BGH: Rückfestsetzung von außergerichtlichen Kosten

Die Klägerin des hiesigen Verfahrens (BGH, Beschl. v. 6.6.2024 – V ZB 67/23) leitete vorab zunächst gegen drei Antragsgegner ein selbständiges Beweisverfahren ein. Eine der Antragsgegnerinnen, die spätere Streithelferin der Beklagten des hiesigen Hauptprozesses, stellte einen Kostenantrag nach § 494a Abs. 2 S. 1 ZPO. Es erging ein Kostenbeschluss zu Gunsten der späteren Streithelferin. Die Kosten wurden antragsgemäß festgesetzt und von der Klägerin auch bezahlt.

Später erhob die Klägerin die hier relevante Klage gegen die beiden anderen Antragsgegnerinnen. Die frühere Antragsgegnerin nahm dies zum Anlass, den verbliebenen beiden Beklagten als Streithelferin beizutreten. Das LG entschied den Prozess, der mit einer Kostenentscheidung von 55 % zu 45 % (einschließlich der Kosten der Streithelferin) abschloss. Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens beantragte die Klägerin, 45 % der von ihr an die Streithelferin der Beklagten gezahlten Kosten des selbständigen Beweisverfahrens gemäß § 91 Abs. 4 ZPO als im Verlauf des Rechtsstreites bereits gezahlte Kosten rückfestsetzen zu lassen. Das LG hatte dies abgelehnt, das OLG dem zugestimmt. Die zugelassene Rechtsbeschwerde führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des LG.

Die Kostengrundentscheidung in dem folgenden Urteil lässt die Kostenentscheidung im vorangegangenen selbständigen Beweisverfahren vorliegend gerade nicht entfallen. Notwendig dafür ist eine Identität der Parteien. Daran fehlt es. Der Umstand, dass die ehemalige Antragsgegnerin des selbständigen Beweisverfahrens Streithelferin der Beklagten des Prozesses war, reicht dafür nicht. Ein Streithelfer ist gerade nicht Partei. Für den umgekehrten Fall (Streithelfer des selbständigen Beweisverfahrens wird Partei des Hauptprozesses) hat der BGH dies bereits entschieden. Anderenfalls bestünde auch die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen. Zwar wurde das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens hier im Prozess tatsächlich verwertet. Dies allein reicht jedoch gleichfalls nicht aus.

Es bleibt somit bei der Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren. Eine teilweise Rückfestsetzung der von der Klägerin bereits erstatteten Kosten der Streithelferin im selbständigen Beweisverfahren findet nicht statt.

Blog powered by Zöller: Ein geplanter § 102 ZPO und neue Fragen

Der Referentenentwurf des Gesetzes zur Änderung des Zuständigkeitswerts der Amtsgerichte, zum Ausbau der Spezialisierung der Justiz in Zivilsachen sowie zur Änderung weiterer prozessualer Regelungen füllt unter anderem eine Leerstelle in der ZPO. § 102 ZPO soll einen Text bekommen.

Hintergrund ist eine seit langem bekannte Frage: die Abstimmung von Streitwert und Kostenentscheidung (siehe Zöller, ZPO, 35. Auflage, § 91 ZPO Rn. 13.20; § 319 ZPO Rn. 31): Wenn beide Parteien teils obsiegen/teils unterliegen, werden die Kosten des Rechtsstreits nämlich in aller Regel am Streitwert orientiert gequotelt (§ 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZPO). Wird dann nachträglich der Streitwert geändert, wird die ursprüngliche Quotelung zwangsläufig falsch.

Das kann man mit gutem Grund als ungerecht und korrekturbedürftig ansehen. Der BGH hat aber entschieden, nach geltendem Recht sei das Ergebnis hinzunehmen, indem er eine planwidrige Regelungslücke verneint und deshalb eine Berichtigung analog § 319 ZPO ablehnt (BGH v. 30.7.2008 – II ZB 40/07, MDR 2008, 1292; BGH v. 17.11.2015 – II ZB 20/14, NJW 2016, 1021). Hier schafft § 102 ZPO-E Abhilfe. Wird die Wertfestsetzung geändert, kann das Gericht seine getroffene Kostenentscheidung von Amts wegen ändern (§ 102 Abs. 1 Satz 1 ZPO-E), also dem neuen Wert anpassen. Und ist die Rechtslage dann wieder in sich stimmig?

