Der Ausschluss extremistischer Gesellschafter aus GmbH und Personengesellschaften

I. Kann ich einen Vertrag mit einem Extremisten kündigen?

Vieles spricht dafür, dass diese – hier etwas platt formulierte – Fragestellung künftig die Gerichte beschäftigen wird. Während das Öffentliche Recht sich bereits seit geraumer Zeit mit Extremismus als Rechtsproblem befasst, steht der privatrechtliche Diskurs noch am Anfang. Eine Ausnahme bildet das Arbeitsrecht, doch auch hier betrafen einschlägige Gerichtsentscheidungen in der Regel Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst (vgl. etwa ArbG Köln, Urt. v. 03.07.2024 – 17 Ca 543/24, juris). Für Vertragsverhältnisse zwischen Privaten ist bisher weitgehend ungeklärt, ob und inwieweit extremistische Einstellungen und Verhaltensweisen eines Vertragsteils zum Anlass für die Beendigung der Vertragsbeziehung genommen werden können. Die Frage stellt sich im Ausgangspunkt für jede Art von Verträgen, dürfte sich aber nicht pauschal beantworten lassen. Zu unterschiedlich sind die Interessenlagen und Abwägungsgesichtspunkte in den verschiedenen Vertragskonstellationen. So ist etwa die Kündigung eines Mieters etwas anderes als die Beendigung der Zusammenarbeit mit einem Handwerker oder der Ausschluss eines Gesellschafters aus einer OHG oder GmbH.

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§ 64 GmbHG und D&O-Versicherung – Endlich Rechtsklarheit!

Nach gut zwei Jahren ist der Spuk vorbei und endlich Rechtsklarheit eingetreten: Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 18.11.2020 – IV ZR 217/19 entschieden, dass der bislang noch in § 64 Satz 1 GmbHG geregelte Anspruch der Gesellschaft gegen die Geschäftsführer auf Ersatz von Zahlungen, die nach Insolvenzreife geleistet werden, ein gesetzlicher Haftpflichtanspruch auf Schadensersatz ist und folglich im Regelfall von einer zugunsten der Organe abgeschlossenen D&O-Versicherung erfasst ist.

In der Literatur hatte sich zuvor insbesondere im Anschluss an ein erstes Urteil des OLG Düsseldorf aus dem Jahr 2018 (OLG Düsseldorf v. 20.7.2018 – 4 U 93/16, ZIP 2018, 1542, juris-Rz. 79 ff.) eine lebhafte Diskussion zu der Frage entwickelt, ob Ansprüche aus § 64 Satz 1 GmbHG von einer D&O-Versicherung gedeckt sind, die in der Praxis oftmals von der Gesellschaft zugunsten ihres Geschäftsführers abgeschlossen wird (dazu Bitter, in Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2021, § 64 Rz. 216 ff. m.w.N.). Diese Diskussion hatte das OLG Düsseldorf in einem zweiten bestätigenden Urteil aus dem Jahr 2020 gänzlich ausgeblendet und mit dürren Worten an seiner 2018 eingeschlagenen Linie festgehalten (OLG Düsseldorf v. 26.6.2020 – 4 U 134/18, GmbHR 2020, 1078, 1084 f., juris-Rz. 101 ff.); nicht einmal hatte es dabei die Revision zugelassen, weil nicht von einer obergerichtlichen Rechtsprechung abgewichen werde (juris-Rz. 153).

Dem tritt der Versicherungssenat des BGH nun erfreulich klar entgegen und würdigt dabei eingehend die vom OLG Düsseldorf ausgeblendete Diskussion in der Literatur, welche die Linie des OLG Düsseldorf mehrheitlich kritisiert hatte (vgl. die Nachweise bei Bitter, in Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2021, § 64 Rz. 216 ff.). Die Gelegenheit dazu bot ihm eine Revision gegen den Beschluss des OLG Frankfurt v. 7.8.2019 – 3 U 6/19, welcher sich zuvor dem OLG Düsseldorf angeschlossen hatte (vgl. tendenziell auch OLG München v. 4.3.2019 – 25 U 3606/17 [unveröffentlicht]; sehr knapp zuvor schon OLG Celle v. 1.4.2016 – 8 W 20/16, juris-Rz. 38).

