Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um einen typischen Anwendungsfall von Art. 103 Abs. 1 GG und § 544 Abs. 9 ZPO.

Unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung
Beschluss vom 16. August 2022 – VI ZR 1151/20

Mit einem übergangenen Beweisangebot bezüglich eines Zeugen befasst sich der VI. Zivilsenat.

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung beim Ersetzen einer Kniegelenk-Prothese in Anspruch. Sie macht unter anderem geltend, der tibiale (d. h. im Schienbein verankerte) Teil der Prothese sei in erheblicher Fehlstellung eingebracht worden. Die Klage ist in den beiden ersten Instanzen im Wesentlichen erfolglos geblieben.

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO (d. h. ohne mündliche Verhandlung) zur Zurückverweisung der Sache an das OLG. Das OLG hat die von der Klägerin angebotene Vernehmung eines Arztes, der eine Revisionsoperation durchgeführt hat, zu Unrecht abgelehnt.

Der Zeuge hat bei der Revisionsoperation lediglich den femuralen (d. h. im Oberschenkel verankerten) Teil der Prothese ausgetauscht, nicht aber den tibialen. Die Klägerin hat seine Vernehmung zum Beweis der Tatsache angeboten, dass er die tibiale Komponente nur deshalb nicht ausgetauscht habe, weil sie fest einzementiert gewesen sei und nicht ohne Beschädigung des Schienbeins hätte entfernt werden können.

Das OLG hielt die Vernehmung für entbehrlich, weil der Zeuge in seinem schriftlichen Operationsbericht festgehalten hatte, ein Wechsel der tibialen Komponente sei nicht erforderlich gewesen. Darin liegt eine unzulässige Beweisantizipation. Es ist nicht auszuschließen, dass der Zeuge den Vortrag der Klägerin bestätigt, auch wenn dies nach Auffassung des OLG in Widerspruch zum Operationsbericht steht. Das OLG muss dem Beweisangebot deshalb nachgehen und darf erst nach Vernehmung des Zeugen seine Beweiswürdigung vornehmen.

Praxistipp: Lässt das Gericht schon vor der abschließenden Entscheidung erkennen, dass es einem Beweisangebot nicht nachkommen will, muss die betroffene Partei dies noch in derselben Instanz beanstanden. Ansonsten droht ein Rügeverlust in der Revisionsinstanz.

BGH: Gehörsverletzung durch unterbliebene Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung

Der BGH hat mit Beschl. v. 21.1.2020 – VI ZR 346/18, MDR 2020, 751 über die Gehörsverletzung wegen unterbliebener Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung auf einen nicht nachgelassenen Schriftsatz nach erst in der mündlichen Berufungsverhandlung erteiltem Hinweis entschieden.

Sachverhalt

Die Entscheidung betrifft nur einen kleinen Ausschnitt eines sehr umfangreichen Prozesses. Der über 80 Jahre alte Kläger bezog von dem Beklagten, einem Apotheker, ein in der Apotheke hergestelltes Medikament. Eine pharmazeutisch-technische Assistentin verwendete bei der Herstellung des Medikamentes Methadon anstatt Meprobamat (bei beiden Arzneimitteln handelt es sich um Betäubungsmittel). Nachdem der Kläger das fehlerhaft hergestellte Medikament eingenommen hatte, fand ihn seine Lebensgefährtin im Koma liegend auf. Der Kläger erlitt letztlich einen schweren Hirnschaden.

Bezüglich des von dem Kläger geltend gemachten Haushaltsführungsschadens hatte das LG der Klage in Höhe von 162.513,64 Euro stattgegeben. Der Beklagte legte Berufung ein. Im Termin zur mündlichen Verhandlung wies das OLG darauf hin, dass seitens des Klägers weiterer Vortrag dazu erforderlich sei, welche Zeiten der Tätigkeit seiner Lebensgefährtin er für Pflege und Betreuung sowie – in Abgrenzung dazu – für die Haushaltsführung geltend mache. Entsprechender Vortrag des Klägers erfolgte im Termin nicht mehr. Ein Schriftsatznachlass (§ 139 Abs. 5 ZPO) wurde von dem Kläger nicht beantragt. Das OLG bestimmte einen Verkündungstermin. Der Kläger trug vor diesem Termin schriftsätzlich noch weiter zu den Zeiten der Tätigkeit seiner Lebensgefährtin vor. Das OLG wies dann die Klage bezüglich des Haushaltsführungsschadens ab und vertrat die Auffassung, eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung sei nicht geboten gewesen.