1. Diese neue Kostenentscheidung ist unanfechtbar (§ 102 Abs. 3 Satz 1 ZPO-E). Das wird im Entwurf (dort Seite 22) damit erklärt, dass die zu ändernde Kostenentscheidung im Zeitpunkt der ursprünglichen Entscheidung des Gerichts ihrerseits nicht isoliert angefochten werden konnte; auf § 99 Abs. 1 ZPO wird dabei hingewiesen. Nun hat § 99 ZPO aber auch einen Absatz 2, der mit seinem Satz 1 den Beschwerdeweg eröffnet.

Beispiel: Der Kläger verlangt zwei Gegenstände heraus; Wert der Sache 1: 2.500 Euro, der Sache 2: 7.500 Euro. Er obsiegt voll; von den Kosten muss der Beklagte 25 % tragen (§ 91 ZPO, betr. Sache 1), der Kläger wegen eines sofortigen Anerkenntnisses des Beklagten 75 % (§ 93 ZPO, betr. Sache 2). Der Kläger kann (die übrigen Voraussetzungen unterstellt) Beschwerde einlegen. – Nun wird der Wert der Sache 2 auf 10.000 Euro erhöht. Die Kostenentscheidung wird angepasst. Der Kläger muss 80 % tragen und eine Beschwerde dagegen ist jetzt nicht mehr möglich. Warum?

2. Die Änderung der Kostenentscheidung hat keine Änderung der übrigen Teile des Urteils oder des Beschlusses zur Folge (§ 102 Abs. 2 Satz 4 ZPO-E). Im Entwurf (dort Seite 22) wird dies als klarstellend bezeichnet.

Auch hier ein Beispiel: Bei einem Streitwert X werden dem Kläger 75 % der Kosten auferlegt. Dem Beklagten sind Kosten in Höhe von 1.600 Euro entstanden, von denen er also 1.200 Euro in die vorläufige Vollstreckung geben kann ohne Sicherheit leisten zu müssen. Der Ausspruch im Urteil folgt aus § 708 Nr. 11 Alt. 2 ZPO, § 711 Satz 1 ZPO. – Nun wird der Streitwert auf X-Plus erhöht und die Kostenlast des Klägers anschließend auf 80 %. Jetzt sind dem Beklagte wegen des höheren Streitwerts Anwaltskosten in Höhe von 2.000 Euro entstanden; vollstrecken kann er davon 1.600 Euro. Für den Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit wäre jetzt § 709 ZPO zuständig, der Beklagte müsste vor der Vollstreckung Sicherheit leisten. Die jetzt nicht mehr einschlägigen §§ 708, 711 ZPO sollen aber weiter gelten. Warum?

Ergebnis: § 102 ZPO-E beantwortet eine Frage, stellt aber (mindestens) zwei neue.

Mehr – auch zum Kostenrecht – im neuen Zöller, 35. Auflage.

BGH: Zuständigkeit für die Kostenentscheidung nach Rücknahme einer nicht statthaften Beschwerde

Der BGH  hat sich mit der Zuständigkeit für eine Kostenentscheidung in einer besonderen Fallkonstellation befasst. Seiner Entscheidung (Beschl. v. 15.03.2022 –  X ZR 16/22) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger gewann vor dem AG einen Prozess gegen die Beklagte. Der Streitwert betrug 883 Euro. Auf die Berufung der Beklagten änderte das LG jedoch das Urteil ab. Die Klage wurde abgewiesen. Der Kläger legte bei dem Berufungsgericht nach dem Erlass des Urteils Beschwerde ein, und zwar mit dem Antrag, die Revision zuzulassen. Das Gericht wies darauf hin, dass ein solcher Antrag nicht möglich sei. Daraufhin nahm der Kläger den Antrag wieder zurück. Die Beklagte beantragte sodann, dem Kläger die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Das LG war der Auffassung, dafür sei der BGH zuständig und legte die Akten dort vor.