1. Auslegung des Versicherungsvertrags orientiert am Interesse des Geschäftsführers

Im Kern geht es um eine Auslegung der konkreten Vertragsbedingungen für die jeweils zugunsten der Geschäftsführer abgeschlossene D&O-Versicherung (vgl. zum Folgenden bereits Bitter, in Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2021, § 64 Rz. 217 ff.): Enthalten die Versicherungsbedingungen eine hinreichend klare Regelung, wie es teilweise seit dem ersten Urteil des OLG Düsseldorf in der Praxis festzustellen ist, ergeben sich die jetzt vom BGH und zuvor von den Oberlandesgerichten thematisierten Auslegungsfragen nicht.

Das OLG Düsseldorf meinte für die von ihm beurteilten, auf „Schadensersatz“ abstellenden Versicherungsverträge eine Deckung insbesondere deshalb verneinen zu müssen, weil § 64 GmbHG kein gesetzlicher Haftpflichtanspruch sei, der auf Schadensersatz gerichtet ist (OLG Düsseldorf v. 20.7.2018 – 4 U 93/16, ZIP 2018, 1542, 1545, juris-Rz. 82 ff.; bestätigend OLG Düsseldorf v. 26.6.2020 – 4 U 134/18, GmbHR 2020, 1078, 1084, juris-Rz. 105 ff.; zustimmend Jaschinski/Wentz, GmbHR 2018, 1289 ff.). Das Gericht knüpfte dabei an die von der h.M. vertretene Einordnung des § 64 Satz 1 GmbHG als „Ersatzanspruch eigener Art“ an (dazu Bitter, in Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2021, § 64 Rz. 24 ff.). Es betonte, dass die Norm keinen Schaden der Gesellschaft voraussetze. Schutzzweck der Norm sei der Erhalt der Insolvenzmasse im Interesse der Gläubigergesamtheit.

Diese Argumentation überzeugt jedoch schon deshalb nicht, weil der einer juristischen Person zugeordnete Anspruch mangels eigener Interessen jenes fiktiven Gebildes immer im Drittinteresse liegt, bei § 43 GmbHG etwa überwiegend im Interesse der Gesellschafter (Abs. 1 und 2), aber auch im Interesse der Gläubiger (Abs. 3; dazu Bitter, in Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2021, § 64 Rz. 30 f.). Niemand hat aber aus diesem Grund jemals einen Anspruch aus § 43 GmbHG von der Deckung ausgenommen.

Mit Recht weist der Versicherungssenat des BGH nun darauf hin, dass einem Geschäftsführer die dogmatischen Feinheiten des § 64 GmbHG nicht bekannt sind, insbesondere nicht die Diskussion, ob jene Haftungsnorm auf Schadensersatz i.e.S. gerichtet ist oder es sich um einen Ersatzanspruch eigener Art handelt, welcher im Interesse der Gläubigergesamtheit eine Masseschmälerung ausgleicht, welche durch die Betriebsfortführung im Zustand der Insolvenzreife entsteht (BGH v. 18.11.2020 – IV ZR 217/19, Rz. 17 ff.; ebenso zuvor schon Bitter, in Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2021, § 64 Rz. 220 m.w.N.). Bei seiner gegenteiligen, Deckungslücken zulasten des Geschäftsführers akzeptierenden Argumentation hatte das OLG Düsseldorf insoweit nicht hinreichend beachtet, dass es bei der Versicherung für fremde Rechnung maßgeblich auf das Interesse der durch den Versicherungsvertrag geschützten Person, also den Geschäftsführer ankommt; für diesen ist jedoch nicht bedeutend, ob der Schaden bei „der GmbH“ oder der Gläubigergesamtheit entsteht (vgl. auch Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl. 2019, § 64 Rz. 44; Markgraf/Henrich, NZG 2018, 1290, 1293 f.; Primozic/Nöller, ZInsO 2018, 2509, 2511; ausführlich Armbrüster/Schilbach, ZIP 2018, 1853, 1855 ff.: Passivenversicherung; Gläubigerschutz als Reflex). Vielmehr kann nach dem Verständnis des Geschäftsführers einer der wichtigsten Haftungsfälle nicht von der D&O-Versicherung ausgenommen sein (Schwencke/Röper, ZInsO 2018, 1937, 1940; Wilhelm, ZInsO 2019, 768, 769).

