Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um einen eher ungewöhnlichen, aber nicht vollständig überraschenden Aspekt des so genannten Abgasskandals.

Befangenheit bei Beteiligung an einer Musterfeststellungsklage
Beschluss vom 10. Dezember 2019 – II ZB 14/19

Dass der so genannte Abgasskandal weite Kreise zieht, belegt eine Entscheidung des II. Zivilsenats.

Der Kläger wendet sich gegen Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten, mit denen die damaligen Vorsitzenden des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie ein weiteres Aufsichtsratsmitglied für das Geschäftsjahr 2016 entlastet worden sind. Er macht geltend, Vorstand und Aufsichtsrat trügen die uneingeschränkte Verantwortung für Manipulationen der Abgassteuerung bestimmter Dieselmotoren in von der Beklagten hergestellten und veräußerten Fahrzeugen. Das LG wies die Anfechtungsklage ab. Die Vorsitzende des für die Berufung zuständigen OLG-Senats zeigte an, sie habe im Juli 2015 privat ein Auto aus einer betroffenen Baureihe gekauft und sich im Dezember 2018 als Anmelderin an einer gegen die Beklagten gerichteten Musterfeststellungsklage beteiligt. Die Beklagte lehnte die Vorsitzende als befangen ab. Das OLG erklärte das Ablehnungsgesuch als unbegründet.

Der BGH erklärt das Ablehnungsgesuch für begründet. Abweichend von der Vorinstanz ist eine Ablehnung nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der vorliegende Rechtsstreit einen anderen Gegenstand betrifft als die Musterfeststellungsklage. Besorgnis der Befangenheit im Sinne von § 42 ZPO kann vielmehr auch dann bestehen, wenn ein Richter über einen Sachverhalt zu entscheiden hat, aus dem er selbst Ansprüche gegen eine Partei geltend macht. Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Der Kläger stützt seine Angriffe gegen den angefochtenen Beschluss unter anderem darauf, dass den Käufern der betroffenen Modellreihen Ersatzansprüche gegen die Beklagte zustehen. Über denselben Sachverhalt geht es in der Musterfeststellungsklage.

Praxistipp: Die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs in der Berufungsinstanz kann nur dann mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden, wenn das Berufungsgericht diese zulässt. Unterbleibt eine Zulassung, kann die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gemäß § 557 Abs. 2 ZPO auch in einem späteren Revisionsverfahren nicht mehr überprüft werden (BGH, B. v. 30.11.2006 – III ZR 93/06 Tz. 4 – MDR 2007, 599, 600).

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Voraussetzungen einer Parteivernehmung von Amts wegen.

Subsidiarität der Parteivernehmung von Amts wegen
Urteil vom 12. Dezember 2019 – III ZR 198/18

Mit den Voraussetzungen des § 448 ZPO befasst sich der III. Zivilsenat.

Die beiden Kläger sind Erben eines im Oktober 2015 verstorbenen Erblassers, der mit ihrer bereits im Mai 2015 verstorbenen Tante verheiratet war. Der Beklagte war Nachfolger des Erblassers als Chef der Wertpapierabteilung einer örtlichen Bankfiliale und mit den Eheleuten seit Jahren befreundet. Von Januar 2015 bis kurz nach dem Tod des Erblassers hob er mittels einer EC-Karte mehrfach größere Geldbeträge von Konten des Erblassers und dessen Ehefrau ab. Gegenüber der auf Herausgabe dieser Beträge gerichteten Klage verteidigte er sich unter anderem damit, er habe dem Kläger zu 2 bei drei Anlässen im Juni und Oktober 2015 insgesamt 63.600 Euro in bar übergeben, teils in einem Briefumschlag, teils in Geldtaschen. Das LG wies die Klage ab. Das OLG verurteilte den Beklagten unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung zur Zahlung von rund 60.500 Euro.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Er tritt dem OLG darin bei, dass der Beklagte für die behaupteten Zahlungen an den Kläger zu 2 die Beweislast trägt und dass die Aussagen der von ihm hierfür benannten und bereits vom LG vernommenen Zeugen hierfür keinen unmittelbaren Beweis liefern.