Der BGH gab die Angelegenheit dem LG zurück, um die Kostenentscheidung in eigener Zuständigkeit zu treffen. Eine ausdrückliche Regelung für eine Kostenentscheidung in einer derartigen Fallkonstellation existiert zwar nicht, nach ständiger Rechtsprechung ist aber die Vorschrift des § 516 Abs. 3 ZPO (wonach derjenige, der die Berufung zurücknimmt, die Kosten zu tragen hat) auf praktisch alle Rechtsmittelrücknahmen anzuwenden.

Damit war allerdings noch nicht die Frage beantwortet, welches Gericht für die in einem solchen Fall sogar von Amts wegen zu treffende Kostenentscheidung zuständig ist. Der BGH begnügt sich insoweit damit, auf eine recht alte Entscheidung (Beschl. v. 18.6.1953 – IV ZB 51/53) zu verweisen. Darin wurde ausgesprochen, dass das Gericht, bei dem die unzulässige Beschwerde eingelegt wurde, jedenfalls dann für die Kostenentscheidung zuständig ist, wenn das Rechtsmittel zurückgenommen wird, bevor die Sache überhaupt an den BGH abgegeben wurde. Genauso lagen die Dinge hier.

Hier waren dem Rechtsanwalt des Klägers doch einige Missverständnisse unterlaufen: Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre nicht bei dem LG, sondern bei dem BGH einzulegen gewesen (§ 544 Abs. 3 ZPO). Sie wäre aber auch dort offensichtlich unzulässig gewesen, da das LG nicht die Berufung verworfen, sondern in der Sache entschieden hat und – angesichts des Streitwertes – die Beschwer des Klägers 20.000 Euro nicht überstieg (§ 544 Abs. 2 ZPO). Schließlich hätte mit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde natürlich auch ein bei dem BGH zugelassener Rechtsanwalt beauftragt werden müssen (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO).

Fazit: Die Entscheidung ist sachgerecht und erspart eine unnötige Aktenversendung, zumal der Inhalt der zu treffenden Entscheidung ohnehin vom Gesetz vorgegeben ist.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Kostenentscheidung im Falle eines Anerkenntnisurteils.

Keine Schlüssigkeitsprüfung nach Anerkenntnis
Beschluss vom 16. Januar 2020 – V ZB 93/18

Mit den Voraussetzungen des § 93 ZPO befasst sich der V. Zivilsenat.

Der Kläger ist seit 1994 alleiniger Erbe eines landwirtschaftlichen Hofs. Rund zwanzig Jahre nach dem Erbfall verlangte er vom Beklagten, der als Testamentsvollstrecker bestellt ist, außergerichtlich die Freigabe einiger zum Hof gehörender Grundstücke. Der Beklagte reagierte darauf nicht. Nach Klageerhebung zeigte der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft an und behielt sich ein Anerkenntnis vor. Eine Klageerwiderung reichte er nicht ein. Im Termin zur mündlichen Verhandlung erkannte er den Klageanspruch unter Verwahrung gegen die Kostenlast an. Das LG erließ Anerkenntnisurteil und legte die Kosten dem Beklagten auf. Die gegen die Kostenentscheidung gerichtete Beschwerde blieb erfolglos.

Die Rechtsbeschwerde des Beklagten bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

Der Beklagte hat Veranlassung zur Klage gegeben, weil er auf die außergerichtliche Aufforderung nicht reagiert hat. Als Testamentsvollstrecker war er gehalten, auf das Verlange des Erben zu reagieren und zu erklären, weshalb er die Freigabe verweigert. Der Beklagte hat den Anspruch auch nicht sofort anerkannt, weil er das Anerkenntnis nicht innerhalb der Frist zur Klageerwiderung abgegeben hat.

Ob die Klage schlüssig und begründet war, ist unerheblich. Ein nach Ablauf der Klageerwiderungsfrist abgegebenes Anerkenntnis ist nach der Rechtsprechung des BGH allerdings als rechtzeitig anzusehen, wenn die Klage zunächst nicht schlüssig war, der Kläger später nachbessert und der Beklagte den Anspruch daraufhin sofort anerkennt. Diese Grundsätze gelten indes nicht, wenn sich das Klagevorbringen im Zeitraum zwischen Klageerhebung und Anerkenntnis nicht ändert.