2. Inanspruchnahme des Versicherers durch die Insolvenzverwalter

Über den Freistellungsanspruch des Geschäftsführers gegen den Versicherer, welcher an die GmbH abgetreten werden kann und sich dann in einen Zahlungsanspruch umwandelt, macht der Insolvenzverwalter die Versicherungssumme für die Gläubigergesamtheit nutzbar (dazu Bitter, in Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2021, § 64 Rz. 221). Dabei hat der Insolvenzverwalter allein im Interesse der Insolvenzschuldnerin und ihrer Gläubiger zu entscheiden, ob der Fortbestand oder die Kündigung des Versicherungsvertrags sinnvoller erscheint. Nicht hingegen ist er nach der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des BGH dem Geschäftsführer gegenüber verpflichtet, eine zu dessen Gunsten abgeschlossene Haftpflichtversicherung aufrechtzuerhalten, um ihn aus einer Inanspruchnahme wegen verbotener Zahlungen freizustellen (BGH, Beschl. v. 14.4.2016 – IX ZR 161/15, ZIP 2016, 1126; zust. OLG Köln v. 16.3.2017 – 18 U 226/13, juris-Rz. 508).

3. Beachtlichkeit von Eigenschadenklauseln

Zu beachten sind sog. Eigenschadenklauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen, nach denen der Deckungsschutz für die Innenhaftung anteilig in dem Umfang entfällt, in dem der Geschäftsführer zugleich an der GmbH beteiligt ist (vgl. zum Folgenden bereits Bitter, in Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2021, § 64 Rz. 223). Meist ist für das Eingreifen solcher Klauseln vorgesehen, dass eine gewisse Mindestbeteiligung erforderlich ist (z.B. 25 %). Diese – inzwischen weniger gebräuchlichen – Klauseln sollen den Eigenschaden des Gesellschafter-Geschäftsführers von der Deckung ausnehmen, da dies nicht zum Zweck einer Haftpflichtversicherung passe. Allerdings wird die Versicherungsleistung insgesamt anteilig gekürzt und nicht spezifisch auf etwaige Rückflüsse der Versicherungsleistung an den Gesellschafter-Geschäftsführer abgestellt. Auf eine solche Eigenschadenklausel stützte das OLG Düsseldorf die Klageabweisung hilfsweise in seinem zweiten Urteil aus dem Jahr 2020 (OLG Düsseldorf v. 26.6.2020 – 4 U 134/18, GmbHR 2020, 1078, 1085 ff., juris-Rz. 117 ff.). Allerdings thematisierte das Gericht dabei mit keinem Wort die Frage, ob der genannte Regelungszweck derartiger Klauseln überhaupt auf die Konstellation des § 64 Satz 1 GmbHG passt, in der Rückflüsse an die Gesellschafter in aller Regel ohnehin nicht erfolgen. Wendet man die Eigenschadenklausel – wie es das OLG Düsseldorf tat – auch auf Ansprüche aus § 64 GmbHG an, bleibt letztlich für die D&O-Versicherung eines Alleingesellschafter-Geschäftsführers, abgesehen von den in diesem Bereich eher seltenen Dritthaftungsansprüchen (vgl. zur Deliktshaftung des Geschäftsführers gegenüber Dritten Bitter, in Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2021, § 64 Rz. 383 ff.), nahezu kein Anwendungsbereich mehr (C. Schneider, GmbHR 2020, 1078, 1088 f.). Die D&O-Versicherung ist nämlich in der typischen Einpersonen-GmbH, in welcher der Alleingesellschafter auch Geschäftsführer ist, auch für die klassische Organhaftung aus § 43 GmbHG in der Regel irrelevant, da insoweit stets ein haftungsausschließendes Einverständnis des Gesellschafters, der ja zugleich Geschäftsführer ist, vorliegt und damit schon der Haftungstatbestand entfällt (vgl. Bitter, in Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2021, § 64 Rz. 30; die diesbezügliche BGH-Rechtsprechung zusammenfassend BGH v. 17.10.2017 – KZR 24/15, ZIP 2017, 2295, 2296, Rz. 25 – „ConsulTrust“).