Der BGH sieht die Entscheidung des OLG aber schon deshalb als fehlerhaft an, weil dieses die Zeugen nicht erneut vernommen, sondern seine Würdigung allein auf die erstinstanzlichen Aussageprotokolle gestützt hat. Die erneute Vernehmung eines Zeugen gemäß § 398 ZPO sei nicht nur dann geboten, wenn dessen Aussage abweichend von der Vorinstanz gewürdigt werden soll, sondern auch dann, wenn die Feststellungen der Vorinstanz unvollständig ist.

Darüber hinaus hätte das Berufungsgericht prüfen müssen, ob sich den Aussagen der Zeugen zumindest hinreichende Anhaltspunkte entnehmen lassen, die Anlass zu einer Parteivernehmung des Beklagten von Amts wegen gemäß § 448 ZPO geben. Entgegen der Auffassung des OLG scheidet diese Form der Beweisaufnahme nicht schon deshalb aus, weil der Beklagte noch die Ehefrau des Klägers zu 2 als Zeugin hätte benennen können. Eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO kommt zwar nur dann in Betracht, wenn die beweisbelastete Partei alle anderen zumutbaren Beweisangebote ausgeschöpft hat. Die Benennung eines im Lager der Gegenseite stehenden Zeugen oder ein Antrag auf Parteivernehmung des Gegners sind aber nicht zumutbar in diesem Sinne. Deshalb hängt die Frage, ob Veranlassung zu einer Vernehmung nach § 448 ZPO bestand, im Streitfall allein davon ab, ob sich aus den Aussagen der vernommenen Zeugen der erforderliche „Anbeweis“ ergibt. Dies wird das OLG im neu eröffneten Berufungsverfahren zu klären haben.

Praxistipp: Zu den zumutbaren Beweismitteln, die die Partei ausschöpfen muss, gehört auch ein Antrag auf (eigene) Parteivernehmung nach § 447 ZPO. Eine solche Vernehmung ist nur mit Zustimmung des Gegners zulässig.

Montagsblog: Neues vom BGH

Im ersten Blog des Jahres 2020 geht es um die Reichweite der Haftung aus einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung.

Schutzzweck einer Beratungspflicht
Urteil vom 21. November 2019 – III ZR 244/18

Mit dem Zurechnungszusammenhang nach einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung befasst sich der III. Zivilsenat.

Die Beklagte hatte den Kläger über rund zwanzig Jahre hinweg vor allem in Versicherungsangelegenheiten beraten. Ende 2005 stellte ein Mitarbeiter der Beklagten dem Kläger verschiedene Renten- und Lebensversicherungsprodukte zum Zwecke der Altersvorsorge vor. Der Kläger bemängelte eine zu geringe Rendite und eine zu lange Laufzeit. Ende 2006 wies derselbe Mitarbeiter den Kläger darauf hin, ein Rechtsanwalt biete kurzfristige Kapitalanlagen zu guten Festzinsen an. Zwischen Februar 2007 und März 2014 überwies der Kläger diesem Rechtsanwalt bei mehreren Gelegenheiten insgesamt 210.000 Euro. Nach dem Tod des Anwalts im Mai 2014 stellte sich heraus, dass dieser massiv überschuldet war. Das LG stellte antragsgemäß fest, dass die Beklagte dem Kläger alle aus der Anlage entstandenen Schäden zu ersetzen hat. Das OLG wies die Klage hingegen ab.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Er tritt den Vorinstanzen darin bei, dass der Mitarbeiter der Beklagten mit dem Hinweis auf die konkrete Anlagemöglichkeit einen stillschweigenden Beratungsvertrag geschlossen und die hieraus resultierende Pflicht zu einer objektgerechten Beratung verletzt hat. Entgegen der Auffassung des OLG fehlt es nicht deshalb an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang, weil der Kläger die Anlagen über einen längeren Zeitraum hinweg getätigt hat und bei einer einmaligen Anlage im Jahr 2007 das investierte Kapital nebst Zinsen zurückerhalten hätte. Die Pflichten aus einer Beratung über Anlagemöglichkeiten für einen bestimmten Geldbetrag beschränken sich zwar grundsätzlich auf diese konkrete Anlageentscheidung. Wenn der Interessent eine umfassendere Beratung wünscht und der Berater in Kenntnis dessen eine Möglichkeit zur wiederholten Anlage noch unbestimmter Geldbeträge aufzeigt, kann der Zurechnungszusammenhang aber alle darauf beruhenden Anlageentscheidungen umfassen. Ob und in welchem Umfang dies gilt, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Die hierzu erforderlichen Feststellungen muss das OLG in der neu eröffneten Berufungsinstanz treffen.

