Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Präklusion neuen Vorbringens in der Berufungsinstanz.

Nicht bestrittenes neues Vorbringen in der Berufungsinstanz
BGH, Urteil vom 18. Juni 2025 – I ZR 82/24

Der I. Zivilsenat stellt klar, dass eine bloße Verspätungsrüge nicht ausreicht, um neues Vorbringen unberücksichtigt zu lassen.

Der Kläger ist Berufsfotograf. Für die Beklagte, die unter anderem Fitnessgeräte anbietet und Nahrungsergänzungsmittel vertreibt, hat er im Jahr 2011 für ein Honorar von 180 Euro mehrere Fotos angefertigt. Einen daraus gefertigten Bildausschnitt, der ihre Geschäftsführerin zeigt, hat die Beklagte auf den Verpackungen ihrer Nahrungsergänzungsmittel und in Werbematerialien verwendet. Der Kläger macht geltend, der Bildausschnitt sei millionenfach verwendet worden. Deshalb stünden ihm ein Anspruch auf Vertragsanpassung gemäß § 32a Abs. 1 UrhG sowie Ansprüche auf Auskunft und Rechenschaft gemäß § 242 BGB bzw. § 32d UrhG zu.

Das LG hat die auf Auskunft und Rechnungslegung und auf Feststellung der Pflicht zur Einwilligung in eine Vertragsänderung gerichtete Klage abgewiesen. In der zweiten Instanz hat der Kläger seine Ansprüche im Wege der Stufenklage weiterverfolgt. Das OLG hat die Beklagte antragsgemäß zu Auskunft und Rechnungslegung verurteilt.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Das OLG ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung aus § 242 BGB bzw. § 32d UrhG erfüllt sind.

Zu Unrecht hat das OLG jedoch den Vortrag der Beklagten zur Verwirkung des Anspruchs gemäß § 531 Abs. 2 ZPO unberücksichtigt gelassen.

Die diesbezügliche Behauptung, der Kläger habe die Verwendung des Bildausschnitts über acht Jahre hinweg nicht beanstandet, obwohl er mit der Beklagten in ständiger Geschäftsbeziehung gestanden und monatliche Honorare in der Größenordnung von 15.000 Euro abgerechnet habe, ist zwar erstmals in zweiter Instanz erhoben worden, obwohl sie der Beklagten schon in erster Instanz möglich gewesen wäre. Der Vortrag muss dennoch berücksichtigt werden, weil der Kläger ihn nicht bestritten hat und unstreitiges Vorbringen nicht als verspätet zurückgewiesen werden darf.

Das OLG wird im wieder eröffneten Berufungsverfahren zu beurteilen haben, ob das vorgetragene Verhalten des Klägers zu einer Verwirkung des Anspruchs geführt hat.

Praxistipp: Die Entscheidung veranschaulicht, dass eine Partei unrichtigem Vortrag des Gegners auch dann inhaltlich entgegentreten muss, wenn er offensichtlich verspätet ist.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Bemessung des Restwerts eines Unfallwagens.

Subjektbezogene Schadensbetrachtung bei Beschädigung von Sicherungseigentum
BGH, Urteil vom 25. März 2025 – VI ZR 174/24

Der VI. Zivilsenat stellt klar, wessen Erkenntnismöglichkeiten bei der Berechnung eines Schadens maßgeblich sind.

Der Kläger verlangt Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall, für dessen Folgen die Beklagte als Haftpflichtversicherer in vollem Umfang einzustehen hat. Der Kläger hatte das beschädigte Fahrzeug bei der Seat Bank gekauft und im Rahmen einer Finanzierung an diese zur Sicherheit übereignet. Der von ihm beauftragte Sachverständige bezifferte den Unfallschaden mit rund 16.000 Euro. Hierbei ging er auf der Grundlage von drei regionalen Angeboten von einem Restwert in Höhe von 7.100 Euro aus. Die Beklagte beziffert den Restwert auf der Grundlage einer Internet-Recherche mit 10.290 Euro.