Praxistipp: Die Anzeige der Verteidigungsbereitschaft im schriftlichen Vorverfahren steht einem sofortigen Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO grundsätzlich nicht entgegen. Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Beklagte schon in diesem Stadium einen Antrag auf Klageabweisung ankündigt oder dem Klagebegehren in sonstiger Weise inhaltlich entgegentritt.

Keine Gebührenermäßigung für Vergleich bei gerichtlich vorbehaltener Kostenentscheidung

Die Beklagten schlossen in der Berufungsinstanz einen Vergleich, konnten sich aber offenbar über die Kostenverteilung nicht einig werden. Sie überließen daher die Kostenentscheidung dem Gericht, verzichteten aber auf eine Begründung der zu treffenden Entscheidung. Das Gericht erließ demgemäß einen entsprechenden Kostenbeschluss.

Nach Abschluss der Instanz wurden vom Kostenbeamten alle vorgesehenen Gebühren (in der Berufungsinstanz vier) in Rechnung gestellt. Der Kostenschuldner wollte aber nur zwei Gebühren zahlen. Bekanntlich ermäßigen sich die vier Gebühren auf zwei wenn ein Vergleich geschlossen wird, der allerdings das gesamte Verfahren erledigen muss. Dies war hier nicht der Fall, da die Kostenregelung offen blieb. Gemäß Nr. 1223 KV GKG fallen allerdings nur drei Gebühren an, wenn das gesamte Verfahren durch ein Urteil beendet wird, das wegen eines Verzichtes der Parteien nach § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO keine schriftliche Begründung enthält. Die Voraussetzungen des Wortlautes dieser Vorschrift waren hier ersichtlich nicht erfüllt, da kein Urteil, sondern ein Beschluss ergangen war. Der enttäuschte Kostenschuldner warf aber im Erinnerungsverfahren nach § 66 GKG die Frage auf, ob nicht eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf den vorliegenden Sachverhalt geboten sei.

Das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 16.8.2016 – I-10 W 229/16) greift diese Frage auf, verneint sie aber. Es fehlt an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Im Gesetzgebungsverfahren wurden verschiedene Fallkonstellationen von Gebührenermäßigungen erörtert. Alsdann wurde ausdrücklich von einer Ermäßigung nur ausgegangen, wenn das gesamte Verfahren durch den Ermäßigungstatbestand erledigt wird. In der hier vorliegenden Konstellation war das gesamte Verfahren gerade nicht durch den Vergleich erledigt worden. Für derartige Fälle wollte der Gesetzgeber eben keine Ermäßigung anerkennen.

Das OLG Celle (Beschl. v. 19.4.2011 – 2 W 89/11) hatte dies übrigens noch anders gesehen und eine analoge Anwendung befürwortet! Dem OLG Düsseldorf war vor kurzer Zeit das OLG Braunschweig gefolgt (Beschl. v. 2.6.2015 – 2 W 19/15). Interessant ist, dass das OLG Düsseldorf beide Entscheidungen gar nicht erwähnt.

Praxistipp: Damit bleibt hier die Erinnerung des Kostenschuldners erfolglos. Wer auf eine Gebührenermäßigung wert legt, sollte daher auf eine Gesamterledigung des Verfahrens durch einen Vergleich oder ein Urteil nach § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO achten und sich damit erst gar nicht auf diese Kontroverse einlassen.

Erwähnenswert ist noch ein kleiner Nebenaspekt der Entscheidung: Da sich der Kostenschuldner auch noch über in Rechnung gestellte Sachverständigenkosten beschwert hatte, sah sich das OLG Düsseldorf zu folgenden Anmerkungen veranlasst: „Soweit die Einwendungen des Kostenschuldners sich auf die Qualität der Sachverständigenleistung beziehen, hat diese auf die Höhe der zu gewährenden Vergütung keinen Einfluss. Der vom Gericht bestellte Sachverständige handelt nicht im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags. Seine Vergütung bezieht sich nicht auf das Werk des Sachverständigen, sondern auf seine Tätigkeit als Gehilfe des Gerichts, die er in Erfüllung einer staatsbürgerlichen Pflicht erbringt (…). Deshalb sind sachliche Richtigkeit und Überzeugungskraft eines Sachverständigengutachtens kein Maßstab für die Höhe der dem Sachverständigen zu gewährenden Vergütung; es kommt lediglich darauf an, dass diese Leistung überhaupt erbracht wurde, nicht etwa auch darauf, wie das Gericht oder die Parteien das Gutachten inhaltlich beurteilen (…).“ Kann man das schöner sagen?

