Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Zuständigkeit zur Beglaubigung einer Vorsorgevollmacht

Beglaubigung einer Vorsorgevollmacht
Beschluss vom 12. November 2020 – V ZB 148/19

Mit der Beglaubigungsbefugnis der Betreuungsbehörden gemäß § 6 BtBG befasst sich der V. Zivilsenat.

Ein im Jahr 2016 verstorbener Erblasser hatte den beiden Verfahrensbeteiligten im Jahr 2011 in einer als Vorsorgevollmacht bezeichneten Urkunde jeweils Einzelvollmacht zu seiner Vertretung in der Gesundheitsfürsorge, vertraglichen Angelegenheiten und Rechtsstreitigkeiten sowie in allen Vermögensangelegenheiten einschließlich des Erwerbs und der Veräußerung von Vermögen erteilt, und zwar mit der Maßgabe, dass die Vollmacht über den Tod hinaus gültig sein soll. Die Urkundsperson der Betreuungsbehörde beglaubigte die Echtheit der Unterschrift gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 des Betreuungsbehördengesetzes (BtBG). Im Jahr 2019 übertrug die Beteiligte zu 1 im Namen der unbekannten Erben den zum Nachlass gehörenden Grundbesitz unentgeltlich auf den Beteiligten zu 2. Das Grundbuchamt gab den Beteiligten durch Zwischenverfügung auf, eine Genehmigungserklärung der Erben und einen Erbnachweis vorzulegen. Die dagegen gerichtete Beschwerde blieb ohne Erfolg.

Der BGH hebt die Zwischenverfügung auf.

Entgegen der Auffassung des Grundbuchamts hat die Beteiligte zu 1 ihre Vollmacht in der nach § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO erforderlichen Form nachgewiesen. Die nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BtBG zulässige Beglaubigung einer Vorsorgevollmacht durch einen dafür gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 BtBG ermächtigten Mitarbeiter der Betreuungsbehörde ist eine öffentliche Beglaubigung im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO.

Eine Vorsorgevollmacht im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 BtBG ist eine Vollmacht, die zu dem Zweck erteilt wird, eine künftig mögliche Betreuungsbedürftigkeit zu vermeiden. Eine solche Zwecksetzung ergibt sich im Streitfall schon aus der Bezeichnung als Vorsorgevollmacht. Die Beglaubigungsbefugnis nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BtBG besteht auch für Vollmachten, die im Außenverhältnis unbedingt erteilt und nur im Innenverhältnis auf den Vorsorgefall beschränkt werden, und für Vollmachten, die über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gelten sollen.

Praxistipp: Welche Behörde auf örtlicher Ebene in Betreuungsangelegenheiten zuständig ist, bestimmt sich gemäß § 1 Abs. 1 BtBG nach Landesrecht. In der Regel ist sie auf Ebene der Stadt- und Landkreise angesiedelt. Örtlich zuständig ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 BtBG die Behörde, in deren Bezirk der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für die Wirksamkeit der Beglaubigung genügt die sachliche Zuständigkeit.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um den Anwendungsbereich des Wohnraummietrechts

Vermietung von Wohnräumen an gewerblichen Zwischenmieter
Urteil vom 13. Januar 2021 – VIII ZR 66/19

Mit den Voraussetzungen einer Einordnung als Wohnraummietvertrag befasst sich der VIII. Zivilsenat.

Der Kläger ist Zwangsverwalter eines Grundstücks. Die Schuldnerin hatte acht dazu gehörende Wohnungen an eine GmbH & Co. KG vermietet. Der Vertrag trägt die Überschrift „Mietvertrag über Wohnraum“ und sieht unter anderem vor, dass sich die Kündigungsfristen nach der (für die Wohnraummiete geltenden) Regelung in § 573c BGB richten. Ferner ist vereinbart, dass der Mieter zu einer Untervermietung berechtigt ist. Im August 2011 kündigte der Kläger den Mietvertrag mit der Gesellschaft. Diese vermietete kurz darauf – noch vor Ablauf der Kündigungsfrist – eine der Wohnungen an den Beklagten. Im Juni 2016 kündigte der Kläger das Mietverhältnis mit dem Beklagten wegen Zahlungsverzugs fristlos, hilfsweise fristgemäß. Das AG verurteilte den Beklagten antragsgemäß zu Räumung und Herausgabe sowie zur Zahlung von rückständiger Miete und Nebenkosten. Das LG wies die Klage ab.