Wenige Wochen nach dem Unfall teilte die Seat Bank dem Kläger mit, die Finanzierung sei erledigt und er sei ermächtigt, Zahlungen aus dem Schadensereignis in Anspruch zu nehmen oder zu verlangen. Die unter Bezugnahme auf diese Erklärung erhobene Klage auf Zahlung von 3.190 Euro hatte in erster Instanz Erfolg. Das LG wies sie auf die Berufung der Beklagten hingegen ab.

Die Revision des Klägers bleibt ohne Erfolg.

Das LG hat den Klageantrag zu Recht als hinreichend bestimmt angesehen. Aus dem Vorbringen des Klägers geht hervor, dass er keinen eigenen Anspruch wegen Verletzung seiner Rechte als Sicherungsgeber und Besitzer geltend macht, sondern einen Anspruch der Seat Bank als Eigentümerin des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Unfalls.

Ebenfalls zu Recht hat das LG die Klage als unbegründet angesehen.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist ein Unfallgeschädigter grundsätzlich nicht gehalten, zusätzliche Ermittlungen zum Restwert des beschädigten Fahrzeugs anzustellen, wenn ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine konkrete Wertermittlung erkennen lässt, einen bestimmten Betrag als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.

Etwas anderes gilt, wenn es sich beim Geschädigten um ein Unternehmen handelt, welches sich jedenfalls auch mit dem Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen befasst. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten zwar nicht beim Kläger erfüllt, wohl aber bei der Seat Bank.

Der BGH hat bereits entschieden, dass bei Ersatzansprüchen eines Leasinggebers nicht die Erkenntnismöglichkeiten des Leasingnehmers maßgeblich sind, sondern diejenigen des Leasinggebers. Er tritt dem LG nunmehr darin bei, dass Entsprechendes bei Ersatzansprüchen eines Sicherungseigentümers gilt. Dafür spricht bereits, dass der Sicherungsnehmer in der Regel ein eigenes Interesse hat, den Restwert des Sicherungsguts nach der Beschädigung zu ermitteln.

Praxistipp: Eine Klage auf Schadensersatz wegen Beschädigung einer geleasten oder zur Sicherheit übereigneten Sache muss erkennen lassen, ob die Ansprüche auf das Eigentum des Leasinggebers bzw. Sicherungseigentümers oder auf die Rechtsstellung des Leasingnehmers bzw. Sicherungsgebers gestützt ist. Werden beide Rechtsgrundlagen geltend gemacht, muss die Reihenfolge angegeben werden.

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Diese Woche geht es um die Formbedürftigkeit von längerfristigen Grundstücksmietverträgen.

Schriftform bei Änderung der Nebenkostenvorauszahlung
BGH, Beschluss vom 14. Mai 2025 – XII ZR 88/23

Der XII. Zivilsenat stellt eine vertragliche Änderung der Nebenkostenvorauszahlung einer Änderung der Miethöhe gleich.

Die Entscheidung des BGH enthält keine Darstellung des Sachverhalts. Den Gründen ist zu entnehmen, dass der Kläger durch Erwerb eines Grundstücks gemäß § 566 BGB in einen Mietvertrag eingetreten ist, der für einen Zeitraum mehr als ein Jahr abgeschlossen worden war, und dass der Kläger geltend macht, der Vertrag gelte gemäß § 550 BGB für unbestimmte Zeit, weil eine zwischen dem früheren Vermieter und dem Beklagten getroffene Vereinbarung über die Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlung nicht der Schriftform genüge.

Der BGH weist die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten zurück.

Der BGH hat wiederholt entschieden, dass eine Vereinbarung über die Änderung der Miethöhe bei längerfristig abgeschlossenen Verträgen gemäß § 550 BGB der Schriftform bedarf. Wenn die Änderungsvereinbarung dieser Anforderung nicht genügt, gilt der gesamte Vertrag fortan nur noch für unbestimmte Zeit.

Eine Änderung über die Miethöhe liegt auch dann vor, wenn die Höhe der Nebenkostenvorauszahlung geändert wird. Eine mündliche Vereinbarung dieses Inhalts hat deshalb zur Folge, dass die Befristung unwirksam wird.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist es einer Vertragspartei allerdings nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf den Formmangel zu berufen, wenn die Änderungsvereinbarung sie ausschließlich rechtlich und wirtschaftlich begünstigt. Im Streitfall hätte der ursprüngliche Vermieter sich deshalb wohl nicht von der Befristung lösen können. Diese Beschränkung gilt grundsätzlich aber nur für Parteien, die an der Vertragsänderung beteiligt waren, nicht für einen Erwerber, der gemäß § 566 BGB in den geänderten Vertrag eintritt. Der Klägerin ist deshalb nicht daran gebunden.