Praxistipp: Wenn ein Teil des entstandenen Schadens bereits bezifferbar ist, kann der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht mit einem den bezifferbaren Teil betreffenden Zahlungsantrag kombiniert werden.

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Diese Woche geht es um die Vergütung des Rechtsanwalts im Falle einer Zurückverweisung vom Rechtsmittelgericht an ein erstinstanzliches Gericht, das mit der Sache bislang noch nicht befasst war.

Anwaltsvergütung bei Diagonalverweisung
Beschluss vom 20. November 2019 – XII ZB 63/19

Der XII. Zivilsenat entscheidet eine in Literatur und Instanzrechtsprechung umstrittene Frage.

Der Antragsteller hatte seine frühere Ehefrau kurz nach der Scheidung beim LG auf Gesamtschuldnerausgleich in Anspruch genommen. Das LG wies die Klage als unzulässig ab. Der Zivilsenat des OLG verwies die Sache an das zuständige Familiengericht. Dieses wies das Zahlungsbegehren als unbegründet ab. Der Familiensenat des OLG entschied teilweise zugunsten des Ehemanns, legte ihm aber die Mehrkosten auf, die durch die Klage beim LG entstanden sind. Das AG setzte zugunsten der Ehefrau für das Verfahren vor dem LG und vor dem Zivilsenat des OLG jeweils eine Verfahrens- und eine Terminsgebühr fest. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Ehemanns blieb erfolglos.

Die Rechtsbeschwerde des Ehemanns hat ebenfalls keinen Erfolg. Der BGH tritt der vom Beschwerdegericht vertretenen Auffassung bei, dass die beim Landgericht entstandenen Gebühren in vollem Umfang Mehrkosten darstellen, weil nach der Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht sowohl die Verfahrensgebühr als auch die Terminsgebühr von neuem entstanden sind. Bei einer Verweisung oder Abgabe an ein anderes Gericht bilden die Verfahren vor dem verweisenden und dem übernehmenden Gericht nach § 20 Satz 1 RVG einen einheitlichen Rechtszug. Nach § 20 Abs. 2 RVG entsteht hingegen ein neuer Rechtszug, wenn die Verweisung oder Abgabe an ein Gericht einer niedrigeren Instanz erfolgt. Diese Vorschrift greift unabhängig davon, ob sich das zuerst angerufene Gericht als zuständig angesehen hat oder nicht. Entgegen einer verbreiteten Auffassung gilt sie darüber hinaus nicht nur im Verhältnis zwischen dem verweisenden und dem übernehmenden Gericht, sondern auch im Verhältnis zwischen dem übernehmenden und dem zuerst angerufenen Gericht. Im Streitfall sind damit gesonderte Gebühren für insgesamt vier Instanzen angefallen (LG – OLG Zivilsenat – AG – OLG Familiensenat). Die Gebühren für die beiden ersten Rechtszüge gehören zu den vom Ehemann zu tragenden Mehrkosten.