Der BGH verweist die Sache an das LG zurück. Entgegen der Auffassung des LG ist der Kläger gemäß § 565 Abs. 1 Satz 1 BGB in das Mietverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Beklagten eingetreten. Die von ihm im August 2011 erklärte Kündigung war wirksam. Sie bedurfte nicht eines berechtigten Interesses im Sinne von § 573 BGB, weil der gekündigte Vertrag nicht den Vorschriften über die Wohnraummiete unterlag. Nach dem Gesetz sind diese Vorschriften nur dann anwendbar, wenn der Mieter die Wohnung zu Wohnzwecken nutzen will. Diese Voraussetzung liegt im Streitfall nicht vor, weil die Gesellschaft die Wohnungen zum Zwecke der Weitervermietung angemietet hat. Entgegen der Auffassung des LG ist dem Vertrag mit der Gesellschaft keine konkludente Einigung über die Geltung der genannten Vorschriften zu entnehmen. Die Bezeichnung als Wohnraummietvertrag und die Vereinbarung der in § 573c BGB geltenden Kündigungsfristen reichen hierfür nicht aus.

Praxistipp: Für den Untermieter hat die Beendigung des Hauptmietvertrags in solchen Konstellationen lediglich einen Vermieterwechsel gemäß § 565 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Folge.

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Diese Woche geht es um die Pflicht zur Erhaltung einer Nachbarwand nach Abbrennen eines daran angebauten Gebäudes.

Abbrennen eines an eine Nachbarwand angebauten Gebäudes
Beschluss vom 22. Januar 2021 – V ZB 12/19

Mit den Pflichten aus § 922 Abs. 3 BGB befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Parteien sind Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke, die durch Teilung entstanden sind. Schon vor der Teilung war auf dem nunmehr dem Beklagten gehörenden Grundstück eine Scheune errichtet worden. An deren Giebelwand wurde später ein nunmehr auf dem Grundstück des Klägers stehendes Wohnhaus angebaut. Im Teilungsvertrag wurde vereinbart, dass die Grundstücksgrenze durch die gemeinsame Giebelmauer verlaufen soll. Im Jahr 2011 wurde die Scheune durch einen Brand, der auch auf das Wohnhaus übergriff, stark beschädigt. Der Kläger erhielt von seiner Gebäudeversicherung 50.000 Euro zur Sanierung der Trennwand. Vom Beklagten verlangt er unter anderem, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Trennwand gegen Witterung, Wärmeverlust und Feuchtigkeitsimmissionen zu schützen. Das LG wies die Klage insoweit ab. Das OLG verurteilte den Beklagten antragsgemäß.

Der BGH verweist die Sache auf die Revision des Beklagten an das OLG zurück – allerdings nur deshalb, weil der Umfang des dem Kläger stehenden Anspruchs näherer Klärung bedarf.

Dem Grunde nach sieht der BGH den Klageanspruch gemäß § 922 Satz 3 und § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB als begründet an. Die Trennwand war zwar weder bei ihrer Errichtung noch beim Bau des Wohnhauses eine gemeinsame Grenzanlage im Sinne von § 921 BGB. Sie erlangte diese Eigenschaft aber mit der einvernehmlichen Aufteilung des Grundstücks. Mangels abweichender Vereinbarung darf die Wand gemäß § 922 Satz 3 BGB nur einvernehmlich beseitigt oder geändert werden. Durch das Abbrennen der Scheune ist eine der Zustimmung bedürfende Änderung eingetreten, weil das Wohnhaus des Klägers nicht mehr in gleicher Weise gegen Witterungseinwirkungen geschützt ist. Hierfür ist der Beklagte als Zustandsstörer verantwortlich, und zwar – anders als hinsichtlich der am Wohnhaus eingetretenen Schäden – unabhängig davon, ob er den Brand zu verantworten hat. Der Kläger kann deshalb analog § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen, dass die eingetretene Störung beseitigt wird.