Praxistipp: Die formwirksame Änderung eines nach § 550 BGB formbedürftigen Mietvertrags erfordert eine hinreichend deutliche Bezugnahme auf den ursprünglichen Mietvertrag und alle zuvor abgeschlossenen Änderungsvereinbarungen.

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Diese Woche geht es um die Relevanz von Hilfsanträgen bei der Berechnung der Beschwer in einem Rechtsmittelverfahren.

Wert der Beschwer bei nicht beschiedenen Hilfsanträgen
BGH, Beschluss vom 20. Februar 2025 – I ZR 119/24

Eine Entscheidung des I. Zivilsenats verdeutlicht, dass das Bestreben, das Kostenrisiko möglichst gering zu halten, mit Nebenwirkungen verbunden sein kann.

Die Klägerin hat die Beklagte im Jahr 2018 mit dem Transport und der anschließenden Lagerung einer Druckmaschine betraut. Bei der Auslieferung der Maschine im Jahr 2022 stellte sich heraus, dass die Maschine starke Rostschäden aufweist und nicht mehr funktionsfähig ist. Die Klägerin beziffert den daraus resultierenden Schaden auf rund 370.000 Euro. Die Beklagte beruft sich unter anderem auf die in Nr. 24.1.2 ADSp vorgesehene Haftungsobergrenze von 35.000 Euro. Die Klägerin macht geltend, diese Obergrenze sei gemäß Nr. 27.1 ADSp nicht einschlägig, weil die Beklagte grob fahrlässig gehandelt habe.

Die Klägerin begehrt Zahlung von 35.001 Euro. Für den Fall, dass dieser Antrag in vollem Umfang Erfolg hat, verlangt sie ergänzend die Zahlung weiterer 335.000 Euro und die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz aller weiteren Schäden verpflichtet ist. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG hat der Klägerin einen Ersatzanspruch in Höhe von 35.000 Euro zuerkannt und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

Der BGH setzt den Streitwert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens auf 1 Euro fest.

Für die Berechnung der geltend zu machenden Beschwer ist nur die Differenz zwischen dem Hauptantrag und dem vom Berufungsgericht zugesprochenen Betrag maßgeblich. Diese beträgt 1 Euro.

Die Hilfsanträge der Klägerin wären nur dann maßgeblich, wenn das OLG über sie entschieden hätte. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht gegeben.

Entgegen der Auffassung der Klägerin gilt der aufgezeigte Grundsatz nicht nur für Hilfsanträge, die für den Fall gestellt worden sind, dass der Hauptantrag erfolglos bleibt, sondern auch für solche, die unter der Bedingung stehen, dass der Hauptantrag Erfolg hat.

Praxistipp: Um die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde offenzuhalten, muss der Hauptantrag in solchen Fällen auf Zahlung von mehr als 20.000 Euro gerichtet sein. Im vorliegenden Fall hätte der Kläger mithin mindestens 55.001 Euro einklagen müssen, um eine höchstrichterliche Entscheidung über die Anwendbarkeit der Haftungsobergrenze herbeiführen zu können.

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Diese Woche geht es um die Zulässigkeit der Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil in Fällen mit unionsrechtlichem Einschlag.

Keine Vorlage an den EuGH nach zweitem Versäumnisurteil
BGH, Beschluss vom 27. März 2025 – I ZB 68/24

Der I. Zivilsenat befasst sich mit § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Der Kläger begehrt die Rückzahlung von verlorenen Einsätzen in Höhe von rund 11.000 Euro, die er bei Online-Glücksspielen der in Malta ansässigen Beklagten getätigt hat. Die Beklagte hat in erster Instanz die Aussetzung des Verfahrens bis zum Abschluss eines bei EuGH anhängigen Verfahrens über die Zulässigkeit solcher Online-Dienste oder eine eigene Vorlage des LG an den EuGH beantragt. In der mündlichen Verhandlung war sie nicht vertreten. Das LG erließ gegen sie ein Versäumnisurteil. In dem nach Einspruch anberaumten Verhandlungstermin erschien für die Beklagte erneut niemand. Das LG hat den Einspruch verworfen. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das OLG als unzulässig verworfen.

