicht anwendbaren Rechtslage die Landgerichte zuständig sind. Hintergrund sind ein mit Wirkung vom 1.1.2020 in § 348 Abs. 2 Satz 2 ZPO eingefügter Verweis auf § 72a GVG, der unter anderem die Einrichtung von Spezialkammern für Anfechtungssachen bei den Landgerichten vorsieht und eine in § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG vorgesehene Ausnahme für Verfahren nach § 348 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a bis k ZPO. Anfechtungssachen fallen nicht unter die Auflistung in den Buchstaben a bis k, wohl aber unter § 72a GVG.

Berufungszuständigkeit für sonstige Familiensachen
BGH, Beschluss vom 18. September 2024 – XII ZR 116/23

In der zweiten Entscheidung befasst sich der XII. Zivilsenat mit der Frage, welcher OLG-Senat für die Berufung zuständig und welche Verfahrensordnung maßgeblich ist, wenn in erster Instanz ein Landgericht über eine Familiensache im Sinne von § 266 Abs. 1 FamFG entschieden hat.

Die Parteien waren verheiratet und sind seit Mai 2017 geschieden. Im Rahmen der Scheidung trafen sie eine Vereinbarung über die Aufteilung ihres gemeinsamen Immobilienbesitzes. In diesem Vertrag verpflichtete sich der Kläger, die Beklagte im Innenverhältnis von bestimmten Kreditverbindlichkeiten freizustellen. Für den Fall eines Verstoßes gegen diese Verpflichtung räumte er der Beklagten ein Rücktrittsrecht eing. Nach Tilgung der Kredite verlangte der Kläger die Löschung der zur Sicherung des Rücktrittsrechts eingetragenen Auflassungsvormerkung. Die Beklagte machte ein Zurückbehaltungsrecht wegen anderweitiger Ansprüche aus dem Vertrag geltend.

Der Kläger hat die Beklagte vor dem Familiengericht auf Zustimmung zur Löschung der Vormerkung in Anspruch genommen. Das Familiengericht hat das Verfahren an das LG verwiesen. Dieses hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das OLG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, aber einer in zweiter Instanz erhobenen Widerklage stattgegeben.

Die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers bleibt ohne Erfolg.

Das Rechtsmittel war allerdings zulässig, obwohl es sich um eine Familiensache im Sinne von § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG handelt.

Der nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG erforderliche Zusammenhang ist im Streitfall gegeben, weil der Vertrag, aus dem die Parteien ihre Ansprüche herleiten, im Zusammenhang mit der Scheidung geschlossen wurde und ehemals gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten betrifft.

Das Familiengericht hätte die Sache also nicht an das LG verweisen dürfen. Die erfolgte Verweisung war aber gemäß § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG für das LG bindend. Ob diese Bindungswirkung sich nur auf die Zuständigkeit bezieht oder auch auf das einzuhaltende Verfahren, war umstritten. Der BGH bejaht eine umfassende Bindungswirkung. Aufgrund der Verweisung war das LG also nicht nur gehalten, die Sache zu entscheiden, sondern auch, das Verfahren nach den für Zivilsachen geltenden Vorschriften zu führen. Dasselbe gilt für die nachfolgenden Instanzen. Da der Wert der Beschwer mehr als 20.000 Euro beträgt, war deshalb gemäß § 544 ZPO eine Nichtzulassungsbeschwerde statthaft.

Der BGH stellt jedoch klar, dass diese Rechtsfolgen nur im Falle einer bindenden Verweisung nach § 17a GVG eintreten. Ist die Klage beim Landgericht erhoben worden und hat dieses seine Zuständigkeit zu Unrecht bejaht, muss das Berufungsgericht nach den Regeln des FamFG verfahren. Anders als nach der bis Ende 2001 geltenden Rechtslage ist in solchen Fällen zwar ein Zivilsenat des OLG zuständig, weil ein Rechtsmittel nicht darauf gestützt werden darf, dass die erste Instanz sich zu Unrecht für zuständig gehalten hat. Nach Auffassung des BGH hat dies aber – anders als ein Verweisungsbeschluss – keine Auswirkungen auf die anzuwendende Verfahrensordnung. Der zuständige Zivilsenat des OLG muss in solchen Fällen mithin über die Berufung gemäß den Regeln des FamFG durch Beschluss entscheiden. Eine Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG nur statthaft, wenn das OLG sie zulässt. Letzteres gilt auch dann, wenn das OLG fehlerhaft die Regeln der ZPO angewendet und durch Urteil oder durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO entschieden hat.