Praxistipp:  Bei einer Zurückverweisung an ein Gericht, das mit der Sache bereits befasst war, entsteht nach § 21 Abs. 1 RVG ebenfalls ein neuer Rechtszug. In diesem Fall ist die im ersten Durchgang entstandene Verfahrensgebühr aber gemäß Vorbem. 3 Abs. 6 VV-RVG auf die Verfahrensgebühr für das erneute Verfahren anzurechnen.

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Diese Woche geht es um die Voraussetzungen einer einseitigen Erledigungserklärung.

Erledigung nach Klage beim unzuständigen Gericht
Urteil vom 7. November 2019 – III ZR 16/18

Ein sich abzeichnender Konflikt zwischen dem III. und dem XII. Zivilsenat ist beigelegt.

Die Klägerin hatte die beklagte Stadt vor dem AG wegen Beschädigung eines Fahrzeugs bei Mäharbeiten auf Schadensersatz in Höhe von rund 1.100 Euro nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten in Anspruch genommen. Nach Begleichung des Klagebetrags und der Nebenforderungen hatte sie den Rechtsstreit einseitig für erledigt erklärt. Das AG verwies den Rechtsstreit an das LG, weil dieses für Amtshaftungsansprüche ausschließlich zuständig ist. Das LG wies den einseitigen Erledigungsantrag als unbegründet ab, weil die Klage im Zeitpunkt der Erledigung mangels Zuständigkeit des AG unzulässig gewesen sei. Das OLG stellte hingegen antragsgemäß die Erledigung des Rechtsstreits fest.

Die Revision der Beklagten bleibt hinsichtlich der Nebenforderungen erfolglos. Hinsichtlich der Hauptforderung verweist der BGH die Sache hingegen an das OLG zurück.

Der für die Entscheidung zuständige III. Zivilsenat hatte zunächst die Auffassung vertreten, dass die Erledigung der Hauptsache auch dann auszusprechen ist, wenn die Klage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses bei einem nicht zuständigen Gericht anhängig ist. Dies hätte einer Entscheidung des XII. Zivilsenats widersprochen. Dieser teilte auf eine Anfrage gemäß § 132 Abs. 3 GVG (Beschluss vom 28. Februar 2019, dazu Montagsblog Nr. 127) mit, er halte an seiner Auffassung fest (Beschluss vom 22. Mai 2019, MDR 2019, 1012).

Der III. Zivilsenat sieht von einer Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen ab und tritt nunmehr der Auffassung des XII. Zivilsenats bei. Er greift aber einen Hinweis in der Mitteilung vom 22. Mai 2019 auf und hält eine einseitige Erledigungserklärung für begründet, wenn der Kläger im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses bereits die Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Gericht beantragt hat. Diese Voraussetzung liegt im Streitfall hinsichtlich der Nebenforderungen zweifelsfrei vor. Zu der Frage, ob die Hauptforderung ebenfalls erst nach Stellung des Verweisungsantrags erfüllt wurde, fehlt es hingegen an tatrichterlichen Feststellungen. Diese muss das OLG in der wieder eröffneten Berufungsinstanz nachholen.

Praxistipp:  Maßgeblich ist nicht der Zeitpunkt der Erledigungserklärung, sondern der Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses. Der Kläger kann eine ihm ungünstige Kostenentscheidung in solchen Fällen deshalb nicht dadurch verhindern, dass er zunächst einen Verweisungsantrag stellt und erst danach den Rechtsstreit für erledigt erklärt.

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Diese Woche geht es um die Zulässigkeit einer langfristigen Vertragsbindung in einem Mietvertrag über eine Flüchtlingsunterkunft.

Mietvertrag über Räume zur Unterbringung von Flüchtlingen
Urteil vom 23. Oktober 2019 – XII ZR 125/18

Mit einer Frage, die derzeit für viele Kommunen von Interesse sein könnte, befasst sich der XII. Zivilsenat.