Die Rechtsbeschwerde der Beklagten bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

Das OLG hat die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen. Nach § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO darf die Berufung gegen ein Urteil, mit dem ein Einspruch gegen ein Versäumnisurteil verworfen worden ist, nur mit der Begründung angefochten werden, ein Fall der Säumnis habe nicht vorgelegen. Die Rüge, die Klage sei unschlüssig, ist danach nicht zulässig.

Entgegen der Auffassung der Beklagten gilt dies auch dann, wenn die Schlüssigkeit von Vorschriften des Unionsrechts abhängt, die einer Vorabentscheidung durch den EuGH bedürfen. Das Unionsrecht gebietet nicht, von der Anwendung innerstaatlicher Verfahrensvorschriften, aufgrund derer eine Entscheidung Rechtskraft erlangt, abzusehen, wenn die Entscheidung inhaltlich gegen Unionsrecht verstößt.

Praxistipp: Eine Berufung darf auf den Einwand fehlender Schlüssigkeit gestützt werden, wenn es sich bei der ersten Entscheidung um einen Vollstreckungsbescheid gehandelt hat.

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Diese Woche geht es um die rechtzeitige Ausübung eines Vorkaufrechts.

Vertragsaufhebung bei siedlungsrechtlichem Vorkaufsrecht
BGH, Urteil vom 11. April 2025 – V ZR 194/23

Der V. Zivilsenat befasst sich mit der Rückwirkung einer Genehmigung gemäß § 184 BGB.

Die Kläger verkauften im April 2018 zwei landwirtschaftliche Grundstücke an eine Gesellschaft, die dort eine Photovoltaikanlage errichten und betreiben wollte. Der Notar beantragte die Genehmigung des Kaufvertrags nach dem Grundstücksverkehrsgesetz. Die Genehmigungsbehörde teilte mit, dass sie eine Erklärung über die Ausübung eines Vorkaufsrechts gemäß § 4 RSiedlG herbeiführen wird. Am 26. Juni 2018 ließen die Vertragsparteien den Kaufvertrag durch vollmachtlose Vertreter aufheben. Am 28. Juni 2018 ging beiden Vertragsparteien ein Bescheid zu, in dem die Genehmigungsbehörde mitteilte, die Veräußerung sei nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG nicht genehmigungsfähig und das (nunmehr beklagte) Siedlungsunternehmen habe das ihm für diesen Fall gemäß § 4 RSiedlG zustehende Vorkaufsrecht ausgeübt. Einige Tage danach genehmigten beide Vertragsparteien den Aufhebungsvertrag.

Das LG hat antragsgemäß festgestellt, dass das Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt worden ist. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.

Der BGH weist die Klage auf die (auf Nichtzulassungsbeschwerde hin zugelassene) Revision der Beklagten ab.

Wenn die Genehmigungsbehörde zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Grundstücksgeschäft nicht genehmigungsfähig ist, das zuständige Siedlungsunternehmen aber ein Verkaufsrecht gemäß § 4 RSiedlG hat, muss sie den Vertrag gemäß § 12 GrdstVG der Siedlungsbehörde vorlegen. Gemäß § 6 Abs. 1 RSiedlG kann das Vorkaufsrecht ausgeübt werden, sobald die Siedlungsbehörde den Kaufvertrag an das berechtigte Siedlungsunternehmen weitergeleitet hat. Die Erklärung ist über die Siedlungsbehörde der Genehmigungsbehörde zuzuleiten. Es wird ausgeübt, indem die Genehmigungsbehörde diese Erklärung dem Verpflichteten mitteilt. Damit gilt die Veräußerung für das Rechtsverhältnis zwischen Käufer und Vorkaufsberechtigtem als genehmigt.