In der Sache bleibt die Nichtzulassungsbeschwerde ohne Erfolg. Der BGH hält sie für unbegründet und sieht insoweit von einer näheren Begründung ab.

Praxistipp: Um Unsicherheiten zu vermeiden, sollten bei Klagen gegen geschiedene Ehegatten oder deren Eltern beide Parteien frühzeitig darauf hinwirken, dass das angerufene Gericht gemäß § 17a Abs. 3 GVG vorab über seine Zuständigkeit entscheidet. Verweist das Gericht die Sache an ein anderes Gericht, steht das einzuhaltende Verfahren für alle Instanzen bindend fest. Erklärt es sich für zuständig, besteht immerhin für die erste Instanz Klarheit.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um eine materiellrechtliche und eine prozessuale Frage.

Grundstückskauf trotz Schwarzgeldabrede wirksam
BGH, Urteil vom 15. März 2024 – V ZR 115/22

Der V. Zivilsenat zeigt die unterschiedlichen Zielsetzungen des Tatbestands der Steuerhinterziehung und des Verbots der Schwarzarbeit auf.

Die Klägerin hat von der Beklagten eine Eigentumswohnung gekauft. Die Parteien hatten einen Kaufpreis von 150.000 Euro vereinbart. Hiervon zahlte die Klägerin schon vor Beurkundung einen Teilbetrag von 30.000 Euro in bar. Im notariellen Vertrag ist der Kaufpreis mit 120.000 Euro angegeben. Die Klägerin zahlte auch diesen Betrag und wurde als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.

Nach einer Selbstanzeige des Beklagten führten die Parteien Gespräche über die Wirksamkeit des Kaufvertrags. Die Klägerin bewilligte die Eintragung eines Widerspruchs gegen ihre Eintragung als Eigentümerin. Der Beklagte überwies 120.000 Euro auf das Treuhandkonto eines Notars. Dieser zahlte den Betrag auftragswidrig an die Klägerin aus. Im Laufe des Rechtsstreits erstattete er dem Beklagten diesen Betrag gegen Abtretung etwaiger Ansprüche gegen die Klägerin.

Die Klägerin begehrt die Zustimmung zur Löschung des Widerspruchs. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt.

Die Revision des Beklagten bleibt ohne Erfolg.

Zu Recht ist das OLG zu dem Ergebnis gelangt, dass die Schwarzgeldabrede im Streitfall nicht zur Unwirksamkeit des Kaufvertrags nach § 134 oder § 138 BGB führt. Dies gilt erst recht für die Einigung über den Übergang des Eigentums.

Der Verstoß gegen das Formgebot aus § 313b Abs. 1 BGB ist durch vollständige Erfüllung des Kaufvertrags geheilt worden.

Die Schwarzgeldabrede war zwar auf die Hinterziehung von Grunderwerbsteuer (im Streitfall: in Höhe von 1.500 Euro) gerichtet. Anders als ein Verstoß gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit führt ein solcher Gesetzesverstoß aber nicht ohne weiteres zur Nichtigkeit des Vertrags gemäß § 134 BGB. Zur Bekämpfung der Schwarzarbeit ist nach dem Gesetzeszweck jeglicher Leistungsaustausch zwischen den Vertragspartnern eines Werk- oder Dienstvertrags zu unterbinden. Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung steht der Durchführung eines Grundstückkaufvertrags demgegenüber nur dann entgegen, wenn die Steuerhinterziehung den Hauptzweck des Vertrags bildet. Letzteres hat das OLG im Streitfall rechtsfehlerfrei verneint.

Der BGH lässt offen, ob die Schwarzgeldabrede für sich gesehen unwirksam ist. Selbst wenn diese Frage zu bejahen wäre, hätte dies im Streitfall nicht die Unwirksamkeit des gesamten Vertrags zur Folge. Das OLG ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Klägerin die Wohnung unstreitig auch dann erworben hätte, wenn der gesamte Kaufpreis von 150.000 Euro beurkundet worden wäre.

Praxistipp: Wenn in Betracht kommt, dass nur der Kaufvertrag unwirksam ist, nicht aber die Übereignung, empfiehlt sich zur vorläufigen Sicherung neben der Eintragung eines Widerspruchs gegen die Eigentumsumschreibung ergänzend die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Rückübertragung.

Rücknahme eines vermeintlich zu früh eingelegten Rechtsmittels
BGH, Beschluss vom 6. März 2024 – XII ZB 408/23

Der XII. Zivilsenat befasst sich mit einer ungewöhnlichen und zugleich haftungsträchtigen Situation.