Der Anspruch ist nicht gemäß § 86 Abs. 1 VVG auf die Gebäudeversicherung des Klägers übergegangen. Der Anspruch aus § 922 Satz 3 und § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ist untrennbar mit dem Eigentum am Grundstück verbunden. Zudem fehlt es an der nach § 86 Abs. 1 VVG erforderlichen Kongruenz. Die Gebäudeversicherung deckt zwar auch Schäden an der Trennwand ab. Der Anspruch aus § 922 Satz 3 und § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ist aber auf Erhalt des Bestandes und der Funktion der Wand als gemeinsame Grenzeinrichtung gerichtet, unabhängig davon, ob eine Substanzverletzung eingetreten ist.

Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen ist die vom OLG ausgesprochene Verurteilung aber zu weitgehend. Zum einen muss dem Beklagten die Möglichkeit offenbleiben, die vorherige Funktion in der Weise wiederherzustellen, dass er eine neue Scheune an die Wand anbaut. Zum anderen darf der Kläger eine Wärmedämmung nur verlangen, wenn und soweit die Wand durch die abgebrannte Scheune ebenfalls gegen Wärmeverlust geschützt war. Ob diese Voraussetzung gegeben ist, muss das OLG nach Zurückverweisung aufklären.

Praxistipp: Die Anwendung von § 921 und § 922 BGB setzt voraus, dass die gemeinsame Einrichtung die Grundstücksgrenze überschreitet.

Stichtag 1.12.2020: Inkrafttreten der WEG-Refom

Am 1.12.2020 tritt die wohl umfassendste Reform des Wohnungseigentumsrechts seit seiner Schaffung im Jahr 1951 in Kraft. Kaum ein Stein bleibt auf dem anderen. Der Verband der Wohnungseigentümer – in Zukunft: die „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ – wird voll rechtsfähig und ist Träger der Verwaltung. Er entsteht bereits mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher, so dass im Fall der Teilung des Grundstücks eine „Ein-Personen-Gemeinschaft“ existiert. Der Verwalter erhält fast unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht für die Gemeinschaft und kann jederzeit von den Wohnungseigentümern abberufen werden. Sondereigentum ist jetzt auch an Freiflächen möglich. Bauliche Veränderungen können zukünftig grundsätzlich mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Jeder Wohnungseigentümer kann verlangen, dass ihm der Bau einer Ladestation für sein E-Auto gestattet wird. Für Versammlungen gibt es kein Quorum für die Beschlussfähigkeit mehr.  Beschlussanfechtungsklagen sind gegen die Gemeinschaft zu richten. Die Liste der tiefgreifenden Änderungen ließe sich noch ein gutes Stück fortsetzen.

In den Wohnungseigentumsanlagen wird sich daher in Zukunft vieles ändern. Aber nicht nur praktisch, sondern auch dogmatisch ist ein Umdenken angesagt. Das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) nähert das WEG dem übrigen Verbandsrecht an, wenn es um die Rechtsstellung der  Gemeinschaft im Rechtsverkehr oder die Binnenrechtsbeziehungen zwischen Gemeinschaft, Wohnungseigentümern, Verwalter und Beirat geht. Hier hat der Gesetzgeber sich an die Strukturen von GmbH, AG und Verein angelehnt, so dass die dort entwickelten Lösungen auch für das WEG fruchtbar gemacht werden können. Auch wenn das WEG so für die meisten Juristen klarer wird, ist dies für Wohnungseigentümer und Verwalter nicht unbedingt der Fall. Mit der konzeptionellen Klarheit einher geht nämlich eine „Bereinigung von Selbstverständlichkeiten“, also die Streichung vermeintlich überflüssiger Regelungen. So findet sich die bisher in § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG geregelte Aufgabe des Verwalters, Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen, im neuen WEG nicht mehr. Damit wollte der Gesetzgeber ihn aber keineswegs von der Pflicht entbinden. Er war nur der Ansicht, es bedürfe der Regelung nicht, weil sich diese Pflicht des Verwalters unmittelbar aus seiner Stellung als Vollzugsorgan ergebe.  Dies mag zwar so sein, sorgt aber nicht unbedingt für Rechtssicherheit.