Wie auch in anderem Zusammenhang können die ursprünglich am Kaufvertrag beteiligten Parteien den Vertrag nicht mehr aufheben, wenn alle zur Wirksamkeit erforderlichen Genehmigungen vorliegen und das Vorkaufsrecht ausgeübt worden ist. In der Konstellation des Streitfalls sind beide Voraussetzungen erfüllt, sobald die Genehmigungsbehörde gemäß § 6 Abs. 1 RSiedlG dem Verkäufer die fehlende Genehmigungsfähigkeit und die Ausübung des Vorkaufsrechts mitteilt, wodurch die bereits erwähnte Genehmigungsfiktion zugunsten des Siedlungsunternehmens eintritt.

Im Streitfall konnten die Vertragsparteien den Vertrag mithin nur bis zum Zugang des Bescheids am 28. Juni 2018 mit Wirkung gegenüber der Beklagten aufheben. Diese Voraussetzung ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht erfüllt.

Der am 26. Juni 2018 geschlossene Aufhebungsvertrag war zunächst unwirksam, weil er von Vertretern ohne Vertretungsmacht geschlossen wurde. Die gemäß § 177 BGB erforderlichen Genehmigungen wurden erst nach dem maßgeblichen Stichtag erteilt.

Die Genehmigung wirkt zwar gemäß § 184 Abs. 1 BGB grundsätzlich auf den Tag des Vertragsschlusses zurück. Entsprechend § 184 Abs. 2 BGB gilt dies aber nicht im Verhältnis zu einem nach § 4 RSiedlG vorkaufsberechtigten Siedlungsunternehmen. Dieses erwirbt mit der Ausübung des Vorkaufsrechts eine schutzwürdige Rechtsstellung. Deren Aufhebung kraft einer Rückwirkung gemäß § 184 Abs. 1 BGB würde dem Gesetzeszweck widersprechen.

Praxistipp: Auch bei vertraglichen Vorkaufsrechten sind gemäß § 465 BGB Vereinbarungen, die die Wirksamkeit des Kaufvertrags von der Nichtausübung des Vorkaufsrechts abhängig machen oder dem Verpflichteten für den Fall der Ausübung den Rücktritt vorbehalten, gegenüber dem Vorkaufsberechtigten unwirksam. Vor diesem Hintergrund erscheint es zumindest zweifelhaft, ob ein Vorkaufsrecht dadurch abgewendet werden kann, dass die Vertragsparteien durch vollmachtlose Vertreter einen Aufhebungsvertrag schließen lassen und sich so die Möglichkeit einer rückwirkende Aufhebung verschaffen.

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Diese Woche geht es um die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erstattung außergerichtlicher Kosten in Verfahren nach dem FamFG.

Reichweite einer Kostengrundentscheidung
BGH, Beschluss vom 23. April 2025 – IV ZB 18/24

Der IV. Zivilsenat befasst sich mit dem Unterschied zwischen § 81 und § 84 FamFG.

Der Beteiligte zu 1 beantragte die Einziehung eines Erbscheins, der den Beteiligten zu 2 als Alleinerben ausweist. Das AG hat den Antrag abgewiesen und dem Beteiligten zu 1 unter Bezugnahme auf § 81 FamFG die Kosten des Einziehungsverfahrens auferlegt. Das OLG hat die dagegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen und unter Bezugnahme auf § 84 FamFG ausgesprochen, dass der Beteiligte zu 1 die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat.

Der Beteiligte zu 2 hat daraufhin die Festsetzung zu erstattender Kosten in Höhe von rund 14.000 Euro beantragt. Das AG hat die Kosten antragsgemäß festgesetzt. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist erfolglos geblieben.

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 hat hinsichtlich der zweitinstanzlichen Kosten ebenfalls keinen Erfolg. Den Antrag auf Festsetzung der erstinstanzlichen Kosten weist der BGH hingegen zurück.