Das AG hat mit Beschluss vom 4. April 2023 die Ehe der Beteiligten geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Antragsteller zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt und Zugewinnausgleich verpflichtet. Am 6. April 2023 hat es dem Antragsteller eine beglaubigte Abschrift des Beschlusses zugestellt, die mit einem umfassenden Rechtskraftvermerk versehen war. Noch am gleichen Tag bat der Antragsteller, den Vermerk dahin zu berichtigen, dass nur der Scheidungsausspruch rechtskräftig ist. Drei Wochen später bat das AG um Rücksendung der zugestellten Abschriften zum Zwecke der erneuten Zustellung. Zugleich wies es darauf hin, es liege eine schwerwiegende Abweichung von der Urschrift vor, die zur Unwirksamkeit der Zustellung führe.

Am Montag, 8. Mai 2023 legte der Antragsteller Beschwerde gegen die Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts ein. Zugleich behielt er sich vor, die Beschwerde im Hinblick auf die unwirksame Zustellung zurückzunehmen, und bat um einen entsprechenden Hinweis des Gerichts. Noch am gleichen Tag teilte das AG mit, die erneute Zustellung des Beschlusses werde veranlasst, sobald alle fehlerhaften Ausfertigungen zurückgelangt seien. Daraufhin nahm der Antragsteller die Beschwerde zurück.

Nach erneuter Zustellung des Beschlusses legte der Antragsteller wiederum Beschwerde ein und beantragte vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Das OLG hat die Wiedereinsetzung versagt und die Beschwerde als unzulässig verworfen.

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg.

Die Beschwerdefrist hat bereits mit der ersten Zustellung am 6. April 2023 zu laufen begonnen. Diese Zustellung war wirksam, weil der Inhalt der zugestellten Abschrift mit dem Inhalt der Urschrift übereinstimmt. Der fehlerhafte Rechtskraftvermerk steht der Wirksamkeit der Zustellung nicht entgegen. Die Beschwerde vom 8. Mai 2023 ist rechtzeitig eingelegt worden, hat ihre Wirksamkeit aber durch Rücknahme verloren. Die später eingelegte Beschwerde ist verfristet.

Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind nicht erfüllt. Der Antragsteller durfte die Ankündigung des AG, dass der Beschluss erneut zugestellt werde, nicht als Anregung verstehen, das vorsorglich eingelegte Rechtsmittel wieder zurückzunehmen. Er musste vielmehr den sichersten Weg wählen und das fristgerecht eingelegte Rechtsmittel innerhalb der dafür maßgeblichen Frist begründen.

Praxistipp: Solange auch nur die geringste Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die erste Zustellung einer Entscheidung trotz Fehlern wirksam ist, müssen die Fristen für die Einlegung und Begründung eines Rechtsmittels an dieser Zustellung ausgerichtet werden.

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Diese Woche geht es um die Reichweite der Verjährungseinrede.

Verjährung des Anspruchs auf Verschaffung des Eigentums an einem Grundstück
BGH, Urteil vom 13. Oktober 2023 – V ZR 161/22

Der V. Zivilsenat befasst sich mit der Unterscheidung zwischen Leistungshandlung und Leistungserfolg.

Der Vater der beiden Parteien hatte dem Kläger im Jahr 2002 ein notarielles Angebot zum Verkauf mehrerer Grundstücke zum Preis von 6 Euro pro Quadratmeter unterbreitet. Am 30.12.2009 – einen Tag vor Ablauf der hierfür vorgesehenen Frist – nahm der Kläger das Angebot an. Nach dem Vertrag ist der Kaufpreis fällig, sobald die Löschung der im Grundbuch eingetragenen Grundpfandrechte nachgewiesen ist. Der Notar darf den Antrag auf Umschreibung des Eigentums erst dann stellen, wenn der Verkäufer den Erhalt des Kaufpreises schriftlich bestätigt hat. In der Folgezeit kam es weder zur Löschung der Grundpfandrechte noch zur Zahlung des Kaufpreises.

Mit seiner Anfang Dezember 2019 eingereichten und kurz darauf zugestellten Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten als alleinigem Erben des im Jahr 2015 verstorbenen Vaters die Zustimmung zur Löschung der Grundpfandrechte und die Übergabe von Löschungsbewilligungen und Grundpfandbriefen an den Vollzugsnotar.

Während des Rechtsstreits hat der Kläger den Kaufpreis für die Grundstücke beim Amtsgericht hinterlegt. Der Notar erteilte ihm daraufhin eine Ausfertigung der Auflassungserklärung und der Eintragungsbewilligung. Der Kläger reichte diese Unterlagen beim Grundbuchamt ein. Die Umschreibung ist noch nicht erfolgt.