Die Gründe des BGH

Der BGH nimmt diese Entscheidung nicht hin, sondern hebt das Urteil des OLG insoweit auf und verweist die Sache zurück.

Zentraler Punkt der Entscheidung ist einmal wieder das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Bleibt der Vortrag einer Partei ohne Stütze im Prozessrecht unberücksichtigt, stellt dies eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs dar. Der BGH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass eine erstinstanzlich siegreiche Partei darauf vertrauen darf, sie werde von dem Berufungsgericht einen Hinweis erhalten, wenn es der erstinstanzlichen Entscheidung nicht folgen möchte oder dafür weiteren Vortrag oder einen zusätzlichen Beweisantritt für erforderlich hält. Dabei muss der Hinweis so rechtzeitig erfolgen, dass die Partei noch vor einem Termin reagieren kann. Wird dann ein Hinweis – entgegen § 139 Abs. 4 S. 1 ZPO (!) – erst im Termin erteilt, muss die betroffene Partei die Gelegenheit haben, darauf zu reagieren. Wenn offensichtlich ist, dass eine Reaktion nicht sofort erfolgen kann, muss der Partei die Gelegenheit gegeben werden, noch vorzutragen, und zwar entweder durch einen Übergang in das schriftliche Verfahren oder eine Vertagung. Dies gilt auch dann, wenn die betroffene Partei keinen Schriftsatznachlass beantragt. Daraus folgt dann die Pflicht, aufgrund eines noch eingehenden Schriftsatzes gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

Das Verfahren des Berufungsgerichts entsprach nicht diesen Grundsätzen. Der Hinweis erfolgte erst im Termin. Der Kläger hatte sich rechtzeitig geäußert, nämlich durch einen Schriftsatz, der vor dem Verkündungstermin einging. Die Verhandlung hätte vorliegend demgemäß wiedereröffnet werden müssen.

Der Beklagte wollte dem noch entgegenhalten, ein Hinweis wäre nicht erforderlich gewesen, da er bereits in erster Instanz den von dem OLG aufgegriffenen Einwand erhoben habe. Insofern könne es für den Kläger nicht überraschend gewesen sein, dass das OLG so entschieden habe. Darauf kommt es aber nicht an. Entscheidend ist, dass das Berufungsgericht darauf hinweisen muss, wenn es den Vortrag der erstinstanzlich siegreichen Partei für nicht ausreichend hält.

Der Gehörsverstoß ist auch erheblich. Der Kläger hatte in dem erwähnten Schriftsatz weiter erheblich vorgetragen, weswegen nicht ausgeschlossen werden kann, dass das OLG bei Berücksichtigung des Vortrages abweichend entschieden hätte.

Das OLG muss sich also mit dem Haushaltsführungsschaden erneut befassen. Im Übrigen hatte das Rechtsmittel keinen Erfolg. Der BGH verfuhr insoweit nach § 544 Abs. 6 S. 2 Hs. 2.

Folgerungen für die Praxis

Die Entscheidung stellt, wie überhaupt die gesamte Rechtsprechung des BGH, sehr strenge Anforderungen an die Beachtung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs. Um Verfahrensfehler zu vermeiden, bleibt den Gerichten nichts anderes übrig als auf Vortrag, der auf verspätete Hinweise noch erfolgt, stets noch zu reagieren. Der BGH nimmt den Parteien die Verantwortung ab, indem sogar auf einen Antrag auf Schriftsatznachlass verzichtet wird.

Hinweis für die Beratungspraxis

Die Gerichte sollten bestrebt sein, erforderliche Hinweise, wie dies das Gesetz auch vorsieht, möglichst früh zu erteilen, jedenfalls vor einem Termin. Das praktische Problem besteht jedoch darin, dass dies wegen der hohen Arbeitsbelastung oftmals nicht möglich ist. Gerade in der zweiten Instanz ist eine sachgerechte Vorbereitung der Akte überwiegend erst kurz vor dem Termin möglich.

Wenn vom Gericht in einem Termin ein Hinweis erfolgt und eine sofortige Reaktion nicht möglich ist, muss der Rechtsanwalt darauf hinwirken, dass er noch eine Möglichkeit zur Reaktion erhält. Entweder durch Vertagung oder durch Übergang in das schriftliche Verfahren oder – wenigstens – durch einen Schriftsatznachlass. Mit dem Schriftsatznachlass sollte vorsorglich auf die geschilderte Rechtsprechung hingewiesen werden, damit der Vortrag auch berücksichtigt wird. Besonders gefährlich wird es natürlich, wenn das Gericht keinen Verkündungstermin bestimmt, sondern eine Entscheidung am Schluss der Sitzung ankündigt. Dann muss sofort im Termin reagiert werden!