Trotzdem lässt sich als erstes Fazit sagen, dass das neue WEG einen erheblichen und dringend notwendigen Fortschritt darstellt. Die neuen zahlreichen Rechtsfragen werden aber die Gerichte in der nächsten Jahren gut beschäftigen.

Hinweis: Ein zweiteiliger Beitrag, der die Neuregelungen vorstellt, beginnt in MDR 2020, 1409 und wird in Heft 24/2020 fortgesetzt.

 

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um formelle Fragen aus dem Bereich des Grundbuchrechts.

Bedingung oder Befristung dinglicher Rechte an einem Grundstück
Beschluss vom 1. Oktober 2020 – V ZB 51/20

Mit den Voraussetzungen für die Löschung einer Reallast befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, das mit einer Reallast belastet ist. Das Recht war im Jahr 2009 aufgrund einer Bewilligung des damaligen Eigentümers eingetragen worden. Laut dieser Erklärung dient das Recht der Sicherung eines für die Lebensdauer der Berechtigten bestehenden vertraglichen Rentenanspruchs. Die Antragstellerin hat eine Sterbeurkunde vorgelegt, laut der die Berechtigte im Januar 2018 verstorben ist. Sie begehrt die Löschung des Rechts im Grundbuch. Das AG hat ihr durch Zwischenverfügung aufgegeben, eine Löschungsbewilligung der Erben der Berechtigten sowie einen Erbennachweis einzureichen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben.

Der BGH hebt die angefochtenen Entscheidungen aus formellen Gründen auf, bestätigt diese aber in der Sache.

Die Zwischenverfügung ist formell unzulässig. Nach der Rechtsprechung des BGH darf eine Zwischenverfügung gemäß § 18 GBO nur ergehen, wenn der Mangel des Antrags mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn eine erst noch zu erklärende Eintragungsbewilligung erforderlich ist.

In seinen Hinweisen für das weitere Verfahren stellt der BGH klar, dass die inhaltliche Beurteilung durch das OLG zutreffend ist.

Eine Bewilligung der Erben wäre nach § 23 GBO entbehrlich, wenn die eingetragene Reallast auf die Lebenszeit der Berechtigten befristet wäre. Eine solche Befristung muss jedoch aus dem Grundbuch selbst ersichtlich sein. Nach § 874 BGB kann die Eintragung zwar zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts auf die Eintragungsbewilligung Bezug nehmen. Eine Bedingung oder Befristung stellt aber nicht lediglich eine nähere Bezeichnung des Inhalts dar. Sie betrifft den rechtlichen Bestand des eingetragenen Rechts, nicht nur dessen nähere Ausgestaltung. Eine Bezugnahme auf die Bewilligung ist nur hinsichtlich weiterer Einzelheiten zulässig, etwa hinsichtlich der Fristdauer.

Eine Bewilligung der Erben wäre gemäß § 22 Abs. 1 GBO auch dann entbehrlich, wenn sich die dingliche Einigung (§ 873 BGB) zwischen dem Berechtigten und dem damaligen Grundstückseigentümer auf ein befristetes Recht bezogen hätte. In diesem Falle wäre das Grundbuch unrichtig, soweit es das Recht als unbefristet ausweist. Die Unrichtigkeit muss aber gemäß § 29 Abs. 1 GBO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Die vorgelegte Eintragungsbewilligung genügt zwar dieser Form. Sie enthält aber nur eine Erklärung des Eigentümers und lässt nicht erkennen, ob die Berechtigte einer Befristung zugestimmt hat. Eine solche Zustimmung könnte zwar in einem öffentlich beglaubigten Eintragungsantrag der Berechtigten zu sehen sein. Im Streitfall ist der Eintragungsantrag aber vom Eigentümer gestellt worden.