Entgegen der Auffassung des OLG ist einer erstinstanzlichen Entscheidung in einem Nachlassverfahren, in der ein Antrag kostenpflichtig zurückgewiesen wird oder dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt werden, regelmäßig nicht zu entnehmen, dass der Antragsteller außergerichtliche Kosten der anderen Beteiligten zu tragen hat. Dies hat der BGH bereits vor kurzem so entschieden (Beschluss vom 29. Januar 2025 – IV ZB 2/24, MDR 2025, 482 Rn. 12 ff.). Aus den Entscheidungsgründen kann sich zwar im Einzelfall etwas anderes ergeben. Ein bloßer Verweis auf § 81 FamFG reicht hierfür aber nicht aus. Im Kostenfestsetzungsverfahren kann eine solche Entscheidung nicht nachgeholt werden,

Eine Beschwerdeentscheidung, in der dem Beschwerdeführer unter Verweis auf § 84 FamFG die zweitinstanzlichen Kosten auferlegt werden, verpflichtet hingegen in der Regel auch zur Erstattung notwendiger Aufwendungen weiterer Beteiligter im Sinne von § 80 Satz 1 FamFG. Auch dies hat der BGH vor kurzem bereits entschieden (Beschluss vom 27. November 2024 – IV ZB 12/24,        MDR 2025, 346 Rn. 12).

Hintergrund dieser Unterscheidung ist, dass die Kostenentscheidung in erster Instanz gemäß § 81 FamFG dem Ermessen des Gerichts obliegt, während § 84 FamFG die Auferlegung der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der zweiten Instanz als Regelfall vorsieht.

Praxistipp: Soweit dem erstinstanzlichen Gericht ein Ermessen zusteht, hat das Beschwerdegericht gegebenenfalls eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen (so zu § 18 VersAusglG: BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2016 – XII ZB 372/16, MDR 2017, 296 Rn. 10). Deshalb empfiehlt sich in solchen Fällen ein Antrag des Beschwerdegegners, dem Beschwerdeführer auch die außergerichtlichen Kosten der ersten Instanz aufzuerlegen.

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Diese Woche geht es um die Rechtsstellung eines Miterben in Bezug auf einen zum Nachlass gehörenden Miteigentumsanteil an einem Grundstück

Teilungsversteigerung trotz Pfändung eines Erbteils
BGH, Beschluss vom 20. März 2025 – V ZB 63/23

Der V. Zivilsenat befasst sich mit den Rechten eines Miterben im Verhältnis zu den Miteigentümern und zu einem Gläubiger, zu dessen Gunsten der Erbteil gepfändet worden ist.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind gemeinsam Eigentümer eines Grundstücks. Einer der beiden Miteigentumsanteile steht der Beteiligten zu 2 alleine zu, der andere beiden Beteiligten in Erbengemeinschaft. Im November 2018 ordnete das AG auf Antrag der Beteiligten zu 1 die Zwangsversteigerung des Grundstücks zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft an. Die Beteiligte zu 2 ließ in der Folgezeit den Miterbenanteil der Beteiligten zu 1 pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Kurze Zeit darauf übertrug die Beteiligte zu 1 ihren Erbteil auf die Beteiligte zu 3.

Der Antrag der Beteiligten zu 2, das Versteigerungsverfahren aufzuheben oder hilfsweise einzustellen, ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2 bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

Zu Recht hat das LG entschieden, dass kein Hindernis vorliegt, das gemäß § 28 ZVG zur Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens führt.

Nach § 2042 Abs. 2 BGB und § 180 Abs. 1 sowie § 181 Abs. 2 ZVG kann ein Miterbe die Teilungsversteigerung eines Grundstücks auch dann beantragen, wenn lediglich ein Miteigentumsanteil zum Nachlass gehört. Mit einem solchen Antrag macht er den vormals dem Erblasser zustehenden Anspruch auf Auseinandersetzung der Bruchteilsgemeinschaft geltend. Diesen Anspruch darf nach der allgemeinen Regelung in § 2039 Satz 1 BGB jeder Erbe ohne Mitwirkung der übrigen Erben geltend machen.

Die Pfändung und Überweisung des Erbteils steht weder der Einleitung noch der Fortsetzung des Versteigerungsverfahrens entgegen.

Der Schuldner eines gepfändeten Rechts darf über dieses weiterhin Verfügungen treffen, sofern diese das Pfandrecht des Gläubigers nicht beeinträchtigen. In der Literatur ist umstritten, ob die Veräußerung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks nach Pfändung des Erbteils zu einer Beeinträchtigung führt. Der BGH lässt diese Frage offen und entscheidet, dass im Falle einer Teilungsversteigerung jedenfalls dann keine Beeinträchtigung vorliegt, wenn lediglich ein Miteigentumsanteil zum Nachlass gehört. Der Pfandgläubiger hat ohnehin nur ein Recht auf Befriedigung aus dem Auseinandersetzungsguthaben. Mit der Teilungsversteigerung setzen sich seine Rechte an dem Anspruch auf Auszahlung des anteiligen Übererlöses fort.