BGH: Und wieder einmal zum rechtlichen Gehör

Die Verletzung des rechtlichen Gehörs ist in den letzten Jahren einer der beliebtesten Aufhebungsmuster des BGH geworden. Fast in jeder aufhebenden Revisionsentscheidung liest man davon und darüber. Dies ist zwar im Gesetz durchaus angelegt (§ 544 Abs. 7 ZPO), jedoch würde man sich oftmals doch gerne andere Aufhebungsmuster mit abweichenden Begründungen wünschen.

In einer der letzten Entscheidungen hierzu hat der BGH (Beschl. v. 18.7.2019 – IX ZR 276/17) jedoch einige Ausführungen vorgelegt, die man sich merken sollte:

Jedes Gericht ist – das sollte selbstverständlich sein – dazu verpflichtet, das tatsächliche und rechtliche Vorbringen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Dies bedeutet aber nicht, dass sich ein Gericht auch mit jedem Vorbringen einer Partei in den Entscheidungsgründen (und damit auch im Tatbestand) ausdrücklich befassen müsste. Grundsätzlich ist nämlich davon auszugehen, dass ein Gericht jegliches Vorbringen zur Kenntnis genommen hat, auch wenn in dem Urteil selbst das fragliche Vorbringen gar nicht erwähnt wurde.

Es bedarf vielmehr besonderer Umstände, die zweifelsfrei darauf schließen lassen, dass ein bestimmtes Vorbringen tatsächlich nicht zur Kenntnis genommen bzw. erwogen wurde. Nur dann liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor. Diese Sichtweise entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des BVerfG.

Jede andere Sicht der Dinge wäre auch abwegig: Die Parteien hätten dann die Möglichkeit, den Umfang eines Urteils durch den Vortrag von offensichtlich Unerheblichem mittelbar zu bestimmen.

Für die Parteien ist dies auch nicht unzumutbar oder gar „gefährlich“. In der Revisionsinstanz besteht immer noch die Möglichkeit, eine Verfahrensrüge anzubringen und das übergangene Vorbringen als doch erheblich zu rügen.

Im konkreten Fall wurden die besonderen Umstände bejaht, da hier offensichtlich etwas übersehen wurde. Der Beklagte hatte konkret etwas behauptet, was das OLG als nicht vorhanden bezeichnet hat. Dies stellt natürlich eine „klassische“ Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs dar.

Einmal wieder: BGH zum rechtlichen Gehör

In einer Arzthaftungssache (BGH, Beschl. v. 21.5.2019 – VI ZR 54/18, MDR 2019, 1081) hatte das OLG eine Zeugin vernommen und einen Sachverständigen angehört. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung wurde alsdann den Parteien nachgelassen, zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme bis zum 28. November schriftsätzlich vorzutragen. Ein Verkündungstermin wurde auf den 12. Dezember bestimmt. Innerhalb der Frist unterbreiteten die Kläger noch rechtsrelevanten Vortrag. Das OLG verkündete ein Urteil zum Nachteil der Kläger. Der BGH sieht darin einen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs.

Bekanntlich gibt es Fälle, in denen eine erneute Verhandlung oder ein schriftliches Verfahren nach einer Beweisaufnahme geboten ist, dies gilt vor allem in Arzthaftungssachen. Ob hier ein solcher Fall vorlag, lässt der BGH jedoch offen. Jedenfalls wenn das Gericht nach einer Beweisaufnahme einen Schriftsatznachlass zur Stellungnahme zum Beweisergebnis einräumt, bringt es dadurch hinreichend klar zum Ausdruck, dass es eine Stellungnahme im Termin nicht erwartet, sondern fristgemäß erfolgenden Vortrag berücksichtigen wird. Dagegen hat das OLG verstoßen, sodass das rechtliche Gehör verletzt ist, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das OLG unter Berücksichtigung des Vortrags anders entschieden hätte.

Diese Entscheidung zeigt einmal mehr, wie schwierig es in der Praxis ist, einen entscheidungsreifen Prozess auch einmal wirklich zu entscheiden. Es fällt den Beteiligten immer wieder etwas Neues ein. In der Praxis ist dieses Neue allerdings oftmals fernliegend, denn wenn es wirklich wichtig wäre, wäre es sicherlich schon vorgetragen worden. Aber in der gerichtlichen Praxis neigen die Parteien oftmals dazu, sich an immer neue Strohhalme zu klammern. Dies gilt vor allem dann, wenn sie merken, dass sie unterliegen werden.