Praxistipp: Die Entscheidung zeigt eindrucksvoll, wie wichtig es sein kann, dass eine Grundbucheintragung vom Betroffenen bewilligt und vom Begünstigten beantragt wird.

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Diese Woche geht es um die Beweislast für eine arglistige Täuschung.

Keine Umkehr der Beweislast für Arglist aufgrund von vertraglichen Erklärungen
Urteil vom 6. März 2020 – V ZR 2/19

Mit den Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Beklagten hatten den Klägern ein Grundstück mit einem Wochenendhaus und einer ebenfalls zu Wohnzwecken genutzten Motorradgarage verkauft. Der notarielle Vertrag enthält die Erklärung, den Verkäufern seinen keine unsichtbaren Mängel bekannt. Nach Veräußerung und Übergabe teilte die Baubehörde den Klägern mit, die Garage dürfe nicht zu Wohnzwecken genutzt werden. Die Kläger fochten daraufhin den Kaufvertrag an. Ihre Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises und Zahlung von Schadensersatz war in den beiden ersten Instanzen erfolgreich.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Wie auch die Vorinstanz im Ansatz zutreffend angenommen haben, liegt die Beweislast dafür, dass die Beklagten ihnen bekannte Mängel verschwiegen haben, bei den Klägern. Entgegen der Auffassung des OLG rechtfertigt die in dem Vertrag enthaltene Erklärung, den Verkäufern seinen keine unsichtbaren Mängel bekannt, keine Abweichung von diesem Grundsatz. Wenn die Beklagten die Kläger vor Vertragsschluss über die baurechtliche Unzulässigkeit informiert haben, liegt es nahe, dass sie nicht länger von einem unsichtbaren Mangel ausgegangen sind. Der Grundsatz der Vollständigkeit und Richtigkeit einer Vertragsurkunde führt nicht zu einer abweichenden Erklärung. Er gilt nur für den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen, nicht aber für Informationen, die bei Besichtigungen und Vertragsverhandlungen erteilt wurden.

Praxistipp: Den Verkäufer trifft in solchen Fällen eine sekundäre Darlegungslast bezüglich des Inhalts der erteilten Informationen sowie des Orts und des Zeitpunkts ihrer Erteilung.

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Diese Woche geht es um die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft.

Vergemeinschaftung von Unterlassungsansprüchen einzelner Wohnungseigentümer
Urteil vom 24. Januar 2020 – V ZR 295/16

Der V. Zivilsenat baut seine Rechtsprechung zur Vergemeinschaftung von Ansprüchen aus.

Der Klägerin gehört eine Eigentumswohnung. Der Beklagte ist Mieter der direkt darunter gelegenen Wohnung. Er vermietet diese an Personen weiter, die sich in einer nahe gelegenen Klinik behandeln lassen. Verschiedene Eigentümer bemängelten Geruchs- und Geräuschimmissionen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschloss deshalb, Ansprüche auf Unterlassung solcher Immissionen und auf Unterlassung der Nutzung der Wohnung als Pensionsbetrieb im eigenen Namen geltend zu machen. Die Klägerin ging dennoch individuell gegen den Beklagten vor. Das LG wies die Klage als unzulässig ab. Die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg.

Die Revision der Klägerin führt zur Zurückverweisung an das OLG, soweit sich die Klage gegen Immissionen richtet. Der BGH tritt den Vorinstanzen zwar darin bei, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft Ansprüche auf Unterlassung einer zweckwidrigen Nutzung des Wohnungseigentums an sich ziehen kann, mit der Folge, dass die Klage eines einzelnen Eigentümers unzulässig ist. Nicht zulässig und unwirksam ist aber die Vergemeinschaftung von Ansprüchen auf Unterlassung von Störungen des Sondereigentums. Im Streitfall darf die Klägerin deshalb weiterhin gegen Geruchs- und Geräuschimmissionen vorgehen, die in ihrer eigenen Wohnung auftreten.