Die Kläger haben der beklagten Stadt Anfang 2016 ein Wohnhaus vermietet, in dem bis zu 14 Flüchtlinge Unterkunft finden sollten. Die monatliche Miete beträgt 2.645 Euro. Das Recht zur ordentlichen Kündigung ist im Vertrag für fünf Jahre ausgeschlossen. Wegen Rückgangs der Flüchtlingszahlen kam es nicht zu einer Belegung der Unterkunft. Die Beklagte kündigte den Vertrag zum 30.4.2017. Die Kläger traten dem entgegen. Ihre Klage auf Zahlung der Miete für Mai bis Dezember 2017 hatte in zweiter Instanz Erfolg.

Die Revision der Beklagten bleibt erfolglos. Der BGH tritt dem Berufungsgericht darin bei, dass die Parteien das Recht zur ordentlichen Kündigung für die ersten fünf Jahre wirksam ausgeschlossen haben und die Kündigung der Beklagten deshalb unwirksam ist. Er lässt offen, ob es sich bei der maßgeblichen Vertragsbestimmung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. In AGB kann die Kündigung bei Wohnungsmietverträgen zwar für nicht mehr als vier Jahre ausgeschlossen werden. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ist aber kein Vertrag über Wohnraummiete, weil die Beklagte die Räume nicht zur Nutzung für eigene Wohnzwecke erhalten hat, sondern zur Überlassung an Dritte. Die Beklagte ist auch nicht zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Ein Mieter hat grundsätzlich das Risiko zu tragen, dass er die mangelfreie Mietsache nicht wie vorgesehen nutzen kann.

Praxistipp:  Mietverträge über Räume, die der Vermieter Dritten zu Wohnzwecken überlassen will, sind grundsätzlich nicht als Wohnraummietverträge zu qualifizieren. Wenn die Überlassung im Wege der Untermiete erfolgt, greifen die Vorschriften zum Schutz des Wohnungsnutzers in der Regel aber auch gegenüber dem Hauptvermieter. Bei gewerblicher Weitervermietung folgt dies aus § 565 BGB, bei Überlassung durch eine öffentliche Stelle aus der seit 1.1.2019 geltenden Sonderregelung in § 578 Abs. 3 BGB.

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Diese Woche geht es um die Zulässigkeit neuen Vorbringens in der Berufungsinstanz.

Neues Vorbringen im Verfahren nach § 522 Abs. 1 ZPO
Beschluss vom 24. September 2019 – VI ZB 517/18

Mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen das Berufungsgericht eine Berufung durch Beschluss als unbegründet zurückweisen darf, obwohl es die Begründung der Vorinstanz für unzutreffend hält, befasst sich der VI. Zivilsenat.

Die Klägerin verlangt vom beklagten Insolvenzverwalter, Schadensersatzansprüche aus der Vermittlung einer Kapitalanlage zur Insolvenztabelle festzustellen. Das LG wies die Klage als unzulässig ab. Das OLG sah die Klage als zulässig an, wies die Berufung aber dennoch gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurück, weil es die Klage mangels Kausalitätsnachweis als unbegründet ansah. Ein auf Vernehmung eines Zeugen gerichtetes Beweisangebot der Klägerin zu diesem Thema wies es gemäß § 531 Abs. 2 ZPO und hilfsweise gemäß § 296 Abs.1 ZPO als verspätet zurück.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Eine Zurückweisung des Beweisangebots nach § 531 Abs. 2 ZPO ist im Streitfall schon deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin es bereits in der Klageschrift unterbreitet und in der Berufungsinstanz lediglich wiederholt hat. Aus diesem Grund kommt auch eine Zurückweisung nach § 296 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht. Ergänzend weist der BGH darauf hin, dass das Berufungsgericht den Zeugen auch dann hätte vernehmen müssen, wenn die Klägerin ihn erstmals in der Berufungsinstanz benannt hätte. Das Berufungsgericht war gehalten, die Klägerin auf seine vom Landgericht abweichende Rechtsaufassung hinzuweisen, und ihr Gelegenheit zu geben, zu dem nach Auffassung des LG nicht relevanten Thema der Kausalität ergänzende Angriffsmittel vorzubringen.