Wenn ein Gericht keine Verfahrensfehler riskieren will, räumt es solche Stellungnahmefristen am besten erst gar nicht ein. Wenn die Sache wirklich so komplex ist, dass von den Parteien eine abschließende Stellungnahme nach einer Beweisaufnahme, vor allem nach umfangreichen Ausführungen eines Sachverständigen, nicht erwartet werden kann, muss eben gleich ein neuer Termin bestimmt werden oder – bei Einverständnis beider Parteien – das schriftliche Verfahren angeordnet werden (Hierzu z.B. näher Vorwerk/Fullenkamp, Prozessformularbuch, 11. Aufl. 2019, Kap. 24 Rn. 50 f. und Rehborn Kap. 80 Rn. 342 ff. mit M 80.28). Ansonsten sollten keine Stellungnahmerechte mehr eingeräumt werden, sondern auf die Möglichkeit „Hic Rhodus, hic salta!“ hingewiesen werden. Der BGH scheint mitunter nicht ausreichend zu berücksichtigen, dass mindestens eine der Parteien auch einen Anspruch darauf hat, dass ein Prozess auch einmal zu Ende geht.

Hinweis: Vgl. hierzu auch den Blog-Beitrag von Bacher zu derselben Entscheidung.

 

 

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Diese Woche geht es um den Umfang der gerichtlichen Überprüfung in der Berufungsinstanz.

Tatrichterliche Würdigung in der Berufungsinstanz
Beschluss vom 4. September 2019 – VII ZR 69/17

Mit dem Maßstab für die Überprüfung erstinstanzlicher Tatsachenfeststellungen durch das Berufungsgericht befasst sich der VII. Zivilsenat.

Die Klägerin nahm die Beklagte auf Ersatz von Wasserschäden in Anspruch, die sie auf einen fehlerhaft verlegten Kühlwasserschlauch zurückführte. Das LG wies die Klage nach Einholung eines Gutachtens und mündlicher Anhörung des Sachverständigen ab. Das OLG wies die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurück.

Der BGH verweist die Sache durch Beschluss gemäß § 544 Abs. 7 ZPO an das OLG zurück. Dieses hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, weil es die tatrichterliche Würdigung des LG nur auf Rechtsfehler überprüft hat. Nach § 529 Abs. 1 ZPO muss ein Berufungsgericht prüfen, ob konkrete Umstände vorliegen, die Zweifel an der Vollständigkeit oder Richtigkeit der erstinstanzlich getroffenen Tatsachenfeststellungen bestehen. Diese Prüfung darf sich nicht auf die Frage beschränken, ob dem erstinstanzlichen Gericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das Berufungsgericht muss sich vielmehr auch mit tatsächlichen Umständen befassen, die der Berufungskläger aufgezeigt hat. Eine erneute Beweiserhebung ist schon dann geboten, wenn diese Umstände eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür begründen, dass die erstinstanzliche Feststellung danach keinen Bestand haben wird.

Praxistipp: Eine auf die Verletzung von § 529 Abs. 1 ZPO (iVm Art. 103 Abs. 1 GG) gestützte Nichtzulassungsbeschwerde hat vor allem dann Aussicht auf Erfolg, wenn sich das Berufungsgericht mit der Erwägung begnügt hat, die erstinstanzliche Entscheidung sei frei von Rechtsfehlern.

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Mit einem ungewöhnlichen Verfahrensverlauf befasst sich die Entscheidung aus dieser Woche.

Keine Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Zustellung einer Streitverkündung
Beschluss vom 22. März 2018 – I ZR 76/17

Der I. Zivilsenat stellt klar, dass Schwierigkeiten bei der (Auslands-)Zustellung einer Streitverkündung keinen zureichenden Grund für eine Aussetzung des betreffenden Rechtsstreits bilden.

Die Klägerin nimmt die in den USA ansässige Beklagte wegen Verletzung eines Gemeinschaftsgeschmackmusters durch Vertrieb von Schutzhüllen für iPads in Anspruch. Die Beklagte machte unter anderem geltend, die von ihr angebotenen Hüllen seien von zwei Unternehmen in Taiwan und Hongkong entworfen worden. Vorsorglich verkündete sie diesen beiden Unternehmen den Streit. Der Versuch, die Streitverkündungsschrift in Taiwan zuzustellen, scheiterte. Aus Hongkong ging keine Rückmeldung ein. Das LG verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Ihre Berufung blieb erfolglos.