 

Montagsblog: Neues vom BGH

Reichweite der Kondiktionssperre bei Steuerverkürzung
Urteil vom 14. Dezember 2016 – IV ZR 7/15

Mit der Frage, in welchem Umfang den Parteien eines wegen versuchter Steuerverkürzung nichtigen Vertrags Bereicherungsansprüche zustehen können, befasst sich der IV. Zivilsenat.

Der Kläger hatte im März 2008 zum Zweck der Steuerersparnis Beteiligungen an mehreren vom Beklagten gegründeten Kommanditgesellschaften erworben. Weil der Kläger die aus dem Erwerb resultierenden steuerlichen Vorteile bereits für das Jahr 2007 geltend machen wollte, wurde der Vertrag auf dieses Jahr rückdatiert. In einem ergänzenden, ebenfalls rückdatierten Vertrag wurde vereinbart, dass der Beklagte dem Kläger ein Darlehen in Höhe des Kaufpreises gewähre, das bis Ende März 2008 zurückzuzahlen sei. Nachdem die Kommanditgesellschaften einige Zeit später in Insolvenz gefallen waren, verlangte der Kläger vom Beklagten die Rückzahlung der auf den Darlehensvertrag erbrachten Zahlungen. Seine Klage blieb in den beiden ersten Instanzen im Wesentlichen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Er teilt die Auffassung des OLG, dass die geschlossenen Verträge nach § 134 BGB nichtig sind, weil die Rückdatierung dem gesetzeswidrigen Zweck diente, einen Beteiligungserwerb bereits im Jahr 2007 vorzutäuschen, und der Kläger die Verträge ohne diese Abrede nicht geschlossen hätte. Entgegen der Auffassung des OLG steht dies einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des Vertrags jedoch nicht vollständig entgegen. Gemäß § 817 Satz 2 BGB ist eine Rückforderung zwar ausgeschlossen, wenn der Leistende gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Dieses Rückforderungsverbot bezieht sich aber grundsätzlich nur auf diejenigen Leistungen, die aus den vom Gesetz missbilligten Vorgängen geschuldet sind. Dies wäre im Streitfall nur ein (zusätzliches) Entgelt gerade dafür, dass die Verträge rückdatiert wurden, nicht aber der gesamte als Darlehen ausgewiesene und der Sache nach als Kaufpreis fungierende Betrag. Die weiterreichende Rechtsprechung des VII. Zivilsenats zu Verstößen gegen das Verbot der Schwarzarbeit beruht auf den Besonderheiten des betreffenden Gesetzes und kann nicht ohne weiteres auf andere Gesetzesverstöße übertragen werden.

Praxistipp: Auch wenn § 817 Satz 2 BGB nicht entgegensteht, bleibt ein auf § 134 BGB gestütztes Rückforderungsbegehren ein zweischneidiges Schwert. Zumindest der Steuerschuldner setzt sich mit der Offenlegung des steuerlichen Verstoßes der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung aus.

Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens bei Nichtzahlung des Auslagenvorschusses
Beschluss vom 14. Dezember 2016 – VII ZB 29/16

Der VII. Zivilsenat ergänzt die Rechtsprechung zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen dem Antragsteller die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen sind.

Das AG hatte antragsgemäß die Einholung eines Gutachtens im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens angeordnet. Die Antragstellerin zahlte den festgesetzten Auslagenvorschuss nicht ein. Das AG stellte nach vorheriger Ankündigung fest, dass das Beweisverfahren beendet sei. Ein vom Gegner gestellter Antrag, die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin aufzuerlegen, hatte in der Beschwerdeinstanz Erfolg.