4. Problemfall: wissentliche Pflichtverletzung

Weiter zu beachten gilt es, dass eine wissentliche Pflichtverletzung des Geschäftsführers die Einstandspflicht des Versicherers nach den üblichen Regelwerken der D&O-Versicherung ausschließt (dazu Primozic/Nöller, ZInsO 2018, 2509, 2510). Der Insolvenzverwalter kann deshalb mit seiner Klage aus § 64 Satz 1 GmbHG gegen den D&O-Versicherer nur Erfolg haben, wenn der Geschäftsführer die Insolvenzreife fahrlässig verkannt hat, nicht aber, wenn ihm die Insolvenzreife bewusst war und er gleichwohl die Geschäfte fortgeführt hat. Der Prozessvortrag des Insolvenzverwalters ist insoweit immer eine Gratwanderung (vgl. bereits Bitter, in Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2021, § 64 Rz. 224). Zur Prüfung dieser Frage hat der BGH die Sache an das OLG Frankfurt zurückverwiesen.

Die Grundsätze guter Unternehmens- und aktiver Beteiligungsführung im Bereich des Bundes

Lesenswert für alle Mandatsträger und Einladung zur Selbstreflektion an die Adresse der Regierungskommission Deutsche Corporate Governance Kodex

Die Bundesregierung hat am 16.9.2020 die Neufassung der Grundsätze guter Unternehmens- und aktiver Beteiligungsführung im Bereich des Bundes 2020 beschlossen. Diese lösen mit Bekanntmachung durch das Bundesministerium der Finanzen vom selben Tag (VIIII B 1 – FB 0203/20/100002:003) die Grundsätze guter Unternehmens- und Beteiligungsführung im Bereich des Bundes vom 1. Juli 2009 (GMBl. 2011, 409 ff.) ab.

War der „alte“ Public Corporate Governance Kodex des Jahres 2009 nur ein schwacher Aufguss des damaligen Deutschen Corporate Governance haben sich nun 2020 die Vorzeichen verkehrt. Während sich die Regierungskommission bei ihrem „großen“ Neuaufschlag 2018/20 vorrangig in kleinteiligen Versuchen verzettelte, Corporate Germany eine bestimmte Vorstellung der Vorstandsvergütung aufzuzwingen und damit lediglich breitflächige Proteste auf Seiten vieler Unternehmen auslöste (unverändert nachlesbar https://www.dcgk.de/de/konsultationen/archiv/konsultation-2018/19.html), schreitet die Bundesregierung richtungsweisend nach vorn.

Während die Europäische Union noch de lege ferenda fragt, ob die Unternehmensleitung  bei ihren Entscheidungen neben den finanziellen Interessen der Gesellschafter auch Faktoren wie Menschenrechtsverletzungen, Umweltverschmutzung oder den Klimawandel berücksichtigen sollte (https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/business_economy_euro/banking_and_finance/documents/2020-sustainable-finance-strategy-consultation-document_en.pdf, question 46) und Studien über „directors duties and sustainable corporate governance“ in Auftrag gibt bzw. „Sustainablitiy, duty of care and due diligence“ auf die Agenda der ICLEG setzt (vgl. Jessica Schmidt, BB 2020, 1794, 1799), formuliert die Bundesregierung bereits eine klare Antwort und setzt erste Standards:

Der gesamte Abschnitt 5.5 des Public Corporate Governance Kodex 2020 handelt nämlich von nichts anderem als „nachhaltiger Unternehmensführung“. Das bemerkenswerte daran ist, dass es die Bundesregierung nicht bei einer Auflistung plakativer Schlagworte belässt, sondern weit über ein Dutzend Einzelempfehlungen ausspricht und konkrete Verpflichtungen für die Geschäftsführung formuliert.