Der BGH weist die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurück. Er legt dar, dass eine Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Zustellung der Streitverkündungsschriften weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO zulässig ist, weil es an einem anderen Verfahren fehlt, das vorgreiflich sein könnte. Die Fortsetzung des Verfahrens trotz eines gescheiterten oder mit ungewissem Ausgang gebliebenen Zustellungsversuchs verstößt auch nicht gegen die Rechte auf ein faires Verfahren und auf rechtliches Gehör. Eine Streitverkündung hat nicht den Zweck, einer Partei die Möglichkeit eröffnen, sich auf ergänzendes Vorbringen des Streitverkündeten zu stützen.

Praxistipp: Vor dem aufgezeigten Hintergrund ist die streitverkündende Partei im eigenen Interesse gehalten, das Gericht bei der Zustellung nach besten Kräften zu unterstützen.

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Um die Wahrung des rechtlichen Gehörs bei Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens geht es in dieser Woche.

Hinweis auf eigene Sachkunde des Gerichts
Urteil vom 9. Januar 2018 – VI ZR 106/17

Der VI. Zivilsenat befasst sich mit den prozessualen Voraussetzungen für die Ablehnung eines Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu einer entscheidungserheblichen Frage.

Die Klägerin nahm den Beklagten nach dem Einsetzen von Zahnimplantaten und einer Kieferbrücke auf Schadensersatz in Anspruch. Sie machte unter anderem geltend, die eingesetzte Brücke sei von ihrer Konstruktion her nicht geeignet gewesen, einen festsitzenden Zahnersatz herzustellen. Zum Beweis dafür bot sie die Einholung eines Sachverständigengutachtens ein. Die Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück, soweit es um Ersatzansprüche wegen der Zahnbrücke geht. Das OLG hat insoweit den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt, weil es von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abgesehen hat, ohne zuvor darauf hinzuweisen, dass und aus welchem Grund es selbst über die erforderliche Sachkunde verfügt. Zu einem diesbezüglichen Hinweis ist das Gericht auch dann verpflichtet, wenn es aufgrund eigener Sachkunde zu der Einschätzung gelangt, dass die Einholung eines Gutachtens nicht geeignet ist, die entscheidungsrelevante Frage zu klären.

Praxistipp: Wenn das Gericht den gebotenen Hinweis erteilt, und die Partei die Darlegungen zur eigenen Sachkunde für nicht ausreichend hält, muss sie entsprechende Rügen noch in der Berufungsinstanz erheben, um einen Rügeverlust in der Revisionsinstanz zu vermeiden.

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Um das Recht auf Zuziehung eines Dolmetschers und um die Zuständigkeitsverteilung zwischen Familien- und Zivilgericht geht es in den beiden aktuellen Entscheidungen.

Zuziehung eines Dolmetschers zur persönlichen Anhörung einer Partei
Beschluss vom 1. März 2018 – IX ZR 179/17

Mit dem Recht auf ein faires Verfahren befasst sich der IX. Zivilsenat.

Die Klägerin nahm die Beklagten auf Zahlung von rund 370.000 Euro aus Verwahrung und Darlehen in Anspruch. Die Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin an das OLG zurück. Das OLG hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt, weil es von der Vernehmung eines von ihr benannten Zeugen zu Unrecht abgesehen hat. Ergänzend weist der BGH darauf hin, dass das OLG in der neu eröffneten Berufungsinstanz von Amts wegen einen Dolmetscher hinzuziehen muss, wenn die – der deutschen Sprache nicht mächtige – Klägerin sich gemäß § 137 Abs. 4 ZPO persönlich zu den der Klageforderung zugrundeliegenden tatsächlichen Umständen äußern will. Dies ergibt sich zwar nicht aus Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 64, 135), wohl aber aus dem Recht auf ein faires Verfahren.

Praxistipp: Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren kann ggf. mit einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 544 ZPO geltend gemacht werden, nicht aber mit einer Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO.

Rechtsmittel gegen die Entscheidung eines Zivilsenats in einer Familiensache
Beschluss vom 28. Februar 2018 – XII ZR 87/17

Dass die Zuständigkeit des „großen Familiengerichts“ immer wieder für Überraschungen sorgen kann, veranschaulicht eine Entscheidung des XII. Zivilsenats.