Praxistipp: Eine Klage auf Unterlassung von Störungen kann auch gegen den Mieter der Wohnung erhoben werden, von der die Störungen ausgehen.

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Diese Woche geht es um Hinweispflichten des Verkäufers einer Immobilie.

Keine Pflicht des Verkäufers zu Hinweis auf Kündigung der Gebäudeversicherung
Urteil vom 20. März 2020 – V ZR 61/19

Mit einer zwar nur ein Detail betreffenden, aber dennoch grundsätzlichen Frage befasst sich der V. Zivilsenat.

Der Kläger hatte von den Beklagten im Februar 2017 ein Hausgrundstück gekauft. Die Übergabe erfolgte Anfang April. Kurz zuvor hatte die von den Beklagten unterhaltene Wohngebäudeversicherung den Versicherungsvertrag auf Anfang Mai gekündigt. Mitte Juni kam es zu einem schweren Unwetter, bei dem das Dach des Gebäudes nach dem Vorbringen des Klägers stark beschädigt wurde. Die Klage auf Ersatz der Reparaturkosten in Höhe von rund 38.000 Euro blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Die Revision des Klägers hat ebenfalls keinen Erfolg. Der BGH tritt den Vorinstanzen darin bei, dass keine Gewährleistungsansprüche bestehen, weil die Gefahr bereits bei Übergabe auf den Kläger übergegangen war. Die Beklagten waren auch nicht verpflichtet, den Kläger auf das Auslaufen des Gebäudeversicherungsvertrags hinzuweisen. Der Erwerber eines Grundstücks tritt zwar gemäß § 95 Abs. 1 VVG in die Rechte und Pflichten eines bestehenden Versicherungsvertrags ein. Dennoch liegt es in seiner Verantwortung, rechtzeitig abzuklären, ob Versicherungsschutz besteht, und zwar unabhängig davon, ob der Abschluss einer solchen Versicherung üblich ist. Der Verkäufer muss auf die Beendigung eines bestehenden Vertrags nur dann hinweisen, wenn er zuvor mitgeteilt hat, dass Versicherungsschutz besteht. Eine solche Mitteilung hatte es im Streitfall nicht gegeben.

Praxistipp: Ein Grundstückskäufer sollte darauf achten, dass die Mitteilung über das Bestehen von Versicherungsschutz in den Kaufvertrag aufgenommen wird. Der Verkäufer ist aber auch dann zu einem Hinweis auf eine spätere Veränderung verpflichtet, wenn er die Mitteilung auf anderem Wege abgegeben hat.

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Allmählich kehrt auch der Montagsblog in sein gewohntes Fahrwasser zurück.

Dauerhafte Verbindung eines Mobilheims mit einem Grundstück
Beschluss vom 21. November 2019 – V ZB 75/19

Mit der Ausnahmevorschrift in § 95 BGB befasst sich der V. Zivilsenat.

Die Beschwerdeführer betreiben die Zwangsversteigerung eines Grundstücks, auf dem sich zwei Mobilheime befinden, die die Beschwerdeführerin als damalige Grundstückeigentümerin vor rund 23 Jahren errichtet hat. Das AG ließ die Mobilheime bei der Festsetzung des Verkehrswerts unberücksichtigt, weil es sich nur um Scheinbestandteile im Sinne von § 95 BGB handle. Die dagegen gerichtete Beschwerde blieb erfolglos.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das LG. Bei der Festsetzung des Verkehrswerts gemäß § 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG müssen wesentliche Bestandteile des Grundstücks im Sinne von § 94 BGB berücksichtigt werden. Im Streitfall dürfen die Mobilheime nicht schon wegen ihrer Beschaffenheit als Scheinbestandteile im Sinne von § 95 BGB angesehen werden. Für die Beurteilung der Frage, ob die Verbindung nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgte, ist vielmehr– entsprechend den allgemeinen Grundsätzen – der Wille desjenigen maßgeblich, der die Verbindung vornimmt. Wenn der Grundstückseigentümer selbst die Verbindung vornimmt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass diese dauerhaft erfolgt. Ein Wille, die Verbindung nur zu einem vorübergehenden Zweck vorzunehmen, ist nur dann zu bejahen, wenn hierfür objektive Anhaltspunkte vorliegen. Solche Anhaltspunkte ergeben sich aus den tatsächlichen Feststellungen des LG nicht. Das LG wird diese Frage nach der Zurückverweisung zu klären haben. Ferner muss es prüfen, ob eine feste Verbindung zwischen den Mobilheimen und dem Grundstück geschaffen wurde. Hierfür sind ebenfalls die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls maßgeblich.