Praxistipp: Nach § 522 Abs. 3 ZPO und § 26 Nr. 8 EGZPO (ab 1.1.2020: § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F.) ist eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Zurückweisung einer Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO nur dann zulässig, wenn der Wert der mit dem Rechtsmittel geltend zu machenden Beschwer 20.000 Euro übersteigt.

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Diese Woche geht es um das Verhältnis zwischen Prozesskostenhilfe und Ehegattenunterhalt.

Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen den Ehegatten
Beschluss vom 27. August 2019 – VI ZB 8//18

Mit der Frage, wann eine persönliche Angelegenheit im Sinne von § 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB vorliegt, befasst sich der VI. Zivilsenat.

Der Kläger nimmt den Beklagten wegen einer fehlgeschlagenen Kapitalanlage auf Schadensersatz in Anspruch. Das LG wies die Klage ab. Das OLG bewilligte dem Beklagten für die Berufungsinstanz antragsgemäß Prozesskostenhilfe, allerdings mit der Maßgabe, dass er monatliche Raten von 1.000 Euro zu zahlen hat.

Die Rechtsbeschwerde des Beklagten, der Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung begehrt, bleibt ohne Erfolg. Der BGH tritt dem OLG darin bei, dass der Beklagte gegen seine Ehefrau gemäß § 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss hat und diesen für die Finanzierung des Rechtsstreits einsetzen muss. Die dafür erforderliche Voraussetzung, dass der Rechtsstreit eine persönliche Angelegenheit des Beklagten betrifft, ist gegeben, obwohl die Klageforderung auf die berufliche Tätigkeit des Beklagten gestützt ist. Ausschlaggebend ist, dass der Kläger dem Beklagten auch strafrechtlich relevantes Fehlverhalten vorwirft. Dieser Vorwurf trifft den Beklagten in seiner persönlichen Sphäre. Die daraus resultierende Pflicht der Ehefrau zur Zahlung eines Vorschusses entfällt nicht deshalb, weil dem Beklagten ähnliche Klagen von Seiten anderer Anleger sowie ein Strafprozess drohen. Die anderen Verfahren könnten die (vom Beklagten grundsätzlich nicht in Abrede gestellte) Leistungsfähigkeit der Ehefrau allenfalls dann mindern, wenn sie dafür bereits Vorschusszahlungen erbringen würde.

Praxistipp: Für die Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren hat ein finanziell leistungsfähiger Ehegatte gemäß § 1360a Abs. 4 Satz 2 BGB ebenfalls einen Vorschuss zu leisten.

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Diese Woche geht es um die Verjährung von Amtshaftungsansprüchen gegen Notare.

Verjährung des notariellen Amtshaftungsanspruchs
Urteil vom 10. Oktober 2019 – III ZR 227/18

Mit der Frage, wann ein Laie die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis von einer notariellen Pflichtverletzung hat, befasst sich der III. Zivilsenat.

Der Kläger hatte Ende 2006 eine Eigentumswohnung erworben. Im notariellen Vertrag, den der Beklagte als Notarvertreter beurkundet hat, ist vermerkt, der Käufer habe den Vertragsentwurf mehr als zwei Wochen zuvor erhalten und ausreichend Gelegenheit gehabt, ihn zu prüfen oder überprüfen zu lassen. Später betrieb der Kläger die Rückabwicklung der Verträge, weil er den Kaufpreis als überteuert ansah. Sein Versuch, die an dem Geschäft Beteiligten in Anspruch zu nehmen, schlug fehl, unter anderem wegen Insolvenz der als Schuldner in Frage kommenden Gesellschaften. Daraufhin nahm der Kläger Ende 2016 den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch, weil ihm der Vertragsentwurf entgegen § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG und abweichend von den Angaben im Vertrag erst kurz vor dem Beurkundungstermin zur Verfügung gestellt worden sei. Die Klage blieb in den ersten beiden Instanzen erfolglos.