Die Klägerin verlangte vom Beklagten – ihrem getrennt lebenden Ehemann – die Freigabe eines hinterlegten Betrags von 100.000 Euro. Das Geld stammte aus einer der Klägerin zugefallenen Erbschaft, war aber kurz vor der Trennung der Parteien auf ein Konto des Beklagten überwiesen worden. Der Beklagte verweigerte die Freigabe unter anderem mit der Begründung, die Klägerin habe der Überweisung auf sein Konto zugestimmt, um gemeinsame Schulden zu begleichen und den Unterhalt des gemeinsamen Kindes zu sichern. Das LG verurteilte den Beklagten zur Freigabe des Betrags. Das OLG wies die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurück.

Der BGH verwirft die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig. Bei zutreffender Sachbehandlung wären nicht die Zivilgerichte zur Entscheidung berufen gewesen, sondern das Familiengericht und ein Familiensenat des OLG. Dies ergibt sich aus § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG, wonach zu den (sonstigen) Familiensachen auch Verfahren gehören, die Ansprüche zwischen Ehegatten im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung betreffen. In einer Familiensache wäre eine Rechtsbeschwerde gegen die zweitinstanzliche Entscheidung gemäß § 70 FamFG nur zulässig gewesen, wenn das OLG sie zugelassen hätte. Nach dem auch für solche Konstellationen geltenden Meistbegünstigungsgrundsatz darf dem Rechtsmittelführer aus der Wahl einer unzutreffenden Verfahrensart zwar kein Nachteil entstehen. Andererseits dürfen die Möglichkeiten zur Einlegung eines Rechtsmittels dadurch aber auch nicht erweitert werden. Folglich ist die an sich gemäß § 522 Abs. 3 und § 544 ZPO statthafte Nichtzulassungsbeschwerde im Streitfall nicht zulässig.

Praxistipp: Wenn ein Ehegatte im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung den anderen Ehegatten oder dessen Eltern in Anspruch nimmt, ist stets sorgfältig zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG vorliegen. In Zweifelsfällen sollte bereits in erster Instanz eine Entscheidung gemäß § 17a GVG herbeigeführt werden.

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Berührungsloser Verkehrsunfall
Urteil vom 22. November 2016 – VI ZR 533/15

Mit der Reichweite der Gefährdungshaftung für Kraftfahrzeuge befasst sich der VI. Zivilsenat.

Der Kläger kam mit seinem Motorrad von der Straße ab, als er die ebenfalls auf einem Motorrad fahrende Beklagte und ein vor dieser fahrendes Auto überholen wollte. Er stützte sein Begehren nach Schadensersatz auf die Behauptung, die Beklagte sei unvermittelt und ohne Ankündigung nach links ausgeschert, als er sie schon fast überholt gehabt habe; deshalb habe er nach links ausweichen müssen. Die Beklagte behauptete hingegen, sie habe das vor ihr fahrende Auto ordnungsgemäß überholt und sei kurz vor dem Einscheren nach rechts gewesen, als der Kläger sie in zweiter Reihe überholt habe und hierbei ohne ihr Zutun dem linken Fahrbahnrand zu nahe gekommen sei. Die Klage hatte in erster Instanz teilweise Erfolg. Das OLG wies sie ab.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Er teilt zwar die Auffassung des OLG, dass die bloße Anwesenheit eines Fahrzeugs in der Nähe der Unfallstelle keinen die Gefährdungshaftung aus § 7 Abs. 1 StVG begründenden Tatbestand darstellt und dass dies auch für ein Motorrad gilt, das unmittelbar vor dem Unfall ein vor ihm fahrendes Auto überholt und von einem anderen Motorrad in zweiter Reihe überholt wird. Die Auffassung des OLG, ein die Haftung begründendes plötzliches Ausscheren der Beklagten könne aufgrund der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden, erweist sich aber als fehlerhaft. Der vom Landgericht beauftragte Sachverständige war zu dem Ergebnis gelangt, die Spurenlage am Unfallort lasse ein Ausweichmanöver des Klägers aus dem linken Randbereich der Gegenfahrbahn weiter nach links mit einer Notbremsung erkennen. Vor diesem Hintergrund durfte das Berufungsgericht nicht ohne ergänzende Beweisaufnahme zu einer anderen Würdigung gelangen als das Landgericht, das ein die Haftung begründendes Ausscheren der Beklagten bejaht hatte.

Praxistipp: Wenn ein Berufungsgericht die in erster Instanz erhobenen Beweise ohne erneute Beweisaufnahme anders würdigt als die Vorinstanz, liegt darin eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG, die je nach Fallgestaltung mit Revision, Nichtzulassungsbeschwerde oder Anhörungsrüge gerügt werden kann.