Das LG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das OLG hat die Klage abgewiesen.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Zu Recht hat das OLG entschieden, dass der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Löschung der dinglichen Belastungen nicht verjährt ist. Selbst wenn die Zehnjahresfrist des § 196 BGB mit Abschluss des Kaufvertrags Ende Dezember 2009 begonnen hat, wurde sie durch die Anfang Dezember 2019 eingereichte und demnächst zugestellte Klage wirksam gehemmt.

Entgegen der Auffassung des OLG steht dem Klageanspruch nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Dieser wäre zwar begründet, wenn der Anspruch auf Übereignung wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbar wäre. Im Streitfall kann der Beklagte den Eigentumserwerb durch den Kläger aber trotz Verjährung des Übereignungsanspruchs nicht mehr verhindern.

Der Anspruch auf Übereignung der Grundstücke ist zwar noch nicht erfüllt, weil der Kläger noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Der Kläger kann sich das Eigentum aber ohne Mitwirkung des Beklagten verschaffen, weil die zur Übertragung des Eigentums erforderlichen Erklärungen bereits abgegeben sind.

Dass der Notar den Antrag erst nach Bestätigung der Kaufpreiszahlung durch den Beklagten beim Grundbuchamt einreichen durfte, ist unerheblich. Nach der Hinterlegung des Kaufpreises durfte der Kläger vom Notar die Herausgabe der erforderlichen Unterlagen verlangen und diese selbst beim Grundbuchamt einreichen, wie dies mittlerweile auch geschehen ist.

Praxistipp: Die Entscheidung zeigt anschaulich, dass vor Erhebung einer zur Verjährungshemmung gebotenen Klage sorgfältig geprüft werden muss, welcher Mitwirkungshandlungen des Schuldners es bedarf und welchen Leistungserfolg der Gläubiger selbst herbeiführen kann. Im Zweifel sollte lieber „zu viel“ in den Klageantrag aufgenommen werden als „zu wenig“.

Montagsblog: Neues vom BGH

Um einen seit langem etablierten, in neuerer Zeit aber zunehmend in die Kritik geratenen Grundsatz geht es in dieser Woche.

Formlose Änderung eines Grundstückskaufvertrags nach bindender Auflassung
Urteil vom 14. September 2018 – V ZR 213/17

Mit den Grenzen des Formerfordernisses aus § 311b BGB befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Beklagte hatte von der klagenden Bauträgerin drei noch zu sanierende Eigentumswohnungen gekauft. Der notarielle Kaufvertrag enthielt zugleich die Auflassungserklärung beider Parteien und den Umschreibungsantrag der Beklagten. Der Notar war angewiesen, eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der Auflassungserklärung nur nach Nachweis der vollständigen Zahlung des Kaufpreises zu erteilen. Die Beklagte behielt in der Folgezeit rund 9 % des Kaufpreises ein. Die auf Zahlung dieses Betrags gerichtete Klage blieb in erster Instanz ohne Erfolg. Das OLG sprach dem Kläger hingegen rund die Hälfte der Klagesumme zu.

Der BGH verweist die Sache auf die Revision der Beklagten an das OLG zurück. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz bedurfte die von der Beklagten behauptete Vereinbarung über eine Minderung des Kaufpreises nicht der notariellen Beurkundung. Nach § 311b BGB bedarf zwar auch die Änderung eines Grundstückskaufvertrags grundsätzlich der notariellen Form. Dies gilt nach etablierter, schon auf das Reichsgericht zurückgehender Rechtsprechung aber nicht, wenn die Auflassung bereits erklärt ist. Die in der Literatur geäußerte Kritik, dass diese Rechtsprechung den modernen Gegebenheiten eines Bauträgervertrags nicht gerecht werde, hält der BGH für unbegründet. Er hält es für einen Wegfall des Formerfordernisses weiterhin für ausreichend, dass die Vertragsparteien die zur Übertragung des Eigentums erforderlichen Leistungshandlungen vorgenommen haben; auf den Eintritt des Leistungserfolgs – also den Übergang des Eigentums – komme es in diesem Zusammenhang nicht an.

Praxistipp: Angesichts der Ungewissheit, die aus der Möglichkeit einer formfreien Änderung resultieren kann, dürfte es in der Regel vorzugswürdig sein, von einer sofortigen Auflassung abzusehen, wenn nicht absehbar ist, wann die Voraussetzungen für die Eigentumsumschreibung erfüllt sein werden. Dafür anfallende Mehrkosten könnten sich als gute Investition erweisen.