Praxistipp: Erfolgt die Verbindung durch einen Mieter, Pächter oder anderen nur schuldrechtlich zur Nutzung des Grundstücks Berechtigten, spricht eine Vermutung dafür, dass diese nur einem vorübergehenden Zweck dient.

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Diese Woche geht es um die Verjährung von Amtshaftungsansprüchen gegen Notare.

Verjährung des notariellen Amtshaftungsanspruchs
Urteil vom 10. Oktober 2019 – III ZR 227/18

Mit der Frage, wann ein Laie die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis von einer notariellen Pflichtverletzung hat, befasst sich der III. Zivilsenat.

Der Kläger hatte Ende 2006 eine Eigentumswohnung erworben. Im notariellen Vertrag, den der Beklagte als Notarvertreter beurkundet hat, ist vermerkt, der Käufer habe den Vertragsentwurf mehr als zwei Wochen zuvor erhalten und ausreichend Gelegenheit gehabt, ihn zu prüfen oder überprüfen zu lassen. Später betrieb der Kläger die Rückabwicklung der Verträge, weil er den Kaufpreis als überteuert ansah. Sein Versuch, die an dem Geschäft Beteiligten in Anspruch zu nehmen, schlug fehl, unter anderem wegen Insolvenz der als Schuldner in Frage kommenden Gesellschaften. Daraufhin nahm der Kläger Ende 2016 den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch, weil ihm der Vertragsentwurf entgegen § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG und abweichend von den Angaben im Vertrag erst kurz vor dem Beurkundungstermin zur Verfügung gestellt worden sei. Die Klage blieb in den ersten beiden Instanzen erfolglos.

Die Revision des Klägers bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Der BGH tritt den Vorinstanzen darin bei, dass die geltend gemachten Ansprüche verjährt sind. Er knüpft an seine schon zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. ergangene Rechtsprechung an, wonach die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis vom Bestehen des Anspruchs bereits dann vorliegt, wenn dem Gläubiger Tatsachen bekannt oder infolge von grober Fahrlässigkeit unbekannt sind, die aus seiner Sicht auf eine Pflichtverletzung hinweisen. Abweichend von der Auffassung der Revision sieht der erkennende Senat insoweit keine Unterschiede zwischen der Rechtsprechung für Notar-, Anwalt- und Arzthaftungssachen. Im Streitfall ergaben sich für den Kläger hinreichende Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung des Beklagten schon aus dem Umstand, dass die im beurkundeten Vertrag enthaltenen Angaben zur Überlassung des Vertragsentwurfs nach seinem eigenen Vortrag objektiv unzutreffend waren und damit gegebenenfalls auch für einen Laien ohne weiteres erkennbar war, dass der Beklagte möglicherweise gegen rechtliche Vorgaben verstieß. Die Verjährung begann deshalb, sobald der Kläger zusätzlich Kenntnis davon erhielt, dass keine anderweitigen Ersatzmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Letzteres war spätestens im Jahr 2012 der Fall. Die im Jahr 2016 erhobene Klage konnte die Verjährung deshalb nicht mehr hemmen.

Praxistipp: Etwas anderes kann gelten, wenn der Notar den Geschädigten über den Inhalt oder Umfang der ihn treffenden Pflichten unzutreffend belehrt hat und für den Geschädigten nicht ohne weiteres ersichtlich ist, dass die Belehrung fehlerhaft ist.