Bestimmtheit einer Kaufpreisklage
Beschluss vom 16. November 2016 – VIII ZR 297/15

Mit den Mindestanforderungen an Bestimmtheit und Schlüssigkeit einer Kaufpreisklage befasst sich der VIII. Zivilsenat.

Die Klägerin begehrte die Zahlung restlichen Kaufpreises in Höhe von 3.639,54 Euro. In der Klageschrift führte sie aus, sie habe dem Beklagten verschiedene Waren geliefert und in Rechnung gestellt. Wegen Gegenstand und Zeitpunkt der Lieferung nahm sie auf zwei anhand von Datum, Nummer und Rechnungsbetrag spezifizierte Rechnungen Bezug, deren Vorlage sie für den Fall des Bestreitens ankündigte. Das AG wies die Klage als unschlüssig ab. Das LG wies die Berufung mit der Maßgabe zurück, dass die Klage mangels Bestimmtheit des Klagegrundes unzulässig sei. Dagegen wandte sich die Klägerin mit der vom LG zugelassenen Revision.

Der BGH verweist die Sache an das LG zurück. Entgegen der Auffassung des LG reicht der Vortrag der Klägerin zur bestimmten Angabe von Gegenstand und Grund der Klage aus. Den Anforderungen von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist schon dann genügt, wenn der geltend gemachte Anspruch als solcher identifizierbar ist. Hierfür reicht die Bezugnahme auf zwei nach Datum, Nummer und Rechnungsbetrag spezifizierte Rechnungen, deren addierter Rechnungsbetrag sich mit der Höhe der Klagesumme deckt, auch dann aus, wenn die Rechnungen nicht beigefügt sind. Ergänzend weist der BGH darauf hin, dass die Kaufpreisforderung auch schlüssig dargelegt ist.

Praxistipp: Trotz der eher geringen Mindestanforderungen sollte der Kläger im eigenen Interesse darauf bedacht sein, die in Bezug genommenen Rechnungen bereits zusammen mit der Klageschrift als Kopie einzureichen. Unabhängig davon bedarf es jedenfalls dann konkretisierenden Sachvortrags, wenn nicht der gesamte Rechnungsbetrag zum Gegenstand des Klagebegehrens gemacht wird.

Montagsblog: Neues vom BGH

Der BGH stellt seinen Richtern wöchentlich eine Sammlung aller Leitzsatzentscheidungen zur Verfügung, die in der vorangegangenen Woche veröffentlicht worden sind. In Anknüpfung an diese sog. Montagspost berichtet der Montagsblog wöchentlich über – ausgewählte – aktuelle Entscheidungen des BGH.

Werkvertrag zwischen Bauherr und Prüfingenieur
Urteil vom 31. März 2016 – III ZR 70/15

Mit der Abgrenzung zwischen hoheitlichem Handeln und der Erbringung von Leistungen auf vertraglicher Grundlage hatte sich der III. Zivilsenat zu befassen.

Die Kläger hatten den beklagten Prüfingenieur mit der Prüfung der Standsicherheit und der Bauüberwachung bei der Errichtung eines Einfamilienhauses betraut. Nach den einschlägigen baurechtlichen Vorschriften genehmigte die Baubehörde das Vorhaben mit der Auflage, die Standsicherheit und die ordnungsgemäße Bauüberwachung durch Bescheinigungen eines Prüfsachverständigen nachzuweisen. Nach Errichtung des Gebäudes erwies sich eine Kellerwand aufgrund fehlerhafter statischer Berechnungen als nicht tragfähig. Das OLG wies die gegen den Prüfingenieur gerichtete Klage auf Ersatz der hieraus resultierenden Schäden mit der Begründung ab, der Beklagte sei hoheitlich tätig geworden und könne deshalb gemäß § 839 Abs. 1 BGB und Art. 34 Abs.1 GG nicht persönlich in Anspruch genommen werden.