Sie im Einzelnen nachzuzeichnen würde hier den Rahmen dieses Blogs sprengen; die Überlegungen der Bundesregierung sind aber (nicht nur insoweit) gewiss lesenswert für alle Mandatsträger in Vorstand und Aufsichtsrat, aber auch eine Einladung zur Selbstreflektion an die Adresse der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex.

Die Grundsätze guter Unternehmens- und aktiver Beteiligungsführung im Bereich des Bundes sind im Einzelnen nachlesbar unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Bundesvermoegen/Privatisierungs_und_Beteiligungspolitik/Beteiligungspolitik/grundsaetze-guter-unternehmens-und-aktiver-beteiligungsfuehrung.html.

OLG Düsseldorf zur Deckung von Ansprüchen nach § 64 GmbHG unter einer D&O-Versicherung und Eigenschadenklauseln

1. Mit Urteil vom 26.6.2020 – 4 U 134/18 hat das OLG Düsseldorf seine Rechtsprechung bestätigt, wonach Ansprüche gegen den Geschäftsführer einer GmbH aus § 64 GmbHG nicht vom Schutzbereich einer D&O-Versicherung umfasst sind, wenn diese den Geschäftsführern Deckung nur für Schadenersatzansprüche gewährt. Ansprüche gegen den Geschäftsführer der GmbH wegen verbotener Zahlungen nach Insolvenzreife gem. § 64 GmbHG werden vom BGH in ständiger Rechtsprechung als „Ersatzansprüche eigener Art“ qualifiziert, also nicht als solche Schadenersatzansprüche. Maßgeblich für die Reichweite der Deckung ist freilich nicht allein die rechtsdogmatische Qualifikation von Ansprüchen aus § 64 GmbHG, sondern die Auslegung der Versicherungsbedingungen. Bis zu einer Klärung durch den BGH werden insoweit Unsicherheiten verbleiben. Für die von den Insolvenzverwaltern oft auf dürftiger Sachverhaltsgrundlage erhobenen Ansprüche nach § 64 GmbHG, die letztlich allein auf Leistungen aus der D&O-Versicherung des Unternehmens zielen, ist das neuerliche Urteil des OLG Düsseldorf ein weiterer Dämpfer.

2. Das OLG Düsseldorf begründet seine Entscheidung ergänzend mit dem Eingreifen der in den streitgegenständlichen AVB vereinbarten Eigenschadenklausel. Diese rechtfertige die Klageabweisung gleichermaßen und ungeachtet der Auslegungsfragen zur Deckung für Ansprüche wegen Zahlungen nach Insolvenzreife.

Solche Eigenschadenklauseln sehen vor, dass Versicherungsschutz anteilig in dem Umfang entfällt, wie der Geschäftsführer zugleich an der GmbH beteiligt ist. Dahinter steht der Gedanke, dass eine Zahlung durch den D&O-Versicherer nicht erfolgen soll, soweit sie dem seine Pflichten verletzenden Organ zu Gute kommen würde. Ist eine solche Klausel vereinbart, wird die Ersatzzahlung des Versicherers entsprechend der Kapitalbeteiligung des in Anspruch genommenen Organs gekürzt.

Dem OLG Düsseldorf ist zunächst zuzustimmen, dass die im konkreten Fall vereinbarte Klausel weder unter Transparenzgesichtspunkten angreifbar erscheint noch zu einer Aushöhlung des Versicherungsschutzes führt.