Der BGH weist die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin zurück. Er knüpft an seine Rechtsprechung an, wonach im selbständigen Beweisverfahren ausnahmsweise eine Kostenentscheidung zu ergehen hat, wenn der Antragsteller seinen Antrag zurückgenommen oder für erledigt erklärt hat und ein Hauptsacheverfahren nicht anhängig ist. Dieselbe Rechtsfolge hat in entsprechender Anwendung von § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO auch dann einzutreten, wenn der Antragsteller den angeforderten Auslagenvorschuss trotz Erinnerung nicht einzahlt und eine Beweiserhebung deshalb unterbleibt. Ein solches Verhalten kann zwar nicht ohne weiteres als konkludente Antragsrücknahme angesehen werden. Die Interessenlage ist aber vergleichbar. Ob der Antragsteller finanziell in der Lage war, den Vorschuss zu erbringen, ist hierbei grundsätzlich unerheblich.

Praxistipp: Wenn Zweifel bestehen, ob der Antragsteller einen angeforderten Vorschuss aufbringen kann, sollte schon vor Antragstellung geklärt werden, ob die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorliegen.

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Verjährung bei Ausgleich zwischen Gesamtschuldnern
Urteil vom 8. November 2016 – VI ZR 200/15

Mit einer grundlegenden Frage zur Verjährung des Ausgleichsanspruchs zwischen Gesamtschuldnern befasst sich der VI. Zivilsenat.

Der beklagte Arzt hatte im Jahr 1993 einen Patienten im Gefolge eines Arbeitsunfalls wegen einer Wunde am Unterarm behandelt. Sowohl ihm als auch den mit der Erstbehandlung betrauten Ärzten waren dabei Fehler unterlaufen, die später die Amputation des Unterarms erforderlich machten. Der Geschädigte nahm die erstbehandelnden Ärzte erfolgreich auf Schadensersatz in Anspruch. Deren Haftpflichtversicherung erbrachte unter anderem Ersatzzahlungen an die zuständige Berufsgenossenschaft. Deswegen nahm sie den Beklagten im Jahr 2012 aus übergegangenem Recht auf Gesamtschuldnerausgleich in Anspruch. LG und OLG verurteilten den Beklagten antragsgemäß, soweit es um Leistungen an die Berufsgenossenschaft aus der Zeit ab 1.1.2009 ging. Dagegen wendete sich der Beklagte mit Nichtzulassungsbeschwerde und Revision.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Er bekräftigt seine ständige Rechtsprechung, nach der Gesamtschuldnern im Innenverhältnis ein eigenständiger Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB zusteht, der bereits mit der Bgründung der Gesamtschuld im Außenverhältnis entsteht und der regelmäßigen Verjährung nach § 195 BGB unterliegt. Entgegen der Auffassung des OLG erfasst die Verjährung alle aus dem Haftungsfall resultierenden Schadensfolgen, mit denen bereits beim Auftreten des ersten Schadens gerechnet werden muss. Deshalb ist nicht ausschlaggebend, wann die einzelnen Schadensfolgen eingetreten sind oder wann daraus resultierende Zahlungen an die Berufsgenossenschaft erbracht wurden. Vielmehr beginnt die Verjährung hinsichtlich des gesamten Ausgleichsanspruchs, sobald der ausgleichsberechtigte Gesamtschuldner die den Ausgleichsanspruch begründenden Umstände und die Person des anderen Gesamtschuldners kennt und seinen Ausgleichsanspruch mit Aussicht auf Erfolg im Wege der Feststellungsklage geltend machen kann.

Praxistipp: Wenn die Haftung im Außenverhältnis Gegenstand eines Rechtsstreits ist, muss der in Anspruch genommene Schuldner unter Umständen noch während des Prozesses verjährungshemmende Maßnahmen gegenüber potentiellen Mitschuldnern ergreifen, um bestehende Regressmöglichkeiten nicht zu verlieren.

Fälligkeit der Miete für Wohnraum
Urteil vom 5. Oktober 2016 – VIII ZR 222/15

Mit Fragen, die für fast jeden Wohnraummietvertrag von Bedeutung sind, befasst sich der VIII. Zivilsenat.