Der BGH hebt das Berufungsurteil auf. Nach seiner Auffassung erbrachte der Beklagte seine Tätigkeit auf der Grundlage eines mit dem Bauherrn geschlossenen Werkvertrags. Der BGH stützt sich hierbei auf etablierte Rechtsprechung, wonach für die Frage, ob ein Sachverständiger hoheitlich tätig wird, die Aufgabe maßgeblich ist, deren Wahrnehmung seine Tätigkeit im konkreten Fall dient. Eine hoheitliche Tätigkeit liegt danach vor, wenn die vom Sachverständigen vorzunehmende Prüfung einen Bestandteil der von der Behörde ausgeübten hoheitlichen Tätigkeit bildet. Daran fehlte es im Streitfall, weil dem Prüfingenieur nach den einschlägigen baurechtlichen Vorbereitungen nicht die Aufgabe zukam, die behördliche Entscheidung über die Baugenehmigung vorzubereiten. Die von ihm erstellten Bescheinigungen dienten vielmehr dazu, eine behördliche Überprüfung der darin behandelten Fragen überflüssig zu machen. Deshalb erbrachte der Sachverständige seine Leistungen auf der Grundlage eines Werkvertrags mit dem Bauherrn. Der vom Berufungsgericht angestellten Hilfserwägung, dieser Werkvertrag habe nur eine Überprüfung im öffentlichen Interesse zum Gegenstand gehabt, erteilte der BGH ebenfalls eine Absage. Aus der Interessenlage der Beteiligten ergab sich nach seiner Beurteilung vielmehr, dass die Tätigkeit des Beklagten auch dazu diente, den Bauherrn vor dem Eintritt von Schäden durch eine mangelhafte Baustatik zu bewahren.

Praxistipp: Bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen einen auf behördliche Anordnung mit Prüfaufgaben betrauten Sachverständigen ist frühzeitig zu klären, auf welchen Vorschriften die Tätigkeit des Sachverständige beruhte und welcher Aufgabe sie diente.

Reaktion auf einen Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 ZPO
Beschluss vom 10. März 2016 – VII ZR 47/13
Beschluss vom 17. März 2016 – IX ZR 211/14

Mit zwei Aspekten der viel kritisierten Möglichkeit, eine Berufung nach vorherigem Hinweis durch Beschluss als unbegründet zurückzuweisen, befassen sich der VII. und der IX. Zivilsenat.

Im ersten Fall hatte das Berufungsgericht in seinem nach § 522 Abs. 2 ZPO erteilten Hinweis unter anderem ausgeführt, der geltend gemachte Feststellungsantrag – der auf eine Anregung des Landgerichts hin gestellt, von diesem aber als unbegründet angesehen worden war—sei unzulässig. Der Kläger reagierte auf diesen Hinweis mit einem hilfsweise gestellten Zahlungsantrag. Das Berufungsgericht lehnte es ab, über den Hilfsantrag mündlich zu verhandeln, und wies die Berufung durch Beschluss zurück.

Im zweiten Fall hatte das Berufungsgericht in seinem Hinweisbeschluss unter anderem ausgeführt, eine von zwei Steuerberatern erteilte Auskunft, auf die der Kläger sein Begehren stützte, sei lediglich als unverbindliche Prognose anzusehen. Der Kläger hatte hierauf nicht reagiert. Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde gegen den daraufhin ergangenen Zurückweisungsbeschluss machte er geltend, das Berufungsgericht habe seinen unter Beweis gestellten Vortrag übergangen, wonach die Steuerberater eine verbindliche Zusicherung gegeben hätten.

Im ersten Fall hebt der BGH den angefochtenen Beschluss auf; im zweiten weist er die Nichtzulassungsbeschwerde zurück. Beide Senate stützen sich dabei auf den Grundsatz, dass das Berufungsgericht dem Berufungskläger Gelegenheit geben muss, auf den nach § 522 Abs. 2 ZPO zu erteilenden Hinweis zu reagieren. Im ersten Fall beurteilte der BGH den vom Kläger gestellten Hilfsantrag als angemessene Reaktion auf den erteilten Hinweis, weil das Berufungsgericht erstmals Zweifel an der Zulässigkeit des Feststellungsantrags geäußert hatte, während die Vorinstanz diesen Antrag sogar angeregt hatte. Das Berufungsgericht hätte deshalb über den Hilfsantrag mündlich verhandeln müssen. Im zweiten Fall war für den Kläger schon aus dem Hinweisbeschluss ersichtlich, dass das Berufungsgericht die Äußerungen der Steuerberater anders bewertete als der Kläger. Deshalb hätte der Kläger schon innerhalb der ihm eingeräumten Frist zur Stellungnahme auf seinen abweichenden Vortrag und die Beweisangebote hierzu aufmerksam machen müssen. Wenn er diese Gelegenheit nicht wahrnimmt, ist es ihm verwehrt, die Nichtberücksichtigung dieses Vortrags mit der Nichtzulassungsbeschwerde als Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG zu rügen.

Praxistipp: Wenn das Berufungsgericht die Zurückweisung der Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ankündigt, muss der Berufungskläger die erteilten Hinweise sorgfältig auswerten und innerhalb der gesetzten Frist umfassend darauf reagieren.