Ob die Übertragung des Erbteils auf die Beteiligte zu 3 im Verhältnis zur Beteiligten zu 2 wirksam ist, bedarf keiner Entscheidung. Diese Frage hat nur Auswirkungen darauf, wer nunmehr als Antragsteller des Versteigerungsverfahrens anzusehen ist. Dieses Verfahren ist aber unabhängig davon durchzuführen, ob die Beteiligte zu 1 oder die Beteiligte zu 3 diese Stellung einnehmen.

Praxistipp: Einen Antrag auf Teilungsversteigerung darf nach § 180 Abs. 1 und § 181 Abs. 2 Satz 1 ZVG jeder im Grundbuch eingetragene Miteigentümer stellen. Der Einwand, der Antragsteller sei materiell nicht berechtigt, darf nur im Wege der Widerspruchsklage nach § 771 ZPO geltend gemacht werden (BGH, U. v. 8.7.2021 – V ZB 94/20, MDR 2021, 1415 Rn. 10).

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Diese Woche geht es um die Laufzeit eines Mietvertrags über Flächen zum Betrieb von Windenergieanlagen

Ausschluss der ordentlichen Kündigung eines Mietvertrags
BGH, Urteil vom 12. März 2025 – XII ZR 76/24

Der XII. Zivilsenat befasst sich mit der Abgrenzung zwischen befristeten und bedingten Mietverhältnissen und dem Ausschluss einer ordentlichen Kündigung vor Beginn der festgelegten Laufzeit.

Der Beklagte ist Eigentümer eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks. Seine Rechtsvorgängerin schloss mit der Klägerin im Mai 2017 einen Vertrag über die Nutzung dieses Grundstücks für die Errichtung und den Betrieb von Windenenergieanlagen. Der Vertrag sieht in § 3 eine Laufzeit von zwanzig Jahren vor, die mit der Errichtung der letzten geplanten Anlage beginnen soll. Nach § 8 des Vertrags bleiben beide Seiten zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt. Nach § 9 des Vertrags können beide Seiten vom Vertrag zurücktreten, wenn die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Anlage nicht innerhalb von fünf Jahren nach Unterzeichnung des Vertrags erteilt wird.

Im Februar 2022 erklärte der Beklagte die Kündigung des Vertrags zum 31. Mai 2022. Die Klägerin trat der Kündigung entgegen und begehrt die Zustimmung zur Eintragung der ihr nach dem Vertrag zustehenden dinglichen Rechte im Grundbuch. Die Klage hatte in den beiden ersten Instanzen Erfolg.

Die Revision des Beklagten bleibt ohne Erfolg.

Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass eine ordentliche Kündigung des Vertrags in der Anfangsphase nicht deshalb ausgeschlossen war, weil eine feste Laufzeit vereinbart worden ist.

Der Beginn der vereinbarten Laufzeit von zwanzig Jahren ist nach dem Vertrag an eine Bedingung geknüpft. Hinsichtlich des maßgeblichen Ereignisses – der Inbetriebnahme des letzten geplanten Windrades – war aus der insoweit maßgeblichen Sicht der Vertragsparteien bei Abschluss des Vertrags nicht nur ungewiss, zu welchem Zeitpunkt es eintreten würde, sondern auch, ob es überhaupt eintreten wird. Damit liegt eine aufschiebende Bedingung im Sinne von § 158 Abs. 1 BGB vor. Bis zum Eintritt dieser Bedingung ist der Vertrag bereits bindend. Er weist aber noch keine bestimmte Laufzeit auf. Folglich obliegt er mangels abweichender Vereinbarungen der ordentlichen Kündigung.

Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Parteien eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen haben. Dies ergibt sich zwar nicht schon aus der Vereinbarung über das Rücktrittsrecht in § 9 des Vertrags, wohl aber aus dem Zusammenspiel zwischen dieser Abrede und der Vereinbarung über die außerordentliche Kündigung in § 8 des Vertrags. Diese Vereinbarungen liefen ins Leere, wenn daneben eine ordentliche Kündigung zulässig wäre.