Die im konkreten Fall maßgebliche Eigenschadenklausel sollte nur bei Innenhaftungsansprüchen eingreifen, da sie auf die Beteiligung des Geschäftsführers „an der Gesellschaft, die Ansprüche geltend macht“, abstellte. Das OLG Düsseldorf geht davon aus, die Eigenschadenklausel gelte auch für Ansprüche des Insolvenzverwalters, namentlich solche aus § 64 GmbHG.

Das überzeugt nicht.

Nach h.M. ist der Insolvenzverwalter gerade kein Vertreter der Gemeinschuldnerin (Versicherungsnehmerin), sondern ein im eigenen Namen handelnder Amtsträger, der pflichtgebunden fremdnützig tätig wird. Er ist kein Organ der Gesellschaft, sondern vorrangig den Gläubigerinteressen verpflichtet. Schon vor dem Hintergrund dieser insolvenzrechtlichen Aspekte erscheint die Einordnung von Ansprüchen aus § 64 GmbHG als „Ansprüche der Gesellschaft“ im Sinne der o.g. Eigenschadenklausel zweifelhaft.

Das gilt erst recht, vergegenwärtigt man sich die Stoßrichtung der Eigenschadenklausel. Sie soll – wie erwähnt – vor allem verhindern, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer für seine eigenen Pflichtverletzungen entschädigt wird und missbräuchliche Inanspruchnahmen verhindern. Bei Insolvenzsachverhalten bzw. Ansprüchen aus § 64 GmbHG wird dies nicht relevant: Zum einen betreiben die Gesellschafter nicht die Inanspruchnahme des Geschäftsführers und zum anderen kommen Zahlungen an die Gesellschafter bei der Verteilung der Insolvenzmasse praktisch nicht vor.

Dr. Christian Schneider, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht, DLA Piper UK LLP, Köln

Fahrfehler beim „Feuern“ von Vorständen und Geschäftsführern

Geht es um die Trennung von der Führungsebene, wird man in der Praxis gerne diskret und begeht damit einen in den Augen der Rechtsprechung tödlichen Fahrfehler. Statt Ross und Reiter in der Einberufung der Sitzung des Aufsichtsrates (bei der Trennung von Vorständen) bzw. der Gesellschafterversammlung (bei der Trennung von Geschäftsführern) zu benennen, wird der beabsichtigte Widerruf der Bestellung und die Kündigung des Anstellungsvertrages gerne unter Tagesordnungspunkten wie „Vorstandsangelegenheiten“ oder „Verschiedenes“ verborgen. Jedoch kann nur bei ordnungsgemäßer Einberufung wirksam über eine Abberufung bzw. Kündigung beschlossen werden (sofern auf die Beachtung der Formalien nicht wirksam verzichtet wurde). Das hier unverändert bis heute Fehler begangen werden, überrascht, hat der Bundesgerichtshof sich doch hier zunächst für GmbH-Geschäftsführer mit Urteil vom 30.11.1961 – II ZR 136/60 = NJW 1962, 393 f.) und dann für Vorstände (Urteil vom 29.05.2000 – II ZR 47/99 = MDR 2000, 1141) klar positioniert. Gerade die letztgenannte Entscheidung zeigt, dass Aufsichtsräte bzw. Gesellschafter und deren Berater hier allen Anlass zur Sorgfalt haben. Denn in jener Entscheidung war es just der abberufene Vorstand, der den Mangel erfolgreich rügte.

Nicht erforderlich ist hingegen, dass mit der Tagesordnung auch bereits der wichtige Grund genannt wird, der Abberufung bzw. Widerruf bzw. Kündigung tragen soll. Dies wurde jüngst nochmals durch das OLG Wien mit Urteil vom 30. Januar 2017 – 5 R 190/16x = GES 2017/4, 202 mit Anmerkung von Lukas Fantur, S. 205 ff.) ausdrücklich bestätigt. Aber auch der Bundesgerichtshof hatte dies in der vorgenannten Entscheidung bereits in einem Halbsatz klargestellt.