Die Revision des Klägers bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Der BGH tritt den Vorinstanzen darin bei, dass die geltend gemachten Ansprüche verjährt sind. Er knüpft an seine schon zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. ergangene Rechtsprechung an, wonach die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis vom Bestehen des Anspruchs bereits dann vorliegt, wenn dem Gläubiger Tatsachen bekannt oder infolge von grober Fahrlässigkeit unbekannt sind, die aus seiner Sicht auf eine Pflichtverletzung hinweisen. Abweichend von der Auffassung der Revision sieht der erkennende Senat insoweit keine Unterschiede zwischen der Rechtsprechung für Notar-, Anwalt- und Arzthaftungssachen. Im Streitfall ergaben sich für den Kläger hinreichende Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung des Beklagten schon aus dem Umstand, dass die im beurkundeten Vertrag enthaltenen Angaben zur Überlassung des Vertragsentwurfs nach seinem eigenen Vortrag objektiv unzutreffend waren und damit gegebenenfalls auch für einen Laien ohne weiteres erkennbar war, dass der Beklagte möglicherweise gegen rechtliche Vorgaben verstieß. Die Verjährung begann deshalb, sobald der Kläger zusätzlich Kenntnis davon erhielt, dass keine anderweitigen Ersatzmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Letzteres war spätestens im Jahr 2012 der Fall. Die im Jahr 2016 erhobene Klage konnte die Verjährung deshalb nicht mehr hemmen.

Praxistipp: Etwas anderes kann gelten, wenn der Notar den Geschädigten über den Inhalt oder Umfang der ihn treffenden Pflichten unzutreffend belehrt hat und für den Geschädigten nicht ohne weiteres ersichtlich ist, dass die Belehrung fehlerhaft ist.

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Diese Woche geht es um die Abgrenzung zwischen Mangelschäden und sonstigen Schäden beim Werkvertrag.

Schadensersatz nach Kündigung eines Reinigungsvertrags
Urteil vom 10. Oktober 2019 – VII ZR 1/19

Dass die vor der Schuldrechtsmodernisierung häufig umstrittene Abgrenzung zwischen Mangelschäden und sonstigen Schäden auch nach neuem Recht relevant sein kann, belegt eine Entscheidung des VII. Zivilsenats.

Das klagende Land Berlin hatte mit der Beklagten einen Vertrag über Reinigungsleistungen mit einer Laufzeit von zweieinhalb Jahren geschlossen. Nach rund fünf Monaten erklärte es die außerordentliche Kündigung des Vertrags wegen schwerwiegender und systematischer Reinigungsmängel. In der Folgezeit beauftragte es andere Unternehmen mit den betreffenden Leistungen. Nach Ablauf der ursprünglich vorgesehenen Vertragslaufzeit – rund drei Jahre nach der Kündigung – klagte es die entstandenen Mehrkosten in Höhe von rund 160.000 Euro ein. Die Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das Kammergericht zurück. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen sind die Klageansprüche nicht verjährt. § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB, der für Ansprüche auf Schadensersatz wegen eines Werkmangels eine Verjährungsfrist von zwei Jahren vorsieht, ist nicht anwendbar. Zwar ist der zwischen den Parteien geschlossene Reinigungsvertrag als Werkvertrag zu qualifizieren. Die geltend gemachten Mehraufwendungen beruhen aber nicht auf einem Mangel der von der Beklagten erbrachten Reinigungsleistungen, sondern darauf, dass die Beklagte die geschuldeten Leistungen im Zeitraum nach der Kündigung nicht mehr erbracht hat. Für diesbezügliche Schadensersatzansprüche gilt auch dann die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 und § 199 BGB, wenn die Kündigung auf Mängel der zuvor erbrachten Reinigungsleistungen gestützt war.

Praxistipp: Wenn auch nur entfernte Zweifel bestehen, ob § 634a oder § 195 BGB maßgeblich ist, sollte die Klage sicherheitshalber innerhalb der kürzeren Frist erhoben werden – sofern dies noch möglich ist.