Praxistipp: Wenn der Ausgang eines Rechtsstreits voraussichtlich von der Auslegung einer Vertragsbestimmung abhängt, sollte sich der Parteivortrag vorsorglich auch auf die Frage beziehen, ob es sich um eine individuelle Vereinbarung oder eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Der BGH darf die Auslegung von individuellen Vereinbarungen nur in beschränktem Umfang überprüfen. Allgemeine Geschäftsbedingungen darf er hingegen ohne Einschränkungen auslegen.

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Diese Woche geht es um den Neubeginn der Verjährung wegen Vollstreckungshandlungen

Vollstreckung aus unbestimmtem Titel
BGH, Beschluss vom 19. Februar 2025 – XII ZB 377/24

Der XII. Zivilsenat füllt eine Gesetzeslücke durch entsprechende Anwendung von § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB.

Der Antragsteller ist im Jahr 2008 rechtskräftig zur Zahlung von Kindesunterhalt an den Antragsgegner verurteilt worden. In der Folgezeit ergriff der Antragsgegner – ein Jobcenter, das den unterhaltsberechtigten Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbrachte – verschiedene Vollstreckungsmaßnahmen. Im Juni 2021 erklärte das OLG die Zwangsvollstreckung wegen Unbestimmtheit der Tenorierung für unzulässig. Einen Monat später beantragte der Antragsgegner, den vollstreckungsfähigen Inhalt des Urteils festzustellen. Diese Feststellung erging im September 2022. Nach einem erneuten Vollstreckungsversuch beantragte der Antragsteller, die Zwangsvollstreckung wegen Verjährung für unzulässig zu erklären. Dieser Antrag hatte in den beiden ersten Instanzen keinen Erfolg.

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

Die vor Juni 2021 erfolgten Vollstreckungshandlungen haben gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB jeweils zum Neubeginn der Verjährung geführt.

Nach § 212 Abs. 2 Alt. 2 BGB gilt diese Wirkung (rückwirkend) als nicht eingetreten, wenn die Vollstreckungshandlung wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben wird. Entgegen der Auffassung des OLG fällt die im Juni 2021 ergangene Entscheidung, mit der die Zwangsvollstreckung wegen Unbestimmtheit des Titels für unzulässig erklärt worden ist, unter den Tatbestand dieser Vorschrift. Die hinreichende Bestimmtheit des Vollstreckungstitels ist eine wesentliche Grundlage für die Vollstreckung.

Die Entscheidung des OLG ist jedoch im Ergebnis zutreffend. Entsprechend § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Gläubiger den Eintritt der Verjährung verhindern, indem er innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft der die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärenden Entscheidung weitere Maßnahmen zur Rechtsverfolgung ergreift.

Nach dem bis Ende 2001 geltenden Verjährungsrecht hat der BGH in der im Streitfall gegebenen Konstellation die Regelung in § 212 Abs. 2 BGB a.F. entsprechend angewendet, wonach die Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung trotz Abweisung der Klage fortgilt, wenn der Berechtigte binnen sechs Monaten von neuem Klage erhebt. Die damals konstatierte Regelungslücke ist durch das seit 2002 geltende Verjährungsrecht nicht geschlossen worden. Sie ist wie früher durch entsprechende Anwendung der – nunmehr in § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB enthaltenen – Regelung über die Abwendung der Verjährung nach Abweisung einer Klage zu schließen. Dass die Klageerhebung nach neuem Recht nicht mehr zur Unterbrechung, sondern nur noch zur Hemmung der Verjährung führt, steht dem nicht entgegen.

Im Streitfall hat der Antragsgegner den Eintritt der Verjährung mithin durch den Antrag auf Feststellung des vollstreckbaren Inhalts und durch die nachfolgenden Vollstreckungsmaßnahmen abgewendet.

Praxistipp: Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen unterliegen gemäß § 197 Abs. 2 BGB auch dann der regelmäßigen Verjährung nach § 195 und § 199 BGB, wenn sie rechtskräftig festgestellt sind.