Die Klägerin hat an die Beklagten eine Wohnung vermietet. Nach dem Mietvertrag ist die Miete spätestens am dritten Werktag eines Monats im Voraus zu zahlen; für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es auf den Eingang des Geldes an. Die Beklagten zahlten über mehrere Monate hinweg die Miete jeweils am dritten Werktag bei der Deutschen Post AG ein und erteilten gleichzeitig einen Überweisungsauftrag. Die Klägerin machte geltend, das Geld sei ihrem Konto nicht rechtzeitig gutgeschrieben worden, und erklärte deshalb die fristlose Kündigung des Mietvertrags. Ihre Räumungsklage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH weist die Berufung der Klägerin zurück. Er sieht die Formularklausel über die Fälligkeit der Miete als unwirksam an, weil sie dem gesetzlichen Leitbild widerspricht. Nach § 556b Abs. 1 BGB ist die Miete bei monatlicher Zahlung zwar jeweils bis zum dritten Werktag eines Monats im Voraus zu zahlen. Bei Zahlung durch Überweisung ist aber nicht der Eingang auf dem Konto des Vermieters, sondern die Erteilung des Überweisungsauftrags maßgeblich. Die hiervon abweichende Klausel sieht der BGH jedenfalls deshalb als unwirksam an, weil sie bei der kundenfeindlichsten Auslegung dahin verstanden werden kann, dass der Mieter das Risiko einer durch den Zahlungsdienstleister verursachten Verzögerung trägt. Die Frage, ob dem Mieter formularmäßig auferlegt werden darf, die Überweisung so rechtzeitig zu veranlassen, dass bei normalem Verlauf mit einem rechtzeitigen Eingang beim Vermieter gerechnet werden darf, wird in der Entscheidung nicht ausdrücklich beantwortet, dürfte angesichts der vom BGH gewählten Begründung aber eher zu bejahen sein.

Praxistipp: In gewerblichen Mietverträgen darf dem Mieter das Risiko einer durch den Zahlungsdienstleister verursachten Verzögerung auch in Formularverträgen auferlegt werden.

Anfechtung einer Ergänzungsentscheidung über die Kosten
Beschluss vom 16. November 2016 – VII ZR 59/14

Mit einer nicht alltäglichen, aber dennoch interessanten prozessualen Frage befasst sich der VII. Zivilsenat.

Der Antragsteller hatte beantragt, einen rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid auf ihn als neuen Gläubiger umzuschreiben. Das LG wies den Antrag zurück, die Beschwerde des Antragstellers blieb erfolglos. Später beantragte der Schuldner, den Beschluss des LG um eine Kostenentscheidung zu ergänzen. Das LG berichtigte daraufhin den Ausgangsbeschluss gemäß § 319 ZPO dahin, dass der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen habe. Das OLG wies die dagegen eingelegte Beschwerde des Antragstellers mit der Maßgabe zurück, dass die Beschlussergänzung auf § 321 ZPO beruhe, und ließ die Rechtsbeschwerde zu.

Der BGH verwirft die Rechtsbeschwerde als unzulässig. Er knüpft an seine ständige Rechtsprechung an, wonach ein allein gegen eine Kostenentscheidung gerichtetes Rechtsmittel gemäß § 99 Abs. 1 ZPO auch dann unzulässig ist, wenn die Kostenentscheidung im Wege der Urteils- oder Beschlussergänzung gemäß § 321 ZPO ergangen ist. Die Ergänzungsentscheidung kann deshalb nur dann angefochten werden, wenn auch die Ausgangsentscheidung angefochten wurde und das diesbezügliche Verfahren noch anhängig ist. Die zuletzt genannte Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Deshalb ist die Rechtsbeschwerde nicht statthaft. Die vom OLG ausgesprochene Zulassung vermag hieran nichts zu ändern. Ihre Bindungswirkung beschränkt sich auf die Frage, ob ein Zulassungsgrund (grundsätzliche Bedeutung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) vorliegt.

Praxistipp: Um die Anfechtungsmöglichkeit zu wahren, müsste der Antragsteller noch während des Beschwerdeverfahrens gegen die Ausgangsentscheidung seinerseits eine Beschlussergänzung beantragen. Ob dies taktisch sinnvoll ist, hängt davon ab, wie wahrscheinlich ein späterer Ergänzungsantrag der Gegenseite erscheint.